Atlantean Kodex

@wrm

Wolf, ich hab eine recht lange Antwort auf deinen Beitrag getippt, die ich nochmal eingemottet habe, weil ich an sich keinen Bock auf einen Battle wegen dieser Nichtigkeit habe.

Was ich sehr schade finde, ist, dass du zum wiederholten Male versuchst, meine sehr sachlich und vor allem auch sehr reflektiert und ohne böse Absicht vorgebrachte Kritik an Superlativierungen und Objektivierungen des Jubels dadurch zu entwerten, dass du mir in bester Whataboutism-Manier meine Wertungen für neue Manowar-Alben vorhältst und mir vorwirfst angeblich nicht verstanden zu haben, welche besondere Ernsthaftigkeit und Seriosität Bands wie Mgła ausmacht.

Das ist unfair, und das weißt du, denn wir hatten vergleichbare Diskussionen schon öfters. Auch wenn ich einem neueren Manowar-Werk eine sehr hohe Note gegeben habe, dann habe ich diese immer ganz klar als völlig subjektiv und affektionsbedingt dargestellt, und niemals Manowar objektiv über andere Bands erhoben oder im klassischen Sinne abgefeiert, und ich habe auch immer alle Punkte angesprochen, die man mit Fug und Recht an diesen Scheiben schlecht oder doof finden kann. Diese Konterkritik verfängt also nicht, und das hast du gewusst, als du deine obige Antwort abgeschickt hast. Trotzdem hast du versucht, mich mit dem Vergleich in die Ecke zu drängen, und das hast du nicht nötig, oder?

Auch, dass du mir erneut ein fehlendes Verständnis für die Seriosität und die Ernsthaftigkeit dieser Bands unterstellst, ist unsachlich und unfair. Du weißt ebenso, dass ich mich sehr lange und sehr intensiv mit Black Metal befasse, und ebenso, dass mir sicherlich nicht das Verständnis für dieses Genre fehlt, wenn ich Emperor mit Mgła vergleiche. Du vergleichst die Bands doch auch, wenn du Ernsthaftigkeit vs. Wackenisierung und Seriosität vs. Domestizierung stellst, und dann bei der einen Gruppe den Genremessias siehst, und bei der anderen Gruppe abgewrackte Bierbäuche, die ihre Relevanz verloren haben.

Wie ich, so meine ich, sehr deutlich gesagt habe, richtete sich meine Kritik nicht gegen die Bands, und auch nicht gegen eure Begeisterung für diese Bands. Noch nicht einmal 10-Punkte-Kritiken sehe ich kritisch, denn ich nehme euch allen ab, dass ihr 100% ehrlich begeistert seid, von den Bands, also gibt es keinen Grund, keine 10 Punkte zu geben. Das einzige, was ich wirklich kritisch sehe und ungut finde, das ist, dass ihr hier für mein Empfinden keinen musikkritischen Ansatz verfolgt, sondern einen genrepolitischen, wenn ihr diese, eure ehrliche Begeisterung mit demonstrativ objektivierenden Begriffen zu vermitteln versucht, statt mit eben dem, was nahe läge, nämlich mit dem Schildern und Erklären der von Innen kommenden Begeisterung. Nicht das begeistert sein von Mgła oder Kodex irritiert mich. Ich bin doch selbst sehr angetan von diesen Bands. Was mich irritiert, ist dieses von mir als demonstrativ empfundene Überhöhen dieser Bands über andere Bands, und das eben nicht in einem semantischen Gefallenskontext, sondern in einem Wahrheitskontext. Dafür fehlt mir in der Tat das Verständnis. Aber nur dafür, nicht für die Klasse der Musik und auch nicht für die ehrlichen Gefühle für die Musik. Nur für den Hang zu objektivierenden Überhöhungen. Das ist alles.
 
Wobei solche Superlative - zumindest für meinen Fall kann ich sprechen - nicht (oder in anderen Fällen zumindest selten?) aus der Motivation heraus veräußerlicht werden, den Altvorderen des Genres ihre Qualität und Relevanz abzusprechen zu wollen. Eine ähnliche Diskussion gibt es ja oftmals auch dann, wenn es um die absolute Höchstwertung geht. Ich persönlich finde, dass das sehr leicht zu trennen ist. Ganz ehrlich? Ich kann z.B. mit Manilla Road, Candlemass etc. pp. wenig bis überhaupt nichts anfangen, gleichzeitig aber dennoch der Auffassung sein, dass Atlantean Kodex mein Nonplusultra sind, ohne den zuvor genannten Interpreten irgendetwas streitig machen zu wollen.

