♠ Every Month is MOTÖRMONTH! ♠

Erstmal Thumbs Up für den @Eisenkanzler :top: Eine Rezension mit viel Liebe zu den Songs.
...die mir im Falle von 1916 weitgehend fehlt. Ich wundere mich schon seit geraumer Zeit, warum so viele sie sogar als die Beste von Motörhead einstufen? Deswegen habe ich sie im Laufe des Motörmonth mehrmals komplett gehört, aber der Status verändert sich bei mir nicht: Klar sind ein paar Kracher drauf (I‘m so bad, No voices, Shut you down, Ramones) und Love you Forever ist besser als die Balladen auf den Nachfolgealben, aber mir geben die beiden Experimente gar nix und der Rest sind unspektakuläre Motörsongs. Macht summa summarum in meinem Motörkosmos eine Reihung hinter allen Vorgängeralben (mit Ausnahme der APD), aber vor den meisten Nachfolgealben (mit Ausnahme der letzten beiden).
 
Auch wenn ich 1916 bei der damaligen "All Time Faves"-Wahl auf Platz 1 hatte, muss ich sagen, dass es seit Lemmys Tod die Scheibe ist, die ich am seltensten auflege. Songs wie z.B. das Titelstück kann ich seitdem nur noch schwer ertragen. Aber wenn ich meine persönliche Motörhead Best of zusammenstellen müsste, dann würde der Löwenanteil dennoch von diesem Album kommen: der Viererpack No Voices in the Sky, Going to Brazil, Nightmare/The Dreamtime und Love me forever plus R.A.M.O.N.E.S gehört zum besten Stoff, den Lemmy & Co. je geschrieben haben. Einzig und allein Angel City hat bei mir noch nie gezündet. Bedenkt man, dass Lemmy in dem Jahr auch noch vier echte Knaller für das "No More Tears"-Album von Ozzy ablieferte, muss man festhalten, dass 1991 wohl eines seiner besten (und erfolgreichsten) überhaupt war. Gerade mit den Ozzy-Dingern hat er - laut eigener Aussage - mehr Kohle gemacht als mit irgendeiner Motörhead-Platte.
 
