Ein heißer Tipp für alle Freunde, die in den 90ern Bands wie Enchant, Iluvatar oder Britprog der Sorte Pendragon und Galahad oder Arena abgefeiert haben:
Ghost of the Machine bieten auf etwas über einer Stunde eine wunderbare Zeitreise in den "Wohlfühlprog", ab und an aber fühlt man sich gar an eine seichtere Version von Fates Warning erinnert. Das mag nicht zuletzt daran liegen, dass die Gesangslinien und Phrasierungen von Sänger Charlie Bramald zumindest mich an eben jene FW erinnern und mir permanent in den Sinn kommt, wie die Songs klingen würden, wenn Ray sie singen würde.
"Scissorgames" bietet allerbeste und feinste Prog-Unterhaltung: allein der Opener "Scissors" fährt mit über 17 Minuten alles auf, was man mag: mal ein wenig härter, mal atmosphärischer, man kann sich regelrecht fallen lassen, Kopfhörermusik, unglaublich vielseitige Keys zwischen 70er (äh...90er) (Neo)-Prog und vereinzelten Einsprengseln, die glatt ein wenig New-Wave-lastig anmuten. Dazu Gitarren, die mal ein wenig riffen, sich aber primär in ausladenden und wunderschönen Soli präsentieren.
Highlight ist "Mountain": ich liebe so ziemlich alles von Iluvatar und bin ziemlich traurig, dass diese Band nur alle Jubeljahre mal aus der Versenkung auftaucht (wenn sie nicht längst aufgelöst sind...), aber das hier, das ist exakt "Iluvatar"-Sound, bekommt man kaum aus dem Kopf, ein echter Hit:
"Just for Reference" ist eine Ballade, hat erneut so einen latenten Enchant/Iluvatar-Touch und ist ohne übertriebene Dramatik schlicht leichtfüßig. Knapp fünfeinhalb Minuten, ich betone noch mal, "Wohlfühl Prog".
"January Child" beginnt verhalten mit einem Piano, gepaart mit schönen Gitarrenleads, intelligent gesetztem Keyboard und nimmt dann schon eher Fahrt auf. Waren es bisher die oft zitierten 2 Bands, so bin ich hier in Sachen Vergleich eher bei Galahad und deren "Empires never last"-Phase (die mir die Liebste ist).
"Mercury Rising" besteht aus 2 Teilen und baut zunächst auf Atmosphäre: ruhig, erinnert an eine Fahrt im Unterseeboot (Keyboardsprengsel fast wie Echolot beim Kaleu dereinst). Dazu tolle Gitarrenarbeit, nicht überfrickelt, nicht zu sehr in die Länge gezogen, sehr abwechslungsreich. Ein Pianopart leitet dann in die schnellere Version (womöglich Part 2...) über. Flotter Neoprog, dieses Mal bin ich so in Richtung Arena als Referenz.
"Dead to me (mit nicht ganz 5 Minuten der kürzeste Song des Albums) hat diesen latenten Anstrich einer Pendragon-Ballade ("Am I really losing you" mit etwas weniger Pathos, dafür besserem Gesang - sorry Mr. Barrett) kommt mir da in den Sinn, aber auch Arena drängen sich so ein wenig auf.
Am Ende steht mit "Scissors (Reprise)" noch mal ein fast 11Minüter, der alle Register zieht, die man am (Neo-)Prog liebt, speziell der Anfang ist einfach genau das, was ich an und bei dieser Musikrichtung so mag. Das Ganze mündet zum Ende hin in einem klassisch-melodischen Finale.
Die Band ist wohl aus den Resten der (mir unbekannten) Truppe "This Winter Machine" hervorgegangen, die wohl 2 Alben am Start hatte. Fest steht: hier weiß man, was man tut und ich freue mich, diese Art Prog in dieser unbekümmerten, wunderbar melodischen und vielseitigen Art geboten zu bekommen, eine echt Überraschung. Dass die Instrumentierung mit echten (!) Flöten komplettiert wird, lässt einen bisweilen an selige Shadow-Gallery-Zeiten denken (für PW ist man dann doch in der verkehrten Härteliga....). Da man mit 2 Gitarristen agiert (HALLO, Mr. Groom, Mr. West - hören Sie mich? 2 GITARREN!) ist das Ganze noch einmal eine ganze Portion runder.
Tolle Band, tolles Album. Punkt.