Die rote Liste - Welche Bands sind für euch tabu?

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-- Obwohl haben für ihre Verhältnisse einen halbwegs brauchbaren Song gemacht. --
 
Ach und nochmal zu Hip Hop:

Der hat mindestens seine Daseinsberechtigung für die ganzen Thug Life/Like a Boss Compilations! :D
 
Die Grenze will erstmal gefunden werden, schiebt sich zunächst Stück für Stück nach oben, bis die Schaulust irgendwann befriedigt ist...
Jo, mag sein. Will ich gar nicht in Abrede stellen. Nur muss man nicht jede Grenze ausloten. Ich habe mal nen japanischen Horrorfilm gesehen, noch nen Tacken krasser wie z. B. Hostel. Brauche ich nicht für mein Leben. Oder der eine wo n Typ nen menschlichen Tausendfüßler basteln wollte. Echt mal viel zu krass und krank und abartig. Unterhaltungswert für mich weniger wie null. Da will ich mich auch gar nicht abhärten.
 
Ist es.


Eben diese Grenze durchbricht der Film für so ziemlich jeden Zuschauer und das obwohl er, wenn man es genau nimmt, nicht wirklich etwas neues inszeniert.


Ich denke nicht, jedenfalls nicht für das Torture-Porn-gewöhnte Publikum. Dazu bieten die meisten dieser Filme einfach andere Inszenierungen und Erzählungen. Der Film bietet nunmal keinen Nervenkitzel wie SAW oder Hostel, die wohl populärsten Beispiele aus dem Bereich, sondern decodiert solche Filme vielmehr. Das passive Konsumieren wird hier ja in unerträgliche getrieben. ASF ist als Unterhaltungsprodukt fast vollständig unbrauchbar. Die Ästhetik der Folter von Saw oder die Dramatik des Opfer-Täter-Konfliktes von Hostel werden hier weitestgehend gelöscht. Das ist ein drastischer hässlicher und unfassbar gemeiner Film, der in meiner Wahrnehmung eben deshalb aktive Auseinandersetzung mit dem Thema sexualisierter Gewalt im Film einfordert. Gaspar Noe machte mit Irriversible etwas ähnliches im Hinblick auf Rape-&-Revenge-Filme, weshalb ich die zwei auch oft nebeneinander stelle. Da spielt Cassel ja ein so unsympathisches Eckelpaket, dass man selbst in dem Augenblick in welchem einen die ursächliche Tat mit aller Gewalt dargeboten wird, sein vorher gezeigtes Handeln nicht rechtfertigen mag.

In beiden Filmen wird genau das was in solchen Filmen dem Publikum zur spannenden und kitzelnden Unterhaltung dient mit aller Brutalität gezeigt und genau deshalb der Unterhaltung entrissen, weshalb gerade hier Aspekte wie Voyeurismus, Morddrang und Verachtung gegenüber den Menschen diverser Horror- und Slasher-Produktionen aufgedeckt werden. Filme wie die SAW-Reihe wurden Millionenfach gesehen und boten ihren Zuschauern dabei einen Lustgewinn, an kreativen Gewaltdarstellungen. Und eben das wird in 'A Serbian Film' gleich doppelt demaskiert: Es gibt den fiktiven Zuschauer der im Film produzierten Streifen und den realen Zuschauer des Films selbst. Und letztendlich ist der Zuschauer des Films ja auch der fiktive Zuschauer im Film, er sieht sich das ja alles an! Aus Neugier und Nervenkitzel. In der Psychologie spricht man vom Sensation Seeking. Deshalb ist der Film mMn ein wichtiger Beitrag zum Horrorfilm-Diskurs, sowie zum Thema Snuff und Gore im Internet (Von 2g1c bis hin zu Hinrichtungssnipets) und zu der Frage was Menschen sich sonst so alles Ansehen. Der enttarnende Charakter dieses Films ist die Nähe zur Wirklichkeit, die den meisten Torture-Porn-Movies wie SAW und Hostel einfach fehlen.
Es gibt eine Menge Filme die sich mit dem Verhältnis von Zuschauer und Film/Fernsehn im Kontext der Gewalt irgendwie beschäftigen: Peeping Tom, 8mm, Running Man, Gamer etc. aber der hier, den Zuschauer als Voyeuristen, entlarvende Schritt ist die drastische Realitätsnähe und Glaubwürdigkeit der Darstellung. Dennoch würde ich ASF eher in diese Reihe als in die der klassischen Torture-Porn-Filme einreihen.
Auch Noes Irriversible zeigt Gewalt so nah an der Realität wie es nur irgend möglich ist. Diese Darstellungen können dem Zuschauer die eigene Rolle als Konsument solchen Bildmaterials vor Augen führen:
In Filmen wie SAW, Hellraiser, Hostel etc. werden Menschen auf möglichst archaisch-kreative oder spektakuläre Art getötet. In vielen Slasherfilmen herrscht eine anhaltend sexualisierte Gewaltdarstellung. In Freitag der 13., Texas Chainsaw Massacre, the Devils Reject oder Helloween werden halbnackte Mädchen erdolcht mit Kettensägen penetriert, den phallischen Aspekt solcher Darbietungen braucht man kaum noch zu betonen. Viele Geister- und Horrorfilme spielen mit dem Motiv der Kinder als Opfer und/oder Täter (Grudge, Ring, Nightmare on Elm Street, Ein Kind zu töten, Friedhof der Kuscheltiere, Es, Kinder des Zorn) und damit auf die eine oder andere Art mit der Tötung von Kindern. Das ist also inhaltlich kein wirklich neuer Input, die Form sprengt hier jedoch den Rahmen des gewohnten. Da nimmt sich ASF schon raus anders zu sein weshalb ich die These erstmal verneinen würde. Was aber absolut stimmt ist gewiss, das Irreversibel sich künstlerisch auf einem ganz anderen Niveau abspielt ebenso wie dass man A Serbian Film nur unglaublich schwer ertragen kann, das man ihn eigentlich nicht sehen mag.

