Aufgelegt!

Kurz vor dem Wochenende:

418459065819:500


Zugegeben: ohne Ronnie Romeros Engagement in der aktuellen Rainbow-Inkarnation wäre ich nie auf die Idee gekommen, mir diese Band anzuhören. Überzeugt durch die gesangliche Performance seinerzeit eben mit Rainbow auf der Loreley war es doch dann auch mal an der Zeit, sich seiner Hausband zu widmen - die er ja nun zwischenzeitlich wieder verlassen hat.

"Icons of the new Days", 2018 erschienen, ist demzufolge das letzte Album der spanischen Band mit dem kleinen Mann mit der großen Stimme und im traditionellen Hardrock/Metal verwurzelt - leider mit einigen eher unschönen Eskapaden Richtung Kirmesfraktion.

Der Opener "World gone mad" (schon irgendwie programmatisch für die heutige Zeit) erinnert vom Grundaufbau an - Überraschung - Dio. Der Einstieg mag ein klein wenig zu langatmig gewählt sein, der Chorus geht mir persönlich ein wenig zu sehr in Richtung Euro-Metal (allerdings noch weit, weit vor der Trallala-Grenze), ich kann mir aber gut vorstellen, dass das Ding gerade live regelrecht explodieren dürfte, die Keyboards hätte es nicht unbedingt gebraucht. Kurzum: dennoch solide Metalkunst, die Verses sind nicht von der Sorte "schon zigfach gehört" und der Songaufbau in sich spannend. Punktgewinn - starker Opener.

Beim folgenden Titeltrack ist es für mich persönlich dann tatsächlich ein wenig zu sehr Eurometal von der Stange, des Weiteren nerven die Bontempi-Sounds, die völlig deplaziert wirken. Der Chorus bremst eher unglücklich anstatt Gas zu geben - ein Minuspunkt für die gesamte Platte, da hilft auch der überirdische Gesang leider wenig. Durchschnitt.

Auch "Not in a Place like this" nerven zunächst sofort wieder diese seltsamen Keyboardspielereien, auch ist der Song stilistisch eine Fortsetzung seines unmittelbaren Vorgängers, erneut mit einem eurometaltypischen Chorus, in dem Keyboards, Drums und Gitarre eher zu einem Matsch verschwimmen. Ein Lowlight.

"Forevermore" prescht ganz nett nach vorn - aber wieder diese Keyboards, die an eine schlechte Version neuerer Stratovarius erinnern - Gott sei Dank verschwinden diese Sounds dann im ruhig gehaltenen Verse und erstmals nach dem Opener scheint es, als könne mich die Band am Ende doch erwischen. Anders als seine unmittelbaren beiden Vorgänger weiß "Forevermore" zu überraschen und (fast) zu überzeugen - wären da nicht wieder zu späterer Zeit diese unsäglichen Keys....

Endlich: ein Pianosound klassischer Prägung und kein Spielkonsolenkeyboard! "The Way I'll remember" erinnert tatsächlich eher positiv an Savatage. Auch überhaupt macht das Ding plötzlich Spaß, geht aus sicher heraus und entpuppt sich letztlich gar als erstes Highlight auf dem Album. Die eingangs präsente Savatage-Attitüde weicht eher einem Saxon-ähnlichen Aufbau, klingt "klassisch-britisch". Als Outro baut man das eingangs per Piano dargebotene Thema noch in leicht abgewandelter Form auf der akustischen Gitarre ein - stark.

"Fallin" ist nicht spektakulär, aber ein solider Song irgendwo in der Schnittmenge zwischen klassischem Hardrock und Metal, der Chorus ein wenig einfallslos, grundsätzlich aber solide Arbeit - und nun schon der 2. Song, der ohne dieses unsägliche Keyboardgedudel zu gefallen weiß. Gelungen.

Ein 8 Minuten-Song namens "King's Reborn" setzt das Album fort - und siehe da: das Ding ist GEIL! In besseren Zeiten konnten Manowar solche Songs schreiben - das Ding bahnt sich seinen Weg zunächst stampfend, die Strophen eher ruhiger, dann eine epische Bridge, die in einen Dio-ähnlichen Chorus mündet. Die schwarzen Lords bündeln hier eine Menge traditioneller Metalgeschichte zu einem homogenen Ganzen, der Gesang Romeros drückt das Ganze sehr extrem in Richtung Dio, die Gitarrenarbeit passt hier hervorragend, ist abwechslungsreich und verzichtet auf eher überflüssiges Gegniedel - kurz: songdienlich. Was soll ich sagen? Ein gelungenes Epos, keine Frage.

Aus Versehen einen Priest-Song aufs Album gepackt denkt man sich denn dann - mitnichten: der Gesang klingt wieder nach Romero. Da ich generell den klassischen, schneidenden Priest-Stil mag (regt wahlweise zum Bangen wie zum Fußwippen ein) mag ich das Ding mit Namen "Long Way from Home". Sehr gelungen, warum kommen diese Dinger nun erst zum Ende der Platte?

