Folge dem Video um zu sehen, wie unsere Website als Web-App auf dem Startbildschirm installiert werden kann.
Anmerkung: Diese Funktion erfordert derzeit den Zugriff auf die Seite über den integrierten Safari-Browser.
sorry, ist nun doch ausführlicher geworden, aber ich wollte sie nicht einfach abspeisen, da immerhin offiziell, kurz vor dem Emde der Band und in verwirrend vielen Versionen, drum etwas Licht ins Dunkel.
Diese ganzen Informationen zu den einzelnen Alben sind der absolute Hammer!
Sauber, alles richtig gemacht. Dankesorry, ist nun doch ausführlicher geworden, aber ich wollte sie nicht einfach abspeisen, da immerhin offiziell, kurz vor dem Emde der Band und in verwirrend vielen Versionen, drum etwas Licht ins Dunkel.
Anm.: Ich hoffe, es ist in Ordnung wenn ich den Post etwas früher von der Leine lasse!
Aftershock (2013)
'I know I got to live, I know I got to die'
Ende 2011 schien die Welt noch in Ordnung. Die Folgen des Klimawandels schienen noch weit entfernt, in den USA bereitete sich Barack Obama darauf vor, eine zweite Amtszeit zu erlangen, in Syrien war es zwar schon zu vereinzelten Konflikten gekommen, aber diese schienen regional begrenzt. Von einem "Rechtsruck" war in Europa noch keine Rede, der Name "IS" war höchstens Nahost-Experten ein Begriff, und vor allem... MOTÖRHEAD spielten noch eine Wintertour in Deutschland. Auf eines konnte man sich damals nämlich noch verlassen: Spätestens alle zwei Jahre erschien ein neues MOTÖRHEAD-Album und kurz vor Weihnachten war die Band damit in Europa unterwegs. Insofern gingen mir an diesem November-Abend vor über 7 Jahren keine der folgenden Gedanken durch den Kopf: Wird es mein letztes MOTÖRHEAD-Konzert sein? Wie lange wir Lemmy noch durchhalten? Kommt noch ein Album? Natürlich wird es nicht das letzte Konzert sein, natürlich wird Lemmy noch mindestens 10 Jahre durchhalten und natürlich wird spätestens im Herbst 2012 das neue Album erscheinen!
Und die folgenden zwei Stunden sollten an dieser Haltung keine Zweifel aufkommen lassen. Die Band war in grandioser Form und haute zu meiner großen Freue eine Perle nach der anderen raus: "I'll Be Your Sister", "Damage Case", "The One To Sing The Blues", "Orgasmatron", "The Chase Is Better Than The Catch", "Iron Fist", "Bomber". Ich konnte meinen Ohren kaum trauen! Ich war mir an diesem Abend sicher, meinen bisher besten MOTÖRHEAD-Gig erlebt zu haben. Nein, einen der besten Konzerte meines Lebens! Während stickige, überfüllte Hallen für mich sonst meist eine Qual sind, fühlte ich mich hier bestens aufgehoben, mit einem Gefühl der Vertrautheit ausgestattet und konnte den gesamten Auftritt genießen. Ich verausgabte mich bei "Overkill" bis zur Erschöpfung... nie wäre mir in diesem Augenblick der Gedanke gekommen, dass ich dies gerade zum letzten Mal in meinem Leben tun würde.
10 Monate später erschien nicht wie erwartet ein neues MOTÖRHEAD-Album. Immerhin fand erneut eine Tour zur Weihnachtszeit statt, aber diesmal schaffte ich es leider nicht eines der Konzerte zu besuchen. Aber gut, es wird ja noch reichlich Gelegenheit dazu geben, oder? Der Spruch "Lemmy ist unsterblich" klang objektiv betrachtet natürlich wie eine naive Floskel. Jeder wusste, dass der Lebensstil irgendwann seinen Tribut fordern würde. Aber für MOTÖRHEAD-Fans war es, glaube ich, keine banale Floskel. Es war eher eine Art Glaubensbekenntnis und ich selbst habe gegen jede Vernunft zu einem gewissen Grad daran geglaubt, dass ihm Drogen, Alkohol und das Alter weniger anhaben können als anderen. Wenn Lemmy es nicht schafft, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen, wer dann?
Doch im August 2013 wurden einem unweigerlich der Ernst der Situation ins Gedächtnis gerufen: Lemmy musste das Konzert auf dem Wacken Open Air aus gesundheitlichen Problemen abbrechen, weitere Konzert-Abbrüche sollten in den kommenden Monaten folgen. Ende 2013 fand zum ersten Mal seit langer Zeit keine Tour in Europa statt. Auf diese beunruhigenden Neuigkeiten antworteten Lemmy und MOTÖRHEAD jedoch auf die einzig konsequente Art: Nicht mit selbstmitleidigen Facebook-Statements, ohne Gejammer und Trauerstimmung. Sondern indem sie ein neues Album veröffentlichten. Vollgepackt mit 14 Tracks war Aftershock, als es Ende Oktober 2013 erschien, eines sicher nicht: Ein Schwanengesang. Der Warpig auf dem Cover sah zwar mitgenommen aus, erhob sich aber bereits wieder aus dem Staub und fletschte die Zähne! Die Motoren liefen noch, wie bereits der harte Opener "Heartbreaker" unter Beweis stellt. Lemmy klingt im Vergleich zu The Wörld Is Yöurs tatsächlich etwas angeschlagen, aber was heißt das schon, wenn man mit 67 und den damaligen Umständen entsprechend noch so kraftvoll performt wie auf "End Of Time", "Queen Of The Damned" oder "Paralyzed"?
Aftershock bedeutet "Nachbeben". Ich muss zugeben, dass für mich weniger das Album selbst ein musikalsches Erdbeben auslöste. Ich sehe es eher umgekehrt: Auf Aftershock "beben" vor allem die unglaublich starken und intensiven Jahre 2003-2013 nach, MOTÖRHEADs dritter Frühling. Man muss sich nur die Stagefright-DVD anschauen um mit offenem Mund zu erkennen, dass Lemmy, Phil und Mikkey um 2005 auf dem absoluten Zenit standen. Nie war diese Besetzung lauter, schneller und vitaler. Danach folgten immer noch drei durchgehend starke, kraftvolle Alben, die nicht nach der Band eines 65-Jährigen klangen. Auf Aftershock am der rasende Zug zum ersten Mal etwas ins Stocken, eingeholt von den unvermeidlichen Folgen eines allen Naturgesetzen trotzenden Lebensstils. Nicht alle Songs überzeugen, gerade auf den hardrockiger ausgerichteten Stücke wie "Keep Your Powder Dry" und "Silence When You Speak To Me" kling die Band etwas ausgebremst. Und doch schafft es die Band auch diesmal wieder, ihren Mindesstandard von drei bis fünf Oberkrachern zu halten: Auf "Lost Woman Blues" klingt sie gefühlvoll wie nie, auf "Queen Of The Damned" punkig wie nie, auf "End Of Time" und "Paralyzed" speedmetallisch wie nie. Selbst angeschlagen strafen MOTÖRHEAD all jene Lügen, die immer noch den ausgelutschtsten, einfältigsten Kommentar aller Zeiten hervorkramen: "Jedes MOTÖRHEAD-Album klingt gleich."
Ich finde Aftershock nicht so stark wie seine vier Vorgänger, ja ich hatte am Amfang sogar regelrechte Zugangsschwierigkeiten zu dem Album. Lange habe ich es als das Final Frontier von MOTÖRHEAD angesehen, da Letzteres bis heute eines der wenigen Alben einer Lieblingsband darstellt, zu dem ich einfach keine emotionale Verbindung aufbauen konnte und kann. Gleichzeitig habe ich beim Schreiben dieses Reviews gemerkt, wie kämpferisch und abwechslungsreich Aftershock teilweise klingt. Was andere Bands umgehauen hätte, reichte bei MOTÖRHEAD höchstens für kleine Turbulenzen. Außerdem war Aftershock nicht das Ende. Ein Jahr später stand die Band im Winter wieder auf deutschen Bühnen. Für einen kurzen Augenblick war die Welt wieder in Ordnung.
Sehr feinees Review, danke.Anm.: Ich hoffe, es ist in Ordnung wenn ich den Post etwas früher von der Leine lasse!
Aftershock (2013)
'I know I got to live, I know I got to die'
Ende 2011 schien die Welt noch in Ordnung. Die Folgen des Klimawandels schienen noch weit entfernt, in den USA bereitete sich Barack Obama darauf vor, eine zweite Amtszeit zu erlangen, in Syrien war es zwar schon zu vereinzelten Konflikten gekommen, aber diese schienen regional begrenzt. Von einem "Rechtsruck" war in Europa noch keine Rede, der Name "IS" war höchstens Nahost-Experten ein Begriff, und vor allem... MOTÖRHEAD spielten noch eine Wintertour in Deutschland. Auf eines konnte man sich damals nämlich noch verlassen: Spätestens alle zwei Jahre erschien ein neues MOTÖRHEAD-Album und kurz vor Weihnachten war die Band damit in Europa unterwegs. Insofern gingen mir an diesem November-Abend vor über 7 Jahren keine der folgenden Gedanken durch den Kopf: Wird es mein letztes MOTÖRHEAD-Konzert sein? Wie lange wir Lemmy noch durchhalten? Kommt noch ein Album? Natürlich wird es nicht das letzte Konzert sein, natürlich wird Lemmy noch mindestens 10 Jahre durchhalten und natürlich wird spätestens im Herbst 2012 das neue Album erscheinen!
