Abbath

Hm ,ich bin da so der Meinung dass der Weg in die Krankheit sicher irgendwo selbst verschuldet ist. Allerdings die Sucht selbst ist dann unbestreitbar eine Krankheit. Ich mein, wenn jemand ohne Kondom vögelt und sich mit Aids ansteckt ist er irgendwo auch selber schuld, aber deshalb kann ich doch Aids nicht den Zustand der Krankheit absprechen.
In ein Burn Out oder eine Depression gleitet man doch auch selbst hinein und merkts meist erst dann wenns einen Richtig erwischt hat. Dann brauchts Hilfe...

Meinst du nicht, dass diese Sichtweise etwas zu eindimensional gedacht ist? Ich will dich damit nicht angreifen, aber für mich ist genau diese Betrachtung einer der Gründe, warum derartige Krankheiten im öffentlichen Diskurs immer noch viel zu selten seriös diskutiert werden und Betroffene sich stigmatisiert fühlen bzw. nicht darüber sprechen möchten, weil sie wie hoffnungslose Vollidioten dargestellt werden, die sehenden Auges und - vor allem - ganz von alleine in den Burnout oder Alkoholismus "glitten", obschon sie das ja auch einfach hätten sein lassen können. Ein bisschen vielschichtiger sind derartige Krankheiten und ihre Ursachen dann doch. Jeder Mensch hat seine eigene Psyche (mit unterschiedlichen "Schwachstellen" und da können eben unterschiedlichste Faktoren wie Privatleben (z.B. Kindheit), (Dauer-)Stress oder - und das gehört irgendwie auch zu vorgenanntem Grund - unsere Gesellschaft bzw. ihre "Gesetze" (z.B. Kapitalismus) negativen Einfluss, ob bewusst oder unbewusst, auf das jeweilige Individuum ausüben. Wenn man also überhaupt von Schuld sprechen will, sollte man zunächst genannte Faktoren und ihre Auswirkungen analysieren. Alles andere wäre mir persönlich viel zu kurz gegriffen.
 
Hm, Paynajaynen - ich will hier nichts verharmlosen oder diese Leute als gar Deppen hinstellen. Ganz im Gegenteil. Weil weiter vorne jemand schrieb dass in gewisser Weise die Leute selbst Schuld sind wenn Sie sich mit Alkohol, Drogen etc. ins Nirvana befördern und dies nichts mehr mit Genuss zu tun hat.
Mit dem Hinein gleiten meine ich- dass wie beim Alkohol, man oftmals die jeweilige Situation als Normalzustand begreift.(Vor allem in der jetzigen Zeit des Erfolgs und Leistungsdrucks) Und das Problem erst dann als solches erkannt wird, wenn man ohne Hilfe nicht mehr raus kommt oder womöglich sogar das Problem verleugnet.
Nicht die Leute "gleiten" sehenden Auges in die Misere sondern die rutschen abgelenkt durch die Substanzen oder persönliche Befindlichkeiten wie Stress rein.
Für mich gelten sämtliche Süchte als (psychische)Erkrankungen und die Betroffenenen Leute sollte geholfen werden.
Bei Abbath wirds ja auch nicht so gewesen sein, dass er sich eines Tages dachte - so jetzt blas ich mir die Birne bis zum Exzess mit Schnaps voll.
 
Ich zitiere Stephen King, seit 31 Jahren trockener Alkoholiker und Ex-Kokain- und -Hustensaftabhängiger:
"Zu einem Süchtigen zu sagen, er solle sein Drogenproblem in den Griff bekommen, ist ungefähr so, als würde man zu jemandem, der am schlimmsten Durchfall der Welt leidet, zu sagen, er solle sich nicht dauernd in die Hosen scheißen."
Dem stimme ich komplett zu.
Da ist nichts mehr mit "Willenskraft". Nicht umsonst heißt es, jeder Süchtige kann aufhören, wenn er will. Er kann bloß nicht mehr wollen.

