kulturgeschichtlich sehr interessanter und gehaltvoller Artikel aus dem Kulturteil der gestrigen FreienPresse über die von der SED verbotene "Formation Bürkholz", einer Jazzrock-Combo aus Leipzig.
Leider hinter einer PayWall, aber schreibt mir bei Interesse einfach.
Die Formation Bürkholz und das zu frühen Ende einer großen DDR-Rock-Hoffnung
Der Keyboarder schrieb die Musik zu Nina Hagens "Farbfilm", andere Mitmusiker wurden zur Frischzellenkur für viele erfolgreiche Szene-Bands des Ostrock: Warum die Leipziger SED-Bezirksleitung an der wohl besten Kapelle der Stadt Anfang der 1970er das Verbotsverfahren für die Renft-Combo ausprobierte.
https://www.freiepresse.de/kultur-w...ner-grossen-ddr-rock-hoffnung-artikel11970001
Auszug:
"... Trotzdem war ihr nur ein kurzes Leben beschieden - geriet sie doch aus fadenscheinigen Gründen in die Mühlen der DDR-Kulturbürokratie. Daran erinnert jetzt eine bei Marktkram erschienene Platte mit den wenigen erhaltenen Aufnahmen der Band aus dem Deutschen Rundfunkarchiv, für die Michael Rauhut kundige Liner Notes verfasst hat. Darin fasst er das kurze Leben der Formation Bürkholz zusammen, deren Verbot sich quasi als "Testlauf" für das spätere Vorgehen gegen eine andere DDR-Band erwies: die Klaus-Renft-Combo. Vorwand für das Bürkholz-Verbot war ein Open-Air-Konzert während der Betriebsfestspiele des Kombinats Robotron im Sommer 1973 in
Radeberg. Den Beschreibungen nach muss es ein mitreißendes Konzert gewesen sein. Damals aber klang das im Jargon der Kulturbürokratie anders. Michael Rauhut zitiert aus einem Bericht der Leipziger Staatsanwaltschaft an die Kulturabteilung der Stadt, wonach bei dem Konzert, "aufgepeitscht von der Band", "etwa 2500 Jugendliche in euphorischen Taumel" versetzt worden seien. "Die Titel wurden in einer Form dargeboten ... als seien die Mitglieder der Beatgruppe in Ekstase geraten. Der Melodiegitarrist vollführte ein unmögliches Gitarrenspiel. Er trug die Gitarre im Genick und spielte einen unmotivierten Rhythmus. Der Sänger vollführte unnatürliche Kopfverrenkungen mit einem Körperschütteln, das völlig unmotiviert war." Etwa 200 Fans hätten die Bühne gestürmt, worauf die Veranstalter den Strom abdrehten. "Ordnungskräfte" hätten eingegriffen, wobei es zu "rowdyhaften Ausschreitungen" gekommen sei, Polizisten und Jugendliche aneinandergeraten seien, Erstere sich als "Arschköpfe", Scheißkerle" und "Schweine" tituliert sahen. Blumenkästen gingen zu Bruch, fünf "Rädelsführer" wurden im Schnellverfahren wegen "Staatsverleumdung", "Rowdytum" und "Widerstands gegen staatliche Maßnahmen" zu Haftstrafen zwischen vier Wochen und zwölf Monaten verurteilt. ... "