Und die folgenden zwei Stunden sollten an dieser Haltung keine Zweifel aufkommen lassen. Die Band war in grandioser Form und haute zu meiner großen Freue eine Perle nach der anderen raus: "I'll Be Your Sister", "Damage Case", "The One To Sing The Blues", "Orgasmatron", "The Chase Is Better Than The Catch", "Iron Fist", "Bomber". Ich konnte meinen Ohren kaum trauen! Ich war mir an diesem Abend sicher, meinen bisher besten MOTÖRHEAD-Gig erlebt zu haben. Nein, einen der besten Konzerte meines Lebens! Während stickige, überfüllte Hallen für mich sonst meist eine Qual sind, fühlte ich mich hier bestens aufgehoben, mit einem Gefühl der Vertrautheit ausgestattet und konnte den gesamten Auftritt genießen. Ich verausgabte mich bei "Overkill" bis zur Erschöpfung... nie wäre mir in diesem Augenblick der Gedanke gekommen, dass ich dies gerade zum letzten Mal in meinem Leben tun würde.
10 Monate später erschien nicht wie erwartet ein neues MOTÖRHEAD-Album. Immerhin fand erneut eine Tour zur Weihnachtszeit statt, aber diesmal schaffte ich es leider nicht eines der Konzerte zu besuchen. Aber gut, es wird ja noch reichlich Gelegenheit dazu geben, oder? Der Spruch "Lemmy ist unsterblich" klang objektiv betrachtet natürlich wie eine naive Floskel. Jeder wusste, dass der Lebensstil irgendwann seinen Tribut fordern würde. Aber für MOTÖRHEAD-Fans war es, glaube ich, keine banale Floskel. Es war eher eine Art Glaubensbekenntnis und ich selbst habe gegen jede Vernunft zu einem gewissen Grad daran geglaubt, dass ihm Drogen, Alkohol und das Alter weniger anhaben können als anderen. Wenn Lemmy es nicht schafft, dem Tod ein Schnippchen zu schlagen, wer dann?
Doch im August 2013 wurden einem unweigerlich der Ernst der Situation ins Gedächtnis gerufen: Lemmy musste das Konzert auf dem Wacken Open Air aus gesundheitlichen Problemen abbrechen, weitere Konzert-Abbrüche sollten in den kommenden Monaten folgen. Ende 2013 fand zum ersten Mal seit langer Zeit keine Tour in Europa statt. Auf diese beunruhigenden Neuigkeiten antworteten Lemmy und MOTÖRHEAD jedoch auf die einzig konsequente Art: Nicht mit selbstmitleidigen Facebook-Statements, ohne Gejammer und Trauerstimmung. Sondern indem sie ein neues Album veröffentlichten. Vollgepackt mit 14 Tracks war Aftershock, als es Ende Oktober 2013 erschien, eines sicher nicht: Ein Schwanengesang. Der Warpig auf dem Cover sah zwar mitgenommen aus, erhob sich aber bereits wieder aus dem Staub und fletschte die Zähne! Die Motoren liefen noch, wie bereits der harte Opener "Heartbreaker" unter Beweis stellt. Lemmy klingt im Vergleich zu The Wörld Is Yöurs tatsächlich etwas angeschlagen, aber was heißt das schon, wenn man mit 67 und den damaligen Umständen entsprechend noch so kraftvoll performt wie auf "End Of Time", "Queen Of The Damned" oder "Paralyzed"?
Aftershock bedeutet "Nachbeben". Ich muss zugeben, dass für mich weniger das Album selbst ein musikalsches Erdbeben auslöste. Ich sehe es eher umgekehrt: Auf Aftershock "beben" vor allem die unglaublich starken und intensiven Jahre 2003-2013 nach, MOTÖRHEADs dritter Frühling. Man muss sich nur die Stagefright-DVD anschauen um mit offenem Mund zu erkennen, dass Lemmy, Phil und Mikkey um 2005 auf dem absoluten Zenit standen. Nie war diese Besetzung lauter, schneller und vitaler. Danach folgten immer noch drei durchgehend starke, kraftvolle Alben, die nicht nach der Band eines 65-Jährigen klangen. Auf Aftershock am der rasende Zug zum ersten Mal etwas ins Stocken, eingeholt von den unvermeidlichen Folgen eines allen Naturgesetzen trotzenden Lebensstils. Nicht alle Songs überzeugen, gerade auf den hardrockiger ausgerichteten Stücke wie "Keep Your Powder Dry" und "Silence When You Speak To Me" kling die Band etwas ausgebremst. Und doch schafft es die Band auch diesmal wieder, ihren Mindesstandard von drei bis fünf Oberkrachern zu halten: Auf "Lost Woman Blues" klingt sie gefühlvoll wie nie, auf "Queen Of The Damned" punkig wie nie, auf "End Of Time" und "Paralyzed" speedmetallisch wie nie. Selbst angeschlagen strafen MOTÖRHEAD all jene Lügen, die immer noch den ausgelutschtsten, einfältigsten Kommentar aller Zeiten hervorkramen: "Jedes MOTÖRHEAD-Album klingt gleich."
Ich finde Aftershock nicht so stark wie seine vier Vorgänger, ja ich hatte am Amfang sogar regelrechte Zugangsschwierigkeiten zu dem Album. Lange habe ich es als das Final Frontier von MOTÖRHEAD angesehen, da Letzteres bis heute eines der wenigen Alben einer Lieblingsband darstellt, zu dem ich einfach keine emotionale Verbindung aufbauen konnte und kann. Gleichzeitig habe ich beim Schreiben dieses Reviews gemerkt, wie kämpferisch und abwechslungsreich Aftershock teilweise klingt. Was andere Bands umgehauen hätte, reichte bei MOTÖRHEAD höchstens für kleine Turbulenzen. Außerdem war Aftershock nicht das Ende. Ein Jahr später stand die Band im Winter wieder auf deutschen Bühnen. Für einen kurzen Augenblick war die Welt wieder in Ordnung.
Boah. Gänsehaut am frühen Morgen.Motörhead-Bad Magic (2015)
„I never wanted to be nowhere else. I spent my whole life pleasing myself“ („Thunder & Lightning“)
Das ist meine vierte Albumbesprechung im Rahmen dieses unfassbar geilen MotörMonth-Threads. Und wie zuvor habe ich als alter Kakademiker zunächst einmal eine Gliederung gemacht und dann Material
recherchiert und die Gliederung damit gefüllt. Dann korrigierend durchgelesen - und den kompletten Text wieder verworfen. Bei Bad Magic funktioniert der bisherige Ansatz einfach nicht… Nicht weil es sich um
ein außergewöhnliches Album an sich handeln würde, sondern die Begleitumstände der MotörHistory in den Jahren nach der Veröffentlichung von Aftershock bis zum bitteren Ende der Band am 28.12.2015 für
mich sehr emotional waren und dadurch die Fakten zum Album eigentlich schon völlig in den Hintergrund geraten und von meiner persönlichen Bedeutung dieser letzten Bandphase retrospektiv überstrahlt
wird.
Deswegen schreibe ich mir einfach meine Gedanken zu Bad Magic von der Seele:
Lemmy’s Gesundheit zahlte schon seit mehreren Jahren die Zeche für den Rock N Roll-Lebenswandel. Seit längerem litt er unter Diabetes, musste seinen Kippen-Konsum erheblich einschränken und seinen
geliebten Jacky-Cola durch Wodka-O ersetzen. Spätestens nach dem Einsatz eines Defibrilators im März 2013 musste dann jedem geneigten Fan bewusst werden: Lemmy war nicht unsterblich. Und so begann
am 02.08.2013 für alle Welt sichtbar das, was ich im Nachhinein als „Lemmy’s öffentliches Sterben“ bezeichne. An besagtem Tag mussten Motörhead ihren Wacken-Gig nach 30 Minuten abbrechen. Natürlich
gab/gibt es davon Videos – und ich war sauer. Lemmy sah fertig aus. Ein alter Mann, der sein Versprechen, zu rocken, bis er auf der Bühne tot umfallen würde, tatsächlich wahrmachen wollte. Nur, dass das, was
man das sehen konnte nicht „rocken“ war. Es war einfach nur bitter… Lemmy zog sich zurück um sich zu erholen.
