RUSH - polarisierende Götter

Achilles

Deaf Dealer
Neben allen möglichen Obsessionen für alle möglichen Spielarten des Rock / Metal hege ich einen ganz besonders weichen Punkt für RUSH. Ich habe die Band erst recht spät (Mitte 20) entdeckt, als ein Kumpel mir "Grace under Pressure" in die Hand drückte und meinte, dass ihm die Musik zwar gefalle, er den Gesang aber keine fünf Minuten ertragen könne.

Ich habe mir das Album angehört und war vollkommen angefixt. "Red Sector A", "The Body Electric" oder gerade "Between the Wheels" höre ich bis heute noch extrem gern. Was mich dann allerdings komplett umgehauen hat, war das "Entdecken" der früheren Phase der Band. Hier jetzt Sternstunden aufzuzählen hat wirklich etwas von Eulen, die nach Athen.... Egal.

Ich durfte Rush live erleben (Das "R30"-Konzert in Frankfurt werde ich den Rest meines Lebens nicht mehr vergessen) und "Hemispheres" als auch "Permanent Waves" gehören zu meinen Platten für die einsame Insel. Doch nun zum Kern des Pudels.

Nachdem vor geraumer Zeit "Clockwork Angels" erschien, habe ich mir das Album zugelegt. Und eins kann ich euch schwören. Ich habe die Scheibe rauf und runter gehört. Leider haben es die letzten zwei Jahre nicht geschafft, das Album auch nur annähernd in meiner Gunst dahin zu bringen, wo zum Beispiel noch "Test for Echo", "Counterparts" oder sogar "Presto" angesiedelt sind. Von den Frühwerken bis einschließlich "Power Windows" ganz zu schweigen.

Und nun kommts. Mein Diskussionsansatz, auf den vielleicht der eine oder andere Lust hat. :)

Ich bin der Meinung, dass "Clockwork Angels" ein Stinker in der Banddiskographie ist. Nach "Vapor Trails", die ich der Band als Ausrede in schweren Zeiten zugestehe (St. Anger-Syndrom), hat mich schon "Snakes & Arrows" nicht so sehr begeistert. "Clockwork Angels" ist zu laut, Steampunk geht mir auf den Sender, ich versteh' den Hang zu stringentem Midtempo nicht. Ich kann Geddy kaum hören. Alex schrammelt orientierungslos rum. Nur Neal rettet sich einigermaßen über die Distanz. Leider kommt dies krude Textkonzept, glaube ich, von ihm. Wenn ich mir die nach dem Album erschienene Live-DVD "Clockwork Angels - LIVE anschaue, dann fällt schon auf, dass die Songs des Albums irgendwie gegen die vorhergehenden Großtaten recht alt aussehen.

Wie seht ihr das?
 
Wie seht ihr das?

Anders :D

Ich finde Clockwork Angels sehr famos. Es ist das erste Rush-Album, bei dem sie es geschafft haben, auf Platte so zu klingen, wie sie auch live klingen. Die unglaubliche Spielfreude, die sie auf der Time Machine Tour an den Tag gelegt haben, haben sie tatsächlich auf das Album hinüberretten können.
Nach der unantastbaren 80er Phase (also Permanet Waves bis Presto), an die für mich nichts heranreicht, ist Clockwork Angels für mich tatsächlich so ziemlich die beste Rush.

Das Textkonzept mag zwar etwas krude sein, aber das waren Sachen wie "Hemispheres" oder "2112" ja auch. Ich sehe das eher als kleine Remniszenz an die eigene Vergangenheit.
 
Die Keyboard-Phase wird immer meine Liebste sein. Die Alben "Moving Pictures" bis einschl. "Roll The Bones" gehören zum Besten was an Musik überhaupt erschaffen. Völlig außer Konkurrenz
und jedes Album ein Zehnpünkter.

Nach "Bones" sind eigentlich alle Alben gut bis sehr gut, die Magie der Achtziger erreichen sie leider zu keiner Sekunde mehr.

Die Prog-Phase der Siebziger ist auch magisch, allerdings nicht so durchgängig wie 1 Jahrzehnt später.

"Clockwork Angels" finde ich natürlich gut, höre das Album aber so gut wie nie *g*.
 
So weit gehen, die Clockwork Angels als Stinker zu bezeichnen würde ich jetzt nicht gehen. Aber trotz ein paar sehr schöner Songs darauf ("The Wreckers"!) gefällt mir dies von allen Rush-Alben auch am wenigsten. Mit dem Textkonzept hab ich nicht so die Probleme. Bei aller Brillianz hat Neal Peart ja durchaus eine Neigung zum, sagen wir mal, Verstiegenen. Aber musikalisch fehlt mir, wie @Achilles, über weite Strecken der Biss. Ich finde die lyrische Kreativität leider nicht in der Musik wieder.

