Wo siehst du denn da einen Rechtsruck?
ich sag's mal so: ich glaube bis vor ein paar Jahren wäre es nicht so einfach möglich gewesen, dass an die 20.000 Leute gemeinsam und ohne nennenswerte Distanzierung sich mit Neonazis, Reichsbürgern und anderen Geistesblitzen auf die Strasse gestellt und gar in Teilen versucht hätten, den Bundestag zu stürmen. Oder einen rechten Deppen mit durchaus gefährlicher Sogwirkung wie Hildmann zu zigtausenden als Heiland zu preisen, was ganz sicher nicht alles jetzt Nazis sind, die den supporten. Durch u.a. die AfD und ihnen nahestehende Zusammenschlüsse a' la Pegida und Co. und deren gefühlte Dauerpräsenz und bewusst eingesetzten Tabubrüche als Strategie, ist es in den letzten paar Jahren einfacher geworden, Dinge zu äußern, wo man bisher noch aus Angst vor Ächtung, gezögert hat. Es sind (wieder) viele "Unmöglichkeiten" in den Sprachgebrauch eingegangen und von breiteren Gesellschaftsschichten getragen, als noch zuvor. Oder Leute für diese Ideen zu begeistern. Hierzu gehören ganz klar angestiegene antisemitische Haltungen, die Ansicht etwas großes, verborgenes im Hintergrund plane eine Weltübernahme und der Hang zu vielen weiteren Verschwörungstheorien, viel mehr rassistisch motivierte Einstellungen zu Geflüchteten, unverholener Hass auf Politiker und die Bereitschaft sich berufen/motiviert zu fühlen und mit Waffengewalt sich Gehör zu verschaffen, frauenfeindliche und explizit sexistische und homophobe Attitudes, Verachtung gegenüber an den Rand gedrängten etc. Nicht, dass es das nicht schon immer alles gibt, aber die Zunahme, sich damit öffentlich hinzusstellen und zu solidarisieren, ist doch stark gestiegen.
Ich sehe einen massiven Linksruck
Die Linke ist doch nicht die SED, nur weil sie deren rechtliche Nachfolgepartei ist. Da sind total viele Leute dabei, die einen sozialeren Staat/Gesellschaft wollen und nicht gleich den Kommunismus zurück. Die gibt es natürlich dort auch zuhauf, klar. Ja, es gibt die verstärkt wahrgenommenere Forderung nach mehr sozialer Gerechtigkeit, nach Klima- und Umweltschutz, Toleranz für Queer-Themen, Anti-Rassismus und Solidarität mit Refugees usw., also Themen, die derzeit vor allem viele junge Leute beschäftigen, die sich auch erfreulicherweise mannigfaltig engagieren und organisieren. Aber deswegen einen alles-verändernden Linksruck zu vermuten, würde ich nicht. Davon sind die Regierungsparteien, nur weil sie sich derzeit stärker und klarer gegen Rechtsextremismus positionieren und das nun mehr öffentlich wahrgenommen wird, doch noch weiter entfernt. Vor allem, wenn man bedenkt, wer da z.T. alles um die hohen Ämter buhlt. Auch Sprachglättungen, die von vielen als p.c. degradiert anstatt als vermehrten Schutz vor Diskiriminierung wahrgenommen werden, ändern da erstmal nix.
Links suche ich jetzt nicht extra raus. Ich würde mir explizit wünschen, das von dir nicht als Angriff meinerseits auf deine Person zu sehen, sondern einfach als andere Beobachtungen/Rückschlüsse.