Als im Oktober 2013 Aftershock erschien war ich wieder versöhnt. Klasse Album, Power, Druck, geile Songs - alles gut. Ende Oktober 2013 musste dann die Europatour kurzfristig abgesagt und auf Frühjahr 2014
verschoben werden. Lemmy sei nicht fit und müsse sich von seiner Herz-OP erholen, hieß es in den Pressemitteilungen. Ich war besorgt, fand es aber gut, dass er sich die notwendige Zeit zur Erholung gab. Doch
dann wurden Ende Januar 2014 alle Konzerte der Frühjahrs-Europatournee abgesagt. Als Trost wurde aber auf eine sehr gute Gesundheitsprognose Lemmy’s verwiesen... wenigstens etwas. Na, dachte ich mir,
dann hat Lemmy ja endlich Zeit um seinem lange angekündigten Solo-Album, das ja bereits fast fertig sein soll, den letzten Schliff zu geben. Im Herbst 2014 wurden dann die ausgefallenen Termine nachgeholt
werden. Das Set wurde von einst knapp über 100 Minuten auf ca. 75 Minuten inklusive ausgedehnter Solopassagen gekürzt und es war Lemmy deutlich anzumerken, wie sehr ihn das Spielen auf der Bühne
anstrengte. Den Bass spielte er sehr statisch, das Bühnenacting übernahm fast Phil fast vollständig und Lemmy presste sich ein Bellen heraus, das deutlich schwächer klang, als jemals zuvor. Nachzuhören auf
den Live-Aufnahmen der Tour Edition von Aftershock, die während den Auftritten Motörhead’s im April 2014 an der amerikanischen Westküste mitgeschnitten wurden. Aber man hörte/merkte auch, was für ein
Kämpfer da auf der Bühne stand, der alles für sein Publikum gab und erst aufhören würde, wenn es wirklich nicht mehr gehen würde…
Im März 2015 wurde ein neues Album für Spätsommer angekündigt. Im NRG Studio zu Hollywood entstanden unter der erneuten Regie von Cameron Webb in gemeinsamen Songwriting-Sessions frisches
Material (in den Albumcredits werden Motörhead als gemeinsame Komponisten aller Songs angegeben). Nerdfact: es wurden dreizehn eigene Songs plus zwei Coverversionen aufgenommen. Da Bad Magic aber
ebenfalls als LP veröffentlicht werden sollte, schafften es aus Kapazitätsgründen nur zwölf eigene und eine Fremdkomposition aufs Album. Auch Konzerte vor Albumrelease sowie die traditionelle Europatour im
Herbst sollte es geben. Der alte Krieger schien dem Tod einmal mehr von der Schippe gesprungen zu sein. Er hatte deutlich Gewicht verloren – was auf eine strenge Diät und Fitnessprogramm hinwies.
Doch der anfänglichen Erleichterung folgte Ernüchterung. Die Einschläge kamen immer näher. Lemmy machte Promotermine und sah schrecklich aus. Ein klappriger, dürrer alter Mann, dessen Geist immer
noch hellwach war, dem aber das Sprechen zunehmend schwer zu fallen schien. Und auch live lief es teilweise katastrophal. Am 26.04.2015 erfolgte eine kurzfristige Absage des Auftritts beim Monsters Of Rock
in Sao Paolo wegen „Magenbeschwerden und Dehydration“. Stattdessen jamten Phil und Mikkey in einer öffentlichen Session mit Derrick Green und Andreas Kisser von Sepultura. 26.06.2015 Glastonbury
Festival: Lemmy sang aufgrund einer „mentalen Blockade“ zu Overkill den Text von Ace Of Spades. 27.08.2015 Salt Lake City: Abbruch nach vier Songs, aufgrund von Atembeschwerden und Schmerzen
„Höhenkrankheit“. 01.09.2015 Austin, Texas: Abbruch nach drei Songs, Lemmy schlich mit den Worten "Ich schaffe das nicht“ von der Bühne. Die beiden Konzerte davor waren bereits abgesagt worden.
Zwischenzeitlich lief die Promo-Maschine um Bad Magic an. Im Juni wurde der Vorabsong Thunder & Lightning veröffentlicht. Rockt. Passt. Ende Juli dann das Cartoon-Lyricvideo zu Electricity. Dass die Band
darin als Skelette auftraten, und Lemmy mehr oder weniger genauso dürr wie im echten Leben aussah - geschenkt… am 28.08. erschien Bad Magic. Eine Woche vor Maiden’s The Book Of Soul und zwei Wochen
vor Slayer’s Repentless. Aber auf Motörhead freute ich mich dennoch am meisten. Und mit mir viele zig tausende weitere Fans, stieg das Album doch direkt auf Platz 1 der deutschen Charts ein. Zum ersten Mal
gelang Lemmy & Co. der Blick von der hiesigen Poleposition, bis sie eine Woche später von Iron Maiden (erwartungsgemäß) verdrängt wurden – Slayer zogen in der Folgewoche ebenfalls auf Platz 1 in die
deutschen Albumcharts ein. Das Rock Hard kürte Bad Magic in Ausgabe 340 zum Album des Monats. Jan Jeadike schrieb in seiner 9-Punkte-Rezension, das Album sein „[…] der beste neue Motör-Öutput seit
Bastards, also seit über 20 Jahren…“. Im Deaf Forever #7 bezeichnet Götz das Album in seinem 8-Punkte-Review als „ein frisches, hartes Album“.
Das Artwork ist einmal mehr schlicht in schwarz gehalten. 4 „x“ über dem Albumtitel symbolisieren das vierzigjährige Bandjubiläum (weiß zufällig jemand, was die 7 Sterne über Warpig bedeuten sollen?). Ich
empfinde den Sound von Bad Magic als etwas „dumpf“, weniger klar und druckvoll sowie leiser im Vgl. zum direkten Vorgänger. Fast so in etwa als wäre eine Socke über die Aufnahmemikros gestülpt worden
Lemmy’s Gesang klingt in meinen Ohren an manchen Stellen wie die Lautsprecheransage in einem ICE-Zug (zum Beispiel zu Beginn von Victory Or Die). Phil und Mikkey geben instrumental immer noch Vollgas
und werden von einem alten Mann begleitet, der des Öfteren den Eindruck macht, dem Tempo nicht mehr folgen zu können. Man kann sich kaum vorstellen, dass Lemmy in einem Song wie „Shoot Out All Of
Your Your Lights“ den Bass selbst eingespielt hat, gerade wenn man seine Live-Performance in 2015 zum Vergleich heran zieht. Sei es drum! Selbst wenn Phil auch den Bass eingespielt haben sollte, wir würden
es selbstverständlich nie erfahren, da die Band und Studiocrew Lemmy’s Andenken weiterhin wie Gentlemen bewahren werden. Hierzu ein Kommentar von Cameron Webb aus dem Motörhead-Special,
erschienen im Metal Hammer 01/2019: „Webb erzählt von der schwierigen Arbeit an den letzten Alben, als sich der Protagonist teilweise kaum auf den Beinen halten konnte. Hier war der Produzent besonders
gefordert – nicht fachlich, sondern als Freund:“ Ich kann keine drei Minuten stehen und singen, Cam.“ – „Dann sing‘ im Sitzen!“ So ist Webb ein großer Anteil an Motörheads letztem Album Bad Magic
zuzuschreiben, das Lemmy ohne sein Zureden wohl nicht beendet hätte.“
Lemmy’s alter Freund Brian May spielte ein Gitarrensolo für den 3-Minuten-Rocker The Devil ein. Fire Storm Hotel hat einen mörderischen Groove, Shoot Out All Your Lights ist ein schweinegeiler Speedsong.
Die zweite Albumhälfte flacht etwas ab, alles läuft für mich auf das Albumhighlight Till The End hinaus. Ein typischer Slowsong, mit einem bewegenden Text, der Lemmy’s Abschied vorweg zu nehmen scheint,
oder zumindest wie ein Abschiedssong klingt:
„In your life you'll be amazed at all the love you lose. You can never live that life again.
The one thing you will never lose is the singing in your head. That will still be with you until the end“
Man fragt sich beim Hören unweigerlich: hat er sein bevorstehendens Ende gespürt? An zwölfter Stelle folgt mit dem einzigen jemals live gespielten Albumsong When The Sky Comes Looking For You noch ein
ordentlicher Rocker.
Das einzige, was mich rückblickend an Bad Magic wirklich stört ist sein Ende: Sympathy For The Devil als Abschluss gefällt mir nicht. Rückblickend wäre das David Bowie-Cover Heroes, das während der Bad
Magic-Aufnahmesessions ebenfalls eingespielt wurde, der bessere Albumabschluss gewesen als das Stones-Cover. Zwar sind beide Songs bereits totgecovert, aber Heroes wäre einerseits ein zum Album und der
gesamten MotörHistory besser passendes Finale gewesen und - was ich immer wieder faszinierend finde - auf diesem EINEN Song der letzten Sessions klingt er deutlich „lebendiger/frischer“ als auf allen
anderen Songs von Bad Magic (die Produktion klingt auch etwas druckvoller). Und jedes Mal wenn Lemmy in „Heroes“ herzhaft „We can stop time, for ever and ever…“ bellt bekomme ich MINDESTENS
zentimeterdicke Entenpelle. Manchmal auch ein Tränchen ins Auge…
Um das Album in die MotörHistory richtig einzuordnen: Lemmy verabschiedete sich mit Bad Magic mehr als ordentlich aus dem Tonstudio des Lebens. Sein von wachem Verstand und typisch britischem Humor
geprägtes Songwriting fehlt seit seinem Tod. Auch wenn ich mich an über 250 MotörSongs erfreuen kann bis ich über mir der Kistendeckel schließen wird. Auf dem finalen MotörAlbum sind einige richtig tolle
Songs enthalten. Für mich rangiert es im unteren Drittel der Diskografie mit einer Note um 8. Gerade die ersten 6 Songs schieben recht ordentlich. Und Till The End alleine erhält mindestens 1,5 Punkte.
