Matthias Herr - Heavy Metal-Lexika - Diskussion & Würdigung

Kenn nur seine Blackmetalbibel. Fand die damals durchaus informativ. Seine Schreibe ist da aber manchmal doch zu subjektiv. Etwas weniger persönlicher Geschmack in den Besprechungen hätte das Buch aufgewertet find ich, auch wenn es wohl halt locker gedacht sein soll, wie halt in Fanzines oder sonstiger Rockpresse.

Und ein paar echt krumme Ansichten sind auch drin:
- Wie können Nightfall ein Album "Lesbian Show" nennen? Sowas kann doch keinen aufrechten Stecher anmachen...
- Riesenaufregung über die plumbe Provokation von Zyklon-B, aber im Gegenzug ist es bei gewissen polnischen Bands gut, daß sich auch unbequeme Geister im BM artikulieren dürfen...


PS Aber der Höhepunkt seines Schaffens bleiben die Leserbriefe, die zu seinen Ehren im Ablaze abgedruckt wurden.
 
Mich persönlich interessiert es halt, da ich mir schwer vorstellen kann, dass ein Mensch der so langen und intensiv in der Szene lebt, dieser auf einmal abschwört. Aber es gibt nix über ihn zu finden.... lebt der überhaupt noch?!?

Irgendwo habe ich gelesen, dass er zumindest 2016 noch unter uns weilte ... Moment, hier, ganz unten: https://zine-with-no-name.de/zwnnblog/tag/matthias-herr/

Vorstellen, dass jemand, der lange und intensiv in einer Szene lebt, dieser auf einmal den Rücken kehrt, kann ich mir aber vollkommen problemlos. Ich sehe dafür im konkreten Fall zwei grundsätzliche Möglichkeiten:
1.) Matthias Herr, Jahrgang 1958 (wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht), war zum Zeitpunkt seines Rückzugs genau 40 Jahre alt. Durchaus ein Alter, wo einen – vielleicht ausgelöst durch den runden Geburtstag – die Mittlebenskrise kräftig erwischen kann und der Wunsch entsteht, sein Leben noch einmal gänzlich neu auszurichten. Oder vielleicht waren da einfach Kinder im Spiel, die viel Aufmerksamkeit und Zeit benötigten ... es gibt so einige rein private Möglichkeiten.
2.) Ich denke, dass die Metal-Szene niemals vorher und nachher einen so starken Einschnitt erlebte wie Ende der Neunzigerjahre. Das weltweite Netz wurde einer breiten Öffentlichkeit zugänglich, damit auch extreme Musik und Informationen über ebensolche Musiker kinderleicht zugänglich. Das hatte natürlich zur Folge, dass mehr als je zuvor Mitläufer, Orientierungslose und andere Deppen angespült wurden, mit all den bekannten negativen Auswüchsen einer popularisierten Subkultur. Wohl nicht ganz zufällig fällt auch das erstmals geballte Aufkommen des NSBM-Schwachsinns in jene Zeit. Durchaus denkbar, dass Matthias Herr diese Szene einfach nicht mehr als die seine betrachtete, all der damaligen Entwicklungen überdrüssig war. Das kennt doch so oder ähnlich jeder, der heutzutage irgendwelche scheiß ahnungslosen Hipster auf Konzerten rumlaufen sieht und diesen dann am liebsten – bildhaft gesprochen – einfach nur den Schädel spalten möchte ;)

Das sind natürlich für den vorliegenden Fall nur Mutmaßungen, aber je mehr ich darüber nachdenke, umso plausibler erscheint mir, dass einer oder beide Faktoren eine Rolle bei Herrn Herrs Abtauchen gespielt haben könnte(n).
 
Dann machen wir den Faden doch noch ein wenig visuell.

Links oben wie gesagt die zwei Varianten von Buch eins.

20190320-173508.jpg


Was ich dafür hinlegen musste sag ich besser nicht. Aber ich hatte ziemliches Glück.

Bis auf die BM Bible habe ich die auch alle. Das Glück bzgl. Preis hatte ich wohl auch,
wenn ich mir anschaue, was da mittlerweile aufgerufen wird. :cool:
 
Kenn nur seine Blackmetalbibel. Fand die damals durchaus informativ. Seine Schreibe ist da aber manchmal doch zu subjektiv. Etwas weniger persönlicher Geschmack in den Besprechungen hätte das Buch aufgewertet find ich, auch wenn es wohl halt locker gedacht sein soll, wie halt in Fanzines oder sonstiger Rockpresse.

Und ein paar echt krumme Ansichten sind auch drin:
- Wie können Nightfall ein Album "Lesbian Show" nennen? Sowas kann doch keinen aufrechten Stecher anmachen...
- Riesenaufregung über die plumbe Provokation von Zyklon-B, aber im Gegenzug ist es bei gewissen polnischen Bands gut, daß sich auch unbequeme Geister im BM artikulieren dürfen...