3 dicke Heyho let's go's an den @Eisenkanzler!! Many thanx mal wieder für schönes Lesevergnügen, von mir aus machen wir alle ein neues Forum nur über Motörhead:D. Im ernst: 1991 war ich, außer das ich total tief in der Punk-/HC-/Crust-Szene abgetaucht bin, ebenfalls völlig im Death Metal und Grindcore-Fieber!! Ich habe zwar die wichtigen Frühmetal- und Punkjahre aufgrund Gnade später Geburt (nunja, hüstel) verpasst, aber kann mit Fug und Recht behaupten, beim Thrash hauchdünn danach (Ride The Lightning, Hell Awaits, Bonded By Blood) und beim Deathmetal wie auch der Black Metal-Welle (zumindest am Anfang) direkt von Beginn an fieberglühend dabei gewesen zu sein!! Was da alles rauskam! Mir hat Scream Bloody Gore, die ersten Bahtory's und Seven Churches, dann darauf Leprosy, Altars Of Madness, Slowly We Rot, Deicide usw. wie auch die England- und Schweden-Welle alles bedeutet!! Was hat das mit unserer Bande hier zu tun? Nun, der "normale" Metal ist erstmal immer mehr aus meinem Leben verschwunden, zu seicht, kein Bock mehr auf Elfen und Drachen. Auch meine andere ewige Gott-Band Maiden ham sich ab No Prayer erstmal für'n Jahrzehnt verabschiedet, zu groß die Enttäuschung im Punkverseuchten Kopp damals. Der alte Griesgram und seine Gang allerdings nie, nicht eine Nanosekunde meines Daseins. So habe ich mich damals sehr auf "1916" gefreut. Das Cover gefiel, die Mucke auch, die Texte sowieso. Ich fand die Experimente mutig und saustark, muss ich auch in der Restrospektive sagen. Neben all den Rockern fand ich das melodische und gesungene (!) "No Voices.." ebenfalls super, Lemmy hat ja quasi mit "All For You" ne Platte davor schon gezeigt, dass er viel mehr als sein räudiges Raunen drauf hat! "Nightmare/The Dreamtime" gefällt mir hervorragend gar. Und wenn ein Tribute-Song an eine andere Band dem Original so gut gefällt, dass sie diesen selbst covern und kein Konzert mehr ohne absolvierten, kann man doch sagen, dass die Hommage voll ins schwarze Herz getroffen hat!! Ramones Forever! Ich stehe auf Saxofon seltsamerweise sehr - drum mag ich das shufflige "Angel City" auch ganz gerne. Und dann gäb's da den Titelsong noch: auch ich hab eine sehr prägende Uropa im WW1 und 2-Familiengeschichte. Der hat mir sehr viel bedeutet und starb als ich zwölf war. Seine Geschichten über die Sinnlosigkeit von Kriegen, dass man niemals mehr Führern jeglicher Coleur folgen sollte und über die "elenden Nazi-Hunde" (O-Ton) haben mich früh und stark sozialisiert, ganz klar. Der ist als total naiver 16jähriger vom Dorf logo für Gott und den tollen Kaiser in den Krieg gezogen - und kam gebrochen und verwundet zurück.. die kranken Greuel und das sinnlose Massenschlachten haben ihn in die kommunistische Partei getrieben. Als er nach der Machtergreifung der Nazis nachts abgeführt wurde und nur aufgrund fehlenden Menschenmaterials nicht ins KZ sondern an die Front nach Russland kam, wo er verwundet in Gefangenschaft geriet und der livehafitge Sowjet-Kommunismus ihn, als er in den frühen 1950ern als Fremder in die Familie zurück kehrte, in die SPD trieb, zeitlebens Führungsköpfe und die Kirche verachtete, war total prägend für mich. Und das hat viel mit Lemmy und Motörhead zu tun, aber das wisst ihr selbst. Drum bekomme ich jedesmal, grade wieder, ne Gänsehaut wenn der Song läuft. Ich finde niemand hat es bisher geschafft, diese absolute Sinnlosigkeit und den Wahnsinn so berührend und eben NICHT romantisierend oder kitschig oder heulsusig zu verfassen im Biz. Ich habe vor kurzem die fünfteilige, absolut schonungslose Dokureihe "Apokalypse Erster Weltkrieg" gesehen, total krass... Ach ja, die Ballade: fand ich damals super mutig und cool, weil eben nicht scheiße ("Still Loving You" war eine der wenigen Balladen, die ich hören konnte). Das dann allerdings einige Jahre auf jeder eine drauf war, hab ich dann mal kritisch gesehen.. und mag sie dennoch. Ergo: "1916" supertolle Platte und ich hab es schön gefunden für die Jungs, dass sie ab da von der Presse ernster genommen wurden!
EDIT: natürlich ist mein Uropa nicht '33 sondern in den letzten Kriegszügen an die Front verfrachtet worden, das liest sich historisch falsch, drum der Edit.
 
Zuletzt bearbeitet:
1916 hat mich zum Motörhead-Fan gemacht. Damals erkannte ich, wie vielseitig die Band ist und wie viel Lemmy in seinen Lyrics zu sagen hat. Das Titelstück ist für mich mit Maidens Paschendale der emotionalste Anti-Kriegs-Song überhaupt. Hier zücke ich ohne Wenn und Aber eine 10/10.
 
@Eisenkanzler , sauber gemacht:top: Eine Song-für-Song-Besprechung hatten wir noch nicht. Hast die Lücke gefunden und super gefüllt:) 1916 entdecke ich, wie March Ör Die, Bastards und Sacrifice immer wieder aufs Neue, da ich diese Phase am seltensten (also nur 1x pro Woche...) höre. Schon ewig sind Make My Day und Love Me Forever meine Faves auf dem Album, das an sich keine Schwächen hat.
 