Ich war zwischendurch immer mal wieder richtig wütend auf Lemmy. Wieso tut er sich und seinen Fans das an? Wenn er altersschwach werden würde, solle der doch das Touren irgendwann sein lassen und sich
auf Studioaufnahmen konzentrieren, so wie er es selbst schon einige Male angekündigt hatte. Hier im Forum wurde vor der Herbsttour 2015 ebenfalls heftig diskutiert, ob man sich das live noch guten Gewissens
antun könne. Ich habe mich damals dagegen entschieden, weil ich Lemmy eben nicht beim langsamen Sterben auf der Bühne zugucken wollte. Das war kein Rock N Roll mehr, das war öffentliches Leiden einer
(noch) lebenden Legende. Die letzten Konzerte spielte Lemmy vor seinem geliebten deutschen Publikum. Das allerletzte am 11.Dezember 2015 in Berlin. 17 Tage vor seinem Tod. Wie wir heute wissen, starb er an
den Folgen seiner Prostatakrebserkrankung, er hatte auch bereits Tumore in Kopf und Nacken. Vor diesem Hintergrund bewerte ich seine Leistung, sowohl das Album als auch die Konzerte, in einem ganz
anderen Licht. Welche Kraft, welchen Willen muss dieser Mann gehabt haben, um in dieser körperlich extrem angegriffenen Lage tatsächlich noch ein Album und eine Tour zu beenden? Es klingt schier
unglaublich und nötigt mir den aller-aller-aller-größten Respekt ab. Auch wenn ich mir Clean Your Clock kein zweites Mal in diesem Leben anschauen kann und will…
…wenn schon, dann will ich mich so an den (alten) Lemmy erinnern:
Rückblickend bleibt mir mich vor Phil, Mikkey, Cameron, Ute Kromrey, Todd Singerman und allen anderen aus dem nähren Umfeld zu verneigen, die sich rührend, respektvoll und diskret bis zu Schluss und
auch posthum um Lemmy bzw. sein Andenken kümmerten und kümmern. Nachträglich bleibt mir nur eins zu sagen: Lemmy, alles richtig gemacht!
Das waren sie also… die 23 zu Lemmy’s Lebzeiten veröffentlichten Motörhead-Studioalben.
Motörhead-Bad Magic (2015)
„I never wanted to be nowhere else. I spent my whole life pleasing myself“ („Thunder & Lightning“)
Das ist meine vierte Albumbesprechung im Rahmen dieses unfassbar geilen MotörMonth-Threads. Und wie zuvor habe ich als alter Kakademiker zunächst einmal eine Gliederung gemacht und dann Material
recherchiert und die Gliederung damit gefüllt. Dann korrigierend durchgelesen - und den kompletten Text wieder verworfen. Bei Bad Magic funktioniert der bisherige Ansatz einfach nicht… Nicht weil es sich um
ein außergewöhnliches Album an sich handeln würde, sondern die Begleitumstände der MotörHistory in den Jahren nach der Veröffentlichung von Aftershock bis zum bitteren Ende der Band am 28.12.2015 für
mich sehr emotional waren und dadurch die Fakten zum Album eigentlich schon völlig in den Hintergrund geraten und von meiner persönlichen Bedeutung dieser letzten Bandphase retrospektiv überstrahlt
wird.
Deswegen schreibe ich mir einfach meine Gedanken zu Bad Magic von der Seele:
Lemmy’s Gesundheit zahlte schon seit mehreren Jahren die Zeche für den Rock N Roll-Lebenswandel. Seit längerem litt er unter Diabetes, musste seinen Kippen-Konsum erheblich einschränken und seinen
geliebten Jacky-Cola durch Wodka-O ersetzen. Spätestens nach dem Einsatz eines Defibrilators im März 2013 musste dann jedem geneigten Fan bewusst werden: Lemmy war nicht unsterblich. Und so begann
am 02.08.2013 für alle Welt sichtbar das, was ich im Nachhinein als „Lemmy’s öffentliches Sterben“ bezeichne. An besagtem Tag mussten Motörhead ihren Wacken-Gig nach 30 Minuten abbrechen. Natürlich
gab/gibt es davon Videos – und ich war sauer. Lemmy sah fertig aus. Ein alter Mann, der sein Versprechen, zu rocken, bis er auf der Bühne tot umfallen würde, tatsächlich wahrmachen wollte. Nur, dass das, was
man das sehen konnte nicht „rocken“ war. Es war einfach nur bitter… Lemmy zog sich zurück um sich zu erholen.
Als im Oktober 2013 Aftershock erschien, war ich wieder versöhnt. Klasse Album, Power, Druck, geile Songs - alles gut. Ende Oktober 2013 musste dann die Europatour kurzfristig abgesagt und auf Frühjahr 2014
verschoben werden. Lemmy sei nicht fit und müsse sich von seiner Herz-OP erholen, hieß es in den Pressemitteilungen. Ich war besorgt, fand es aber gut, dass er sich die notwendige Zeit zur Erholung gab. Doch
dann wurden Ende Januar 2014 alle Konzerte der Frühjahrs-Europatournee abgesagt. Als Trost wurde aber auf eine sehr gute Gesundheitsprognose Lemmy’s verwiesen... wenigstens etwas. Na, dachte ich mir,
dann hat Lemmy ja endlich Zeit um seinem lange angekündigten Solo-Album, das ja bereits fast fertig sein soll, den letzten Schliff zu geben. Im Herbst 2014 wurden dann die ausgefallenen Termine nachgeholt. Das Set wurde von einst knapp über 100 Minuten auf ca. 75 Minuten inklusive ausgedehnter Solopassagen gekürzt und es war Lemmy deutlich anzumerken, wie sehr ihn das Spielen auf der Bühne
anstrengte. Den Bass spielte er sehr statisch, das Bühnenacting übernahm Phil fast vollständig und Lemmy presste sich ein Bellen heraus, das deutlich schwächer klang, als jemals zuvor. Nachzuhören auf
den Live-Aufnahmen der Tour Edition von Aftershock, die während den Auftritten Motörhead’s im April 2014 an der amerikanischen Westküste mitgeschnitten wurden. Aber man hörte/merkte auch, was für ein
Kämpfer da auf der Bühne stand, der alles für sein Publikum gab und erst aufhören würde, wenn es wirklich nicht mehr gehen würde…
Im März 2015 wurde ein neues Album für Spätsommer angekündigt. Im NRG Studio zu Hollywood entstanden unter der erneuten Regie von Cameron Webb in gemeinsamen Songwriting-Sessions frisches
Material (in den Albumcredits werden Motörhead als gemeinsame Komponisten aller Songs angegeben). Nerdfact: es wurden dreizehn eigene Songs plus zwei Coverversionen aufgenommen. Da Bad Magic aber
ebenfalls als LP veröffentlicht werden sollte, schafften es aus Kapazitätsgründen nur zwölf eigene und eine Fremdkomposition aufs Album. Auch Konzerte vor Albumrelease sowie die traditionelle Europatour im
Herbst sollte es geben. Der alte Krieger schien dem Tod einmal mehr von der Schippe gesprungen zu sein. Er hatte deutlich Gewicht verloren – was auf eine strenge Diät und Fitnessprogramm hinwies.
Doch der anfänglichen Erleichterung folgte Ernüchterung. Die Einschläge kamen immer näher. Lemmy machte Promotermine und sah schrecklich aus. Ein klappriger, dürrer alter Mann, dessen Geist zwar immer
noch hellwach war, dem aber das Sprechen zunehmend schwer zu fallen schien. Und auch live lief es teilweise katastrophal. Am 26.04.2015 erfolgte eine kurzfristige Absage des Auftritts beim Monsters Of Rock
in Sao Paolo wegen „Magenbeschwerden und Dehydration“. Stattdessen jamten Phil und Mikkey in einer öffentlichen Session mit Derrick Green und Andreas Kisser von Sepultura. 26.06.2015 Glastonbury
Festival: Lemmy sang aufgrund einer „mentalen Blockade“ zu Overkill den Text von Ace Of Spades. 27.08.2015 Salt Lake City: Abbruch nach vier Songs, aufgrund von Atembeschwerden und Schmerzen
„Höhenkrankheit“. 01.09.2015 Austin, Texas: Abbruch nach drei Songs, Lemmy schlich mit den Worten "Ich schaffe das nicht“ von der Bühne. Die beiden Konzerte davor waren bereits abgesagt worden.