Macht man es sich nicht etwas zu einfach, wenn man Süchtige grundsätzlich mit dem Argument, dass XX % eben für Sucht XY prädisponiert seien und ,,da nicht ohne Hilfe rauskommen", völlig aus der Eigenverantwortung nimmt? Sicherlich besitzt manch einer für dieses oder jenes eine größere Anfälligkeit. Und ja, jemand, der einen schweren Schicksalschlag erleidet, an einem Kindheitstrauma leidet, permanent großem Druck ausgesetzt ist o. Ä., trägt natürlich auch ein erhöhtes Risiko, darüber einer Sucht zu verfallen. Aber wenn man so tut, als sei das Auftreteten einer Sucht quasi vorherbestimmt und man könne sich dem sowieso nicht ohne Hilfe entgegenstellen, dann sendet man in meinen Augen das falsche Signal. Der Süchtige ist doch für seine Sucht sehr wohl (mit-)verantwortlich - zumindest auf dem ersten Stück des Weges. Eine Sucht ist nicht über Nacht vom Himmel gefallen oder wie ein Tumor unbemerkt gewachsen. Erst sein eigenes Handeln - über einen in der Regel langen Zeitraum! - treibt einen Menschen in die Sucht. Das Weshalb und Wieso an dieser Stelle jetzt mal völlig außen vor.

So hatte auch ein Stephen King mehrfach die Wahl. Er hätte zunächst einmal einfach die Finger von Alkohol und Kokain lassen können. Zu einem späteren Zeitpunkt hätte er immer noch die Vogelperspektive einnehmen können, um zu sehen, dass ihm sein Konsumverhalten vollends zu entgleiten droht und es dringend an der Zeit ist, die Notbremse zu ziehen. Das hätte er tun müssen, bevor er ,,nicht mehr wollen konnte". Und das für mich ist der springende Punkt: Ein Mensch sollte sich - insbesondere im Umgang mit Suchtmitteln jedweder Art - permanent reflektieren und ohne Zögern handeln, wenn etwas beginnt, das eigene Leben negativ zu beeinträchtigen. Ich denke, dass man das jedem abverlangen kann. Aber vielleicht gibt es Menschen, denen das nicht (mehr) möglich ist - ich besitze diesbezüglich glücklicherweise keine Erste-Hand-Erfahrungswerte, die über eine gemäßigte Zuneigung zum Alkohol hinausgehen. Daher möchte ich es hier dabei belassen.

Alle, die im privaten Umfeld mit Süchtigen tragische Erfahrungen machen mussten: Ihr habt mein ehrliches Mitgefühl. Auch wenn ihr darauf einen feuchten Furz geben mögt.
 
Ich denke nicht, dass man hier im Thread eine Vorherbestimmung als alleinverantwortlich oder das Fehlen jeglicher Eigenverantwortung aufzeigen wollte. Vielmehr scheint oder schien es so, als wolle man lediglich weitere Facetten darstellen, weil solche Krankheiten eben nicht als simpel/eindimensional abzutun sind.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wer jemals in einem solch hochoktan durchgetakteten Kontext gerabeitet hat, wie ein professioneller tourender Musiker, mit allen Verlockungen und Gefahren, die ein solches Umfeld fast schon zwangsläufig mit sich bringt, ohne dabei irgendwann mit einer ähnlichen Problematik kämpfen zu müssen, der werfe den ersten Stein. Und wer jemals einen geliebten Menschen an die Sucht verloren hat, der schüttelt, wie ich gerade, nur fassungslos den Kopf über Ratschläge zur Willensstärke...!

Dito
 
Auch wenn man bestimmt in jeder größeren Menschenansammlung jemanden mit solch drastischen Meinungen findet, so zucke ich doch jedesmal zusammen. Nun ist jede Meinung ja nicht mehr als das, soll auch jedem gestattet sein und die Wahrheit ist ein Konstrukt, dessen Existenz nicht zu beweisen ist.
MEINE Wahrheit jedoch kann sich nicht vorstellen, dass es Menschen gibt, die noch niemals an einem Punkt in ihrem Leben angekommen sind, an dem sie innehalten, sich umsehen und nicht mehr wirklich sagen können, wie sie überhaupt dahingekommen sind.
Selten wird ein glücklicher, zufriedener Mensch einfach nur süchtig werden, weil er ohne Disziplin schlicht vergessen hat, dass er ja schon den hundertsten tag in Folge eine Flasche Wodka am Tag geleert hat. Es sind doch meistens Komorbiditäten, wenn man durch Konsum oder Verhaltensweisen versucht Leidensdruck zu mindern.
An all die Zweifler:
Seit nicht so hart zu eurem Gegenüber, aber dazu dürft ihr erstmal nicht so hart zu euch selbst sein.
 
