Allgemeiner Bücher-Thread

Ich denke, ich werde mir bei Zeiten mal die "Odyssee" in Versform von Steinmann und in Prosaform von Lempp zulegen und gleichzeitig auf die "Ilias" in TB-Ausgabe warten, diese Manesse-Edition ist mir ein bisschen zu fancy.

Einer meiner Favoriten ist immer noch die rhythmisierte Prosaübersetzung von Schadewaldt. Die ist es immer wieder günstig zu kriegen und hat eine enorme sprachliche Wucht. Von der liegt auch eine pompös Hörbuchversion im Hörverlag vor - leider gekürzt, aber immer noch über 7,5 Stunden lang. Hier mit Hörprobe:
https://www.randomhouse.de/Hoerbuch/Ilias/Homer/der-Hoerverlag/e387269.rhd

Die gleiche Version steht auch vollständig auf Youtube (nicht vom Hintergrundbild irritieren lassen, das fälschlicherweise auf die umstrittene Übertragung von Schrott verweist!):
 
Vielen Dank noch an @Gordon Shumway & @Slave to the whip für die Inputs. Ich denke, ich werde mir bei Zeiten mal die "Odyssee" in Versform von Steinmann und in Prosaform von Lempp zulegen und gleichzeitig auf die "Ilias" in TB-Ausgabe warten, diese Manesse-Edition ist mir ein bisschen zu fancy.

Bis dahin, weil ja Ostern ist und sowieso nicht viel anderes gemacht werden kann, heute die "Göttliche Komödie" angefangen:

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Muss sagen, das ist schon verdammt gut. Bildgewaltig, klug, aber überhaupt nicht so verkopft wie ich es erwartet hätte, sondern von einer beeindruckenden Leichtfüssigkeit (für sein Alter) und dank dem Kommentar kommt man auch über die grossen Namen hinweg ein bisschen mit. Klischee, aber: ich bin begeistert.

Ist diese Ausgabe mit den Illustrationen von William Blake?
 
Ich betreibe gerade eine Art literarisches Langstreckenschwimmen (obwohl literarisches Apneutauchen es wohl eher träfe) und wühle mich durch das Werk von Jasun Horsley. Horsley ist ein gescheiterter englischer Filmemacher, Autor, obsessiver Sinnsucher und manischer, dabei laserscharfer Zeichendeuter, der mittlerweile einen Second-Hand-Shop irgendwo in einem kanadischen Städtchen führt und seine Themen von Film und Popkultur über Ausflüge in verschwörungstheoretische Grenzgebiete bis hin zu Spiritualität und außersinnlichen Erfahrungen gnadenlos subjektiv bearbeitet und dabei fast ausschließlich aus autobiographischer und Bezüge über Bezüge konstruierender Sicht schreibt. Denn Jasun Horsley verortet sich auf dem autistischen Spektrum und wie dies in seinem Denken und Schreiben Widerhall findet, entwickelt einen Sog, auf den man sich einlassen muss, der aber auch eine nicht nachlassende Faszination nährt, sofern man sich damit abfinden kann, sich wie ein Voyeur zu fühlen, der einem Exhibitionisten bei der Selbstenthüllung bis in die letzten Winkel der Seele zusieht. Immer wieder konfrontiert und seziert er seine Obsessionen und inneren Dämonen, immer wieder dreht sich alles um das schwierige Verhältnis zu seinem Bruder, dem Künstler und Bohéme, dessen Exzesse ihn schließlich das Leben kosteten, und immer wieder legt er seine Weltaneignung dar, weder sich noch den Leser auch nur für einen Halbsatz schonend.

Aber Horsley ist vor allem ein brillanter Denker und Schreiber, dessen so präzise wie luzide und evokative Prosa die Lektüre zu einem Rausch macht, in dem selbst die absurdesten Sujets auf eine, das eigene Weltbild herausfordernde und auf vielen Ebenen bereichernde Weise, aufgearbeitet werden. Und absurd wird es nicht gerade selten. Etwa, wenn es in "Prisoner of Infinity" ausschließlich um das Schaffen des New-Age-Autors Whitley Strieber und Horsleys vermeintliche Verbindung zu dessen Sein und Arbeit geht, oder in "The Vice of Kings" auf Buchlänge die angeblichen Verstrickungen von Politik, Okkultismus und der Sexuellen Revolution verhandelt werden, die, so Horsley, eine Kultur des Missbrauchs ermöglichten und forcierten. Oder, in "Seen and Not Seen" (welches ich aktuell lese) um Horsleys Bessessenheit mit Filmen, fiktionalen Gewaltdarstellungen und seiner frustrierten Sexualität und darum, wie Hollywood seine Seele vergiftete.