Ob das nun tatsächlich so intendiert war weiß ich nicht, es ist lediglich meine Wahrnehmung. Und natürlich kann die Intensität der sexualisierten Gewalt hier auch eine Möglichkeit sein Werbung zu betreiben, was sich aber auch durchaus mit meiner Idee, das hier das Publikum solcher Produkte mit eben diesen in ihrer Überhöhung an Realismus konfrontiert wird decken kann. Der Effekt der informellen Werbung um Gewaltfilme ist ja hier gegeben und das Publikum schaut sich sodann den krassesten und ekelhaftesten Film an um sich selbst ein Bild zu machen und sich eben einen krassen, ekelhaften Film anzusehen ... und bekommen, nur eben nicht wie gedacht. Letztendlich ob intendiert oder nicht, die beschriebenen Effekte sind jedenfalls da: Der Film polarisiert und wird oft abgelehnt.

Deine Argumentation klingt für mich restlos überzeugend. Im Ernst, ich hab fortan eine andere Sicht auf den Film.

Ich sage nicht, dass man das gar nicht tun sollte, ich stelle nur in Frage ob das ein entscheidendes Kriterium sein sollte. Darum der Verweis auf Wagner: Wenn Komplexität und Technik das wichtigste Maß der Kunst wären, solltest du anfangen Wagner zu hören. Am Tristan-Akkord sitzen heute noch Leute und interpretieren daran herum. Hundert Jahre später...

Also mir persönlich sagt das vor allen Dingen, dass musikalische und technische Komplexität für mich alles andere als ein Hauptkriterium sind. Sicher ist es nett, wenn ein Künstler sein Instrument beherrscht. Das macht das dargebotene auch sicher noch um einiges spannender. Aber um etwas zu erzeugen, was mich bewegt, ist das nicht ausschlaggebend.

Du hast schon Recht, selbstverständlich ist auch für mich "Komplexität" nicht das Hauptkriterium für "gute" Musik. Es ist für mich halt, wenn sie zum Song passt, das Tüpfelchen auf dem "i". Ich liebe Bolt Thrower und Ghost, mag Clawfinger sehr gern. Wie könnte ich das, wenn es mir aus Prinzip um Komplexität ginge? Nein, du hast weiter unten schon Recht. Ein simples Riff ist manchmal in der Tat am effektivsten. Ich lege mich also nicht fest. Es ist für mich halt nur kein Zufall, dass die größten Metalbands unglaublich fähige Musiker an Bord haben. Was meinst du, wie viele Hobbygitarristen jemals "Painkiller" von Judas Priest samt Soli sauber spielen können werden (geschweigen denn komponieren)? Fast keiner! Dabei lebt der Song ja gerade von nachvollziehbarem Riffing, das von exorbitant komplexen Soli kontrastiert wird, die förmlich abheben.