"The Edge of Darkness" hat diesen oriental-angehauchten Rainbow-Touch, der sich auch durch den ganzen Song zieht: ein paar nette Breaks sorgen dafür, dass das Ding nicht sofort als "zigfach gehört" abgestempelt wird - leider zerstört dieser typisch-platte EU-Chorus ein wenig den guten ersten Eindruck. Die Wendung aber nach diesem Chorus führt in nahezu progressive-Gefilde, so recht gelingen mag das aber nicht. Viel Gewusel um am Ende wieder da zu landen, wo das Ganze startete. Mit den Anlagen zu Beginn des Tracks hätte man daraus zweifelsfrei einen tollen Stampfer basteln können - so ist es irgendwie Alles und Nichts.

"Wait no Prayer for the Dying" klingt nach Annihilator und ist der härteste Song der Platte - schon geil! Killt jede Erwartungshaltung, die man bislang hatte - und seltsamerweise passt in dieser Kombination auch der Chorus sehr gut hinein - und das, obwohl auch der wieder ein wenig in die Eurometalecke zielt (na gut, es sind ja nun mal auch Spanier ;-)). Dennoch: das Ding ist geil, man bekommt es kaum aus dem Ohr - davon hätte es gern mehr sein dürfen.

Das abschließende "All I have left" ist ein großes Epos. Hier verbinden sich Elemente von Queen, (alten!) Manowar und Maiden zu einem tatsächlich homogenen Ganzen. Hier stimmt Vieles und wenig wird falsch gemacht, viel geiler kann man das nicht machen, das muss man einfach neidlos anerkennen. Ein 10-Punkte Song, ganz ohne Wenn und Aber.

Zur Bonus-CD:
Mit "Only", "Tears of the Dragon" und "Innuendo" wagen sich die schwarzen Lords an gleich 3 meiner ganz persönlichen Lieblingssongs. "Passabel" kann man attestieren, die alte Weisheit, dass ein gutes Orginal selten für ein wirklich gutes Cover taugt bewahrheitet sich aber dennoch. Trotz aller stimmlichen Qualität scheitert Romero am Ende an den Größen Bush, Dickinson und Mercury, instrumental ist hier alles weitesgehend an den Originalen. Eine nette Verbeugung und doch möchte man unmittelbar nach dem Durchlauf der 3 Songs lieber wieder auf die unwiderstehlichen Originale umschwenken. "Edge of the Blade" (Journey) kann man dann direkt zur Gruppe der vorgenannten Tracks dazu addieren, die beiden Eigenkompositionen laufen zu einem Ohr rein und zum anderen wieder raus - nicht gut, nicht schlecht.

"Icons of the new Days" wirkt in sich stilistisch ein wenig orientierungslos über die Gesamtlaufzeit. Bietet der Opener tatsächlich solide Eurometalkost, so muten die Songs bis einschließlich "Forevermore" wie eine Stratovarius-meets-Sonata-Arctica-ohne-Kastratengesang-mit-furchtbaren-Keyboards an. Ab dort geht es im Wesentlichen aufwärts, die Spielwiese wird breiter und die Band entfaltet sich auf einem völlig anderen Level, was nur beim überambitioniert wirkenden "The Edge of Darkness" ein wenig ins Beinkleid geht. Ab und an wäre "weniger Malmsteen - mehr Blackmore" vor allem den getragenen Songs ein wenig dienlicher, ein kleinerer Schönheitsfehler, der aber zu verschmerzen ist.

Romeros Gesang ist sehr gut, kein Wunder, dass der "Meister" ihn seinerzeit verpflichtet hat. Zu den ganz Großen (s. auch Anmerkung zu den Bonustracks) reicht es vielleicht nicht, aber der Mann ist kein Stück austauschbar und schafft es, speziell den beiden Epen des Albums noch mehr Tiefe zu verleihen. Es dürfte mehr als schwierig sein, das kleine Sangeswunder zu ersetzen.

Sollte die Enwicklung der Lords of Black eher in Richtung der 2. Albumhälfte tendieren bleibt es spannend - eine Entwicklung im Rahmen der Tracks 2 - 4 könnte da schon eher in der Battle-Beast-meets-Sabaton-Ecke münden - wäre schade drum.
 
Zuletzt bearbeitet:
@RageXX hab die Lords of Black Scheibe jetzt durchgehört, vielen Dank für deine gute Vorbereitung.
Manche Lieder waren wirklich schwer und nur Dank Ronnie Romero zu ertragen, den negativen Höhepunkt erreicht das Ganze für mich beim Song «Not in a Place Like This», dieses Prodigy-Geräusch, grausam. Insgesamt einfach zuviele «Ideen» und zu viel «Können» und zu viele Noten, um zu sagen, was zu sagen ist. Was das genau ist, weiss ich trotzdem nicht. Aber der Ronnie singt halt schon sehr geil. Und wie du sagst, sind weiter hinten auch ein paar tolle Songs, vor allem «All i have left» – hör ich mir jetzt gleich nochmal an! Und wenn die irgendwo mal spielen, würd ich auch hingehen. In echt fällt ja dann auch etwas vom Plastik weg.
 