Die vier Bands, die du genannt hast, sind ja außerordentliche, unübliche Beispiele, weil sie qualitativ eben etwas deutlicher herausstechen und ihre jeweilige Sache besonders gut machen. Also so richtig gut, meine ich. Ich stimme dir ebenfalls zu bzw. verstehe, worauf du hinaus willst, aber man muss dabei auch bedenken, dass eine derartige Form der Lobpreisung auch nicht allzu häufig in dieser Form stattfindet, sondern eben explizit diese vier Bands (und womöglich noch ein paar mehr) trifft. Im Gegenzug kann man nämlich auch sagen, dass man es, ungeachtet der Qualität und Bedeutung von Legenden für die Szene, auch bis zu einem gewissen Punkt zulassen können muss, dass auch neue Bands in diesen Olymp vorstoßen dürfen, wenn sie es "sich verdient haben". Da ist genug Platz, niemand muss deshalb zurücktreten ;)
Jeder Musiker oder Kunstschaffende verdient erstmal Respekt. Dann kommt Kontext. Wo bewege ich mich, wo bewegt sich der Künstler? Was ist mein Metal? Was ist meine Definition von "guter" Musik oder dem wahren Metalspirit? Jeder bewertet Musik und Kunstschaffenden für sich anders. Mir gibt keine der vier genannten Bands so wahnsinnig viel wie anderen. Das Herzblut, sie zu featuren, finde ich immer gut, das objektive Erhöhen über andere Künstler sehe ich kritisch.

Es gibt keine Gesetzmäßigkeiten in der subjektiven Bewertung von Kunst. Hier wird versucht, objektiv einzusortieren und zu werten, dass man das wohl gar nicht anders hören bzw. beurteilen kann. Wer sagt das? Mit welchem Recht? Bei allem Enthusiasmus, den ich gern lese und spüre, aber hier widerspreche ich Wolf-Rüdiger und vielen. Vielleicht aber auch, weil ich mich nicht als Szeneteil erachte. Bin nur Fan, bei der Band mehr, bei der anderen weniger, wieder anderes halte ich gar für Schrott.
 
D'Accord, aber verhält sich das bei sämtlichen Legenden nicht ähnlich?
Natürlich, aber es liegt an den Protagonisten. Ich würde als größter Kisser aller Zeiten (wie jeder Kisser) niemals diese Band oder deren Musik auf ein Schild heben, dass man Kiss neutral gar nicht anders als supergeil bewerten kann, die über vielen anderen steht. Man kann sagen, sie hatten Einfluss für den theatralischen Poser-Hardrock, Metal oder der Verbindung Show mit Musik oder Merchoverkillbombast der 70er analog zu ABBA oder anderen. Für den einen sind sie der größte Bockmist, für den anderen der heißeste Scheiß'. Beide haben für sich recht, ich würde daran aber keine musikhistorische Gesetzesmäßigkeit ableiten wollen.

Anderes Bsp. hier: Iron Maiden. Mag ich sehr gern, der Wahnsinnsoberüberfan war ich nie, dennoch liebe ich alle Scheiben bis inklusive "NPFTD". Danach war meine Liebe am Abflauen. Heute bzw. die letzten Alben halte ich für Altherrenmusik. Meine Auffassung, die niemand teilen muss. Dennoch kann ich den großen Einfluss Maidens auf den Heavy Metal nur bejahen. Eine unglaubliche Karriere mit vielen tollen Songs. Bei ikonenartiger Verehrung bin ich meist raus, siehe auch Lemmy. Für mich ein Mensch, ein Musiker, der geile Mucke und Texte fabrizierte, aber kein anzubetender Götze.
 
@wrm

Wolf, ich hab eine recht lange Antwort auf deinen Beitrag getippt, die ich nochmal eingemottet habe, weil ich an sich keinen Bock auf einen Battle wegen dieser Nichtigkeit habe.

Was ich sehr schade finde, ist, dass du zum wiederholten Male versuchst, meine sehr sachlich und vor allem auch sehr reflektiert und ohne böse Absicht vorgebrachte Kritik an Superlativierungen und Objektivierungen des Jubels dadurch zu entwerten, dass du mir in bester Whataboutism-Manier meine Wertungen für neue Manowar-Alben vorhältst und mir vorwirfst angeblich nicht verstanden zu haben, welche besondere Ernsthaftigkeit und Seriosität Bands wie Mgła ausmacht.