Du nimmst vor allen Dingen dieses plakative Beispiel von irgendwelcher plastischen Kunst, die nur einen kleinen Kreis von Menschen interessiert und in dem alten Putzfrauen-Witz mündet...

Nehmen wir mal ein anderes Medium: Nehmen wir jemanden wie Kafka. Der Mann hat letztlich und ungewollt ein eigenes Adjektiv geprägt. Hat er dafür komplizierte Reimschemata benutzt, oder irgendwelche besonderen schriftstellerischen Raffinessen? Sicherlich kann man das literaturwissenschaftlich sehr genau analysieren, aber an sich könnte jeder der schreiben kann, das schreiben was Kafka schrieb.

Der Fußballer ist im übrigen kein Künstler, sondern Sportler. Sicher heißt es Ballkünstler, aber das ganze hat keinen Ausdruck. Das Wort Kunst wird hier wirklich nur für "Können" verwendet.

Ansonsten: Ja: Du kannst Maler sein, ohne ein "simples" Porträt zeichnen zu können. Die Frage ist viel mehr: Warum solltest du als Künstler ein simples Porträt zeichnen wollen? Das ist reines Handwerk. Da liegt keine Kreativität drin. Es ist eine simple Auftragsarbeit, ohne künstlerische Absicht.

Mit dieser Antwort hatte ich gerechnet und sie ja bereits kommentiert. :D Wir müssen damit leben, dass dir die Absicht als suffizienter Beleg von "Kunst" genügt. Mir aber eben nicht. Ohne das nötige Rüstzeug, sprich Handwerkszeug, sprich Handwerk - keine Kunst. Auch daraus würde ich zwar kein persönliches Dogma ableiten, aber generell sehe ich das so. Wenn jemand von der Optik konkreter Körper keine Ahnung hat, wieso sollte ich ihm dann abnehmen, dass er mit seiner Darstellung des Abstrakten weiß was er tut?

Überhaupt hat das realistische "Abmalen" von der Wirklichkeit mit der Erfindung des Fotoapperats an Bedeutung für die Kunst seine Bedeutung so ziemlich verloren. Die Leute brauchten niemanden mehr, der das malt. Eine Maschine konnte also viel viel besser und schneller, was der Mensch gemacht hat. Ist das jetzt immer noch große Kunst? Oder eigentlich nur Können? Mich persönlich kannst du mit klassizistischen Gemälden zuschmeißen. Hinhängen würde ich mir davon wohl eher kaum eins. Dagegen diverse Comicwallpaper...

Klar, müssen wir nicht drüber reden. Natürlich hat der Fotoapparat einen Paradigmenwechsel in der Malerei eingeläutet. Und auch für mich weiß Gott nicht immer zum Nachteil. Ich bin zwar auf dem Gebiet der spätmittelalterlichen und der Renaissance-Kunst recht erfahren, aber wenig langweilt mich trotzdem so sehr, wie die x-te trauernde Maria und der fünfhundertste gekreuzigte Jesus. Und dann gibt es einen Hieronymus Bosch (meinen Liebling der Renaissance! :)). Ein Genie. Jahrhunderte seiner Zeit voraus. Kreativer als beinahe alle seiner Zeitgenossen. Und doch auch formvollendeter Handwerker. ;) Einer, der nicht nur wollte, sondern konnte.

Ich meine, dass was Sin City so unfassbar geil aussehen lässt, ist nicht der ultra komplexe Zeichenstil, sondern vor allen Dingen dieses radikale Schwarz/Weiss-Design und Spiel mit Schatten und Licht. So zeichen können tausende andere auch. Aber das ist nicht das wichtige.

Bei mir im Wohnzimmer hängt Frank Miller in Form des Sixpacks von Leonidas. :cool: Ich bin also voll bei dir. Ich liebe übrigens Sin City. Ich liebe den Film. In diesem Punkt hast du für mich völlig Recht.

