DEAF FOREVER - die vierte Ausgabe

OK, danke. Ich muss gestehen, mir war bis heute der tatsächliche Umfang solcher Geschichten wie "Metal Cruise" oder "Metal Mountain" nicht bekannt. Da bin ich wohl zu Underground zu. :cool: Hab mir das mal angeschaut, das hinterlässt in der Tat einen faden Beigeschmack. Metal und Après-Ski?! (Noch dazu wird auf der Metal Mountain-Seite sogar zugegeben, dass das Skigebiet extra für dieses, äh, "Event" die Saison verlängert und quasi allein den Besuchern zur Verfügung steht. Ja warum wohl werden die die Saison da sonst schon beendet haben? Wegen der guten Schneelage sicher nicht!)

Die H&M- und Bild-Geschichten dagegen sind für mich soweit von der Szene und der Musik entfernt, dass es eigentlich schon wieder keine Rolle mehr spielt, ob das stattfindet oder nicht. Ein Maiden-Shirt bei H&M ist für Händler wie Käufer wohl einfach nur ein Shirt, und das ist in diesem Fall auch gut und richtig so. Ich würde behaupten, dass da in den allermeisten Fällen gar keine Verbindung zum Metal hergestellt wird. Im Gegensatz zu den Touri-Geschichten wird das Zeug nicht mit dem Hintergedanken produziert, an die dicken Geldbeutel der Zielgruppe "Metaller" zu kommen.
 
Und wegen "Mountain", an denkbar unpassenster Stelle: wird das DF vom diesjährigen Funkenflug auf der Neudegg-Alm berichten?
 
Vielleicht sollt man mal ein Top-VIP Festival planen...:

4-5 Sterne Hotel in ansprechender Grösse, mit entsprechenden Veranstaltungskapazitäten. Tausend Fans können direkt im Hotel pennen, wo auch die Stars Futtern, Saufen und Saunieren... Kleiner Metalmarkt, völlig übertriebene Bierpreise. Hm... was fehlt noch. Achja, witzige Namen für Cocktails und Speisen sind ehrensache...

Ohne Mist, ich würds wahrscheinlich, bei entsprechenden Bands buchen. Ich hab keinen Bock mehr auf schlammigen Zeltplätzen zu nächtigen. Ich will richtige Betten und ein Frühstücksbuffet wenn ich nicht im eigenen Bett schlaf. Das hab ich mir verdient...
 
Also, falls jemand benötigt wird ... Ich würde mich unentgeltlich für den VIP-Bereich zur Verfügung stellen.
Tolles Festival.

...um dann mit rosa Brille aus dem VIP-Bereich bei Gratisbier vom Veranstalter zu berichten? ;)

Aber mal ernsthaft: Sind diese ganzen Metal-Tourismusveranstaltungen nicht einfach auch eine logische Folge einer demografischen Entwicklung? Wer in den 80ern schon Metal gehört hat, ist heute einfach nicht selten ganz gut verdienend, durch Beruf und Familie aber nicht mehr zu einem Clubgig pro Woche in der Lage, und der Rücken wünscht sich was anderes als Luftmatratzen. Solche Leute sind froh, wenn sie ihre tiefe Passion Metal heute auch als Urlaub mit gewissen Komfort ausleben können. Dass aber rein organisatorisch eine Metal-Kreuzfahrt, ein Metal-Skigebiet oder ein Metal Hammer Paradise eine gewisse Menge Leute ziehen muss, ist auch klar. Ob man das bis aufs Letzte mit fragwürdigen Partnern kommerziallisieren muss, ist natürlich eine berechtigte idiologische Frage.

Für mich ist das auch alles nichts - obwohl ich langsam zur entsprechenden demografischen Gruppe gehöre, ziehe ich noch das Zelt dem Hotel vor. Aber ich finde das erstmal ne nachvollziehbare Entwicklung.
 