Auch hier gab es ne Single zur Platte und Tour, bereits im Vorjahr released - im goldenen Zeitalter als es sich noch schickte für Fans echt B-Seiten zu machen! Schlichtes aber stylisches Cover, leider aus superdünnem Karton, kriegt man sleten ohne Gebrauchsspuren. Warum gerade einer der mir am wenigsten zusagenden Songs des Albums ausgekoppelt wurde, kein Plan. Auf jeden auf der A noch das herrlich speedige und obercoole superbe "Dead Man's Hand". Auf der Flip dann "Eagle Rock", schöne Slide-Guitar zwischendrin, ansonsten solider, harter Rocker und dem flotten, auch härteren "Shut You Down". Somit eine wertige und lohnende Anschaffung!! Gibt's auch nur mit DMH auf der B als 7" und als schönes Shape - I love it!
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Bedenkt man, dass Lemmy in dem Jahr auch noch vier echte Knaller für das "No More Tears"-Album von Ozzy ablieferte, muss man festhalten, dass 1991 wohl eines seiner besten (und erfolgreichsten) überhaupt war. Gerade mit den Ozzy-Dingern hat er - laut eigener Aussage - mehr Kohle gemacht als mit irgendeiner Motörhead-Platte.
Ja:top: Wobei er, wie glaube ich auch für die beiden Songs 1995 auf Ozzmosis, "nur" die Texte (mit Ausnahme von Hellraiser?) geschrieben hat, oder? Zitat White Line Fever: "..that was one of the easiest gigs I ever had – Sharon rang me up and said, 'I'll give you X amount of money to write some songs for Ozzy', and I said, 'All right – you got a pen?' I wrote six or seven sets of words, and he ended up using four of them... I made more money out of writing those four songs than I made out of fifteen years of Motörhead – ludicrous, isn't it?!.." Weißt Du genaueres?
 
Ja:top: Wobei er, wie glaube ich auch für die beiden Songs 1995 auf Ozzmosis, "nur" die Texte (mit Ausnahme von Hellraiser?) geschrieben hat, oder? Zitat White Line Fever: "..that was one of the easiest gigs I ever had – Sharon rang me up and said, 'I'll give you X amount of money to write some songs for Ozzy', and I said, 'All right – you got a pen?' I wrote six or seven sets of words, and he ended up using four of them... I made more money out of writing those four songs than I made out of fifteen years of Motörhead – ludicrous, isn't it?!.." Weißt Du genaueres?
nur die Texte sind von ihm, soweit ich es in Erinnerung habe, mehrfach gelsesen zu haben.
 
ach so, ab "1916" gab's dann zu jeder Platte mehrere Promo-CD-Maxis, inflationär, zu der hier drei, aber ich poste hier nur die richtigen Singles, da ich lange nicht alle Promos habe (und brauche), da keine neuen Songs dabei. Immerhin aber als mal Live-Tracks, nunja.
 
Ja:top: Wobei er, wie glaube ich auch für die beiden Songs 1995 auf Ozzmosis, "nur" die Texte (mit Ausnahme von Hellraiser?) geschrieben hat, oder? Zitat White Line Fever: "..that was one of the easiest gigs I ever had – Sharon rang me up and said, 'I'll give you X amount of money to write some songs for Ozzy', and I said, 'All right – you got a pen?' I wrote six or seven sets of words, and he ended up using four of them... I made more money out of writing those four songs than I made out of fifteen years of Motörhead – ludicrous, isn't it?!.." Weißt Du genaueres?

Nur die Texte. Aber dafür gab es wohl reichlich Gewinnausschüttung. :D
 
nur die Texte sind von ihm, soweit ich es in Erinnerung habe, mehrfach gelsesen zu haben.
Ja, glaube ich nämlich auch. Gerade I Don't Wanna Change The World klingt für ihn zu untypisch. Mama, I'm Coming Home und Hellraiser könnte ich mir wiederum von ihm vorstellen.
Nur die Texte. Aber dafür gab es wohl reichlich Gewinnausschüttung. :D
Klaro, die Royalities hätte ich gerne geerbt. Dafür hätte er mich auch gerne adoptieren dürfen. Daniel Kilmister. Man kann auch nen blöderen Namen haben:D:D
 
@Eisenkanzler Super Review!:verehr:
Das Album steht bei mir mit ganz oben in der Rangliste.
Love Me Forever gehört mit zu meinen liebsten Motörhead Songs.
Am Freitag hatten Kilminister den auch gespielt und den Song RAMONES,also vom Album 1916.
Dann habe ich noch eine kleine Story zu Lemmy:
Ich habe ja Motörhead nie gesehen und Lemmy nie getroffen.Auf dem PSOA dieses Jahr traf ich
eine,die war mal Backstage bei Lemmy.Sie meinte das sie Bier getrunken hat und das sie sich mit
Lemmy unterhalten hat.
 
1916
by Motörhead

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MOTÖRHEAD - 1916
Eine Liebeserklärung von Eisenkanzler

Eines vorweg: Angesichts der wirklich tollen, intensiven, leidenschaftlichen Reviews der Forianer, welche vor mir dran waren, habe ich zwischendrin schon ein bisschen kalte Füße bekommen. Aber versprochen ist versprochen, also los geht's.