Das ist unfair, und das weißt du, denn wir hatten vergleichbare Diskussionen schon öfters. Auch wenn ich einem neueren Manowar-Werk eine sehr hohe Note gegeben habe, dann habe ich diese immer ganz klar als völlig subjektiv und affektionsbedingt dargestellt, und niemals Manowar objektiv über andere Bands erhoben oder im klassischen Sinne abgefeiert, und ich habe auch immer alle Punkte angesprochen, die man mit Fug und Recht an diesen Scheiben schlecht oder doof finden kann. Diese Konterkritik verfängt also nicht, und das hast du gewusst, als du deine obige Antwort abgeschickt hast. Trotzdem hast du versucht, mich mit dem Vergleich in die Ecke zu drängen, und das hast du nicht nötig, oder?

Auch, dass du mir erneut ein fehlendes Verständnis für die Seriosität und die Ernsthaftigkeit dieser Bands unterstellst, ist unsachlich und unfair. Du weißt ebenso, dass ich mich sehr lange und sehr intensiv mit Black Metal befasse, und ebenso, dass mir sicherlich nicht das Verständnis für dieses Genre fehlt, wenn ich Emperor mit Mgła vergleiche. Du vergleichst die Bands doch auch, wenn du Ernsthaftigkeit vs. Wackenisierung und Seriosität vs. Domestizierung stellst, und dann bei der einen Gruppe den Genremessias siehst, und bei der anderen Gruppe abgewrackte Bierbäuche, die ihre Relevanz verloren haben.

Wie ich, so meine ich, sehr deutlich gesagt habe, richtete sich meine Kritik nicht gegen die Bands, und auch nicht gegen eure Begeisterung für diese Bands. Noch nicht einmal 10-Punkte-Kritiken sehe ich kritisch, denn ich nehme euch allen ab, dass ihr 100% ehrlich begeistert seid, von den Bands, also gibt es keinen Grund, keine 10 Punkte zu geben. Das einzige, was ich wirklich kritisch sehe und ungut finde, das ist, dass ihr hier für mein Empfinden keinen musikkritischen Ansatz verfolgt, sondern einen genrepolitischen, wenn ihr diese, eure ehrliche Begeisterung mit demonstrativ objektivierenden Begriffen zu vermitteln versucht, statt mit eben dem, was nahe läge, nämlich mit dem Schildern und Erklären der von Innen kommenden Begeisterung. Nicht das begeistert sein von Mgła oder Kodex irritiert mich. Ich bin doch selbst sehr angetan von diesen Bands. Was mich irritiert, ist dieses von mir als demonstrativ empfundene Überhöhen dieser Bands über andere Bands, und das eben nicht in einem semantischen Gefallenskontext, sondern in einem Wahrheitskontext. Dafür fehlt mir in der Tat das Verständnis. Aber nur dafür, nicht für die Klasse der Musik und auch nicht für die ehrlichen Gefühle für die Musik. Nur für den Hang zu objektivierenden Überhöhungen. Das ist alles.

Wir haben seit 20 Jahren ein neues Jahrtausend. Und in diesen zwei Jahrzehnten haben etliche Bands der jetzigen, der jüngeren Generation Alben in ihrer kreativsten Phase veröffentlicht, die entweder neue Wege gehen oder die stärksten Momente in der Geschichte der Vorbilder-Bands mit neuen Ideen verbinden. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese neuen Bands in diesem Jahrtausend mehr Klassiker und Meilensteine komponiert haben als die Altvorderen, die zum Teil es nicht mehr können / nicht mehr jung und kreativ und hungrig genug sind.

Das zu benennen, ist keine hanebüchene Beweihräucherung dieser tollen neuen Alben, sondern es ist vor allem ein Zeichen dafür, dass unsere Szene glücklicherweise genügend Fans hat, die neue Meilensteine als solche erkennen, kaufen und abfeiern. Und genau so ist das Deaf Forever. Daraus einen genrepolitischen Ansatz stricken zu wollen, geht an der Realität weit vorbei. Niemand in unserem Magazin (und ich glaube auch nicht in diesem Forum) würde sich hinstellen und sagen, dass die Alben von Kodex besser als die Klassiker von Manowar sind, und niemand würde sich hinstellen und behaupten, dass das jüngste Album von Chapel Of Disease oder Sulphur Aeon besser ist als die alten großen DM-Klassiker. Aber diese genannten neuen Alben sind in diesem Jahrtausend für sich stehende Extraklasse und stehen meilenweit über nahezu alle Releases alter Genrebands, die diese seit der Jahrtausendwende komponiert haben. Und daran gibts nichts zu kritteln.