Zwischenzeitlich lief die Promo-Maschine um Bad Magic an. Im Juni wurde der Vorabsong Thunder & Lightning veröffentlicht. Rockt. Passt. Ende Juli dann das Cartoon-Lyricvideo zu Electricity. Dass die Band
darin als Skelette auftraten, und Lemmy mehr oder weniger genauso dürr wie im echten Leben aussah - geschenkt… am 28.08. erschien Bad Magic. Eine Woche vor Maiden’s The Book Of Soul und zwei Wochen
vor Slayer’s Repentless. Aber auf Motörhead freute ich mich dennoch am meisten. Und mit mir viele zig tausende weitere Fans, stieg das Album doch direkt auf Platz 1 der deutschen Charts ein. Zum ersten Mal
gelang Lemmy & Co. der Blick von der hiesigen Poleposition, bis sie eine Woche später von Iron Maiden (erwartungsgemäß) verdrängt wurden – Slayer zogen in der Folgewoche ebenfalls auf Platz 1 in die
deutschen Albumcharts ein. Das Rock Hard kürte Bad Magic in Ausgabe 340 zum Album des Monats. Jan Jeadike schrieb in seiner 9-Punkte-Rezension, das Album sei „[…] der beste neue Motör-Öutput seit
Bastards, also seit über 20 Jahren…“. Im Deaf Forever #7 bezeichnet Götz das Album in seinem 8-Punkte-Review als „ein frisches, hartes Album“.
Das Artwork ist einmal mehr schlicht in schwarz gehalten. 4 „x“ über dem Albumtitel symbolisieren das vierzigjährige Bandjubiläum (weiß zufällig jemand, was die 7 Sterne über Warpig bedeuten sollen?). Ich
empfinde den Sound von Bad Magic als etwas „dumpf“, weniger klar und druckvoll sowie leiser im Vgl. zum direkten Vorgänger. Fast so in etwa als wäre eine Socke über die Aufnahmemikros gestülpt worden.
Lemmy’s Gesang klingt in meinen Ohren an manchen Stellen wie die Lautsprecheransage in einem ICE-Zug (zum Beispiel zu Beginn von Victory Or Die). Phil und Mikkey geben instrumental immer noch Vollgas
und werden von einem alten Mann begleitet, der des Öfteren den Eindruck macht, dem Tempo nicht mehr folgen zu können. Man kann sich kaum vorstellen, dass Lemmy in einem Song wie „Shoot Out All Of
Your Your Lights“ den Bass selbst eingespielt hat, gerade wenn man seine Live-Performance in 2015 zum Vergleich heran zieht. Sei es drum! Selbst wenn Phil auch den Bass eingespielt haben sollte, wir würden
es selbstverständlich nie erfahren, da die Band und Studiocrew Lemmy’s Andenken weiterhin wie Gentlemen bewahren werden. Hierzu ein Kommentar von Cameron Webb aus dem Motörhead-Special,
erschienen im Metal Hammer 01/2019: „Webb erzählt von der schwierigen Arbeit an den letzten Alben, als sich der Protagonist teilweise kaum auf den Beinen halten konnte. Hier war der Produzent besonders
gefordert – nicht fachlich, sondern als Freund:“ Ich kann keine drei Minuten stehen und singen, Cam.“ – „Dann sing‘ im Sitzen!“ So ist Webb ein großer Anteil an Motörheads letztem Album Bad Magic
zuzuschreiben, das Lemmy ohne sein Zureden wohl nicht beendet hätte.“
Lemmy’s alter Freund Brian May spielte ein Gitarrensolo für den 3-Minuten-Rocker The Devil ein. Fire Storm Hotel hat einen mörderischen Groove, Shoot Out All Your Lights ist ein schweinegeiler Speedsong.
Die zweite Albumhälfte flacht etwas ab, alles läuft für mich auf das Albumhighlight Till The End hinaus. Ein typischer Slowsong, mit einem bewegenden Text, der Lemmy’s Abschied vorweg zu nehmen scheint,
oder zumindest wie ein Abschiedssong klingt:
„In your life you'll be amazed at all the love you lose. You can never live that life again.
The one thing you will never lose is the singing in your head. That will still be with you until the end“
Man fragt sich beim Hören unweigerlich: hat er sein bevorstehendens Ende gespürt? An zwölfter Stelle folgt mit dem einzigen jemals live gespielten Albumsong When The Sky Comes Looking For You noch ein
ordentlicher Rocker.
Das einzige, was mich rückblickend an Bad Magic wirklich stört ist sein Ende: Sympathy For The Devil als Abschluss gefällt mir nicht. Rückblickend wäre das David Bowie-Cover Heroes, das während der Bad
Magic-Aufnahmesessions ebenfalls eingespielt wurde, der bessere Albumabschluss gewesen als das Stones-Cover. Zwar sind beide Songs bereits totgecovert, aber Heroes wäre einerseits ein zum Album und der
gesamten MotörHistory besser passendes Finale gewesen und - was ich immer wieder faszinierend finde - auf diesem EINEN Song der letzten Sessions klingt er deutlich „lebendiger/frischer“ als auf allen
anderen Songs von Bad Magic (die Produktion klingt auch etwas druckvoller). Und jedes Mal wenn Lemmy in „Heroes“ herzhaft „We can stop time, for ever and ever…“ bellt bekomme ich MINDESTENS
zentimeterdicke Entenpelle. Manchmal auch ein Tränchen ins Auge…
Um das Album in die MotörHistory richtig einzuordnen: Lemmy verabschiedete sich mit Bad Magic mehr als ordentlich aus dem Tonstudio des Lebens. Sein von wachem Verstand und typisch britischem Humor
geprägtes Songwriting fehlt seit seinem Tod. Auch wenn ich mich an über 250 MotörSongs erfreuen kann bis ich über mir der Kistendeckel schließen wird. Auf dem finalen MotörAlbum sind einige richtig tolle
Songs enthalten. Für mich rangiert es im unteren Drittel der Diskografie mit einer Note um 8. Gerade die ersten 6 Songs schieben recht ordentlich. Und Till The End alleine erhält mindestens 1,5 Punkte.
Ich war zwischendurch immer mal wieder richtig wütend auf Lemmy. Wieso tut er sich und seinen Fans das an? Wenn er altersschwach werden würde, solle der doch das Touren irgendwann sein lassen und sich
auf Studioaufnahmen konzentrieren, so wie er es selbst schon einige Male angekündigt hatte. Hier im Forum wurde vor der Herbsttour 2015 ebenfalls heftig diskutiert, ob man sich das live noch guten Gewissens
antun könne. Ich habe mich damals dagegen entschieden, weil ich Lemmy eben nicht beim langsamen Sterben auf der Bühne zugucken wollte. Das war kein Rock N Roll mehr, das war öffentliches Leiden einer
(noch) lebenden Legende. Die letzten Konzerte spielte Lemmy vor seinem geliebten deutschen Publikum. Das allerletzte am 11.Dezember 2015 in Berlin. 17 Tage vor seinem Tod. Wie wir heute wissen, starb er an
den Folgen seiner Prostatakrebserkrankung, er hatte auch bereits Tumore in Kopf und Nacken. Vor diesem Hintergrund bewerte ich seine Leistung, sowohl das Album als auch die Konzerte, in einem ganz
anderen Licht. Welche Kraft, welchen Willen muss dieser Mann gehabt haben, um in dieser körperlich extrem angegriffenen Lage tatsächlich noch ein Album und eine Tour zu beenden? Es klingt schier
unglaublich und nötigt mir den aller-aller-aller-größten Respekt ab. Auch wenn ich mir Clean Your Clock kein zweites Mal in diesem Leben anschauen kann und will…
…wenn schon, dann will ich mich so an den (alten) Lemmy erinnern:
Rückblickend bleibt mir mich vor Phil, Mikkey, Cameron, Ute Kromrey, Todd Singerman und allen anderen aus dem nähren Umfeld zu verneigen, die sich rührend, respektvoll und diskret bis zu Schluss und
auch posthum um Lemmy bzw. sein Andenken kümmerten und kümmern. Nachträglich bleibt mir nur eins zu sagen: Lemmy, alles richtig gemacht!
Das waren sie also… die 23 zu Lemmy’s Lebzeiten veröffentlichten Motörhead-Studioalben.
Motörhead-Bad Magic (2015)
„I never wanted to be nowhere else. I spent my whole life pleasing myself“ („Thunder & Lightning“)
Das ist meine vierte Albumbesprechung im Rahmen dieses unfassbar geilen MotörMonth-Threads. Und wie zuvor habe ich als alter Kakademiker zunächst einmal eine Gliederung gemacht und dann Material
recherchiert und die Gliederung damit gefüllt. Dann korrigierend durchgelesen - und den kompletten Text wieder verworfen. Bei Bad Magic funktioniert der bisherige Ansatz einfach nicht… Nicht weil es sich um
ein außergewöhnliches Album an sich handeln würde, sondern die Begleitumstände der MotörHistory in den Jahren nach der Veröffentlichung von Aftershock bis zum bitteren Ende der Band am 28.12.2015 für
mich sehr emotional waren und dadurch die Fakten zum Album eigentlich schon völlig in den Hintergrund geraten und von meiner persönlichen Bedeutung dieser letzten Bandphase retrospektiv überstrahlt
wird.