Rückblick auf das Jahr 1991 - das Erscheinungsjahr dieses Meisterwerks:
1991 war das Jahr, in dem ich richtig steil ging auf Death Metal. Es gab in unserem Lieblingsmagazin ein Special über dieses Jahr, in dem der Death Metal förmlich explodierte und lauter geile Scheiben rauskamen. Von den 40 vorgestellten Scheiben hatte ich - glaube ich - 37 bei mir stehen. Death Metal über alles. Rückblickend auf das ganze Jahr 1991 kann ich mich nicht erinnern, irgendwas anderes als Death Metal gehört zu haben. Wenn ich morgens vor der Berufsschule in der Raucherecke ankam, rülpste ich meist mein knappes "Moin" in die verstört blickende Vokuhila-Gemeinde, so sehr war ich auf DEATH. Aber eine Scheibe schaffte es dann doch, sich in Dauerrotation neben den Grunzbands zu etablieren: 1916. 1916 ist meine meistgehörte Motörhead-Scheibe. Und sie ist mir die liebste. Warum? Ich gehe die Scheibe mal Song für Song mit euch durch.

1916 - Die Songs

The One to sing the blues
Motörhead machen ne bluesige Nummer? Ne, eher nicht. In meinen Ohren ist hier nix bluesig, es geht gut nach vorne. Schöner Up-Tempo-Rocker.

I'm so bad (Baby I don't care
Und wieder ein schönes Stück dreckigen Rock'n'rolls!
Lemmy sagte dazu im Metal Hammer (ja, ich stehe dazu, 1991 konnte man den noch gut lesen): "Typisch Motörhead. I’m so bad – das beschreibt das, was ich auch tatsächlich am meisten bin"-
Kostprobe gefällig?

"I make love to mountain lions,
Sleep on red-hot branding irons,
When I walk the roadway shakes,
Bed's a mess of rattlesnakes,
Voodoo child, black cat bone,
Scratch your back, hear you moan,
I get up, you go down, tall building, single bound,
War and peace and love, say it if you dare,
Iron fist, velvet glove,
I'm so bad, baby I don't care"

No voices in the sky
Einer meiner All-time-faves von Motorkopf. Inhaltlich geht es um Religion und den ganzen damit zusammenhängenden Schwachsinn. Der Chorus ist für mich einer der tollsten Chorusse (schreibt man das so?) den es gibt. Simple Akkorde, aber mit toller Stimme von Lemmy. Nicht ganz so dreckig wie man ihn sonst liebt, aber hier völlig passend eingesetzt. Mein Chef, welcher durch seine Fahrgemeinschaft mit mir im 2-wöchentlichen Turnus meiner Musik ausgesetzt ist, sagt zu diesem Song: "Manche deiner Bands machen ja sogar Musik". Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen. Einfach schön!

Going to Brazil
Das ist wieder ein Rock-Kracher wie er im Buche steht. Inhaltlich wird eine Flugreise nach Rio thematisiert. Ein Auszug aus den Lyrics mag andeuten, in welche Richtung das geht:

"All the booze is free, airline going broke,
Here come the lady with another jack and coke,
Wanna watch the movie, can't keep still,
Flying down to Rio, going to Brazil"

Nightmare/the Dreamtime
Ein untypischer Motörhead Song. Sehr langsam, getragen. So hat man das wohl nicht erwartet. Mir gefällt die Basslastigkeit in dem Song. Inhaltlich werden Alptraumthemen verarbeitet.

Love me forever
Das Lied ist eine verdammte Ballade. Alle Balladen auf diesem Planeten sollten genau so geschrieben werden. Ohne zuckergetriefe. Einfach schöne Musik. Der Gesang von Lemmy bei diesem Stück ist nicht von dieser Welt. So verletzlich, so schön. Bitte selber anhören, es gibt nicht genug Worte im Duden, um diese Stimme zu beschreiben.

Angel City
Nun wieder ein schneller Song über die Stadt der Engel. In diesem Song ist ein Saxophon zu hören. Ja, richtig gelesen. Das passt üblicherweise nicht zu Metal, aber hier passt es (und auf "Stand in the fire" von Striker, da gibt's auch einen Saxophon-Song der passt, sonst gibt es das nirgendwo, wirklich).

Make my Day
Ein typischer, schneller Motorkopf-Rocker mit einem schönen Chorus. Motörhead, wie man sie kennt und liebt.

