Alt-Country // Americana // Indie-Folk - der Sammelthread

subcomandante

Till Deaf Do Us Part
Tage kürzer, Nächte länger, grauingrau Wetter, verwirrend-absurde Weltlage, irgendwie alles so richtig scheiße - da sehnt sich doch selbst das sonnigste Gemüt nach warmen und tröstenden Klängen, die das heimelig-innere Lagerfeuer wieder anzünden, zu denen sich wunderbar eine Kännchen grüner Tee schlürfen lässt, in denen man sich in melancholischer Verzückung verlieren und zu denen man die eigene Wunden lecken, sich in Kontemplation üben kann und die Hoffnung bei aller Trostlosigkeit noch als Schimmer irgendwo zart durchscheint. Songwriterkunst, verwunschene Melodien, zärtliche Melancholie, tiefe Roots, Steel-.Pedal-Gitarren, Harmonika, große amerikanische Songwriterkunst, ein bisschen Kitsch, gerne mal verschroben und auf Höhe der Zeit. Oder so.

Mein erster Hörtipp:

Merce Lemon mit ihrem neuen, zweiten Album Watch Me Drive Them Dogs Wild. Mir bisher unbekannte junge Künstlerin, die darauf doch fast alles aufbietet, von dem ich oben - Klischee galore - geschwafelt habe. Teilweise vielleicht noch immer ein bisschen konventionell, aber die Melodien, die klassischen Songs und diese typische sehnsuchtsvolle, weite und doch bodenverhaftete und wohlige Atmosphäre, die gelungenen Alt-Country/Indie-Folk eben auszeichnet, lassen da kommendes Großes erahnen. Und eine eigentlich schon ziemlich alte Seele, die hinter der Musik steckt.


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Gänzlich andere Richtung als die zuvor genannten Künstler, dennoch hoffentlich im Sinne des Threads, insbesondere wenn es

gerne mal verschroben

sein darf: das vor kurzem erschienene "Afraid" von Lonesome Wyatt and the Holy Spooks. Entzündet vielleicht weniger das innere Lagerfeuer, sondern eher den inneren Scheiterhaufen. Experimentell, elektronisch, doomig, unkonventionell und bizarr - in seiner wohlig-schaurigen Art für mich aber ein richtiges "feel good" Album.


Im Alt-Country-Bereich sind Slim Cessna's Auto Club aus Denver eine absolute Institution, im Mai gab es mit "Kinnery of Lupercalia: Buell Legion" ein neues Studioalbum. Hier werden wie gewohnt verschiedene Spielarten amerikanischer Musik mit einer Prise Punk und Gothic vermischt. Überzeugt erfahrungsgemäß auch Menschen, die allein bei der Erwähnung des Labels "Country" reflexartig abwehrend die Hände heben und hyperventilieren.


Ganz frische Neuentdeckung für mich ist Haley Heynderickx, auf dem ebenfalls gerade erst veröffentlichten "Seed of a Seed" gibt es zarten melancholischen Indie-Folk:

 
Gute Thread Idee. Hör eigentlich recht viel aus dem Bereich, ich stell später auch mal was rein. Wobei ich inzwischen auch den Sprung gemacht hab und ganz "regulären" Country hör :D
 