Deswegen schreibe ich mir einfach meine Gedanken zu Bad Magic von der Seele:
Lemmy’s Gesundheit zahlte schon seit mehreren Jahren die Zeche für den Rock N Roll-Lebenswandel. Seit längerem litt er unter Diabetes, musste seinen Kippen-Konsum erheblich einschränken und seinen
geliebten Jacky-Cola durch Wodka-O ersetzen. Spätestens nach dem Einsatz eines Defibrilators im März 2013 musste dann jedem geneigten Fan bewusst werden: Lemmy war nicht unsterblich. Und so begann
am 02.08.2013 für alle Welt sichtbar das, was ich im Nachhinein als „Lemmy’s öffentliches Sterben“ bezeichne. An besagtem Tag mussten Motörhead ihren Wacken-Gig nach 30 Minuten abbrechen. Natürlich
gab/gibt es davon Videos – und ich war sauer. Lemmy sah fertig aus. Ein alter Mann, der sein Versprechen, zu rocken, bis er auf der Bühne tot umfallen würde, tatsächlich wahrmachen wollte. Nur, dass das, was
man das sehen konnte nicht „rocken“ war. Es war einfach nur bitter… Lemmy zog sich zurück um sich zu erholen.
Als im Oktober 2013 Aftershock erschien, war ich wieder versöhnt. Klasse Album, Power, Druck, geile Songs - alles gut. Ende Oktober 2013 musste dann die Europatour kurzfristig abgesagt und auf Frühjahr 2014
verschoben werden. Lemmy sei nicht fit und müsse sich von seiner Herz-OP erholen, hieß es in den Pressemitteilungen. Ich war besorgt, fand es aber gut, dass er sich die notwendige Zeit zur Erholung gab. Doch
dann wurden Ende Januar 2014 alle Konzerte der Frühjahrs-Europatournee abgesagt. Als Trost wurde aber auf eine sehr gute Gesundheitsprognose Lemmy’s verwiesen... wenigstens etwas. Na, dachte ich mir,
dann hat Lemmy ja endlich Zeit um seinem lange angekündigten Solo-Album, das ja bereits fast fertig sein soll, den letzten Schliff zu geben. Im Herbst 2014 wurden dann die ausgefallenen Termine nachgeholt. Das Set wurde von einst knapp über 100 Minuten auf ca. 75 Minuten inklusive ausgedehnter Solopassagen gekürzt und es war Lemmy deutlich anzumerken, wie sehr ihn das Spielen auf der Bühne
anstrengte. Den Bass spielte er sehr statisch, das Bühnenacting übernahm Phil fast vollständig und Lemmy presste sich ein Bellen heraus, das deutlich schwächer klang, als jemals zuvor. Nachzuhören auf
den Live-Aufnahmen der Tour Edition von Aftershock, die während den Auftritten Motörhead’s im April 2014 an der amerikanischen Westküste mitgeschnitten wurden. Aber man hörte/merkte auch, was für ein
Kämpfer da auf der Bühne stand, der alles für sein Publikum gab und erst aufhören würde, wenn es wirklich nicht mehr gehen würde…
Im März 2015 wurde ein neues Album für Spätsommer angekündigt. Im NRG Studio zu Hollywood entstanden unter der erneuten Regie von Cameron Webb in gemeinsamen Songwriting-Sessions frisches
Material (in den Albumcredits werden Motörhead als gemeinsame Komponisten aller Songs angegeben). Nerdfact: es wurden dreizehn eigene Songs plus zwei Coverversionen aufgenommen. Da Bad Magic aber
ebenfalls als LP veröffentlicht werden sollte, schafften es aus Kapazitätsgründen nur zwölf eigene und eine Fremdkomposition aufs Album. Auch Konzerte vor Albumrelease sowie die traditionelle Europatour im
Herbst sollte es geben. Der alte Krieger schien dem Tod einmal mehr von der Schippe gesprungen zu sein. Er hatte deutlich Gewicht verloren – was auf eine strenge Diät und Fitnessprogramm hinwies.
Doch der anfänglichen Erleichterung folgte Ernüchterung. Die Einschläge kamen immer näher. Lemmy machte Promotermine und sah schrecklich aus. Ein klappriger, dürrer alter Mann, dessen Geist zwar immer
noch hellwach war, dem aber das Sprechen zunehmend schwer zu fallen schien. Und auch live lief es teilweise katastrophal. Am 26.04.2015 erfolgte eine kurzfristige Absage des Auftritts beim Monsters Of Rock
in Sao Paolo wegen „Magenbeschwerden und Dehydration“. Stattdessen jamten Phil und Mikkey in einer öffentlichen Session mit Derrick Green und Andreas Kisser von Sepultura. 26.06.2015 Glastonbury
Festival: Lemmy sang aufgrund einer „mentalen Blockade“ zu Overkill den Text von Ace Of Spades. 27.08.2015 Salt Lake City: Abbruch nach vier Songs, aufgrund von Atembeschwerden und Schmerzen
„Höhenkrankheit“. 01.09.2015 Austin, Texas: Abbruch nach drei Songs, Lemmy schlich mit den Worten "Ich schaffe das nicht“ von der Bühne. Die beiden Konzerte davor waren bereits abgesagt worden.
Zwischenzeitlich lief die Promo-Maschine um Bad Magic an. Im Juni wurde der Vorabsong Thunder & Lightning veröffentlicht. Rockt. Passt. Ende Juli dann das Cartoon-Lyricvideo zu Electricity. Dass die Band
darin als Skelette auftraten, und Lemmy mehr oder weniger genauso dürr wie im echten Leben aussah - geschenkt… am 28.08. erschien Bad Magic. Eine Woche vor Maiden’s The Book Of Soul und zwei Wochen
vor Slayer’s Repentless. Aber auf Motörhead freute ich mich dennoch am meisten. Und mit mir viele zig tausende weitere Fans, stieg das Album doch direkt auf Platz 1 der deutschen Charts ein. Zum ersten Mal
gelang Lemmy & Co. der Blick von der hiesigen Poleposition, bis sie eine Woche später von Iron Maiden (erwartungsgemäß) verdrängt wurden – Slayer zogen in der Folgewoche ebenfalls auf Platz 1 in die
deutschen Albumcharts ein. Das Rock Hard kürte Bad Magic in Ausgabe 340 zum Album des Monats. Jan Jeadike schrieb in seiner 9-Punkte-Rezension, das Album sei „[…] der beste neue Motör-Öutput seit
Bastards, also seit über 20 Jahren…“. Im Deaf Forever #7 bezeichnet Götz das Album in seinem 8-Punkte-Review als „ein frisches, hartes Album“.
Das Artwork ist einmal mehr schlicht in schwarz gehalten. 4 „x“ über dem Albumtitel symbolisieren das vierzigjährige Bandjubiläum (weiß zufällig jemand, was die 7 Sterne über Warpig bedeuten sollen?). Ich
empfinde den Sound von Bad Magic als etwas „dumpf“, weniger klar und druckvoll sowie leiser im Vgl. zum direkten Vorgänger. Fast so in etwa als wäre eine Socke über die Aufnahmemikros gestülpt worden.
Lemmy’s Gesang klingt in meinen Ohren an manchen Stellen wie die Lautsprecheransage in einem ICE-Zug (zum Beispiel zu Beginn von Victory Or Die). Phil und Mikkey geben instrumental immer noch Vollgas
und werden von einem alten Mann begleitet, der des Öfteren den Eindruck macht, dem Tempo nicht mehr folgen zu können. Man kann sich kaum vorstellen, dass Lemmy in einem Song wie „Shoot Out All Of
Your Your Lights“ den Bass selbst eingespielt hat, gerade wenn man seine Live-Performance in 2015 zum Vergleich heran zieht. Sei es drum! Selbst wenn Phil auch den Bass eingespielt haben sollte, wir würden
es selbstverständlich nie erfahren, da die Band und Studiocrew Lemmy’s Andenken weiterhin wie Gentlemen bewahren werden. Hierzu ein Kommentar von Cameron Webb aus dem Motörhead-Special,
erschienen im Metal Hammer 01/2019: „Webb erzählt von der schwierigen Arbeit an den letzten Alben, als sich der Protagonist teilweise kaum auf den Beinen halten konnte. Hier war der Produzent besonders
gefordert – nicht fachlich, sondern als Freund:“ Ich kann keine drei Minuten stehen und singen, Cam.“ – „Dann sing‘ im Sitzen!“ So ist Webb ein großer Anteil an Motörheads letztem Album Bad Magic
zuzuschreiben, das Lemmy ohne sein Zureden wohl nicht beendet hätte.“
Lemmy’s alter Freund Brian May spielte ein Gitarrensolo für den 3-Minuten-Rocker The Devil ein. Fire Storm Hotel hat einen mörderischen Groove, Shoot Out All Your Lights ist ein schweinegeiler Speedsong.
Die zweite Albumhälfte flacht etwas ab, alles läuft für mich auf das Albumhighlight Till The End hinaus. Ein typischer Slowsong, mit einem bewegenden Text, der Lemmy’s Abschied vorweg zu nehmen scheint,
oder zumindest wie ein Abschiedssong klingt:
„In your life you'll be amazed at all the love you lose. You can never live that life again.
The one thing you will never lose is the singing in your head. That will still be with you until the end“
Man fragt sich beim Hören unweigerlich: hat er sein bevorstehendens Ende gespürt? An zwölfter Stelle folgt mit dem einzigen jemals live gespielten Albumsong When The Sky Comes Looking For You noch ein
ordentlicher Rocker.
