Egg – The Polite Force (1971)
Ich möchte hier gerne allen Prog-Fans (natürlich auch allen anderen) ein Album empfehlen, dass mich wohl wie kein anderes in meiner musikalischen Entwicklung geprägt hat. Wo soll ich anfangen?
Egg gingen 1969 aus der Band Uriel hervor. War man zuvor noch zu viert unterwegs (Steve Hillage bediente bei Uriel die Gitarre), verkleinerte sich das Lineup zum Trio. So schickten sich Mont Campbell (Vocals, Bass, Keys), Dave Stewart (Orgel, Keys, Tone Generator etc.) und Clive Brooks (Drums) an, in den folgenden Jahren insgesamt drei Alben aufzunehmen. Um das Zweitwerk "The Polite Force" soll es hier also gehen.
Was ich an Egg besonders schätze, ist, dass es keine andere Band gibt die ähnlich klingt. Das dürfte einerseits dem unkonventionellen Lineup (wie keine Gitarre?) geschuldet sein. Die ausgefeilten komplexen Kompositionen und das eloquente Spiel der drei Herren tragen ihr übriges dazu bei. Krude Melodien, ungewöhnliche Harmonien, krumme Takte und häufige rhythmische Wechsel sind die Zutaten für den Egg-Sound. Dazu paaren sich expirementelle elektronische Klänge, psychedelische Passagen und eindeutige Querverweise in Richtung Klassik und Jazz.
Da ich kein Musikwissenschaftler bin und mich keinesfalls im Stande sehe, eine umfassende Songanalyse zu machen, werde ich die Stücke nur kurz umreissen:
"A Visit to Newport Hospital"
Eingeleitet wird der Song durch ein schweres Orgelriff, das einem eine Gänsehaut beschert. In den melancholischen Gesangsparts beschäftigt man sich lyrisch mit der Frühphase der Band. Immer wieder erzeugt der Wechsel der verschiedenen Songparts einen kompletten Stimmungswechsel beim Hörer.
"Contrasong"
Der gehetzt wirkende Contrasong ist ein Fest für jeden der gerne zählt und der zweite und letzte Song mit Gesang. Gekonnt wird der Rhythmus durch die Bläser akzentuiert.
"Boilk"
Elektronische Klangexperimente beenden die A-Seite. Wenn das Album auf einen Song hätte verzichten können, dann auf diesen.
"The Long Piece No. 3 Part 1-4"
Dieser Song umspannt die komplette B-Seite. Eines der besten Egg-Stücke überhaupt und an Abwechslungsreichtum kaum zu überbieten. Hier ist alles drin. Dissonante Parts, die sich mit Psychedelik und zuckersüßen Melodien abwechseln. Und vor allem die komplexe Rhythmik die Egg auszeichnet. Muss am Stück gehört werden.
Das Album ist bestimmt nicht jedermans Sache. Ich empfehle dringend es nicht bei einem Durchlauf zu belassen bevor man das Album abschreibt. Für mich war es die Initialzündung für meine Liebe zum Prog und der Orgel als Instrument. Highly Recommended 11/10 (mit Nostalgiebrille)
PS: Die anderen Alben sind auch sehr gut.
Full Album: