Die Note ist ja erst einmal völlig egal. Sie dient an sich nur einem einzigen Zweck, nämlich jenem, dass man ein Gimmick wie einen Soundcheck machen kann. Daher verstehe ich den Gedanken nicht, dass man ein Magazin mit sehr hohem Schnitt weniger ernst nehmen müsse, als ein Magazin mit einem eher niedrigen Schnitt. Es kommt ja immer auch darauf an, wie das Magazin selbst die Noten definiert. Bei uns beispielsweise hat die 7/10 die folgende Definition:
"Ein gutes Album, dem der letzte Kick fehlt, um es dauerhaft auflegen zu wollen."
Wenn deine Rezensionsvergabe nach dem Prinzip der Bewerbungen funktioniert, ist das für mich relativ logisch, dass die Einzelrezension dann selten eine Note unter 7,0 haben wird, weil man sich ja ganz grundsätzlich primär auf Dinge bewirbt, die einen interessieren, für die man offen ist, auf die man sich freut. Damit ist dann eine 7,0 planmäßig an sich schon eine Enttäuschung, weil wenn ich eine Scheibe einer Band, auf die ich mich gefreut habe, nachher nur attestieren kann, dass sie "ganz gut ist, ich aber keine große Lust habe, sie öfters anzuhören", dann ist das doch ganz klar erkennbar nicht das Gelbe vom Ei, oder?
Von der Idee, Rezensenten absichtlich Bands zu geben, die sie nicht mögen, um entweder der Schnittkosmetik zu dienen, oder aber der Unterhaltung der Leser durch lustige Verrisse, halte ich persönlich nicht viel. Im Idealfall bespricht doch jemand Grave Digger, der alle anderen Alben von Grave Digger relativ gut kennt, und wenigstens einen Teil davon auch sehr gerne mag, denn interessant ist ja schon primär, wie ein Album bei der Primärzielgruppe, sprich den Grave Digger Fans ankommt, und nicht, wie jemand das Album findet, der weiland nur "Heavy Metal Breakdown" gut fand. Dafür haben z.B. wir dann Formate wie Gruppentherapie und Soundcheck, andere haben Pro/Contra-Doppelreviews etc... Aber die Einzelrezension nicht an einen Schreiber aus der Primärzielgruppe zu vergeben, finde ich schon wild.
Dass dies nennenswert etwas mit Hofieren großer Namen und dafür dann Bashen von Newcomern zu tun hätte, um den eigenen Schnitt vom "Allesgutfinder"-Image weg zu bringen, würde ich in den seltensten Fällen jemandem unterstellen wollen. Klar, ich denke manchmal auch "Verdammt, 8,3 als Schnitt der Einzelrezis ist schon scheiß hoch.", auf der anderen Seite ist er halt einfach ehrlich, denn ich kann mich an wenige Alben erinnern, die ich besprochen hätte, die mir nicht wenigstens die oben genannte Definition wert gewesen wären. Warum sollte ich auch etwas besprechen, was ich nicht weiter empfehlen möchte? Deswegen machen wir das doch am Ende, um Lesern mit ählicher musikalischer Orientierung etwas empfehlen zu können, was uns überzeugt hat. Zumindest ist das meine Triebfeder in Sachen Rezensionen, und wäre dann ein Schnitt unter 7,5 schön höchst seltsam, finde ich. Aber am Ende redet man viel zu viel über Punkte und Noten. Wichtig ist doch, was in der Rezension steht, und da sollen natürlich immer auch alle Kritikpunkte erwähnt werden, durchaus auch mit diversifiziertem/objektiviertem Blick, wie Leute reagieren könnten, die nicht zur Primärzielgruppe gehören, oder die auf gewisse Stilistika einer Band eher allergisch reagieren. Eine Note wird letztlich einer detaillierten Werkanalyse doch nur sehr selten gerecht, und kann daher nie ein objektives oder auch nur annähernd objektives Werturteil abbilden, sondern immer nur eine rein subjektive Wahrnehmung des Rezensenten. Dessen sollte man sich, so denke ich, bei Schreiben und beim Lesen einer Rezi bewusst sein, und somit ist eine Note an sich NIE auch nur einen winzigen Aufreger wert. Auf das geschriebene Wort kommt es an.