Das einzige, was mich rückblickend an Bad Magic wirklich stört ist sein Ende: Sympathy For The Devil als Abschluss gefällt mir nicht. Rückblickend wäre das David Bowie-Cover Heroes, das während der Bad
Magic-Aufnahmesessions ebenfalls eingespielt wurde, der bessere Albumabschluss gewesen als das Stones-Cover. Zwar sind beide Songs bereits totgecovert, aber Heroes wäre einerseits ein zum Album und der
gesamten MotörHistory besser passendes Finale gewesen und - was ich immer wieder faszinierend finde - auf diesem EINEN Song der letzten Sessions klingt er deutlich „lebendiger/frischer“ als auf allen
anderen Songs von Bad Magic (die Produktion klingt auch etwas druckvoller). Und jedes Mal wenn Lemmy in „Heroes“ herzhaft „We can stop time, for ever and ever…“ bellt bekomme ich MINDESTENS
zentimeterdicke Entenpelle. Manchmal auch ein Tränchen ins Auge…
Um das Album in die MotörHistory richtig einzuordnen: Lemmy verabschiedete sich mit Bad Magic mehr als ordentlich aus dem Tonstudio des Lebens. Sein von wachem Verstand und typisch britischem Humor
geprägtes Songwriting fehlt seit seinem Tod. Auch wenn ich mich an über 250 MotörSongs erfreuen kann bis ich über mir der Kistendeckel schließen wird. Auf dem finalen MotörAlbum sind einige richtig tolle
Songs enthalten. Für mich rangiert es im unteren Drittel der Diskografie mit einer Note um 8. Gerade die ersten 6 Songs schieben recht ordentlich. Und Till The End alleine erhält mindestens 1,5 Punkte.
Ich war zwischendurch immer mal wieder richtig wütend auf Lemmy. Wieso tut er sich und seinen Fans das an? Wenn er altersschwach werden würde, solle der doch das Touren irgendwann sein lassen und sich
auf Studioaufnahmen konzentrieren, so wie er es selbst schon einige Male angekündigt hatte. Hier im Forum wurde vor der Herbsttour 2015 ebenfalls heftig diskutiert, ob man sich das live noch guten Gewissens
antun könne. Ich habe mich damals dagegen entschieden, weil ich Lemmy eben nicht beim langsamen Sterben auf der Bühne zugucken wollte. Das war kein Rock N Roll mehr, das war öffentliches Leiden einer
(noch) lebenden Legende. Die letzten Konzerte spielte Lemmy vor seinem geliebten deutschen Publikum. Das allerletzte am 11.Dezember 2015 in Berlin. 17 Tage vor seinem Tod. Wie wir heute wissen, starb er an
den Folgen seiner Prostatakrebserkrankung, er hatte auch bereits Tumore in Kopf und Nacken. Vor diesem Hintergrund bewerte ich seine Leistung, sowohl das Album als auch die Konzerte, in einem ganz
anderen Licht. Welche Kraft, welchen Willen muss dieser Mann gehabt haben, um in dieser körperlich extrem angegriffenen Lage tatsächlich noch ein Album und eine Tour zu beenden? Es klingt schier
unglaublich und nötigt mir den aller-aller-aller-größten Respekt ab. Auch wenn ich mir Clean Your Clock kein zweites Mal in diesem Leben anschauen kann und will…
…wenn schon, dann will ich mich so an den (alten) Lemmy erinnern:
Rückblickend bleibt mir mich vor Phil, Mikkey, Cameron, Ute Kromrey, Todd Singerman und allen anderen aus dem nähren Umfeld zu verneigen, die sich rührend, respektvoll und diskret bis zu Schluss und
auch posthum um Lemmy bzw. sein Andenken kümmerten und kümmern. Nachträglich bleibt mir nur eins zu sagen: Lemmy, alles richtig gemacht!
Das waren sie also… die 23 zu Lemmy’s Lebzeiten veröffentlichten Motörhead-Studioalben.
Motörhead-Bad Magic (2015)Das ist meine vierte Albumbesprechung im Rahmen dieses unfassbar geilen MotörMonth-Threads. Und wie zuvor habe ich als alter Kakademiker zunächst einmal eine Gliederung gemacht und dann Material
„I never wanted to be nowhere else. I spent my whole life pleasing myself“ („Thunder & Lightning“)
recherchiert und die Gliederung damit gefüllt. Dann korrigierend durchgelesen - und den kompletten Text wieder verworfen. Bei Bad Magic funktioniert der bisherige Ansatz einfach nicht… Nicht weil es sich um
ein außergewöhnliches Album an sich handeln würde, sondern die Begleitumstände der MotörHistory in den Jahren nach der Veröffentlichung von Aftershock bis zum bitteren Ende der Band am 28.12.2015 für
mich sehr emotional waren und dadurch die Fakten zum Album eigentlich schon völlig in den Hintergrund geraten und von meiner persönlichen Bedeutung dieser letzten Bandphase retrospektiv überstrahlt
wird.
Deswegen schreibe ich mir einfach meine Gedanken zu Bad Magic von der Seele:
Lemmy’s Gesundheit zahlte schon seit mehreren Jahren die Zeche für den Rock N Roll-Lebenswandel. Seit längerem litt er unter Diabetes, musste seinen Kippen-Konsum erheblich einschränken und seinen
geliebten Jacky-Cola durch Wodka-O ersetzen. Spätestens nach dem Einsatz eines Defibrilators im März 2013 musste dann jedem geneigten Fan bewusst werden: Lemmy war nicht unsterblich. Und so begann
am 02.08.2013 für alle Welt sichtbar das, was ich im Nachhinein als „Lemmy’s öffentliches Sterben“ bezeichne. An besagtem Tag mussten Motörhead ihren Wacken-Gig nach 30 Minuten abbrechen. Natürlich
gab/gibt es davon Videos – und ich war sauer. Lemmy sah fertig aus. Ein alter Mann, der sein Versprechen, zu rocken, bis er auf der Bühne tot umfallen würde, tatsächlich wahrmachen wollte. Nur, dass das, was
man das sehen konnte nicht „rocken“ war. Es war einfach nur bitter… Lemmy zog sich zurück um sich zu erholen.
Als im Oktober 2013 Aftershock erschien, war ich wieder versöhnt. Klasse Album, Power, Druck, geile Songs - alles gut. Ende Oktober 2013 musste dann die Europatour kurzfristig abgesagt und auf Frühjahr 2014
verschoben werden. Lemmy sei nicht fit und müsse sich von seiner Herz-OP erholen, hieß es in den Pressemitteilungen. Ich war besorgt, fand es aber gut, dass er sich die notwendige Zeit zur Erholung gab. Doch
dann wurden Ende Januar 2014 alle Konzerte der Frühjahrs-Europatournee abgesagt. Als Trost wurde aber auf eine sehr gute Gesundheitsprognose Lemmy’s verwiesen... wenigstens etwas. Na, dachte ich mir,
dann hat Lemmy ja endlich Zeit um seinem lange angekündigten Solo-Album, das ja bereits fast fertig sein soll, den letzten Schliff zu geben. Im Herbst 2014 wurden dann die ausgefallenen Termine nachgeholt. Das Set wurde von einst knapp über 100 Minuten auf ca. 75 Minuten inklusive ausgedehnter Solopassagen gekürzt und es war Lemmy deutlich anzumerken, wie sehr ihn das Spielen auf der Bühne
anstrengte. Den Bass spielte er sehr statisch, das Bühnenacting übernahm Phil fast vollständig und Lemmy presste sich ein Bellen heraus, das deutlich schwächer klang, als jemals zuvor. Nachzuhören auf
den Live-Aufnahmen der Tour Edition von Aftershock, die während den Auftritten Motörhead’s im April 2014 an der amerikanischen Westküste mitgeschnitten wurden. Aber man hörte/merkte auch, was für ein
Kämpfer da auf der Bühne stand, der alles für sein Publikum gab und erst aufhören würde, wenn es wirklich nicht mehr gehen würde…
Im März 2015 wurde ein neues Album für Spätsommer angekündigt. Im NRG Studio zu Hollywood entstanden unter der erneuten Regie von Cameron Webb in gemeinsamen Songwriting-Sessions frisches
Material (in den Albumcredits werden Motörhead als gemeinsame Komponisten aller Songs angegeben). Nerdfact: es wurden dreizehn eigene Songs plus zwei Coverversionen aufgenommen. Da Bad Magic aber
ebenfalls als LP veröffentlicht werden sollte, schafften es aus Kapazitätsgründen nur zwölf eigene und eine Fremdkomposition aufs Album. Auch Konzerte vor Albumrelease sowie die traditionelle Europatour im
Herbst sollte es geben. Der alte Krieger schien dem Tod einmal mehr von der Schippe gesprungen zu sein. Er hatte deutlich Gewicht verloren – was auf eine strenge Diät und Fitnessprogramm hinwies.