R.A.M.O.N.E.S.
Eine Verneigung vor einer tollen Band. Der Song ist unter 2 Minuten lang und gibt mächtig Gas! Ein Spaßsong der gute Laune verbreitet.

Shut you down
Schnell, direkt, so ist auch dieser Song. Irgendwo - die Quelle kann ich nicht belegen - hat Lemmy diesen Song mal als "Macho-Song" beschrieben. Kann man so stehenlassen.

1916
Der Song, der mich am meisten berührt. Keine Gitarre, kein Bass, nur ein Keyboard und die Trommel. Und Lemmy mit einer Stimme, die so verletzlich klingt, so hoffnungslos, so zerbrechlich, so wunderwunderschön. Inhaltlich geht es um den ersten Weltkrieg und wie es ist, auf den Schlachtfeldern in Flandern zu leben bzw. zu sterben. Für mich ein Übersong. Gänsehaut galore.

Lemmy sagt zum Album in "White Line Fever"):

"Several of the Songs on 1916 - "Love me forever" and "1916", for example were very different from anything we'd have done before, but it's not like we were trying to change; we just did."

Die persönliche Bedeutung von 1916 für den im 18. Lebensjahr stehenden Eisenkanzler (damals noch Eisenprinz):
Hinrich Breuer war mein Urgroßvater mütterlicherseits. Er starb am 16.09.1975 - an meinem zweiten Geburtstag. Ich habe ihn also nie bewusst kennengelernt. Aber mein Großvater hat mir viele lebendige Geschichten von ihm erzählt. Was er alles in der Landwirtschaft erlebt hatte, wie das Leben in der "guten alten Zeit" in einem 100-Einwohner-Dorf damals so war. Aber auch von seinen Erlebnissen im ersten Weltkrieg. Mein Opa hat mir die Erlebnisse seines Vaters aus dem ersten Weltkrieg erzählt, lange bevor er sich im Stande fühlte, mir von seinen eigenen Erlebnissen aus Weltkrieg 2 zu erzählen. Ich habe mich als junger Mensch sehr intensiv mit dem ersten Weltkrieg auseinandergesetzt. Als dann 1916 erschien und ich den Song zum ersten Mal hörte, hatte ich eine Gänsehaut. Die hätte ich wohl eh gehabt, weil der Song an sich großartig ist; aber mit dem konkreten Bezug zu den Erlebnissen meines Uropas war das nochmal eine ganz andere Nummer. Das ist wahrscheinlich einer der Gründe, warum 1916 für mich immer das Highlight in der Discographie der großartigen Motörhead sein wird. Die persönliche Bindung durch diesen Song und natürlich die tolle Musik.

Tja, das waren meine persönlichen Einschätzungen zu "1916". Ich hoffe, dem ein oder anderen hat's gefallen. Ich freue mich auf eure Beiträge zu meinem Geschreibe.

Yours truly
Chancellor of Iron
Großartige Regierungserklärung, @Eisenkanzler!

Ich war damals überrascht, aber keinesfalls irritiert oder gar verstört bezüglich "Love Me Forever" und "1916". Von Motörhead hätte ich solche Songs zwar nicht erwartet und ich hätte das Album auch ohne sie geliebt, aber sie hatten mich nicht nur überzeugt, sondern waren beide sofort meine Favoriten des Albums und haben Motörhead bei mir auf ein noch höheres Level gehoben. Absolut gefühlvoll und dazu noch vollkommen kitschfrei, Songs in dem Stil hätte keine Band besser hinbekommen.
 
1916
by Motörhead

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MOTÖRHEAD - 1916
Eine Liebeserklärung von Eisenkanzler

Eines vorweg: Angesichts der wirklich tollen, intensiven, leidenschaftlichen Reviews der Forianer, welche vor mir dran waren, habe ich zwischendrin schon ein bisschen kalte Füße bekommen. Aber versprochen ist versprochen, also los geht's.