Und um mal deinen in diesem Thread postulierten Vorwurf der Respektlosigkeit gegenüber den alten Helden zum Anlass zu nehmen und über Respektlosigkeit zu sprechen: Eine im Kinderzimmer auf erbärmlichste Weise "produzierte" Scheibe von Manowar, deren Songs allesamt 3 Klassen unter dem Frühwerk sind, mit 9,5 Punkten exakt so zu bewerten wie ein in allen Belangen fantastisches, kluges, inspirierendes Album mit großen Inhalten, echten Emotionen, in wahnsinnig schöner Verpackung und richtig geiler Produktion, wo alle Beteiligten an ihre Grenzen gegangen sind, ist nach meinem Dafürhalten eine Beleidigung für Kodex' Schaffen. Diesen "musikkritischen Ansatz", den du da verfolgen möchtest, kann mir niemand erklären.
 
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Und um mal deinen in diesem Thread postulierten Vorwurf der Respektlosigkeit gegenüber den alten Helden zum Anlass zu nehmen und über Respektlosigkeit zu sprechen: Eine im Kinderzimmer auf erbärmlichste Weise "produzierte" Scheibe von Manowar, deren Songs allesamt 3 Klassen unter dem Frühwerk sind, mit 9,5 Punkten exakt so zu bewerten wie ein in allen Belangen fantastisches, kluges, inspirierendes Album mit großen Inhalten, echten Emotionen, in wahnsinnig schöner Verpackung und richtig geiler Produktion, wo alle Beteiligten an ihre Grenzen gegangen sind, ist nach meinem Dafürhalten eine Beleidigung für Kodex' Schaffen. Diesen "musikkritischen Ansatz", den du da verfolgen möchtest, kann mir niemand erklären.
Ich verstehe vieles von dir und Rüdiger. Beim Einordnen einer Benotung im Kontext anderer Alben bin ich bei dir. Aber ich darf zugeben, ich mag keine Noten oder Punkte.

Das ist das leidige Thema der Benotung. Wenn man subjektives Empfinden in eine begrenzte Notenskala presst ohne eine Referenz. Was aber ist der Maßstab? Eine 10 für Maidens "Killers" oder Metallicas "Master Of Puppets" oder Fates Warnings "Awaken"-Klassiker oder Journeys "Eclipse"? Jeder unterschreibt hier wohl die Höchstnote, dennoch wertet er sie im persönlichen Empfinden anders. Da kann eine Kodex gar drüber liegen. Wär das dann eine 12 out of 10? Schwierig.
 
Gut, ich habe mit dem Beispiel zu Candlemass und Manilla Road nur für mich gesprochen, weil ich da niemandem zu nahe treten wollte und auch gar nicht möchte. Diesem Punkt von euch stimme ich ja auch zu, aber ich persönlich sehe den anderen Teil im Falle von Atlantean Kodex, Mgla und Co. nicht ganz so dramatisch, weil sich das Gebaren eben mit dem bei Legenden überschneidet und ich das aus verschiedenen Gründen nachvollziehen kann. Was ich eigentlich ausdrücken wollte, ist folgendes: Ich find's gut, dass ein Genre bestimmte Künstler/Identifikationsfiguren/Legenden hat, die jeder zumindest einmal gehört haben sollte, gleichzeitig sollte es aber auch möglich sein, dass unter ähnlichen Vorzeichen auch neue Künstler aufsteigen dürfen. Dass sich nicht objektiv festlegen lässt, dass man unumstößlich Gefallen daran finden muss, ist klar, aber so ein Status entsteht ja trotzdem erst dadurch, dass möglichst viele Hörer zuvor ihren Teil dazu beigetragen haben.

Eigentlich sind das aber hausgemachte "Probleme", weil "wir Metaller" eben gerne besonders stolz auf unsere Bands und ihre Errungenschaften sind. In gewisser Weise macht das die Szene auch sympathisch, weil wir ja auch von uns selbst behaupten, Musikgenießer zu sein und nicht nur zu konsumieren. Dass es da dann dementsprechend auch mal etwas kontroverser zugeht, ist vermutlich ein natürlicher Prozess daraus.