PS Aber der Höhepunkt seines Schaffens bleiben die Leserbriefe, die zu seinen Ehren im Ablaze abgedruckt wurden.

Die Black Metal Bibel gehört auch seit 1998 zu mir. Habe sie damals neu für 40 DM im EMP gekauft. Zusammen mit dem Ablaze damals schon eine kleine Hilfe durch den BM Dschungel der ausgehenden 90er Jahre. Hab dadurch die eine oder andere Band entdeckt.

die Geschichte mit dem "Genöhle", was er Quorthon (Bathory) zuschrieb war auch nicht verkehrt, oder einige Abigor/ Summoning Leute gar als "halben Hahn" oder "Hungerhaken" zu betiteln, hatten schon was. Dazu dann auch seine Bewertungen zu den Platten. Hätte er die persönlichen Ansichten rausgelassen aus seiner Schreibe, würde es sicherlich den zweiten Teil geben. Glaube, dass eben sein Schreibstil in diesem Buch der Grund für sein Untertauchen war, da sicherlich nicht jede Band/ jeder Fan damals mit seinem Geschreibsel einverstanden war und ihm vll ans Leder wollte. Zudem weiss ich bis heute nicht, was u.a. AC/DC oder auch KISS in diesem Buch suchen.

Die HM Lexika würde ich mir schon gerne zulegen wollen, aber nicht zu jedem Preis.

BTW. ich hätte ja auch nix dagegen, wenn es weitere Teile geben würden (egal of BM Bible oder HM Lexikon). Evtl. ein entsprechendes Gegenstück zur BM Bible für den Death Metal. Sicherlich gibt es Metal-Archives oder auch Wikipedia. Aber, gerade auf MA wird hat man zwar Daten zu den Bands aber wenig Hintergrundwissen usw.
 
Zuletzt bearbeitet:
Glaube, dass eben sein Schreibstil in diesem Buch der Grund für sein Untertauchen war, da sicherlich nicht jede Band/ jeder Fan damals mit seinem Geschreibsel einverstanden war und ihm vll ans Leder wollte.

Ich glaube nicht, dass an diesem Gerücht etwas dran ist. Wie in dem oben von mir angeführten Artikel zu lesen ist, hat er ja zumindest bis 2003 unter seiner altbekannten Adresse in Berlin gewohnt und offenbar im gleichen Jahr sogar noch auf die erste Kontaktaufnahme des Verfassers reagiert. Hätte ihm jemand wirklich ans Leder gewollt, hätte man ihn also fünf Jahre lang problemlos finden können. Und ernsthaft, wegen solcher Kindereien, wegen einer flapsigen Bemerkung in einem Buch?

Eher mag er von den doch überwiegend sehr negativen Reaktionen auf seine Black Metal Bible überrascht/genervt gewesen sein. Und, wie weiter oben von mir schon ausgeführt, vielleicht auch von den generellen Entwicklungen in der Szene enttäuscht oder ihr einfach entwachsen.

Abgesehen davon bin ich ganz bei dir, ich würde sogar eine Menge Geld dafür zahlen, von ihm überarbeite und aktualisierte Fassungen seiner Lexika in den Händen halten zu können.
 
Boah, Wahnsinn! Zusammen mit dem Hellion-Katalog für zwei Drittel meiner Sammlung verantwortlich (also das, was Mitte der Neunziger dazukam). Hat mir damals wahnsinnig viel bedeutet und ich hole meine Exemplare alle paar Jahre für einen Nostalgieanfall mal wieder hervor.
Ich würde sehr gern hören/lesen, wie es ihm geht. Ein Artikel im DF wäre super.

Ist btw auch die einzige mir bekannte Stelle, an der ich je was zu Genöcide ("Submit to Genöcide") gelesen habe, die wollte ich immer ums Verrecken mal hören.
 
Vorstellen, dass jemand, der lange und intensiv in einer Szene lebt, dieser auf einmal den Rücken kehrt, kann ich mir aber vollkommen problemlos.