Rückblick auf das Jahr 1991 - das Erscheinungsjahr dieses Meisterwerks:
1991 war das Jahr, in dem ich richtig steil ging auf Death Metal. Es gab in unserem Lieblingsmagazin ein Special über dieses Jahr, in dem der Death Metal förmlich explodierte und lauter geile Scheiben rauskamen. Von den 40 vorgestellten Scheiben hatte ich - glaube ich - 37 bei mir stehen. Death Metal über alles. Rückblickend auf das ganze Jahr 1991 kann ich mich nicht erinnern, irgendwas anderes als Death Metal gehört zu haben. Wenn ich morgens vor der Berufsschule in der Raucherecke ankam, rülpste ich meist mein knappes "Moin" in die verstört blickende Vokuhila-Gemeinde, so sehr war ich auf DEATH. Aber eine Scheibe schaffte es dann doch, sich in Dauerrotation neben den Grunzbands zu etablieren: 1916. 1916 ist meine meistgehörte Motörhead-Scheibe. Und sie ist mir die liebste. Warum? Ich gehe die Scheibe mal Song für Song mit euch durch.

1916 - Die Songs

The One to sing the blues
Motörhead machen ne bluesige Nummer? Ne, eher nicht. In meinen Ohren ist hier nix bluesig, es geht gut nach vorne. Schöner Up-Tempo-Rocker.

I'm so bad (Baby I don't care
Und wieder ein schönes Stück dreckigen Rock'n'rolls!
Lemmy sagte dazu im Metal Hammer (ja, ich stehe dazu, 1991 konnte man den noch gut lesen): "Typisch Motörhead. I’m so bad – das beschreibt das, was ich auch tatsächlich am meisten bin"-
Kostprobe gefällig?

"I make love to mountain lions,
Sleep on red-hot branding irons,
When I walk the roadway shakes,
Bed's a mess of rattlesnakes,
Voodoo child, black cat bone,
Scratch your back, hear you moan,
I get up, you go down, tall building, single bound,
War and peace and love, say it if you dare,
Iron fist, velvet glove,
I'm so bad, baby I don't care"

No voices in the sky
Einer meiner All-time-faves von Motorkopf. Inhaltlich geht es um Religion und den ganzen damit zusammenhängenden Schwachsinn. Der Chorus ist für mich einer der tollsten Chorusse (schreibt man das so?) den es gibt. Simple Akkorde, aber mit toller Stimme von Lemmy. Nicht ganz so dreckig wie man ihn sonst liebt, aber hier völlig passend eingesetzt. Mein Chef, welcher durch seine Fahrgemeinschaft mit mir im 2-wöchentlichen Turnus meiner Musik ausgesetzt ist, sagt zu diesem Song: "Manche deiner Bands machen ja sogar Musik". Dem ist wohl nichts mehr hinzuzufügen. Einfach schön!

Going to Brazil
Das ist wieder ein Rock-Kracher wie er im Buche steht. Inhaltlich wird eine Flugreise nach Rio thematisiert. Ein Auszug aus den Lyrics mag andeuten, in welche Richtung das geht:

"All the booze is free, airline going broke,
Here come the lady with another jack and coke,
Wanna watch the movie, can't keep still,
Flying down to Rio, going to Brazil"

Nightmare/the Dreamtime
Ein untypischer Motörhead Song. Sehr langsam, getragen. So hat man das wohl nicht erwartet. Mir gefällt die Basslastigkeit in dem Song. Inhaltlich werden Alptraumthemen verarbeitet.

Love me forever
Das Lied ist eine verdammte Ballade. Alle Balladen auf diesem Planeten sollten genau so geschrieben werden. Ohne zuckergetriefe. Einfach schöne Musik. Der Gesang von Lemmy bei diesem Stück ist nicht von dieser Welt. So verletzlich, so schön. Bitte selber anhören, es gibt nicht genug Worte im Duden, um diese Stimme zu beschreiben.

Angel City
Nun wieder ein schneller Song über die Stadt der Engel. In diesem Song ist ein Saxophon zu hören. Ja, richtig gelesen. Das passt üblicherweise nicht zu Metal, aber hier passt es (und auf "Stand in the fire" von Striker, da gibt's auch einen Saxophon-Song der passt, sonst gibt es das nirgendwo, wirklich).

Make my Day
Ein typischer, schneller Motorkopf-Rocker mit einem schönen Chorus. Motörhead, wie man sie kennt und liebt.

R.A.M.O.N.E.S.
Eine Verneigung vor einer tollen Band. Der Song ist unter 2 Minuten lang und gibt mächtig Gas! Ein Spaßsong der gute Laune verbreitet.

Shut you down
Schnell, direkt, so ist auch dieser Song. Irgendwo - die Quelle kann ich nicht belegen - hat Lemmy diesen Song mal als "Macho-Song" beschrieben. Kann man so stehenlassen.