Zur Benotung: Das finde ich etwas kleinlich, weil jeder Redakteur das ein bisschen anders auslegt. Würde ich noch werten, könnte man das innerhalb meiner Logik nicht zwischen Bands, sondern jeweils immer im bandeigenen Kontext betrachten.
 
Ich verstehe vieles von dir und Rüdiger. Beim Einordnen einer Benotung im Kontext anderer Alben bin ich bei dir. Aber ich darf zugeben, ich mag keine Noten oder Punkte.

Das ist das leidige Thema der Benotung. Wenn man subjektives Empfinden in eine begrenzte Notenskala presst ohne eine Referenz. Was aber ist der Maßstab? Eine 10 für Maidens "Killers" oder Metallicas "Master Of Puppets" oder Fates Warnings "Awaken"-Klassiker oder Jounreys "Eclipse"? Jeder unterschreibt hier wohl die Höchstnote, dennoch wertet er sie im persönlichen Empfinden anders. Da kann eine Kodex gar drüber liegen. Wär das dann eine 12 out of 10? Schwierig.

Mir ist es egal, wer welche Noten gibt. Aber die größten Crimes against Metal mit Jahrhundertwertungen zu belohnen und gleichzeitig anderen vorwefen, sie würden mit ihrer Begeisterung für Großtaten junger Bands maßlos oder gar geschäftspolitisch motiviert vorgehen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das ist halt zweierlei Maß.
 
Und um mal deinen in diesem Thread postulierten Vorwurf der Respektlosigkeit gegenüber den alten Helden zum Anlass zu nehmen und über Respektlosigkeit zu sprechen: Eine im Kinderzimmer auf erbärmlichste Weise "produzierte" Scheibe von Manowar, deren Songs allesamt 3 Klassen unter dem Frühwerk sind, mit 9,5 Punkten exakt so zu bewerten wie ein in allen Belangen fantastisches, kluges, inspirierendes Album mit großen Inhalten, echten Emotionen, in wahnsinnig schöner Verpackung und richtig geiler Produktion, wo alle Beteiligten an ihre Grenzen gegangen sind, ist nach meinem Dafürhalten eine Beleidigung für Kodex' Schaffen. Diesen "musikkritischen Ansatz", den du da verfolgen möchtest, kann mir niemand erklären.

Also ich habe ihn verstanden. Ganz ehrlich: Ich verstehe den Streit nicht - Hugin hat doch klar abgegrenzt und transparent gemacht, wo sein Bewertungsskontext jeweils liegt.
 
Mir ist es egal, wer welche Noten gibt. Aber die größten Crimes against Metal mit Jahrhundertwertungen zu belohnen und gleichzeitig anderen vorwefen, sie würden mit ihrer Begeisterung für Großtaten junger Bands maßlos oder gar geschäftspolitisch motiviert vorgehen, ist für mich nicht nachvollziehbar. Das ist halt zweierlei Maß.
Die "Crimes against Metal" definiert auch jeder anders. Ich bin nach mehrmaligem Lesen eurer Beiträge bei Rüdiger wie bei dir, wobei ich hier eine gewisse Erhöhung für die genannten Bands für mich wahrnehme. Ist vielleicht der Tatsache geschuldet, weil sie für mich "nur" respektierte Künstler unter vielen sind, mir andere Bands und Musik näher stehen und gehen. Wichtig für mich in der lebhaften wunderbaren Diskussion, es gibt kein richtig oder falsch.
 
Wir haben seit 20 Jahren ein neues Jahrtausend. Und in diesen zwei Jahrzehnten haben etliche Bands der jetzigen, der jüngeren Generation Alben in ihrer kreativsten Phase veröffentlicht, die entweder neue Wege gehen oder die stärksten Momente in der Geschichte der Vorbilder-Bands mit neuen Ideen verbinden. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese neuen Bands in diesem Jahrtausend mehr Klassiker und Meilensteine komponiert haben als die Altvorderen, die zum Teil es nicht mehr können / nicht mehr jung und kreativ und hungrig genug sind.
Das ist richtig, das habe ich aber auch mit keinem Wort bestritten. Dass mich persönlich das Spätwerk der alten Helden gleichwohl in der Regel mehr interessiert und oft mehr berührt, hat andere Gründe. Ähnliche wie jene, dass ich den Fußballverein auch nicht deshalb wechsle, weil seit 20 bis 50 Jahren Bayern immer besser ist. Ich behaupte aber auch nicht, dass der VfB besser sei als Bayern, oder heutige Manowar besser als Atlantean Kodex. Mir bedeuten sie trotzdem noch mehr. Wo die Liebe hinfällt... gell...