Na ja, in punkto Szenebezug unterstelle ich bei H&M jetzt einfach mal, dass sie eher selten Newcomerbands unterstützen oder durch die Metalbörse aufm Keep It True stöbern. Ebenso wenig traue ich der Bild-Zeitung zu, dass sie sich nachhaltiger für die Musik interessiert, wenn sie jedes Jahr aufs Neue mit Tittenbildern von Wacken Auflage und Klicks steigert und dabei die Metalfans vorführt wie die Wilden in den Völkerschauen des 19. Jahrhunderts. Ich unterstelle auch, dass ein echter Szenebezug nicht gegeben ist, wenn die Bild ihre Quotenmetaller auf Heino- und Helene-Fischer-Konzerte schickt, um festzustellen, wie "Metal" das eigentlich ist ["Pommesgabel"-Foto mit ausgestreckter Zunge hier einsetzen].
Was die Tourismus-/Metalschiene betrifft, muss man einfach nur auf die Impressi auf den jeweiligen Seiten klicken. Da tauchen dann neu gegründete Tourismusfirmen als Organisatoren ebenso auf, wie Hotelketten oder etablierte große Eventunternehmen. Oft auch mit weiterführenden Links, welche Kunden und Projekte die Firmen ansonsten so betreuen.

Das Ding ist, vor Ort ist das für die Leute ne Supersache. Gerade im ländlichen Bereich, wo seit 20 Jahren die Ortskerne aussterben und die jüngere Generation wegzieht, sind Kulturevents ein wichtiges und oft funktionierendes Mittel, um die lokale Wirtschaft zu stärken. Ich finde auch, dass es für viele ältere Fans, die sich Camping etc. nicht mehr antun wollen, ein tolles Angebot ist, das es einfach auch geben sollte! Und natürlich ist es völlig bescheuert, dem Publikum zu unterstellen, es hätte durchweg von Musik keine Ahnung.
Ich bleib aber dabei, dass es nicht allzu förderlich ist, wenn solche Veranstaltungen, die Metal strategisch ökonomisieren, überhand nehmen. Da würden auf Dauer die Ecken und Kanten der Musik schlicht auf der Strecke bleiben.

Aber es läuft ja auch innerhalb dieser Veranstaltungen einiges unrund. Es kann etwa nicht sein, dass eines der erfolgreichsten Open Airs in Deutschland den kleinen Bands nix zahlt, obwohl die Veranstalter für sich selbst inzwischen sogar ein Modell gefunden haben, auch noch an den Bauzäunen mit zu verdienen (kein Witz), nur so als Beispiel. Und darum kann es auch nicht sein, dass man reflexhaft als dumpfe Metal-Scharia hingestellt wird, wenn man solche Dinge auch mal kritisch anschaut (und vielleicht sogar boykottiert) und nicht nur mit rosa Brille aus dem VIP-Bereich bei Gratisbier vom Veranstalter.
Und auch hier gilt: genauso kritisch sollte man bei bestimmten Entwicklungen im "Underground" sein.

Zur äh..."Zusammenarbeit" mit Metal Cruise o.ä. kann ich nix sagen. Am besten die Kollegen mal persönlich fragen.

Was mich in diesem Zusammenhang immer wieder umtreibt, ist die Frage, wie eine Szene am tragfähigsten als sozio-kulturelles, aber eben auch ökonomisches System funktionieren kann. Der Underground, bzw. nahezu alles, was nicht Mainstream ist, hält sich ja in fast allen Bereichen durch Selbstausbeutung am Leben. Ich selber kenne das etwa aus dem Comic-Bereich aus eigener Erfahrung, wo es im Indie-Bereich so gut nix zu verdienen gibt (außer natürlich, man knackt den Jackpot), die Macher Unmengen an Zeit, Geld und Arbeit in ihr Schaffen stecken, dafür jedoch größtmögliche kreative Freiheit erhalten. So ähnlich kann man das, denke ich, auf eigentlich jede Szene übertragen, der Unabhängigkeit wichtiger ist als Profit.

Spannend wird es aber, wenn man im gewissen Rahmen erfolgreich wird und eine kritische Masse erreicht, die neben der Selbstausbeutung plötzlich auch noch Fremdausbeutung mit sich bringt. Wenn etwa der Umfang der eigenen Unternehmung nicht mehr allein zu bewältigen ist, man allerdings auch niemanden angemessen für dessen Unterstützung entlohnen kann. Nun kann man sicher sagen, dass es in einem mit solch emotionaler und ideeller Hingabe aufgeladenem System, wie dem Underground, keine Fremdausbeutung gibt, da jeder, der gegen einen Gästelistenplatz Konzertplakate kleben geht oder für schmales Geld deinen Comic lettert, dies aus Überzeugung macht, also sozusagen im Dienste der guten Sache, die ihn überzeugt und zu der er so seinen Beitrag leistet.

