Tolpan
Till Deaf Do Us Part
Abschiedsbrief meines Portemonnais
Wenn du diese Zeilen liest, werde ich bereits aus deinem Leben verschwunden sein. Weg, hinfort, über alle Berge.
Echt: Wir hätten gute Freunde werden können. Aber nein, der junge Herr von und zu muss sich ja unbedingt so ein deppertes wie kostenintensives Hobby suchen wie die Sammlung silbern Plastikscheiben mit Musik drauf. Wobei ich das Wort "Musik" bereits großzügig verwende. Das geht jetzt schon seit Jahren so und das Muster ist immer dasselbe. Mit einem wirren "Da wollte ich mich schon lange mit beschäftigen." auf den spröden Lippen schleichst du zum Rechner, bestellst dir irgendeinen Schrott um dann nach kurzem Zuhören festzustellen, dass du genau das noch benötigst zu deinem Glück. Und nicht nur eine Best Of (was ja noch vertretbar wäre), sondern die gesamte Diskografie. Das letzte Mal war es im Frühjahr so, als du dir von diesem PIERRE BRIEST "Firepower" zugelegt hast. In der folgenden Nacht haben der CD-Schrank und ich geweint. Wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.
Und nun das. Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Wieder eine (na klar!) "Klassiker"-Band, wieder ein "absolut unverzichtbares" Album. Diesmal heißen die Penner VANILLA ROT. Nachdem du dir das Album bestellt hast, hab ich die mal gegoogelt und was soll ich sagen? Natürlich sind auch das wieder irgendwelche achtzigjährigen Zausel, die schon seit Anno Blumenkohl ihren Klangmüll in die Welt blasen und gefühlt mehr Platten rausgebracht haben als Papua-Neuguinea Einwohner hat. Fick dich!
Dann der gestrige Abend. Endlich ist "Mach hoch die Tür, das Tor macht weit" angekommen, von deinen spinnrigen Griffeln entpackt und in den CD-Spieler gestopft (Der hat's auch nicht leicht und muss echt alles schlucken, die Sau!). Beim ersten Track "Blechwind" hatte ich ja noch Hoffnung, dass du das genauso scheiße findest wie ich. Zu holprigem Schlagzeug und schrummliger Gitarre singt ein halskranker Lurch redundante Plattitüden aus "Conan der Barbar". Nicht, dass ich da viel Kennung hätte. Persönlich stehe ich ja her auf Klassisches: Tschaikowsky, Bach, Torch. Bereits beim folgenden Titeltrack wusste ich, dass es mal wieder soweit war.
"Ein ganz eigener Klangkosmos." - Klar, wenn man taub ist.
"Eine unverwechselbare Stimme" - In etwa so unverwechselbar wie eine Spaghetti unter Ramennudeln.
"Tolle Drums" - Ich bitte dich! Mit Stöckern a-rhythmisch auf feste Unterlagen kloppen kriegen selbst Primaten hin.
"Davon brauch ich mehr. Quatsch: Alles." - Leck mich doch!
Das war's! Ich hab genug! Such dir wen anders, der dir deine Sammelleidenschaft finanziert und dafür regelmäßig bis zur kompletten Entleerung bluten muss! Aber ich bin mir sicher, dass du auch die nächste, noch nichtsahnende Geldkatze um den Verstand und ihren Inhalt bringen wirst. Und das alles nur für diesen Krach! Ich kann nicht mehr und ich will nicht mehr! Bestell dem CD-Schrank beste Grüße, der hat auch die Schnauze (und Regale) voll.
Angenehmes Sterben noch, du Lauch!
Keine Ahnung was ich daraus machen soll. Klar ist nur, dass der Winter vor der Tür steht. Wer hat Decken und/oder MANILLA ROAD-Platten zum Zudecken? Jede Spende hilft!
Bitte dringend als Leserbrief einreichen!!!