Das zu benennen, ist keine hanebüchene Beweihräucherung dieser tollen neuen Alben, sondern es ist vor allem ein Zeichen dafür, dass unsere Szene glücklicherweise genügend Fans hat, die neue Meilensteine als solche erkennen, kaufen und abfeiern. Und genau so ist das Deaf Forever. Daraus einen genrepolitischen Ansatz stricken zu wollen, geht an der Realität weit vorbei. Niemand in unserem Magazin (und ich glaube auch nicht in diesem Forum) würde sich hinstellen und sagen, dass die Alben von Kodex besser als die Klassiker von Manowar sind, und niemand würde sich hisntellen und behaupten, dass das jüngste Album von Chapel Of Disease besser ist als die alten großen DM-Klassiker. Aber diese genannten neuen Alben sind in diesem Jahrtausend für sich stehende Extraklasse. Und daran gibts nichts zu kritteln.
Kannst du dich mit dem Begriff "abfeiern" identifizieren? Ich nicht. Sei's drum. Wenn sich das unterstrichene Statement auch immer so lesen würde, dann würden wir die Diskussion im Zweifel nicht führen. Die obige Art und Weise, wie du über manch andere Band hinweg fegst, klingt nicht danach.

Und um mal deinen in diesem Thread postulierten Vorwurf der Respektlosigkeit gegenüber den alten Helden zum Anlass zu nehmen und über Respektlosigkeit zu sprechen: Eine im Kinderzimmer auf erbärmlichste Weise "produzierte" Scheibe von Manowar, deren Songs allesamt 3 Klassen unter dem Frühwerk sind, mit 9,5 Punkten exakt so zu bewerten wie ein in allen Belangen fantastisches, kluges, inspirierendes Album mit großen Inhalten, echten Emotionen, in wahnsinnig schöner Verpackung und richtig geiler Produktion, wo alle Beteiligten an ihre Grenzen gegangen sind, ist nach meinem Dafürhalten eine Beleidigung für Kodex' Schaffen. Diesen "musikkritischen Ansatz", den du da verfolgen möchtest, kann mir niemand erklären.
Eine Punktebewertung ist kein musikkritischer Ansatz, sondern ein eitriges Furunkel am Arsch des Rezensentendaseins, das leider notwendig ist, wenn man einen Soundcheck machen will. Es geht um den Inhalt der Kritik, und wenn du meine Kritiken zu den letzten Manowar-Platten gelesen haben solltest, und deren Aussagegehalt mit meinen Kritiken zu den Werken von Atlantean Kodex vergleichst, dann kannst du - so denke ich - sehr wohl daran ablesen, dass ich das eine für in jeder Hinsicht tolle Werke einer wichtigen Band halte (ich zitiere mich selbst zu "The White Goddess" mit 'Heutzutage die Definition für Epic Metal') und das andere für zu Recht umstrittene Alterswerke mit vielen kritikwürdigen Schwächen, die ich aus persönlicher Affektion heraus dennoch sehr gern mag, weil mich die positiven Dinge daran dennoch anziehen. Dafür, das sauber zu trennen verwende ich immer viel Aufwand, also unterstelle mir bitte nicht, dass ich die Alben "exakt gleich bewerten" würde. Das tue ich eben nicht. Außerdem ist es auch in der Sache falsch, was du über die Punkte sagst, denn ich habe keinem einzigen Manowar-Werk nach "Louder Than Hell" mehr als 9 Punkte gegeben, und diese habe ich der "The Lord of Steel" auch nur deshalb angedeihen lassen, weil unsere Notendefinition für 9,0 Punkte wie folgt lautet: "Ein Album, das dafür sorgt, dass man mitsingt/tanzt/zuckt." - Und genau das passiert bei mir "leider" beim LORD OF STEEL. Kann nicht anders. Es ist so. Der neuen Kodex hab ich 9,5 Punkte gegeben, laut unserer Definition: "Ein Album für die Dauerrotation. Kratzt am Klassikerstatus."... So, und jetzt kommst du: Du magst jetzt unsere Notendefinition doof finden, unbenommen. Ich finde Noten generell doof, aber sie gehören halt dazu. Du magst kein Verständnis dafür aufbringen können, dass man zu Lord Of Steel freiwillig mitsingen möchte, ebenfalls unbenommen und ich kann das sogar nachvollziehen. Dennoch kann ich nicht "for the sake of street credibility" unsere Leser anlügen und so tun als fände ich die Platte scheiße, wenn ich mords den Spaß dran habe. Aber bitte unterstelle mir einfach nicht, dass ich insoweit rezensorisch inkonsequent wäre. Und den musikkritischen Ansatz entnehme man bitte dem Rezensionstext, wenn man Interesse daran haben sollte, nicht einer Note, die einer vorgegebenen Definition folgt.
 