Kurz, die Frage die sich mir manchmal stellt ist: wie groß ist zu groß, um noch wirklich unabhängig und authentisch arbeiten zu können? Denn gerade eine finanziell prekäre, aber einigermaßen populäre Unternehmung kann ja auch sehr schnell entsprechende Abhängigkeiten erzeugen.
 
@Lollo84de
Nein ich verliere dadurch nicht die emotionale Bindung oder sonstwas.
Es ist schwer zu erklären. Ich verbinde mit Metal eine gewisse Art von Nonkonformität (bzw. nicht Konformität aufgrund dessen, dass die Konformität gefordert ist), Individualität und auch dem Nichtvorhandensein von Oberflächlichkeit. Das Tragen von Bandshirts ist dann auch ein Ausdruck dessen, was mich bewegt. Wenn nun ein solcher Merchandiseartikel getragen wird, weil es plötzlich "chic" ist und der Träger vielleicht sogar nicht mal weiß, dass es sich hier um eine Band handelt, ist das genau das Gegenteil dessen, was Metal für mich (über die Musik hinausgehend) bedeutet. Und das geht mir tierisch auf den Sack.
Mir ist schon klar, dass das mein persönliches Problem ist und ich will bestimmt keine Kleidungspolizei. Nerven tut es mich trotzdem!
 
puh, bis vor kurzem konnte ich mit dem Begriff Underground recht wenig anfangen (kleiner Scherz). aber Full Metal Mountain? wie scheisse grossartig ist das denn?

Im Ernst? Ist doch relativ einfach als schlecht getarnter Apres-Ski für Wacken-Ballermänner und Bild-Toleranzler zu erkennen. Also praktisch Malle in kalt. Vielleicht kommt auch mal Helene als Ski-Haserl vorbei. Soweit weg sind Hübner und Co. ja
nun nicht mehr von DIESEM Schritt. Die Helene hat ja auch ab und zu mal nen Lederfiffi an. Damit ist sie ja schon mal mehr Metal als Santiano. Und wo haben Santiano schon gespielt? Richtig.
 
Soweit ich das überschaue geht Metaldays (Ex-Metalcamp) doch auch schon stark in diese Richtung. Die haben mittlerweile schon sowas wie eine eigene Reiseagentur:http://www.mh-travel.com/

Sehe ich nicht ganz so. Das mit den Reiseagenturen/Bussen gibt es doch schon länger. Ich sehe da jetzt keine neue Qualität oder gar Alarmsignale. Und das vielleicht Wichtigste: Das Metaldays ist ja nun schon auf Grund seiner natürlichen Begrenzung (max. 12.000 Besucher) kaum für den großen Festivaltourismus geeignet. Ich fahre dieses Jahr zum 3.mal hin und fand das Gesamt-Erlebnis bis jetzt immer ziemlich entspannt. Klar gibt es auch dort Idioten, die nur zum Saufen hinfahren. Aber die wirklich üble Scheiße fängt ja immer erst mit der Entgrenzung an, die Gier und "Wachstums"-Sucht mit sich bringt. Solange das Metaldays dem Drang nach Expansion widerstehen kann, sehe ich da keine Gefahr, dass Slowenien zu Wacken 2.0. mutiert. Das Metaldays ist für mich bis jetzt am oberen Rand der idealen Festivalgröße. Größer sollte es aber nicht werden. Auch was die Idiotendichte anbetrifft. Aber glaube mir: Sobald ich Tendenzen Richtung Wacken feststellen würde, hätte mich das Festival zum letzten Mal gesehen. Ein untrüglicher Hinweis wäre wie gesagt die Vergrößerung des Festivals, und dieser Fall ist ja bis jetzt noch nicht eingetroffen, bzw. müsste dafür ja ein neues Gelände her. Und solange das nicht passiert, wird es keine Wacken-mässigen Auswüchse geben (können). Ich hoffe, dass das Festival noch eine Weile diese relative Unschuld behält, auch wenn die "Logik" des Kapitalismus natürlich nach etwas anderem "verlangt". Also "Wachstum" und damit einhergehende Entwürdigung und Ballermannisierung.