An dieser Stelle kann ich mich ja auch gleich mal als Vapor Trails Gutfinder outen. Trotz des anstrengenden Sounds, liebe ich jeden einzelnen Song auf der Scheibe. Auch der vergleichsweise aufgeräumte instrumentale Ansatz gefällt mir sehr.
 
An dieser Stelle kann ich mich ja auch gleich mal als Vapor Trails Gutfinder outen. Trotz des anstrengenden Sounds, liebe ich jeden einzelnen Song auf der Scheibe. Auch der vergleichsweise aufgeräumte instrumentale Ansatz gefällt mir sehr.
Dann empfehle ich Dir dringend den Remix, der letztes Jahr rausgekommen ist. Dadurch gewinnt die Platte tierisch hinzu, weil der Sound eben nicht mehr anstrengend ist.
 
Dann empfehle ich Dir dringend den Remix, der letztes Jahr rausgekommen ist. Dadurch gewinnt die Platte tierisch hinzu, weil der Sound eben nicht mehr anstrengend ist.

Jau, die kommt auch noch an die Burch. Mittlerweile hab ich mich aber fast an das pausenlose undynamische Gedrücke auf dem Original gewöhnt. :D
 
Den Ansatz, das Album als Stinker zu bezeichnen, habe ich gewählt, um erstmal "gehörig auf die Kacke zu hauen". RUSH werden auf immer und ewig eine Band bleiben, die eigentlich kein schlechtes Album machen kann. Jedoch... Siehe oben.

Wo @Ploppi das gerade erwähnt hat. Eigentlich hast Du voll Recht. Das die Texte schon immer irgendwie schräg waren wird mir gerade bewusst. Erleuchtmoment hab. "Cygnus X-1 Book II" habe ich bis heute auch nicht kapiert.

Aber wie @Iron Ulf das schon geschrieben hat. Biss ist das was fehlt. Und wenn man dann dagegen "Test for Echo" hört, wo es an allen Ecken und Enden auch recht vehement zuging und vor Spielfreude nur so spritzte kann ich nicht nachvollziehen, warum "Clockwork Angels" den Livespirit der Band transportiert. Das würde ja voraussetzen, dass RUSH live nachgelassen haben. :D
 
Nach "Bones" sind eigentlich alle Alben gut bis sehr gut, die Magie der Achtziger erreichen sie leider zu keiner Sekunde mehr.

Einspruch! "Counterparts" ist für mich eine der besten und abwechslungsreichsten Rush-Platten überhaupt, und "Test For Echo" ist ebenfalls komplett großartig, wenn auch düsterer und etwas sperriger. Ich liebe sowohl die Sachen aus den 80ern als auch die aus den 90ern. Letztgenannte klingen für mich aber irgendwie "wärmer" und streckenweise auch runder. Wertungsmäßig nimmt sich das aber nicht viel. Alles großartig! :top:

Alles nach "Test For Echo" ist immer noch absolut hörenswert, aber auch ich finde, dass da eine Zäsur stattgefunden hat, was die Qualität des Songwritings anbelangt. Irgend etwas ist verloren gegangen... Aber dafür kommen Rush ja mittlerweile regelmäßig zu uns auf Tour - das war mal GANZ anders. ;)
 
Mir geht es da anders, für mich beginnt die schwache Phase nach Presto. Da sind sie mir dann einfach zu nett, zu gefällig und zu flach geworden. Geändert hat sich das erst wieder mit Vapor Trails, dass aber dafür massiv. Seit der Scheibe haben sie (vermutlich bedingt durch Neils Schicksalsschläge) wieder den Tiefgang, den ich davor vermisst habe. Seit einschließlich Vapor Trails finde ich alles wieder richtig geil.
 
@Achilles:
Ich empfinde das genau andersherum. Für mich schlafen Rush eher bei Test Fo Echo die Füße ein. (Wobei das zum Teil sicher aber auch an den Songs als solchen liegt, die ich einfach nicht besonders mitreißend finde) - Und bei Clockwork Angels explodieren sie quasi vor Energie. Man muss sich nurmal anhören, was z.B. bei Headlong Flight instrumental alles passiert.
 