Ich finde Manuel T. beschreibt es selber sehr gut (Zitat aus obigem Interview):


Wie fühlt man sich eigentlich, wenn man gerade ein Jahrhundertalbum veröffentlicht hat?


Wir freuen uns wirklich über die euphorischen Reaktionen. Sie zeigen, dass wir niemanden enttäuscht haben, was uns schon wichtig war. Aber Zuschreibungen wie „Jahrhundertalbum“ sind zumindest mir ein wenig unangenehm. Wir sind sicher keine Band, bei der sich dieser Begriff rechtfertigen ließe. „Into Glory Ride“ ist ein Jahrhundertalbum, „Black Sabbath“ ist ein Jahrhundertalbum, „The Number Of The Beast“ ist ein Jahrhundertalbum. Und von diesen Scheiben sind wir doch in allen Belangen ziemlich weit weg.
 
„Into Glory Ride“ ist ein Jahrhundertalbum, „Black Sabbath“ ist ein Jahrhundertalbum, „The Number Of The Beast“ ist ein Jahrhundertalbum.

Viele Alben sind zu heutigen Stand Jahrhundertalben. Den Bands wäre eine Konfrontierung damit vor 35 - 40 Jahren möglicherweise ebenfalls unangenehm gewesen. Aber in 20 Jahren wird man von "The White Godess" als Jahrhundertalbum sprechen. Das manche dies heut schon tun macht "Into Glory Ride" nicht schlechter. Aber "The Lord Of Steel" halt auch nicht besser ;)
 
Upsi, ein unfreiwilliger Ritterschlag aus deiner Feder für den talentfreien Studienabbrecher? :acute:

Ich dachte immer, der wäre Lehrer, der gefeuert wurde, weil Death-Metal.

Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, wurde ihm damals vom Studienseminar aus gesagt, er solle während des Referendariats nicht weiter in einer Band, mit solchen Texten und Liveshows, spielen.

Obwohl ein Studienseminar nicht das Recht hat, auf diese Weise in das Privatleben eines/r Lehrsamrsanwärter_in einzugreifen, entschied sich der Musiker dazu, das Referendariat abzubrechen und sich als Märtyrer zu generieren.
Das war zumindest mein Eindruck.
 
Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, wurde ihm damals vom Studienseminar aus gesagt, er solle während des Referendariats nicht weiter in einer Band, mit solchen Texten und Liveshows, spielen.

Obwohl ein Studienseminar nicht das Recht hat, auf diese Weise in das Privatleben eines/r Lehrsamrsanwärter_in einzugreifen, entschied sich der Musiker dazu, das Referendariat abzubrechen und sich als Märtyrer zu generieren.
Ist er jetzt gar onkelhafter Manager?
 
Also mich hat er Anfang des Jahres beim Metal Diver Festival davon versucht zu überzeugen, mir Debauchery und alle 1000 identisch klingenden Nebenprojekte anzuhören.
An und für sich ja ein Netter, Chainsaw Masturbation bleib auch ein Knaller, aber nicht meins.

Zum Thema:
Möchte mir einer von denen, die vom neuen AK Album enttäuscht wurden und nur 9 Punkte vergaben, vllt seine CD überlassen? Nur um die Ressourcen zu schonen :D
 
Viele Alben sind zu heutigen Stand Jahrhundertalben. Den Bands wäre eine Konfrontierung damit vor 35 - 40 Jahren möglicherweise ebenfalls unangenehm gewesen. Aber in 20 Jahren wird man von "The White Godess" als Jahrhundertalbum sprechen. Das manche dies heut schon tun macht "Into Glory Ride" nicht schlechter. Aber "The Lord Of Steel" halt auch nicht besser ;)

Absolut. Was Manuel selbst zu der Einordnung als Jahrhundertalbum sagt, finde ich gut und sympathisch. Es hat eine gewisse Bescheidenheit, und die steht einem jeden gut.

