Ich finde persönlich, dass "Prog Metal bzw. Rock" nicht immer ausufernd progessiv im Sinne von tausend Taktwechsel pro Minute sein muss. Die überragende musikalische Klasse erkennt man bei Psychotic Waltz auf der neuen Scheibe auch so.
Das ist zwar alles eingängig, aber dennoch auf höchstem Level dargeboten. Ähnlich wie bei den 80er Rush Alben. Die zwar vordergründig auch eingängiger sind als die 70er Epenabfahrten, aber musikalisch von der Qualität her dennoch unmenschlich daherkommen.
Die neue PW Scheibe wächst mit jedem Durchgang. Besonders ab der 2. Seite der 2LP geht bei mir völlig das Herz auf, nachdem man sich auf der starken 1. Seite quasi warm gespielt hat.
Bisherige Höhepunkte sind für mich:
Devils And Angels
The Fallen
While The Spider Spins
In The Silence
Ich kann der Rezension von Eiswalzer auf den BBB nicht ganz zustimmen, da sich Progressivität oftmals erst in unscheinbaren kleinen Details offenbart, bei genauem Hinhören.
Klar klingen Psychotic Waltz nicht mehr so extrem krummtaktig und abgefahren schräg, wie etwa auf A Social Grace oder Teilen von Into The Everflow, für den totalen Hirnfick sind sie zu alt, zu reif und zu gesetzt. Aber sie sind deswegen nicht weniger progressiv.
Mich berühren eben erhabene Melodien und raffinierte kleine Details mehr, als der reine Technik-Showdown mit möglichst krummen Taktwechseln und schrägen Tönen. Für den Hirnfick gibt es ja Bands wie The Mars Volta oder Haken. Klar, sobald es auch nur einen Hauch zu melodisch oder eingängig wird, rümpfen vielen Salon-Proggies gerne die Nase, deswegen gebe ich auf die meisten - oft schnöde abwertenden Rezensionen bei den BBB auch nix mehr - Kollege Eiswalzer natürlich ausgenommen, dessen hochdifferenzierte und detailliert begründete Meinung ich stets hoch schätze, auch wenn ich sie im vorliegenden Fall von The God Shaped Void nicht ganz teilen kann.
Hm, was die emotionale Seite angeht, kann ich da zustimmen, aber zur musikalischen Progressivität gehören für mich nicht nur Komplexität (sonst sind spät-80er Helstar und gefühlt die meisten US-Death-Metal-Bands, sowie natürlich auch etliches von Iron Maiden auch progressiv, bzw. Progressive Metal), sondern auch frische Ideen und ungewohnte/ungewöhnliche musikalische Stilmittel.
Die hatte man auf den ersten beiden Alben zu Hauf und auf dem neuen Album eigentlich so gut wie gar nicht mehr.
Damit will ich die kompositorische Klasse des Albums nicht kleinreden, die ist definitiv vorhanden und zwar nicht zu knapp!
Aber so richtig als Progressive Metal würde ich das auch nicht mehr bezeichnen, bzw. höchstens einige Songs ("Devils And Angels", "While The Spiders Spin" oder "Pull The String" z.B.). Mir ist mit jedem Mal hören auch mehr aufgefallen, dass - von der Produktion mal abgesehen - die Band eigentlich nie zuvor so viele Elemnte (Riffs, Gesangsmelodien) aus dem traditionellen Heavy Metal und Hard Rock in ihrer Musik hatte, wie auf diesem Album. Ich höre hier jedenfalls mehr 80er heraus als auf irgendeinem anderen Album der Band (und damit meine ich nicht 80er im Sinne von Watchtower oder Mekong Delta), nur halt in eine zwar transparente aber doch irgendwie zeitgemäße Produktion gebettet und mit vielen eher 90er-typischen Riffs angereichert. Auf jeden Fall wirkt
"The God-Shaped Void" auf mich dadurch, trotz unleugbar vorhandener Weiterentwicklung und kaum Selbstzitaten, eher wie ein Nostalgie-Album als wie neues Grenzenausloten. Nur dass die Nostalgie-Elemente hier verhältnismäßig wenig auf die eigene musikalische Vergangenheit zurückgehen, als vielmehr auf den Hard Rock und Heavy Metal der 80er (neben natürlich auch wieder vorhandenen 70er-Einflüssen).
Bei so manchen Melodien frage ich mich tatsächlich auch
"musste da jetzt soetwas sein?"
Z.B. die von Gitarren und Keyboard unisono gespielte, simple Melodie nach dem Akustikintro von "While The Spiders Spin" - die ist so platt und von der Art tausendmal gehört, dass es mich tatsächlich nervt (dürfte ja zumindest von den Tonabständen her identisch mit der lautmalerischen Gesangsmelodie aus Deep Purples "Child In Time" sein, nur der Abschluss der Melodie ist hier anders - zumindest hatten meine Freundin und ich sofort diese Assoziation - und auch in vielen anderen Songs gab es schon diese Melodie oder zumindest sehr ähnliche). Das Stück gehört ja ansonsten zu den strukturell interessanteren auf dem Album, aber warum dieser für mich völlig austauschbar klingende Part da drin sein muss, entzieht sich meinem Verständnis. Von der Machart und Melodie her könnte der auch von jeder x-beliebigen Euro-Metal-Band kommen.
Oder eben auch die Strophenmelodie im ansonsten wirklich genialen "Sisters Of The Dawn", die, wie hier schon angemerkt wurde, stark der von Ozzys "I Just Want You" ähnelt und auch sonst sehr gewöhnlich klingt. Dafür sind in dem Stück aber Refrain und Pre-Chorus absolut großartig, da bekomme ich jedes Mal Gänsehaut, vor allem auch, wie das beim letzten Mal dann noch leicht variiert wird und dann
noch emotionaler klingt! Und die Gitarrenmelodien sind da auch wieder erste Sahne, wie überhaupt oft auf dem Album.
Allerdings gibt es eben leider in vielen Stücken neben Parts, die mich begeistern, auch andere, die mich stören. Das klingt jetzt schlimmer, als es selbst für mich ist, sorgt aber eben dafür, dass ich das Album nur als sehr gut empfinde und nicht als Meisterwerk, völlig genial, überirdisch, oder was hier sonst so für Superlativen genannt wurden. Das bleibt für mich den ersten beiden Alben der Band vorbehalten.
Aber, wie schon schon mal geschrieben, reicht es bei mir bandintern aufgrund der schwächeren letzten beiden Songs auf
"Bleeding" für einen dritten Platz für das neue Album.
Und damit bin ich, bei aller Kritik, sehr froh darüber, dass Psychotic Waltz dieses Album gemacht haben und hoffe noch auf mindestens ein weiteres, wenn sie dieses Niveau halten oder sogar weiter ausbauen können.
Vielleicht dann 2025 oder so...