Ich stelle einfach mal diesen Part von Toni-L hier herein ohne groß was dazu zu sagen:

"Wir sind das Musterpaar der Oldschooler, ja
Stellen uns cooler dar als dein Rapsuperstar aus den USA
Heute der Presse fremd, was dein Interesse hemmt
Doch wer grüne Pässe kennt, der erkennt unsre Fressen denn
Wir sind die Unbestechlichen, Vergessenen, nicht zu Verwechselnden, Zuhörerfesselden, du kannst es testen, wenn
Durch die Besessenen, best Rappenden
Jedes Mal jeder Saal wie ein Kessel brennt
Wir metzelten immer wieder Lieder, wie die da, nieder
Doch die Masse fand`s prima, wollte es lieber primitiver

Es brach aus das MTVIVA Videofieber
Doch unsere Lyrics wurden tiefer, die Musik innovativer
Heute bist du Rapstar, ich Rentner, berühmtester Bettler
Du speist im Grand Hotel, ich an der Snackbar
Nun denkst du etwa wer rapt da, du checkst klar
Ich rock den Track weg ja, wie die Lava des Ätna
Toni-L der Funk Joker, mit mir ist der Soul da
Fett wie ein Wholecar,
es ist wohl war
Dass Advanced Chemistry groß war
Du liest es auf jedem Legendären HipHop-Jam-Poster
Oh ja so sah sogar dieser oder jener uns als Oberväter jeder Meter
360 000 Kilometer später
Wird weiter gerockt, nonstop kein Thema
Bis zum letzten Lied
Weil ich schon die besten Texte schrieb
Als die meisten noch nicht wussten, dass es Sätze gibt

Alles andere muss zu deinem Komplex gehör`n
Denn nicht mein Text zu hören ist wie beim Sex zu stören
Tja ohne uns wären die Hip Hop Yards
Wie die Charts ohne Stars
Wir rocken wie Feuer und Gas das war´s"

Ansonsten noch mal das Ding hier:

Hach,... :hmmja: Ich wünschte, ich könnte jetzt irgendwie irgendetwas nachvollziehen, was daran schwer oder anspruchsvoll ist. Ich kann es aber nicht. Ich kann es wirklich nicht. Für mich ist es keine große Kunst, solche Texte zu schreiben. Und falls du mir jetzt Prahlerei oder Naivität unterstellst - ich wäre gerne bereit für ein Text-Rap-Battle. :D ;)

Ach ist das so:
https://www.realtotal.de/ronaldos-auto-war-taeglich-das-erste-und-letzte-auf-dem-parkplatz/

Ronaldo ist vor allen Dingen Ronaldo, weil er trainiert hat wie ein Berserker.

Nein. Ronaldo ist vor allem Ronaldo, weil er hochbegabt ist UND trainiert hat wie ein Berserker. Ohne seine immense Gabe brächte ihm das viele Training null Geld ein. Täglich sehe ich zwar Menschen, die es durch großen Fleiß mitunter (viel) weiter bringen als Begabtere, die sich keine Mühe geben. Das ist ohne Zweifel wahr. Aber um an die Weltspitze zu kommen, bedarf es nicht nur maximalen Einsatzes und Hingabe - sondern auch genetischer Disposition. Sprich fremdbestimmten Voraussetzungen. Begabung UND Aufwand ist (in der Kombination) nicht zu schlagen. Leider. Ich weiß, das ist nicht gerecht. Aber das ist diese Welt selten.

Komplexität hat also nichts damit zu tun, das die keiner spielen können kann. Das ist dann vor allen Dingen unsinnige Komplexität. Du kannst einen Musicmaker auch ganz leicht Riffs einprogrammieren die kein Musiker zu spielen schafft Ist das dann gut? Komplexität ist nur dann gut, wenn sie erforderlich ist. Wenn man damit etwas bestimmtes ausdrücken will.

Das stimmt natürlich. Komplexität muss zielführend sein. Und sie muss dennoch irgendwo nachvollziehbar sein. Sonst kommen wir zu Brian Greenes 9 Dimensionen, die sich wie ein Schneckenhaus in sich selbst verdrehen.

Maiden, Priest und so weiter kann letztlich jeder spielen. Das sind die Songs zum Gitarre lernen. Natürlich nicht jeder Song! Aber Maiden, ACDC, Sabbath, Priest, etc. haben alle sehr sehr simple Songs im Repertoire, die wir alle genauso feiern. Obwohl die jeder Gitarrenschüler lernen und schreiben könnte. Manchmal ist das einfachste Riff eben doch das beste.

Ja. Punkt für dich. ;)
 
Jo, mag sein. Will ich gar nicht in Abrede stellen. Nur muss man nicht jede Grenze ausloten. Ich habe mal nen japanischen Horrorfilm gesehen, noch nen Tacken krasser wie z. B. Hostel. Brauche ich nicht für mein Leben. Oder der eine wo n Typ nen menschlichen Tausendfüßler basteln wollte. Echt mal viel zu krass und krank und abartig. Unterhaltungswert für mich weniger wie null. Da will ich mich auch gar nicht abhärten.
Jupp mir geht's genau so. ich hab kein Problem mit "harten" Filmen. Saw, I Spit On Your Grave etc... alles kein Problem. Aber ich muss mir keinen noch so kranken Film angucken nur um mir selbst zu beweisen, wie obercool und hart im nehmen/abgestumpft ich bin. Filme wie Human Centipede, A Serbian Film und Konsorten guck ich einfach nicht nicht, weil sie mich thematisch und mit ihren "Storys" absolut null interessieren. Für mich persönlich ist das thematischer Müll.
 