Dennoch heißt Manuels Selbstverortung natürlich nicht, dass "The White Goddess" kein Jahrhundertalbum sein oder noch werden kann, auch wenn ich aufgrund der Altersstruktur, des medialen Sättigungsgrades und der Heterogenität der Szene gewisse Zweifel daran habe, ob überhaupt noch "echte" Jahrhundertwerke geboren werden können, die einen so breiten Anerkennungswert in der Szene erreichen können, wie ein "Into Glory Ride" oder ein "Ride The Lightning". Das ist einfach faktisch schwierig, was weder etwas über die musikalische Klasse der Bands aussagt, noch über die Hingabe der Fans. Für den einzelnen Fan kann natürlich jedes innig geliebte Werk ein persönliches Jahrhundertalbum sein, keine Frage, aber das war ja auch der ursprüngliche Anlass meiner (meinem Empfinden nach immer noch sehr zurückhaltenden) Kritik, dass solche Begriffe wie "Jahrhundertalbum" doch einen gewissen Anschein der objektiven Wertung implizieren, mit dem ich mir einfach sehr schwer tue.

Was ist ein Jahrhundertalbum?

Ich weiß, dass "The Lord of Steel" sicherlich keines ist. ;)

Was also dann?

Für mich würde ich ein Jahrhundertalbum wie folgt definieren (kumulativ):

- Es ist musikalisch von makelloser Güte.
- Es hat über das rein handwerkliche hinaus eine besondere Individualität, Emotionalität, Spirit, Ausstrahlung.
- Es funktioniert als Gesamtkunstwerk aus Musik, Lyrik, Artwork, Charisma, Präsentation.
- Es zeigt die Band auf dem Höhepunkt ihrer Kreativität.
- Es hat großen Einfluss auf das Genre, auf nachfolgende Bands, auf den Style und das Verständnis der Fans von ihrer Szene.
- Es hat auch über den eigenen Fankreis hinaus eine so breite Anerkennung im stilistischen Umfeld, dass der subjektiv-euphorischen Faneinordnung eine gewisse objektivierbare Relevanz für Genre und Szene zur Seite steht.

Die letzten beiden Punkte sind bei der Vokabel "Jahrhundertalbum" für mich von besonders relevant, denn die Punkte 1-4 erwartet man auch schon bei einem "Album des Jahres" oder einem "Lieblingsalbum".

Nach der Definition könnte ich mich durchaus dazu durchringen, dass bisher jedes Studioalbum von Atlantean Kodex ein rundum wichtiges, originelles und für den heutigen Epic Metal stilprägendes und herausragendes Album ist. Damit hat es die Grundvoraussetzungen dafür, mal als Jahrhundertalbum gelten zu können. Woran ich halt tatsächlich ernste Zweifel habe, sind die letzten beiden Punkte, was aber nicht an der Band oder dem Album liegt, sondern an der Zeit, der Szene, dem Umfeld.

Wolf wird jetzt vielleicht sagen, dass das an solchen ewiggestrigen und unromantischen Stinkstiefeln wie mir liegt, die in der Vergangenheit leben, wochenlang schimmlige Manowar-EPs in Dauerschleife hören und sich dabei über zu viel Euphorie anderer Leute für junge Bands echauffieren. Ich glaube aber nicht, dass das der Grund ist und auch nicht, dass mich darin die diversen jungen Bands, die ich so reviewe und von deren Konzerten ich berichte, mich darin wiederfinden. Der Grund ist einfach, dass es heute so irre schwer ist, noch den Effekt der Unerhörtheit mitzunehmen, der es eben leider fast ausschließlich ist, der Legenden gebiert und Beachtung auf wirklich breiter Basis. VENOMs "Black Metal" fällt bei mindestens einer der obigen Kategorien ziemlich durch, und doch ist es ein Jahrhundertalbum geworden. Warum? Transgression. Man war unerhört und eine der ersten Bands, die auf so breiter Basis mit diesen Schockeffekten punktete.

Ich wünsche es den Alben von Mgła und Atlantean Kodex, dass sie in 20 Jahren so anerkannt sind wie ein "Into Glory Ride" und ein "Hammerheart", oder wie ein "Transilvanian Hunger" oder ein "De Mysteriis...", dass sich dann ebenso junge Bands auf diese aktuellen Bands berufen, wie sich heute auf Manilla Road oder Emperor berufen. Dann wären sie zu Jahrhundertalben geworden. Glück auf..., sollte ich noch leben und widerlegt sein, dann freue ich mich von Herzen, widerlegt zu sein, denn das würde bedeuten, dass unsere Musik auch dann noch lebt. Vorwegnehmen möchte ich es dennoch nicht, hier und jetzt.
 
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