Ein Mensch sollte sich - insbesondere im Umgang mit Suchtmitteln jedweder Art - permanent reflektieren und ohne Zögern handeln, wenn etwas beginnt, das eigene Leben negativ zu beeinträchtigen. Ich denke, dass man das jedem abverlangen kann. Aber vielleicht gibt es Menschen, denen das nicht (mehr) möglich ist...

Menschen leben nicht im luftleeren Raum. Es ist ja nicht bloß das von allem anderen isolierte Konsumverhalten, welches zu beobachten wäre, sondern die einen umgebenden Lebensumstände ebenso.
Ist ja nicht so, dass bei alkoholkranken Leuten alles supi ist und sie einfach mal Bock hatten, ein bisschen was zu saufen.
 
@Thergothon, es geht nicht darum, dass man Menschen mit Suchterkrankung aus der Verantwortung nimmt, sondern darum sie nicht für ihre Sucht an sich zu verurteilen. In einem Bekanntenkreis von mir gibt es jemanden mit einem starken Alkoholproblem, der sich jedes Mal, wenn er besoffen Scheiße baut, hinterher dafür verantworten muss. Trotzdem bleibt die Tür offen und er wird bei jedem Versuch sein Leben geregelt zu kriegen aufs Neue unterstützt und als Mensch ernstgenommen. Natürlich sind da auch Leute drunter, die keinen Bock mehr auf ihn haben, weil ihr Maß irgendwann voll ist, völlig ok. Das ist halt menschlich. Aber pauschales Vorverurteilen ist Schubladendenken. Zumal ich Menschen ohne Suchterkrankungen kenne, die ich viel anstrengender finde.
 
Ist ja nicht so, dass bei alkoholkranken Leuten alles supi ist und sie einfach mal Bock hatten, ein bisschen was zu saufen.
Aber so fings doch halt mal an. Der Alkohol kam ja nicht einfach so zu ihnen und hat sich ihnen selber eingeflößt. Hätten sie die Sauferei von Anfang an gelassen, wären sie auch nicht „krank“.
 
. Ich finde - ebenso wie im Punk - Bereich - alte Herren ab/um die 50 rum haben auf der Bühne nix mehr verloren. Zumal die meisten eh alle ein Suchtproblem haben und sobald man ein gewisses Alter erreicht, ein jahrelanges Konsumieren seine Wirkung zeigt. Abbath ist nicht das einzige Wrack.
Ohauerha; das ist tatsächlich mal eine gewagte These
 
Aber so fings doch halt mal an. Der Alkohol kam ja nicht einfach so zu ihnen und hat sich ihnen selber eingeflößt. Hätten sie die Sauferei von Anfang an gelassen, wären sie auch nicht „krank“.

Und hätte Dickerchen xy nicht von Anfang an freiwillig Schokolade in Massen in sich reingeschaufelt, hätte er nicht an Adipositas, Herzerkrankung, Gefäßerkrankung und Bluthochdruck zu leiden. Alles auch keine Krankheiten, ne? Merkste nicht, dass deine im wahrsten Wortsinne willkürliche Definition von Krankheit ein völlig unbrauchbare ist?
 
Aber so fings doch halt mal an. Der Alkohol kam ja nicht einfach so zu ihnen und hat sich ihnen selber eingeflößt. Hätten sie die Sauferei von Anfang an gelassen, wären sie auch nicht „krank“.

Das Problem ist doch das der Konsum gewisser Drogen in unser Gesellschaft als vollkommen normal angesehen wird. Dementsprechend wird auch regelmäßig konsumiert, und dann kommt der schleichende Prozess hinzu und man merkt meist nicht dass man abhängig ist.
 
Zurück
Oben Unten