Ich hoffe auf viel Input hier. Habe auch gleich mal eine Empfehlung: Heathen Apostels. Nennen sich selbst Dark Country/Gothic Country. Hatte das Glück, die Band gleich 2x in meiner Heimatstadt ansehen zu können und jedesmal habe ich mich ein Stückchen mehr in die Band verliebt. Anspieltipps sind die Bloodgrass 1+2, sowie Teil 3+4. Da erhält man einen guten Überblick über das Schaffen.
Die Band und speziell die Sängerin sind auch ultra sympathisch. Auf einem Konzert hatte sie eine Art Tattoo auf dem Kinn, welches sich dann bei näherer Betrachtung als "nur" aufgemalt herausgestellt hat. Dies teilte sie mir dann nach dem Konzert auf meine Nachfrage hin mit, woraufhin sie mir dann erstmal eine viertel Stunde die Aufklärung zu dem Kinnschmuck lieferte. Olive Oatman sei hier für die möglicherweise auch interessierte Gemeinschaft genannt. Der Gitarrist und Mann der Sängerin hat wohl auch eine zeitlang bei The Cramps gespielt.
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Ich hoffe auf viel Input hier. Habe auch gleich mal eine Empfehlung: Heathen Apostels. Nennen sich selbst Dark Country/Gothic Country. Hatte das Glück, die Band gleich 2x in meiner Heimatstadt ansehen zu können und jedesmal habe ich mich ein Stückchen mehr in die Band verliebt. Anspieltipps sind die Bloodgrass 1+2, sowie Teil 3+4. Da erhält man einen guten Überblick über das Schaffen.
Die Band und speziell die Sängerin sind auch ultra sympathisch. Auf einem Konzert hatte sie eine Art Tattoo auf dem Kinn, welches sich dann bei näherer Betrachtung als "nur" aufgemalt herausgestellt hat. Dies teilte sie mir dann nach dem Konzert auf meine Nachfrage hin mit, woraufhin sie mir dann erstmal eine viertel Stunde die Aufklärung zu dem Kinnschmuck lieferte. Olive Oatman sei hier für die möglicherweise auch interessierte Gemeinschaft genannt. Der Gitarrist und Mann der Sängerin hat wohl auch eine zeitlang bei The Cramps gespielt.
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Ui, das ist ganz toll.
Hier läuft gerade der 24er Output The in Between. Das packt mich sofort. Danke für den Tipp.

Genau wie die oben genannten Lonesome Wyatt and the Holy Spooks.

Feine Sache dieser Faden.
 
Die Heathen Apostles sind wirklich super. Ich konnte sie auch schon zweimal in intimem Rahmen in Stuttgart live sehen. Und ganz entgegen ihres unnahbaren Hexenoutfits kam Mather Louth wirklich total locker und sympathisch rüber.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hoffe auf viel Input hier. Habe auch gleich mal eine Empfehlung: Heathen Apostels. Nennen sich selbst Dark Country/Gothic Country. Hatte das Glück, die Band gleich 2x in meiner Heimatstadt ansehen zu können und jedesmal habe ich mich ein Stückchen mehr in die Band verliebt. Anspieltipps sind die Bloodgrass 1+2, sowie Teil 3+4. Da erhält man einen guten Überblick über das Schaffen.
Die Band und speziell die Sängerin sind auch ultra sympathisch. Auf einem Konzert hatte sie eine Art Tattoo auf dem Kinn, welches sich dann bei näherer Betrachtung als "nur" aufgemalt herausgestellt hat. Dies teilte sie mir dann nach dem Konzert auf meine Nachfrage hin mit, woraufhin sie mir dann erstmal eine viertel Stunde die Aufklärung zu dem Kinnschmuck lieferte. Olive Oatman sei hier für die möglicherweise auch interessierte Gemeinschaft genannt. Der Gitarrist und Mann der Sängerin hat wohl auch eine zeitlang bei The Cramps gespielt.
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Die habe ich auch schonmal live gesehen und besitze auch ein Album. Bin gerade erstaunt, daß so viele die hier kennen. Bei mir war völlig spontan, als ich drüber gestolpert bin, weil ich Karten für ein andere Konzert kaufen wollte. Klang interessant und war dann auch gut.
 
Sehr schöne Thread-Idee! Hier kann ich nur immer wieder O'Death aus New York mit ihrem Suicidal Black Metal Gothic Country empfehlen. Stellvertretend für ihr düster-verschrobenes Schaffen sei ihr viertes Album "Outside" von 2011 erwähnt. Zwischen Blue Grass und einem versoffenen, morbiden Schäferstündchen unterm Galgen verbreiten O'Death viel mehr Lebensfreude, als ihr Bandname, wie auch so ziemlich alles andere an ihnen vermuten ließe. Liebe.


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Toller Thread! Als alter Gothic und Western Fan mit Interesse an eher abgründigerem Country könnte das genau das richtige für mich sein.
 
Damit der schöne Thread nicht untergeht.

Im November kam ein neues Mount Eerie Album, man hat hier etwas noisigen Folk(rock) zu erwarten. Schöne Atmosphäre, ruhig, aber dennoch nicht gemütlich oder gar heimelig. Ein wenig Unwohlsein flimmert beim Hören durch die Luft. Das aber nicht abschreckend bewerten, intensiviert dieses doch den Hörgenuß und die Spannung. Man kann durchaus also ein paar abstrakte Songarrangements erwarten.

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Damit der schöne Thread nicht untergeht.