Die Grenze will erstmal gefunden werden, schiebt sich zunächst Stück für Stück nach oben, bis die Schaulust irgendwann befriedigt ist...
Die Idee einer zunehmenden Toleranzentwicklung gegenüber Mediengewalt ist weitestgehend widerlegt. Was viel mehr eine Rolle spielt ist das Verhältnis von Abstraktion und Realismus des Setting und der Figuren (Gewalt im Fantasyfilm: Der Ork der in HdR enthauptet wird, wird in der Wahrnehmung anders als zB die Unfall-Enthauptung im ersten Omen gewertet) dazu kommt die aus der veränderten Sehgewohnheit gegebene Erkennbarkeit des Effektes als Effekt aus den über die Jahre geschulten und veränderten Sehgewohnheiten des Publikums. Eine Annahme der Toleranzentwicklung hinsichtlich der Gewaltdarstellungen selbst, also in der Form, dass ein Zuschauer oder alle Zuschauer von der Brutalität in Rambo III irgendwann nicht mehr gekickt oder geschockt wird/werden und deshalb die Intensität von Rambo IV für den nächsten Kick oder Schock braucht/brauchen (Weder das eine noch das andere kann ich hier von mir behaupten) gibt es aber fast nur noch in Thesen von Leuten wie Klaus Miehling.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Die Idee einer zunehmenden Tolleranzentwicklung gegenüber Mediengewalt ist weitestgehend widerlegt. Was viel mehr eine Rolle spielt ist das Verhältnis von Abstraktion und Realismus des Setting und der Figuren (Gewalt im Fantasyfilm: Der Ork der in HdR enthauptet wird, wird in der Wahrnehmung anders als zB die Unfall-Enthauptung im ersten Omen gewertet) dazu kommt die aus der veränderten Sehgewohnheit gegebene Erkennbarkeit des Effektes als Effekt aus den über die Jahre geschulten und veränderten Sehgewohnheiten des Publikums. Eine Annahme der Tolleranzentwicklung hinsichtlich der Gewaltdarstellungen selbst, also in der Form, dass ein Zuschauer oder alle Zuschauer von der Brutalität in Rambo III irgendwann nicht mehr gekickt oder geschockt wird/werden und deshalb die Intensität von Rambo IV für den nächsten Kick oder Schock braucht/brauchen (Weder das eine noch das andere kann ich hier von mir behaupten) gibt es aber fast nur noch in Thesen von Leuten wie Klaus Miehling.

Sorry, aber auch wenn es nicht toll ist, hat der kleine Rechtschreibnazi in mir gerade ein Toleranzproblem.
 
Die Idee einer zunehmenden Toleranzentwicklung gegenüber Mediengewalt ist weitestgehend widerlegt. Was viel mehr eine Rolle spielt ist das Verhältnis von Abstraktion und Realismus des Setting und der Figuren (Gewalt im Fantasyfilm: Der Ork der in HdR enthauptet wird, wird in der Wahrnehmung anders als zB die Unfall-Enthauptung im ersten Omen gewertet) dazu kommt die aus der veränderten Sehgewohnheit gegebene Erkennbarkeit des Effektes als Effekt aus den über die Jahre geschulten und veränderten Sehgewohnheiten des Publikums. Eine Annahme der Toleranzentwicklung hinsichtlich der Gewaltdarstellungen selbst, also in der Form, dass ein Zuschauer oder alle Zuschauer von der Brutalität in Rambo III irgendwann nicht mehr gekickt oder geschockt wird/werden und deshalb die Intensität von Rambo IV für den nächsten Kick oder Schock braucht/brauchen (Weder das eine noch das andere kann ich hier von mir behaupten) gibt es aber fast nur noch in Thesen von Leuten wie Klaus Miehling.