Ich habe die Clockwerk Angels erst seit letzter Woche, aber bin seitdem schon so begeistert, dass ich ich endlich auch mal in der Diskografie weitermachen will. Ich finde, die Scheibe rockt ziemlich lebendig. Fehlenden Biss kann ich deswegen nicht nachvollziehen, und zum Glück gibts auch die typisch magischen Melodien noch (The Garden, The Wreckers, Caravan).

Ansonsten habe ich bis jetzt nur 2112 sowie die Scheiben von Moving Pictures bis Power Windows, danach werde ich wohl je nach Lust entweder die Lücken zwischen 2112 und MP abarbeiten oder mir die Box mit den Alben zwischen 1989 und 2007 holen.
 
Alles nach "Test For Echo" ist immer noch absolut hörenswert, aber auch ich finde, dass da eine Zäsur stattgefunden hat, was die Qualität des Songwritings anbelangt. Irgend etwas ist verloren gegangen... Aber dafür kommen Rush ja mittlerweile regelmäßig zu uns auf Tour - das war mal GANZ anders. ;)

Bleibt zu hoffen, dass sich die Rückbesinnung auf das frühe Material, welche derzeit in Form der Vorbereitung der "41'st Anniversary Tour", die ab 2015 durch die Welt rollt, sich irgendwie vielleicht doch in neuen Songs niederschlägt. Ein "Klassikeralbum" von RUSH würde mir über die Maßen gut gefallen.
 
Das mit dem Biss verstehe ich auch nicht. Seit Vapor Trails haben sie den wieder. Das ist vielleicht nicht schnell gespielt, aber eben mit Biss und Drang. Auf allen Scheiben.
 
Biss ist, denke ich, recht unterschiedlich zu beleuchten. Ich verstehe dass Ganze irgendwie so, dass es eine Art von musikalischer Dringlichkeit gibt, die Dir gleich beim ersten Hören voll auf das Gesicht zumarschiert. Dann packen Dich die Songs im Nacken oder in den Beinen und lassen Dich mitgehen. Du spürst, dass Bock und Lust und Spass (im Fall von RUSH) dahinter stecken.

Genau DAS habe ich auf "Clockwork Angels" bis heute nicht gefunden. Genau das gleiche Gefühl hat "The Division Bell" von Pink Floyd damals bei mir hinterlassen. Jaaaaa. Nett...... Aber dann recht schnell..... *meeeeeh*.

Ist gerade nicht so einfach, das zu verargumentieren. :)
 
Das mit dem Biss verstehe ich auch nicht. Seit Vapor Trails haben sie den wieder. Das ist vielleicht nicht schnell gespielt, aber eben mit Biss und Drang. Auf allen Scheiben.

Der Biss ist definitiv da, aber Rush brauchen keinen "Biss" im Sinne von harten Gitarren oder Ähnliches.

Rush brauchen ein Keyboard!!!
 
Einspruch! "Counterparts" ist für mich eine der besten und abwechslungsreichsten Rush-Platten überhaupt, und "Test For Echo" ist ebenfalls komplett großartig, wenn auch düsterer und etwas sperriger. Ich liebe sowohl die Sachen aus den 80ern als auch die aus den 90ern. Letztgenannte klingen für mich aber irgendwie "wärmer" und streckenweise auch runder. Wertungsmäßig nimmt sich das aber nicht viel. Alles großartig! :top:

Alles nach "Test For Echo" ist immer noch absolut hörenswert, aber auch ich finde, dass da eine Zäsur stattgefunden hat, was die Qualität des Songwritings anbelangt. Irgend etwas ist verloren gegangen... Aber dafür kommen Rush ja mittlerweile regelmäßig zu uns auf Tour - das war mal GANZ anders. ;)

Die Test for Echo finde ich auch ziemlich unterbewertet! Das Album ist großartig und viel besser als sein Ruf.
 
@Achilles hat das sehr schön zusammengefasst, was ich mit fehlendem Biss meine. Für mich geht einfach zu vielen Songs auf Clockwork Angels die kreative Wirkmacht ab, die ich an Rush so liebe. Damit fordere ich ja keine Überwältigugungsstrategien mittels Gitarrengewitter von der Band ein, um Himmels Willen! Ich kann es gar nicht so genau festmachen, woran es liegt, dass mich die Songs nicht so begeistern wie gewohnt. Einige Parts klingen mir zu willkürlich, andere zu seicht. Aber wir reden wir hier ja schließlich über Rush, was bedeutet, dass ich Clockwork Angels bei allem Genörgel immer noch mit einer soliden 7 benoten würde.

File under: Ulf quakt darüber herum, beim Buddeln am Strand eine Kiste Silber- statt zwei Kisten Gold-Dublonen gefunden zu haben. :D
 
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