Man muss mit Jasun Horsley gewiss nicht übereinstimmen, was seine Sicht auf die Dinge angeht, und wahrscheinlich ist es auch lebenspraktisch bekömmlicher, wenn man seine Interpretationen nicht unbedingt bis ins Detail teilt. Aber wie er sich in diese Themen vertieft und mit welcher Akuratesse er seine Thesen herausarbeitet und dabei aus unverstellt subjektiver Sicht nicht nur immens viel über sich selbst preisgibt, sondern ganz nebenbei einen Blick auf die menschliche Weltgeworfenheit und vermeintliche Weltenbewältigung ermöglicht, der einen ein ums andere Mal ins Nachdenken bringt, das macht die Lektüre dieses seltsamen Autors absolut lohnend.

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Die göttliche Komödie war wie erwartet absolut super, ohne Frage ein grossartiger Klassiker. Den Rest der Woche dann noch mit folgendem verbracht:

Fred & Franz von Arno Camenisch: schweizer Bergliteratur, die sich in einem namenlosen Dorf abspielt und in 14 "Bildern" die beiden quasi-Brüder in ihrem vergebenen Streben nach Liebe und Geborgenheit aufzeigt. Wunderbar lakonisch, witzig, weltabgewandt und trotzdem lebendig. Ich liebe Camenischs kurze, enorm zeitweilige Bücher und dies ist keine Ausnahme.

Ein Held unserer Zeit von Lermontow: wow! Vor knapp 200 Jahren geschrieben, wirkt das Buch immer noch frisch und ungemein packend, berührend und nahbar. Eindeutig ein grosser Einfluss auf seine Zeit und eine packende, mitreissende und entwaffnend ehrliche Lebensdarstellung voll von Pessimismus, Lebensmüdigkeit und radikaler Selbsterkenntnis. Hätte diesen knapp 200 Seiten niemals eine solche Wucht und Sprengkraft zugetraut.

GRM: Brainfuck von Sybille Berg hat ja den Schweizer Buchpreis 2019 gewonnen und was soll ich sagen? Ich bin ein bisschen hin- und hergerissen. Einerseits ist die Welt, die Berg hier entwirft, so grotesk und real gleichermassen, dass es fast schon beängstigend ist. Die Sprache ist stellenweise wahnsinnig gut, stellenweise ein bisschen erzwungen laid-back und selbstironisch. Ja, es wirkt wie bitterböse Realsatire, eine nicht unmögliche Parallelexistenz oder ein Entwurf für eine nahe Zukunft. Gleichzeitig ist es aber auch ein bisschen wie Tempobolzen auf der Autobahn, die 190 kmh fühlen sich halt nur halb so geil an, wenn sie über die ganze Strecke durchgezogen werden. So ist auch in GRM immer Vollgas, immer noch übler und noch schockierender, dass man sich gerne mal etwas "Normales" im Kontrast gewünscht hätte. Aber lesenswert war es auf alle Fälle.

Mal schauen, was ich heute Abend noch hervorholen werde. :)
 
Arkadi & Boris Strugazki - Ein Gott zu sein ist schwer

Auf einem erdähnlichen Planeten erforschen Undercover-Historiker die dort lebende Zivilisation, die sich entwicklungstechnisch ungefähr im Mittelalter der Erde befindet. Dabei überprüfen die Wissenschaftler, die die ganze Zeit auf die utopische Erde live streamen was sie gerade machen, ob die Entwicklung der fremden Menschen ihren Theorien entspricht. Nun entwickelt sich in einem Territorium ein faschistisches Regime und der dort lebende Historiker steht vor dem (Gewissens-)Problem, aufgrund seiner entwicklungsmäßigen Quasi-Göttlichkeit eingreifen zu dürfen oder die nichtsahnenden Menschen in ihr Verderben steuern zu lassen.