EDIT: Aber eins habe ich mich wirklich schon vor einen paar Jahren gefragt: Wie finanzieren die sich? Ich habe jedenfalls noch kein Festival erlebt, wo die Diskrepanz zwischen großen Namen und so (relativ) wenigen Besuchern so auffällig ist.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber eins habe ich mich wirklich schon vor einen paar Jahren gefragt: Wie finanzieren die sich? Ich habe jedenfalls noch kein Festival erlebt, wo die Diskrepanz zwischen großen Namen und so (relativ) wenigen Besuchern so auffällig ist.

Die Zauberformel heißt "Pay to Play". Aus diesem Grund finde ich das Wort "Unschuld" im Zusammenhang mit dem Festival auch eher Fehl am Platz. ;)
 
Die Zauberformel heißt "Pay to Play". Aus diesem Grund finde ich das Wort "Unschuld" im Zusammenhang mit dem Festival auch eher Fehl am Platz. ;)

Ich meinte jetzt eher in Bezug auf die großen Namen. Die werden ja sicher gebührend bezahlt. ;)
Das die Kleinen da noch was mitbringen müssen, ist ja leider heute so. Ich finds halt immer wieder erstaunlich, dass in dem Kaff echte internationale Stars auftauchen, und nicht nur Bands, die du sonst auch an jeder deutschen Festival-Tränke siehst. Aber vielleicht wird das Festival auch subventioniert, wer weiß?
 
Was durch die Kleinen reinkommt bzw. man einspart, kann man dann ja den Großen zukommen lassen. Und so ist das auch sicherlich nicht überall, aber bei den Veranstaltungen einer gewissen österreichischen Firma eben schon...
 
Was durch die Kleinen reinkommt bzw. man einspart , kann man dann ja den Großen zukommen lassen. Und so ist das auch sicherlich nicht überall, aber bei den Veranstalltungen einer gewissen österreichischen Firma eben schon...

Ja, stimmt schon. Klar ist das Wort "Unschuld" in dem Zusammenhang fehl am Platz, trotzdem find ich das Festival von den "größeren" mit am Besten, auch weil es quasi dort noch nen Gratis-Urlaub dazu gibt und sich das Ganze recht gut verläuft. Ich hatte jedenfalls nie den Eindruck, dass ich einer Großveranstaltung im herkömmlichen Sinne beiwohne. Auch weil wir tagsüber durch unsere Akltivitäten quasi nie mit dem Festival in Berührung kamen und im Hotel weg vom Schuss übernachtet haben. Glaub mir, ich brauche mittlerweile mein Hotel. Mir egal, ob das jetzt noch Metal ist oder nicht.;)
 
Verstehe ich schon, würde mir von der Location vermutlich auch sehr gefallen. Aber mir misfallen die Machenschaften der Veranstalter halt zu sehr, als dass ich denen irgendwie Geld zukommen lassen möchte. ;)
 
Verstehe ich schon, würde mir von der Location vermutlich auch sehr gefallen. Aber mir misfallen die Machenschaften der Veranstalter halt zu sehr, als dass ich denen irgendwie Geld zukommen lassen möchte. ;)
Wie is n das konkret? Weißt Du da Details? Was muss denn so ne kleine Band in etwa zahlen, dass sie da spielen darf?

Find's ja ehrlich gesagt unglaublich dämlich von so ner kleinen Band, wenn sie so einen Blödsinn mitmacht. Das würde mein Ehrgefühl als Musiker ja irgendwie verletzen. Ich denke, da wird der Werbeeffekt eines wahrscheinlich eh viel zu frühen Festival-Slots auch naiv überschätzt von den Bands, die sich da ausbeuten lassen.
 
Wie is n das konkret? Weißt Du da Details? Was muss denn so ne kleine Band in etwa zahlen, dass sie da spielen darf?

Find's ja ehrlich gesagt unglaublich dämlich von so ner kleinen Band, wenn sie so einen Blödsinn mitmacht. Das würde mein Ehrgefühl als Musiker ja irgendwie verletzen. Ich denke, da wird der Werbeeffekt eines wahrscheinlich eh viel zu frühen Festival-Slots auch naiv überschätzt von den Bands, die sich da ausbeuten lassen.
*kratz* Ich meine da war mal was mit Ticketkontingent abnehmen. Das kam dann zu so skurilen Nummern, daß Newcomerbands eine Busreise zum Metalcamp organisiert haben....
 
Zurück
Oben Unten