Noch mal kurz dazu, klar kann man sich das vorstellen. Es passt aber irgendwie nicht für mich. Wir alle kennen Kumpels und Kumpelinnen aus unserer Jugend, die mal total Metal waren, und dann irgendwann "abgesprungen" sind, Raver wurden, oder einfache Radio Konsumenten. Ich finde aber ab einem gewissen Alter verfestigt sich sowas - in der Regel. Ich kann mir mit fast 40 nun nicht mehr vorstellen, dass ich mich dem Metal/HardRock entferne. Vielleicht werde ich es offener was "andere" Musik angeht. Mit Sicherheit sogar. Und ich muss auch nicht mehr jede(s) Party/Konzert/Festival mitnehmen. Aber irgendwann wird man mich da schon das ein oder andere Mal sichten/finden. Bei mir ist es halt nur so - im Gegensatz zu Herrn Herr - dass mich kein Schwein kennt :D

Aber so ein Herr Herr fällt doch auf. Irgendwer sieht den doch dann irgendwo. Und das man so fast nix von dem findet, finde ich halt merkwürdig.

Aber sicher hast du recht, theoretisch ist es möglich einer Szene komplett abzuschwören. Ich halte es aber in dem Fall für unrealistisch. Besser ausgedrückt jetzt ? ;)
 
Hargh, war eine meiner ganz frühen Posts im "Gibt es Vorschläge für Interviews" oder so ähnlich Thread. Wurde von einem Redax-Member (glaube wrm) eindeutig abgelehnt, ich denke wegen ziemlicher Antipathie gegenüber der Person MH. Ich habe mir seinerzeit auch nach und nach alle 5 gekauft, im deutschsprachigen Raum zusammen mit den Iron Pages-Büchern (auch heiß geliebt und komplett im Schrank - wo bleibt der 4. US-Metal und 2. German Metal-Teil?!) der einzige lexikanische Guide durch den Metal-Dschungel. Ebenfalls unzählige Platten daraufhin zugelegt oder geliebte Scheiben bestätigt gesehen. Und, wie ein Kollege oben schon geschrieben hat: Cirith Ungol und Manilla Road fanden hier doch nur bei ihm wirklich statt, oder? Seine oft machoide, oft arrogant wirkende Schreibe hat mich zwar damals oft schon genervt, aber seinen Pathos und seine Leidenschaft konnte ich dennoch stets feiern und lieber ein bisserl Kante als reiner Journalismus. Allein seine Review für die erste Carnivore rult alles:D. Und für den Extrem-Metal-Bereich gab es damals auch nicht soviele Guidelines in 'Schland. Wer schrieb denn sonst über Blasphemy genauso wie über AOR-Acts?!
Die Backcover-Fotos sind immer besonders peinlich und Manowar-für-arme gewesen, he, he. Meine Bücher haben fast alle diese losgelösten Seiten, besonders Nummer 1, weshalb ich mir mal irgendwann ebenfalls die blaue Neuauflage zulegte. Hole ich immer wieder mal gerne zum x-ten schmökern raus. Auch wenn es da Antipathie oder noch mehr geben sollte, wäre es interessant was bei ihm so alles los war, v.a. nach der Black Metal Bible. Nunja, we will never know..
 
Ging mir gestern nicht mehr aus dem Kopf und vorhin nach Feierabend nochmal in seiner Black Metal Bible tief geschmökert. Mir ist schon klar, warum viele sich für besonders trve haltende BMler ihn so hassen müssen - er entweiht Altäre und beschmutzt (un)heilige Nester. Ist schon seltsam erstmal, wenn er bei so vielen Parts seine eigene Moral und Ethik richten lässt, dann aber wieder banalisiert (die Floskel "Weiber" z.B.). Aber eigentlich finde ich das voll gut statt immer nur nüchterner Journalismus. Ein erschlagendes Werk. Sehr interessant natürlich die langen Kapitel zu Mayhem und Burzum, die schon sehr gut recherchiert sind, anhand der damaligen Quellen-Lage, im Prinzip das Drehbuch zum LOC-Film. Absurd fehlt dafür ganz, Beherit ebenso (unverzeihlich!) und Darkthrone werden dagegen ganz krass in relativer Kürze unvollständig angehandelt - wohl aufgrund der Nähe zu Vikernes... Und das schlimmste: der bringt da echt Nightwish rein???!! Und Exodus und einige andere wo man sich schon fragt.. dagegen fehlen im Kontext betrachtet eindeutig verortete und wichtige Acts wie Black Sabbath, Witchfynde, Coven und Angel Witch, seltsam.. schade, dass nie der geplante und angekündigte 2. Teil erschien. Richtig Banane ist auch wieder das grandiose Backcover-Foto - wie man sich sowas trauen kann:D. Habe ebenfalls nochmal im Lords Of Chaos parallel gechmökert und da sind doch schon so einige Unterschiede festzustellen, was die Aufarbeitung der 2.-Welle-Story betrifft. Naja, andere Herangehensweise auch, und Einstellung eh.. Sehr abgefahren fand ich, dass Herr damals beim Leipzig-Gig von Mayhem war und tolle, spannende Sachen dazu zu verklickern hat, wow! Allein DAS wäre schon ein Interview wert, hm..
 
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