Also ein typisches Problem der "Obersten Direktive"... nur ohne Warp. :D Die Strugazkis sind ja relativ bekannt, wenn es um russische / osteuopäische Fantastik geht (siehe "Picknick am Wegesrand" aka "Stalker") uns so ist dies das erste Buch aus dem Fantastikbestand, den mir mein Papa überlassen hat.
 
Die kongeniale Filmumsetzung "Stalker" von Andrej Tarkowskij fängt das dräuende Grauen der verstrahlten Umgebung und die Verlassenheit des Hauptprotagonisten aufs Wunderbarste ein, genauso sehenswert, wie die Erzählung spannend zu lesen ist. Ich muss mal wieder die Sammelausgabe aus dem Heyne Verlag durcharbeiten, das hat mich hier echt wieder auf den Geschmack gebracht.

"Stalker" ist schon sehr speziell. Habe ihn bisher ein paar Mal gesehen, nicht immer bis zum Ende zugegebenermaßen. Das erste Mal in jungen Jahre und ich hatte keine Schimmer, was da jetzt passiert. Durch die Pampa latschen und Muttern mit Stricken dran rumwerfen... :D Mittlerweile hat sich da mein Verständnis etwas erweitert. "Solaris" von Tarkowski würde ich im direkten Vergleich allerdings bevorzugen (genauso wie den Roman).
 
Christoph Wagner - Träume aus dem Untergrund

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Am 20. Dezember 1969 ließ ein mörderischer Sound den Club Manufaktur in Schorndorf erzittern. Die englische Hardrock-Band Black Sabbath spielte dort auf ihrer ersten Deutschlandtour, die ausschließlich in der schwäbischen Provinz stattfand. Das war kein Zufall: In Südwestdeutschland gab es in den 60er- und 70er-Jahren eine lebendige Musikszene, die neue Trends begierig aufnahm. Ob Beat, Rock, Jazz, Folk, Blues oder Soul, ob Schwabenrock oder Dialektsongs – Baden-Württemberg war damals auf der Landkarte der Popmusik alles andere als ein weißer Fleck.

Ich bin gespannt.... :acute:
 
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Ich auch. Schildere bitte später mal deine Eindrücke.

Jepp, würde mich auch interessieren! :top:

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The Andromeda Evolution (von Daniel H. Wilson)

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Angelegt als Sequel zu Michael Crichtons beruflichem Durchbruch "The Adromeda Strain" von 1971, muss der Autor harten Vergleich fürchten und bestehen. Mit dem schwer unterhaltsamen und superb geschriebenen "Robopocalypse" im Rucksack stand aber zu erwarten, dass er reüssiert. Und so ist es. Wilsons Buch ist spannend geschrieben und vorlagengetreu angelegt. Dass er bei der Schilderung hektischer Szenen oft etwas vernachlässigt, Abläufe und Räumlichkeiten unmissverständlich bzw. praktisch darzustellen, kann verschmerzt werden.

Der Große Kurfürst. Der Mann, der Preußen schuf (Beuys, Barbara)