Doch der anfänglichen Erleichterung folgte Ernüchterung. Die Einschläge kamen immer näher. Lemmy machte Promotermine und sah schrecklich aus. Ein klappriger, dürrer alter Mann, dessen Geist zwar immer
noch hellwach war, dem aber das Sprechen zunehmend schwer zu fallen schien. Und auch live lief es teilweise katastrophal. Am 26.04.2015 erfolgte eine kurzfristige Absage des Auftritts beim Monsters Of Rock
in Sao Paolo wegen „Magenbeschwerden und Dehydration“. Stattdessen jamten Phil und Mikkey in einer öffentlichen Session mit Derrick Green und Andreas Kisser von Sepultura. 26.06.2015 Glastonbury
Festival: Lemmy sang aufgrund einer „mentalen Blockade“ zu Overkill den Text von Ace Of Spades. 27.08.2015 Salt Lake City: Abbruch nach vier Songs, aufgrund von Atembeschwerden und Schmerzen
„Höhenkrankheit“. 01.09.2015 Austin, Texas: Abbruch nach drei Songs, Lemmy schlich mit den Worten "Ich schaffe das nicht“ von der Bühne. Die beiden Konzerte davor waren bereits abgesagt worden.
Zwischenzeitlich lief die Promo-Maschine um Bad Magic an. Im Juni wurde der Vorabsong Thunder & Lightning veröffentlicht. Rockt. Passt. Ende Juli dann das Cartoon-Lyricvideo zu Electricity. Dass die Band
darin als Skelette auftraten, und Lemmy mehr oder weniger genauso dürr wie im echten Leben aussah - geschenkt… am 28.08. erschien Bad Magic. Eine Woche vor Maiden’s The Book Of Soul und zwei Wochen
vor Slayer’s Repentless. Aber auf Motörhead freute ich mich dennoch am meisten. Und mit mir viele zig tausende weitere Fans, stieg das Album doch direkt auf Platz 1 der deutschen Charts ein. Zum ersten Mal
gelang Lemmy & Co. der Blick von der hiesigen Poleposition, bis sie eine Woche später von Iron Maiden (erwartungsgemäß) verdrängt wurden – Slayer zogen in der Folgewoche ebenfalls auf Platz 1 in die
deutschen Albumcharts ein. Das Rock Hard kürte Bad Magic in Ausgabe 340 zum Album des Monats. Jan Jeadike schrieb in seiner 9-Punkte-Rezension, das Album sei „[…] der beste neue Motör-Öutput seit
Bastards, also seit über 20 Jahren…“. Im Deaf Forever #7 bezeichnet Götz das Album in seinem 8-Punkte-Review als „ein frisches, hartes Album“.
Das Artwork ist einmal mehr schlicht in schwarz gehalten. 4 „x“ über dem Albumtitel symbolisieren das vierzigjährige Bandjubiläum (weiß zufällig jemand, was die 7 Sterne über Warpig bedeuten sollen?). Ich
empfinde den Sound von Bad Magic als etwas „dumpf“, weniger klar und druckvoll sowie leiser im Vgl. zum direkten Vorgänger. Fast so in etwa als wäre eine Socke über die Aufnahmemikros gestülpt worden.
Lemmy’s Gesang klingt in meinen Ohren an manchen Stellen wie die Lautsprecheransage in einem ICE-Zug (zum Beispiel zu Beginn von Victory Or Die). Phil und Mikkey geben instrumental immer noch Vollgas
und werden von einem alten Mann begleitet, der des Öfteren den Eindruck macht, dem Tempo nicht mehr folgen zu können. Man kann sich kaum vorstellen, dass Lemmy in einem Song wie „Shoot Out All Of
Your Your Lights“ den Bass selbst eingespielt hat, gerade wenn man seine Live-Performance in 2015 zum Vergleich heran zieht. Sei es drum! Selbst wenn Phil auch den Bass eingespielt haben sollte, wir würden
es selbstverständlich nie erfahren, da die Band und Studiocrew Lemmy’s Andenken weiterhin wie Gentlemen bewahren werden. Hierzu ein Kommentar von Cameron Webb aus dem Motörhead-Special,
erschienen im Metal Hammer 01/2019: „Webb erzählt von der schwierigen Arbeit an den letzten Alben, als sich der Protagonist teilweise kaum auf den Beinen halten konnte. Hier war der Produzent besonders
gefordert – nicht fachlich, sondern als Freund:“ Ich kann keine drei Minuten stehen und singen, Cam.“ – „Dann sing‘ im Sitzen!“ So ist Webb ein großer Anteil an Motörheads letztem Album Bad Magic
zuzuschreiben, das Lemmy ohne sein Zureden wohl nicht beendet hätte.“
Lemmy’s alter Freund Brian May spielte ein Gitarrensolo für den 3-Minuten-Rocker The Devil ein. Fire Storm Hotel hat einen mörderischen Groove, Shoot Out All Your Lights ist ein schweinegeiler Speedsong.
Die zweite Albumhälfte flacht etwas ab, alles läuft für mich auf das Albumhighlight Till The End hinaus. Ein typischer Slowsong, mit einem bewegenden Text, der Lemmy’s Abschied vorweg zu nehmen scheint,
oder zumindest wie ein Abschiedssong klingt:
„In your life you'll be amazed at all the love you lose. You can never live that life again.
The one thing you will never lose is the singing in your head. That will still be with you until the end“
Man fragt sich beim Hören unweigerlich: hat er sein bevorstehendens Ende gespürt? An zwölfter Stelle folgt mit dem einzigen jemals live gespielten Albumsong When The Sky Comes Looking For You noch ein
ordentlicher Rocker.
Das einzige, was mich rückblickend an Bad Magic wirklich stört ist sein Ende: Sympathy For The Devil als Abschluss gefällt mir nicht. Rückblickend wäre das David Bowie-Cover Heroes, das während der Bad
Magic-Aufnahmesessions ebenfalls eingespielt wurde, der bessere Albumabschluss gewesen als das Stones-Cover. Zwar sind beide Songs bereits totgecovert, aber Heroes wäre einerseits ein zum Album und der
gesamten MotörHistory besser passendes Finale gewesen und - was ich immer wieder faszinierend finde - auf diesem EINEN Song der letzten Sessions klingt er deutlich „lebendiger/frischer“ als auf allen
anderen Songs von Bad Magic (die Produktion klingt auch etwas druckvoller). Und jedes Mal wenn Lemmy in „Heroes“ herzhaft „We can stop time, for ever and ever…“ bellt bekomme ich MINDESTENS
zentimeterdicke Entenpelle. Manchmal auch ein Tränchen ins Auge…
Um das Album in die MotörHistory richtig einzuordnen: Lemmy verabschiedete sich mit Bad Magic mehr als ordentlich aus dem Tonstudio des Lebens. Sein von wachem Verstand und typisch britischem Humor
geprägtes Songwriting fehlt seit seinem Tod. Auch wenn ich mich an über 250 MotörSongs erfreuen kann bis ich über mir der Kistendeckel schließen wird. Auf dem finalen MotörAlbum sind einige richtig tolle
Songs enthalten. Für mich rangiert es im unteren Drittel der Diskografie mit einer Note um 8. Gerade die ersten 6 Songs schieben recht ordentlich. Und Till The End alleine erhält mindestens 1,5 Punkte.
Ich war zwischendurch immer mal wieder richtig wütend auf Lemmy. Wieso tut er sich und seinen Fans das an? Wenn er altersschwach werden würde, solle der doch das Touren irgendwann sein lassen und sich
auf Studioaufnahmen konzentrieren, so wie er es selbst schon einige Male angekündigt hatte. Hier im Forum wurde vor der Herbsttour 2015 ebenfalls heftig diskutiert, ob man sich das live noch guten Gewissens
antun könne. Ich habe mich damals dagegen entschieden, weil ich Lemmy eben nicht beim langsamen Sterben auf der Bühne zugucken wollte. Das war kein Rock N Roll mehr, das war öffentliches Leiden einer
(noch) lebenden Legende. Die letzten Konzerte spielte Lemmy vor seinem geliebten deutschen Publikum. Das allerletzte am 11.Dezember 2015 in Berlin. 17 Tage vor seinem Tod. Wie wir heute wissen, starb er an
den Folgen seiner Prostatakrebserkrankung, er hatte auch bereits Tumore in Kopf und Nacken. Vor diesem Hintergrund bewerte ich seine Leistung, sowohl das Album als auch die Konzerte, in einem ganz
anderen Licht. Welche Kraft, welchen Willen muss dieser Mann gehabt haben, um in dieser körperlich extrem angegriffenen Lage tatsächlich noch ein Album und eine Tour zu beenden? Es klingt schier
unglaublich und nötigt mir den aller-aller-aller-größten Respekt ab. Auch wenn ich mir Clean Your Clock kein zweites Mal in diesem Leben anschauen kann und will…
…wenn schon, dann will ich mich so an den (alten) Lemmy erinnern:
Rückblickend bleibt mir mich vor Phil, Mikkey, Cameron, Ute Kromrey, Todd Singerman und allen anderen aus dem nähren Umfeld zu verneigen, die sich rührend, respektvoll und diskret bis zu Schluss und
auch posthum um Lemmy bzw. sein Andenken kümmerten und kümmern. Nachträglich bleibt mir nur eins zu sagen: Lemmy, alles richtig gemacht!
Das waren sie also… die 23 zu Lemmy’s Lebzeiten veröffentlichten Motörhead-Studioalben.
Wir verwenden essentielle Cookies, damit diese Website funktioniert, und optionale Cookies, um den Komfort bei der Nutzung zu verbessern.
Siehe weitere Informationen und konfiguriere deine Einstellungen