Ich hab mir gerade mal eure Sendung angeschaut. Grundsätzlich fand ich es ganz kurzweilig. Besonders gut hat mir gefallen, dass die Vielfältigkeit im Hardcore erwähnt wurde. Da wäre es natürlich schön gewesen, wenn man noch diverse Bands wie z. B. MINUTEMEN, BIG BOYS oder BEEFEATER erwähnt hätte. Es gibt aber auch einiges, was bei mir für Stirnrunzeln und Kopfschütteln gesorgt hat. Mich überrascht und enttäuscht immer wieder diese New York-Fixierung, wenn man über Hardcore in den USA redet, denn das ist dann doch zu eindimensional. Was ist z.B. mit Los Angeles? Oder Chicago? Auch in Bezug auf Gewalt bei Konzerten in den späten 1970ern / frühen 1980ern war Los Angeles und insbesondere Huntington Beach sowas wie die Quelle der Gewalt, die u.a. auch von extrem gewalttätigen Punk-Gangs wie die SS Lads und La Mirada ausging. Es floss viel Blut, es gab Tote und dann noch die ausufernde Polizeigewalt. In Bezug auf die gewalttätigen Punk-Gangs empfehle ich übrigens das Buch 'Disco's Out, Murder's In' und alte Fanzine-Berichte.
Eine weitere Gang waren Los Angeles Death Squad, bei denen auch BAD RELIGION waren. Abgesehen davon gab es in der L.A. Punk-Szene immer viele Frauen in den ganzen Bands und generell in der Szene, genau wie Hispanics und Menschen, deren sexuelle Orientierung auch das eigene Geschlecht betraf. Durch die zunehmende Gewalt auf Konzerten, ausgehend von irgendwelchen Hohlköpfen, die Hardcore und Punk gleichgesetzt haben mit enthemmter Gewalt, wurde das Publikum leider immer männerlastiger. Aber ab 1980 gab es mit LEGAL WEAPON immer noch Bands, bei denen nicht nur ein Frau mitgespielt hat sondern auch der kreative Kopf war. Nun gut, ich schweife ab.
Völlig neu war mir, dass GERMS Hardcore gespielt haben. Das ist doch klassischer Punk Rock .
Eine der wichtigsten Wegbereiter für Hardcore aus Kalifornien war natürlich BLACK FLAG, gefolgt von den DEAD KENNEDYS (ab 1981 - 'In God We Trust' war ihre erste Hardcore-Platte). Nochmal was zum Thema New York Hardcore - die Folge wäre doch eine gute Gelegenheit gewesen, die New Yorker Hardcorebands vorzustellen, die vor CRO-MAGS und AGNOSTIC FRONT am Start waren wie z.B. URBAN WASTE, THE MOB oder auch NIHILISTICS. Weder AF noch CRO-MAGS haben den New Yorker HC erfunden.
Apropos BLACK FLAG - 'Damaged' gehört natürlich zum Hardcore-Fundament, genau wie die ausgesprochen wichtige 'Out Of Vogue' 7" EP von THE MIDDLE CLASS. Die stammt aus dem Jahr 1978. 'Damaged' erschien ein Jahr vor dem Debut von BAD BRAINS und ANGRY SAMOANS. In Bezug auf BAD BRAINS hat natürlich die 'Pay To Cum' 7" ebenfalls eine ausgesprochen wichtige Rolle für die Entwicklung von Hardcore gespielt und die erschien zwei Jahre vor dem ROIR-Debut.
Ich fand es schön, dass G.B.H. erwähnt wurde. Aufgrund der historischen Genauigkeit hätte man den Fokus wesentlich stärker auf DISCHARGE richten müssen, die zweifelsohne zu den europäischen Architekten des Hardcore gehören und das damalige Nieten-Stachelhaar-Outfit auf die Spitze getrieben haben. Für uns war dieses Aussehen damals Hardcore, also die UK-Variante dessen. "street-punk" ist so ein neumodischer Begriff mit dem ich nix anfangen kann.
Man hätte natürlich noch erwähnen können, wie sich Hardcore (Punk) in Europa im Laufe der 1980er entwickelt hat, wobei da natürlich die zweite Hälfte der 1980er immens wichtig war.
Ach ja, D.I.Y. ist keine Hardcore-Erfindung, sondern das kommt aus dem Punk Rock. Bestes Beispiel dafür sidn die ganzen Fanzines aus der Zeit von 1976 bis 1980 (und darüberhinaus) aus den USA, Großbritannien und anderen europäischen Ländern wie z.B. auch Deutschland.
Und diese "emo-core"-Ding war damals ganz normaler Hardcore für uns und für alle anderen. Genau wie weitere 1980er Dischord-Bands ala GRAY MATTER, EMBRACE oder ONE LAST WISH. Glücklicherweise wurde damals noch nicht alles in 2.000.000. Schubladen unterteilt. Früher war auch vieles Scheisse, aber das war definitiv besser.
So, dass war's von meiner Seite.