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Beuys' beruflicher Einstand liegt nunmehr 41 Jahre zurück. Aber ich wollte absichtlich mal eine in die Jahre gekommene Biografie lesen, die vielleicht nicht ganz so trocken und ungewitzt daherkommt, wie vieles, was heute auf Deutsch veröffentlicht wird. Und auch hier wurde meine Hoffnung erfüllt. Der heute vor allem für ihre Forschungsarbeit in Sachen Geschichte der Frauen bekannten Beuys gelingt es vortrefflich, den Mann zum Leben zu erwecken, der die ererbten Lande von Memel und Königsberg ganz im Osten bis zu Cleve am Niederrhein zu einem der modernsten Staaten der damaligen Welt formte. Und zwar buchstäblich aus dem Nichts bzw. aus wenig fruchtbarem märkischem Sand bzw. aus einer "Streusandbüchse". Aus der Not der Verteidigung gegenüber begehrlichen Nachbarn, vor allem den nur vorgeblich an ihren Glaubensbrüdern interessierten Schweden, aber auch den an ihrem bis dato treuen Untertanen und Kurfürsten wenig interessierten Habsburgern, machte Friedrich Wilhelm Schluss mit der Söldner-Soldateska der Zeit und schuf ein modernes Militär, dem er Disziplin und Benehmen einflößte. Er machte aus dem Pest geplagten Berlin per Zwangsdekreten eine saubere Stadt und führte dessen Bürger nicht nur infrastrukturell, sondern auch in Fragen religiöser Toleranz endgültig aus dem Mittelalter in die Neuzeit. Ganz seinem Hang zur religiös duldsamen Ratio entsprach auch seine Wiedereinbürgerung der im späten Mittelalter aus Brandenburg vertriebenen Juden, derem Wohlergehen er große Aufmerksamkeit zuteil werden ließ und die in Preußen nicht, wie oft anderswo, in Ghettos leben mussten. Den Widerstand der Zünfte, denen die den Juden selbstverständliche Konkurrenz des Marktes ein Dorn im Auge war, brach er. Dem neunzehnten Jahrhundert war "der Große Kurfürst" vor allem ob seiner militärisch glanzvollen Leistung gegen die Schweden bei Fehrbellin ein Begriff, die der Auftakt der großen preußischen Siege der nächsten 150 Jahre gegen oft mehrfache Übermacht sein sollte. Heute, zu Recht, erinnert sich die Geschichtswissenschaft auch und vor allem der zivilen Leistungen dieses Fürsten, der seiner Zeit zwar nicht gar so weit voraus war, wie sein Urenkel Friedrich der Große es sein würde, der aber als fähiger Staatsmann vielen seiner Zeit- und vor allem seiner Standesgenossen gegenüber intellektuell im Vorteil war.
 
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Hier zur Zeit auf dem Nachttisch:

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Paula Guran (Hrsg.) - The Mammoth Book Of Cthulhu: New Lovecraftian Fiction

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Claire Evans - The Fourteenth Letter

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Michael Ende - Momo

Ich hatte beim Lesen jetzt schon mehrfach den Gedanken, dass Momo irgendwie eins der einflussreichsten deutschen Bücher überhaupt ist. Also weniger vom Literarischen her, sondern inhaltlich. Ich hab den Eindruck, ich kenne drölfzig Leute, die sich ihre persönliche Lebensphilosophie 1:1 aus Momo rauskopiert haben.
 
Und wie ist es (bisher) so? Ich habe mir den ersten Teil gerade bei Audible gekauft und werde ihn mir anhören, wenn ich mit dem "Medicus" fertig bin.
Ich hab jetzt den dritten Band gelesen und mir gefallen die Sturmwind Chroniken bisher sehr gut. Obwohl es ziemliche Schwarten sind, ist es mir nie langweilig geworden und ich werde weiter dabei bleiben. In der jetzigen Situation ist es ja besonders schön, wenn man mal in eine Phantasiewelt entschwinden kann.
 
Hier dieser "Doppelband"
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Under a dim blue Sun:
"Captain Erasmus O’Brien was assigned a task that could decide the fate of World War II: infiltrate German headquarters and steal the Nazis’ latest technological development – a flying saucer. O’Brien pulls it off, but loses control of the ship and ends up on a planet in another galaxy. He arrives just in time to rescue the slave girl Elekaina from the clutches of the hideous snake men, the Nag-Gaina. Armed with laser rifles procured from the ship, O’Brien plans to rid Thalparia of the serpent menace, only to run afoul of Queen S’ang Taura, who is secretly in league with the Nag-Gaina. He is sentenced to do battle in the arena with Thargg Tanuth, outlaw prince of the jaguar men."

Lands of the Earthquake:
"After a year-long bout of amnesia, William Boyce was haunted by fleeting memories of his missing year. His search for the woman he could not remember yet could never forget led him through a crystal portal to another dimension. He is taken to Kerak, the castle built by French Crusaders who have been trapped in this timeless world for six centuries. When the Crusaders’ leader, Guillaume du Bois, falls victim to the enchantments of Kerak’s enemies in the Sorcerers’ City, Boyce goes in his place to rescue his comrade, Godfrey."
 
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