Zugegebenermaßen, eigentlich habe ich ja euch versprochen, einen Schlussstrich unter meine Forumslaufbahn zu ziehen und mich hier gänzlich zurückzuziehen, das Vorwort der aktuellen Ausgabe, das ja mit seinen wohl pejorativ gemeinten Zuschreibungen auch eine direkte Ansprache implizierte sowie das hier wie dort weitergestrickte Narrativ, eine ab- und mithin ausgrenzbare Minorität von Internetkriegern verfolge eine hysterisch-aufgeblasene Agenda, die da lautet, die eigenen moralinsauren Überzeugungen einer Majorität von redlich-solidarischen Lesern und Foristen aufzuoktroyieren, haben nach einiger Überlegung in mir den Wunsch wie auch die Einsicht in die Notwendigkeit, mich hier zu der verzwickten und leidigen Angelegenheit noch ein letztes Mal als direkt Betroffener zu erklären und zu rechtfertigen, wachsen lassen.
Das Vorwort wurde schon zurecht kritisiert, es ist grundsätzlich nicht viel mehr als eine sich auf eine höchstpersönliche Ebene begebende, wehleidige, mit vermeintlichen Invektiven und abwertenden Zuschreibungen hantierende und um sich schlagende Abrechnung mit einem fiktiven Feind – den moralinsauren Internetkrieger, der einen Shitstorm gegen das Heft entfesselte -, der so gar nicht existiert, alleine schon deshalb, weil die Rechnung vom Kollektiv und den Anderen, die sich in konzertierter Manier gegen das Heft verschworen haben, so nicht aufgeht. Man kann Kühnemunds Vorwort wegen zahlreicher Punkte kritisieren – das Festhalten an anachronistischen Szene-Werten, die verzerrt-einseitige Wiedergabe der Kritik am Heft (die alleine schon deshalb problematisch ist, weil hier aus privilegiert-machtvoller Position eine Erzählung und ein Framing der Geschehnisse angeboten wird, die einfach kontrafaktisch ist und der unmittelbaren Einbindung eines Korrektivs ermangelt), die Unfähigkeit, mit Kritik umzugehen, das Vorbeireden am eigentlichen Thema. Geschenkt. Was wirklich schmerzt, was ich als wirklich untergriffig empfinde, ist tatsächlich wieder einmal das Aufmachen der großen Differenz, der Differenz zwischen dem redlich-solidarisch-partizipativen Forenuser und Leser und den überkritischen moralisch-hyperbolischen Internetkriegern (oder: Nestbeschmutzern), denen implizit unlautere Absichten unterstellt werden – von Teilen der Forumsuser genauso wie von Teilen der Redakteure. Dieses ganze Narrativ krankt daran, dass man es für unmöglich hält, dass Kritik nicht notwendigerweise Solidarität ausschließt, dass es Menschen gibt, die das Heft kaufen und mögen und sich bis vor kurzem als Teil des Forumskollektivs begriffen und trotzdem die am Cover geäußerte Kritik nachvollziehen und die dadurch angestoßenen Reaktionen gerade von Seite der Heftmacher als gelinde gesagt irritierend empfinden können.
Nachdem ich weit mehr als ein Jahrzehnt treuer Leser der Rock Hard war, machte ich auch den Wechsel zum Neu-Heft mit, ja, ich war begeistert von der Idee, ein Heft für die Szene zu kreieren, eine Szene, mit der ich mich nicht unbedingt distanzlos und konzessionslos identifizierte und identifiziere, aber für die ich zumindest einiges an Sympathie aufbringen konnte. Und natürlich kaufte ich das Heft, fand gleichzeitig auch allmählich im Forum im Meinungsaustausch ein Gefühl, das man mit dem Wort Aufgehobensein gut umschreiben kann. Das alles ging für mich jedoch immer mit der Überzeugung einher, dass das Dasein als Forist und Leser keine unbedingte und distanzlose Identifikation mit seinem Gegenstand verlangt. Kontroverse und gegenteilig-agonistische Meinungen zu Musik, Alltag, Politik, mögliche Kritik am Heft, ohne gleich als Verräter an der Sache zu gelten, all das nahm ich als selbstverständlich an. Ein Gefühl, das sich als trügerisch erwies. Irgendwann dieses Jahr – ich kann keinen Urheber, keine ursächliche Situation nennen - kam dann plötzlich die nervöse Idee von dieser Spaltung des Forums auf, sie bekam Nahrung durch einige wenige User und leider auch von Teilen der Redakteure, die dann einen Strauß ausfechten wollten, der für mich bis dato nicht existierte. Und plötzlich fand ich mich dann mit anderen Usern, deren Meinung und Beiträge ich sehr schätzte und schätze, auf einer Seite wieder, die wir uns nicht aussuchten, sondern in die wir hineingedrängt wurden – aufgrund politischer Verortung, aufgrund von Kritik am Heft – whatever, ich rätsele über diese Zuschreibungen noch immer.
Die Sache war dann durch meinen Rückzug, der auch durch die Hoffnung genährt war, durch diesen wieder mehr Frieden in das Forum einkehren zu lassen, eigentlich für mich abgehakt – bis ich Kühnemunds Vorwort, bis ich wrms Ausführungen über Internetkrieger hier lesen musste. Und ich will es euch noch einmal sagen: Es gab – soweit ich das überblicke – niemals Fronten, niemals die zwei Seiten, es gab keine konzertieren Aktionen, keine Agenda, keine Internetkrieger, die dem Heft, dem Forum Böses wollten, es gab lediglich ein Koinzidieren von Meinungen, die mit dem Heftcover und vor allem und primär dem Umgang mit der Kritik am Heftcover wie auch mit einigen Usern des Forums selbst nicht zufrieden waren, alles andere war ein Prozess, der nach den Mechanismen einer sozialen Stigmatisierung funktionierte. Und ja, ich war bis vor kurzem immer gerne im Forum, ich habe das Heft immer gerne gelesen, aber beides ist Vergangenheit. Eine Entwicklung, die mich nicht wütend, aber immer noch traurig stimmt.
Grüße aus dem Exil