1916
Der Song, der mich am meisten berührt. Keine Gitarre, kein Bass, nur ein Keyboard und die Trommel. Und Lemmy mit einer Stimme, die so verletzlich klingt, so hoffnungslos, so zerbrechlich, so wunderwunderschön. Inhaltlich geht es um den ersten Weltkrieg und wie es ist, auf den Schlachtfeldern in Flandern zu leben bzw. zu sterben. Für mich ein Übersong. Gänsehaut galore.

Lemmy sagt zum Album in "White Line Fever"):

"Several of the Songs on 1916 - "Love me forever" and "1916", for example were very different from anything we'd have done before, but it's not like we were trying to change; we just did."

Die persönliche Bedeutung von 1916 für den im 18. Lebensjahr stehenden Eisenkanzler (damals noch Eisenprinz):
Hinrich Breuer war mein Urgroßvater mütterlicherseits. Er starb am 16.09.1975 - an meinem zweiten Geburtstag. Ich habe ihn also nie bewusst kennengelernt. Aber mein Großvater hat mir viele lebendige Geschichten von ihm erzählt. Was er alles in der Landwirtschaft erlebt hatte, wie das Leben in der "guten alten Zeit" in einem 100-Einwohner-Dorf damals so war. Aber auch von seinen Erlebnissen im ersten Weltkrieg. Mein Opa hat mir die Erlebnisse seines Vaters aus dem ersten Weltkrieg erzählt, lange bevor er sich im Stande fühlte, mir von seinen eigenen Erlebnissen aus Weltkrieg 2 zu erzählen. Ich habe mich als junger Mensch sehr intensiv mit dem ersten Weltkrieg auseinandergesetzt. Als dann 1916 erschien und ich den Song zum ersten Mal hörte, hatte ich eine Gänsehaut. Die hätte ich wohl eh gehabt, weil der Song an sich großartig ist; aber mit dem konkreten Bezug zu den Erlebnissen meines Uropas war das nochmal eine ganz andere Nummer. Das ist wahrscheinlich einer der Gründe, warum 1916 für mich immer das Highlight in der Discographie der großartigen Motörhead sein wird. Die persönliche Bindung durch diesen Song und natürlich die tolle Musik.

Tja, das waren meine persönlichen Einschätzungen zu "1916". Ich hoffe, dem ein oder anderen hat's gefallen. Ich freue mich auf eure Beiträge zu meinem Geschreibe.

Yours truly
Chancellor of Iron

Danke für dieses schöne Review!
1916 war auch mein endgültiger Einstieg und mein erstes Motörhead-Album.
Ace Of Spades kannte ich damals schon von einem Sampler, richtig abgeholt hat mich dann aber erst No Voices In The Sky.
Warum und wo, das erfahrt ihr bald näher. ;)
Danach war jedenfalls nichts wie vorher!

Ramones ist mein persönlicher Hit auf diesem Teil.
Das fährt mir so in die Hüfte.

Schön auch die Geschichte über deinen Urgroßvater.
Ich kann das nachvollziehen, da es mir mit den Kriegsgeschichten meines Großvaters ähnlich geht.
Ohne ihn und seine Erzählungen wäre mein Weltbild ein anderes.
Womöglich hätten Songs wie 1916 oder später March Ör Die heute nicht diese unglaubliche Authentizität.
Er wird in zwei Wochen 93 Jahre alt. Angesichts der überlebten Granateinschläge und Feindkontakte an der Westfront 44/45 ein Wunder. Die himmelschreiende Sinnlosigkeit des Krieges. Ein alter Mann inmitten seiner vier Urenkel, der nur ein wundervoller Großvater sein darf, weil er mit 18 Jahren das Glück hatte, was seinen Kameraden im Schützengraben fehlte. Von ihnen hat er nie erzählt. Keine Namen, keine Details. Ich weiß nur wie sie starben.

Wir können das gern mal an anderer Stelle vertiefen.
 
@Fallen Idol 666: Ein spätes, aber dickes Dankeschön auch noch von mir für deine tollen Reviews Nr. 3 und 4.
Hey, dankeschön! Ich merke auch grade durch das selbst schreiben sowie auch das Lesen von euch anderen samt Kommentare wie ungemein wichtig mir die Band ist, auf ewig! Ich kann jeder einzelnen Platte was abgewinnen und auch die schwächeren haben was, das mich reizt bzw. mir gefällt. Ist irgendwie auch "heilsam"
 
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