Slowcore / Sadcore

Der böse Och

Till Deaf Do Us Part
Passend zum Beginn der dunklen Jahreszeit.

Ich gebe zu, dass Slowcore (wahlweise Sadcore) kein ganz fest umrissenes Musikgenre ist, aber man könnte es ungefähr als melancholischen Indie-Rock beschreiben. Düsterer und reduzierter Stoff. Slowcore-Hochzeit waren die 90er.

Ich möchte mich hier nicht als Experten für diesen Bereich verstanden wissen, sondern als denjenigen, der einfach den Stein ins Rollen (hoffentlich) bringt und idealerweise auch noch ein paar gute Tipps bekommt. Dafür kann man den „erlaubten“ Input ruhig großzügig auslegen. Gerne klassisches Zeug aus den 90ern, aber auch aktuellere Sachen, deren Sound einigermaßen in das Schema passt.
 
CHOKEBORE sind für mich eine sehr wichtige Band aus diesem Bereich, sogar der Hauptanstoß für mich, diesen Thread aufzumachen, da ich bei denen immer das Gefühl habe, dass sie zu wenig Aufmerksamkeit bekommen (die Forumssuche lieferte z.B. 0 Treffer).

Chokebore wurden 1993 in Honolulu gegründet, klingen aber keineswegs nach Strand und Palmen, sondern eher nach einem verdammt trüben Regentag in Nordschottland.
Die ersten beiden Alben kenne ich selbst nur oberflächlich, allerdings hatte ich da beim Reinhören immer den Eindruck, dass das noch der ungeschliffene Diamant ist.

Als ersten typischen (aber eben auch eingängigen) Beispielsong nehme ich „A Taste For Bitters“ vom gleichnamigen Album (1997).

 
Mein Chokebore-Einstiegsalbum (und damit mit Abstand am häufigsten gehört) war damals aber erst das Folgealbum „Black Black“ (1998). Dürfte das abwechslungsreichste Album der Band sein, denn dort werden auch einige Titel ordentlich nach vorne gerockt.
Ich wähle aber trotzdem wieder etwas Ruhiges, den pechschwarzen Opener „Speed Of Sound“.

 
Das leider letzte Chokebore-Album „It's A Miracle“ von 2002 dürfte das zugänglichste sein.
Der Song „Ciao L.A.“ klingt für Chokebore-Verhältnisse direkt positiv.

 
Eine andere 90er-Band und immer noch aktiv (allerdings inzwischen stilistisch etwas anders gelagert) sind LOW. Von denen kenne ich bisher leider auch nur einen Bruchteil ihres Schaffens, genauer gesagt „Things We Lost In The Fire“ (2001).
Der Opener „Sunflower“:

Dabei belasse ich es zunächst einmal. Wie gesagt, ich habe in dem Bereich selbst noch deutliche Wissenslücken und bin für Tipps offen (von Anfang der 90er bis heute).
 
Kenne ich z.B. nur vom Namen. Hast du einen Tipp, mit welchem Album ich beim Reinhören am besten anfange?
Da kann ich dir chronologische Vorgehensweise empfehlen: Fange mit "Down Colorful Hill" und "s/t (Rollercoaster)" an, wenn dannach noch Muße vorhanden ist, mache auch noch mit der Nachfolgeband "Sun Kil Moon" weiter. Und zwar bis zum "Jesu/Sun Kil Moon"-Album. Sind dann schon an die 15 Alben in Summe. Alles andere ab ~2016 ist nur mehr vertonter Mist, und das nicht wenig an Releases.
 
Nun zu Low:
Als klassischen Slowcore möchte ich nur Alben 1-3 und die 1997er EP "Songs For A Dead Pilot" verorten. Uneingeschränkte Empfehlung meinerseits.
Später haben sie sich ein gutes Stück weit wegentfernt, immer noch mit 1-3 Übersongs je Album.
 
"The Great Destroyer" war mein Einstieg und ist immer noch mein Lieblignsalbum von Low (wobei ich nicht alle kenne). Eine wunderbar dichte und nicht nur melancholische, sondern schon recht runterziehende bittersüße Atmosphäre bei gleichzeitiger Eingängigkeit <3
 
Nach Codeines zweitem Album benannt haben sich THE WHITE BIRCH aus Norwegen.
"Star Is Just A Sun" von 2002 ist ein sehr schönes, ruhiges Album. Vor meinem inneren Auge sehe ich da immer tief verschneite Winterlandschaften.

 
IDAHO (inkonsequenterweise aus L.A.) gehören noch zu den frühen Slowcore-Bands.
Ich kenne bislang nur das Debüt "Year After Year" (1993). Finde ich allerdings nur teilweise gut.

 
Sehr schön, das Genre steht bei mir seit Monaten weit vorne in der Liste. Natürlich mit den grossartigen Low (alle Alben bis und mit "The Great Destroyer", besonders aber das Debut, "Curtain Hits the Cast" (gibt es einen besseren Song als "Do You Know How to Waltz?) und "Thigns we Lost in the Fire"). Daneben die fantastischen Red House Painters, wo man die ersten beiden Sun Kil Moon Alben auch gleich mitzählen kann und die vernichtend traurigen Codeine.

Sonstiges, was ich noch nicht gesehen habe hier:

Galaxie 500: neben Low und Codeine eine der drei grossen Vorreiterbands des Genre. Teils mit mehr Einflüssen aus dem Indie und Neo-Psychedelica Bereich, aber auch wunderbar zum Eintauchen und treiben lassen:

Duster: völlig unterbwertete Band, die zwei grossartige Alben herausgebracht hat, von denen vor allem das Debut ikonisch wurde. Mitunter fast schon Post Rock, aber immer mit dieser lethargisch-verträumten Traurigkeit und Schwermut. Unlängst wurden die schwer auffindbaren Alben in einem wunderschönen Boxset namens "Capsule Losing Contact" wiederveröffentlicht.
https://www.youtube.com/watch?v=6aF4idGemkk&t=1828s

Carissa's Wierd: Slowcore mit Geige, trauriger gehts kaum. Carissa's Wierd reissen Löcher in den Boden und tragen einen sanft in die dichte Schwärze. Bitter, lakonisch und schlichtweg grossartig.
https://www.youtube.com/watch?v=S7zHZrcHdxg

Aber auch darüber hinaus gibt es einige wunderbare Bands wie The For Carnation, Bluetile Lounge oder die wunderbare Bedhead.
 
Tangiert das Genre nur noch am Rande, aber das grossartige Solo-Album von Have a Nice Life Frontmann Dan Barrett, aka Giles Corey, ist hier sicher am ehesten passend. Ein völlig niederschmetternder Mix aus Slowcore, Lo-Fi Indie, Ambient und Drone mit enorm persönlichen und metertief unter die Haut gehenden Lyrics:
www.youtube.com/watch?v=rQSqQkMwDik
ganz, ganz toller tipp!
danke, das ist richtig schön!
 
The Van Pelt verbreiten mit ihrem zweiten Album "Sultans of Sentiment" (1997) ziemliches Slowcore-Feeling:

 
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