Stellt sich nur die Frage, warum gerade auch in den spektakelhaften Schauwerten der Filmkultur eine Überbietungslogik herrscht, in der immer neue Extreme ausgelotet und bedient werden, wenn diese ursächlich nicht in den Bedürfnissen der konsumierenden Subjekte zu suchen ist, die die Filmindustrie produziert und saturiert. Ist die Lust an der Transgression beim Rezipienten nicht auch ein soziales Syndrom einer Gesellschaft, in der das Individuum um existenzielle Authentizitäts-Erfahrung betrogen ist, diese aber gerade in der graphischen Darstellung von Gewalt, im Explodieren von Schädeln, im Wühlen in Eingeweiden, im Sprizten von Blutfontänen, in Terror, Furcht und unmittelbarer physischer Machtausübung sucht, nur um letztlich festzustellen, dass gerade diese unmittelbaren (und doch höchst vermittelten) Eindrücke jene Echtheitserfahrung nicht liefern können - eben weil sie nur der Ästhetik der Ware folgen und gleichsam dem Schein der Ideologie unterliegen, in der alles und jeder zur Warenform wird. Und hinterlässt dieser Furor der Bilder letztlich nicht bloß eine Leere und Fremdheit, die wieder den Wunsch nach existenziellen Erfahrungen ankurbelt; eine Erfahrung, die das Schon-Gesehene genauso wenig erfüllen kann wie das neue und doch immergleiche Noch-Zu-Sehende, das in einem quantitativen und qualitativen Mehr besteht, welches sich laufend überbieten muss - ohne je das zu liefern, was es laufend verspricht, versprechen muss.
 
Ich wär ja noch immer dafür, einen Filmthread zu eröffnen und den hier den beschissenen Bands zu lassen. Oh halt, sowas gibts ja schon!
 
Was doch nur bestätigt, daß die Grenzen sich verschieben, was Filmemacher auch seit Urzeiten vorantreiben.
Da verstehst Du mich etwas miss, ich meine nicht die Gewaltspitzen (Massaker) sondern die Art der Effekte (Realitätsnähe) die sich verändert hat. Die Frage macht sich nicht unbedingt an dem fest was sondern mehr wie es dargestellt wird. Was heute möglich ist, war es technisch früher kaum und mit explodierenden Plastikköpfen wie in Bad Taste schockt man heute niemanden, weil jeder den Effekt sieht und als anachronistisch bis billig aus heutiger Sicht identifiziert. Andererseits gibt es zB noch solche Kannibalen-Filme von anno Tuck (echt nicht mein Genre, kann dir keinen Namen nennen), die mit vielen Close-Ups arbeiten und deren Gewaltinszenierung damals wie heute realistisch und intensiv wirken, ja immer noch eine verstörende oder ekelerregende Wirkung haben und immer schon hatten.
 
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in der immer neue Extreme ausgelotet und bedient werden
Ist das denn tatsächlich so oder wird nicht einfach nur die Form ausgefeilt?
Geht es aber um die Form, sage ich dass es natürlich so ist, dass das Eindringen von Gore (Von Peeping Tom zu Silence of the Lambs zu Saw) in den "Mainstream" einem Bedürfnis nach Extremerfahrung (Sensation Seeking) entspricht und das die Zunahme der Mittel des Darstellens auch dazu beitragen, dass das Dargestellte in seiner Form voranschreitend extremer wird. Die Radikalisierung der Bilder ist allerdings meiner Einschätzung nach, und hier bin ich wieder im Bereich der Medienpädagogik, dazu überhaupt nicht notwendig. Die Gesellschaftliche Lust an Transgression selbst wäre hier ja auch noch zu bestimmen und zu identifizieren. Nicht dass es diese Lust nicht geben würde, aber wieso sollte sie hier wirksamer sein, als andernorts, als zB im Musikkonsum? Müsste dann nicht jeder Metalhörer gen end beim Grindcore landen? Oder anders gesagt: Das Genre der Torture-Porn-Filme existiert schon sehr lange und bedient eine bestimmte Klientel, ebenso der Gore-Film. Mit der zunehmenden Marktveränderung hin zum Minderheitenmainstream, sowohl musikalisch, wie cineastisch durchdrangen sich die Bereiche und Marktanteile so dass unter anderem auch die technischen Möglichkeiten der großen Industrie und die Motive und Themen der Randbereiche ineinander flossen. Eine wirkliche Steigerung der Erzählungen ist mMn nicht gegeben, wohl aber eine der Bilder. Und das mMn nicht weil es nötig wäre um noch ein Publikum zu erreichen oder befriedigen, sondern schlicht weil es möglich ist.
 
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