Im November kam ein neues Mount Eerie Album, man hat hier etwas noisigen Folk(rock) zu erwarten. Schöne Atmosphäre, ruhig, aber dennoch nicht gemütlich oder gar heimelig. Ein wenig Unwohlsein flimmert beim Hören durch die Luft. Das aber nicht abschreckend bewerten, intensiviert dieses doch den Hörgenuß und die Spannung. Man kann durchaus also ein paar abstrakte Songarrangements erwarten.

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Noch gar nicht reingehört. Ich bin immer noch emotional traumatisiert von A Crow Looked At Me. Vielleicht wurde noch nie zuvor der Verlust eines ganz lieben Menschen wahrhaftiger, unpathetischer und trauriger besungen, in fragilen, unaufgeregten, zarten und gleichförmigen und mithin zeitlosen Folk-Songs. Ein Album, das sich gegen alle Klischees von Todesüberwindungs- oder Verarbeitungsalben stemmt: Weder kathartisch noch rührselig noch sublimierend noch lebensweise noch nostalgisch noch verklärend noch weinerlich. Es bleibt lediglich: Death is real.

Death is real
Someone's there and then they're not
And it's not for singing about
It's not for making into art
When real death enters the house, all poetry is dumb
When I walk into the room where you were
And look into the emptiness instead
All fails
My knees fail
My brain fails
Words fail
Crusted with tears, catatonic and raw
I go downstairs and outside and you still get mail
A week after you died a package with your name on it came
And inside was a gift for our daughter you had ordered in secret
And collapsed there on the front steps I wailed
A backpack for when she goes to school a couple years from now
You were thinking ahead to a future you must have known
Deep down would not include you
Though you clawed at the cliff you were sliding down
Being swallowed into a silence that's bottomless and real
It's dumb
And I don't want to learn anything from this
I love you
 
Die Dinge, die Steve von Till abseits seiner Hauptband Neurosis so treibt (unter eigenem Namen oder als Harvestman), passen eigentlich auch gut in diesen Thread, ist doch vieles davon bei aller verraunten Mystik durchdrungen von Americana und karg instrumentierter, archaischer Knorrigkeit. Gerade in diesem Moment läuft bei mir seit längerem wieder sein Soloalbum "A Life Unto Itself" von 2015.

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Ich zititere mal einen Experten aus dem ähnlich gelagerten "Lonesome, On’ry and Mean - Country Music"-Thread. Zweimal Country, sehr unterschiedlich, beides toll!

Zwei neuere Countryalben, die mich in den letzten Monaten ständig begleitet haben und die ich nicht mehr missen möchte:

Einmal die hier schon mehrfach erwähnte Charley Crockett-Scheibe "The Man From Waco" (CD übrigens gegenüber der LP mit einem guten Bonussong). Die Live-LP vom letzten Jahr ist ein guter Einstieg in seine Musik, und bald kommt ja schon wieder was neues von ihm.

Und dann das 2021'er Debutalbum von Riddy Arman:
gerade einmal 30 Minuten lang, aufs wesentliche reduziert - - Stimme, gute Songs, hypnotisch-minimalistische Begleitung.
Der Eröffnungssong "Spirit, Angels or Lies" ist wahrscheinlich mein meistgehörtes Stück Musik des letzten Jahres und auch für Johnny Cash-Fans reinhörenswert (Text!), obwohl musikalisch natürlich eine völlig andere Baustelle:

 
Die Dinge, die Steve von Till abseits seiner Hauptband Neurosis so treibt (unter eigenem Namen oder als Harvestman), passen eigentlich auch gut in diesen Thread, ist doch vieles davon bei aller verraunten Mystik durchdrungen von Americana und karg instrumentierter, archaischer Knorrigkeit. Gerade in diesem Moment läuft bei mir seit längerem wieder sein Soloalbum "A Life Unto Itself" von 2015.

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Wenn schon Steve von Till und Mike Scheidt in einem Country-Thread genannt werden, dann sind natürlich auch ihre Beiträge zur Townes Van Zandt-Tribute-Reihe auf Neurot Recordings naheliegend:





John Baizley (Baroness) und Katie Jones (auf Vol. 2 der Reihe vertreten) sind vor vielen Jahren mit einem akustischen reinen Townes Van Zandt-Programm in Berlin aufgetreten, das war sehr schön (wobei natürlich Townes van Zandt-Coverversionen nie auch nur ansatzweise so ergreifend, emotional und intensiv sein können wie von Townes selbst gesungen).
 
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