Mal was Aktuelles:

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Dream Theater sind maßgeblich für meine Liebe zu progressiven Klängen, fing doch seinerzeit mal alles für mich mit "Images & Words" an. Nun ist über das aktuelle Werk viel geschrieben und diskutiert worden, hier nun einfach meine Sicht der Dinge.

Vorab: wäre "Distance...." der Nachfolger von "Images..." oder "Awake" gewesen, die Fachpresse hätte sich seinerzeit überschlagen, da bin ich sicher. Warum? Weil alle Tradmarks der Band an Bord sind und in überwiegend starken Songs gebündelt wurden. Das mag man aus heutiger Sicht sicher anders sehen, für mich ist "Distance..." das stärkste DT-Album mit Mangini und demzufolge auch das beste Album seit "Black Clouds....". Der bei eben benannten Album noch vorhandene Ansatz, DT zumindest marginal in eine andere Richtung zu verändern - zumeist auch einhergehend mit einem höheren Härtegrad - ist bei "Distance..." natürlich nicht mehr vorhanden (ja, schon schade....), demzufolge möge allen Kritikern Recht gegeben werden, die sich darauf berufen, dass die mangelnde Weiterentwicklung dafür gesorgt hat, dass man eine richtungsweisende Stellung in der Szene nun nicht mehr innehat - aber: ist das nach über 30 Jahren noch notwendig? Haben wir uns in den 90ern, als alle möglichen Bands mit neuen Sounds experimentiert haben, nicht just den Signature-Sound "unserer" Lieblinge (gleich wer es denn nun war....Motörhead und AC/DC zählen natürlich nicht :-)) zurück gewünscht? Eben! Und aus diesem Blickwinkel heraus betrachtet ist "Distance over Time" vor allem eines: ein bockstarkes Album!

Da wäre der Opener "Untethered Angel": meinetwegen im Gesamtkosmos des Traumtheaters eher irrelevant, aber kann man sich selbst schöner zitieren? Nicht übermäßig überfrachtet mit Instrumentaleinlagen (sonst ja schon mal gern genommen bei Petrucci & Co.), ein toller Chorus, das Ding geht schön ab und hat für DT-Verhältnisse - wie übrigens die meisten Songs auf "Distance..." einen tatsächlich aussagekräftigen Text - auch, wenn natürlich kein Neal Peart an Bord ist, der das Ganze auch lyrisch verpacken könnte. Sei's drum: das Ding rockt, das Ding macht Spaß - gut ist.

"Paralyzed" ist von ähnlichem Kaliber, m.E. nach aber schwächer: zwar geht auch der Zweitling auf "Distance..." gut ins Ohr, allerdings ist der Chorus - nun ja - platt. Dennoch: von "schlecht" zu reden wäre ein Fehler, "uninspiriert" trifft es vielleicht eher. Dennoch ist das Gespür für Melodien in den Verses sehr gut spürbar und erneut verzichtet man darauf, den Song übermäßig mit instrumentalen Spielereien zu verzieren. Kurz und knackig, im schlimmsten Fall verzichtbar, aber auch kein Totalausfall - und je öfter man das Ding im Albumkontext hört fühlt man sich irgendwie DOCH bemüßigt, den Chorus einfach mal mitzusummen - keine Ahnung, wie es da anderen Hörern geht, bei mir ist es eben so.

"Fall into the Light" ist Dream Theater pur! Ein ganz starker Song, natürlich lauert hier und da ein wenig Metallica (auch nichts Neues/Ungewöhnliches), aber es bleibt einfach unverkennbar Dream-Theater-Melodic-Prog-Metal - Punkt! Die Dramaturgie ist schön in Szene gesetzt, das Ding ist keinen Deut zu lang oder zu kurz, gerne hätte man das Riffing noch ein wenig mehr am harten Eingangsriff weiterentwickeln dürfen, ist aber Jammern auf hohem Niveau. Das Ding hat mich gepackt und wird und wird nicht langweilig.

Mit "Barstool Warrior" packen die Jungs sogar noch einen drauf! Hier tauchen Sounds auf, die an "Scenes..." erinnern, musikalisch ist die Verquickung zwischen 70er Prog-Sounds und metallischen Einschüben gut geglückt, das Stück bleibt spannend. In Sachen Lyrics erneut gut angedacht - ok, eben kein Neal Peart ;-). Dennoch transportiert "Barstool Warrior" durchaus Emotionen und ist einfach nur geglückt, das Stück macht Spaß.

Der Raum 137 erinnert mich zu Beginn des Songs IMMER noch irgendwie an Marilyn Manson. Ist neben "Paralyzed" nun das 2. Stück, was nicht vollends überzeugen kann und doch im Rahmen des Albums selbst irgendwie passt, zumal es ein wenig "anders" ist, ohne in Gänze vom gängigen Traumtheaterpfad abzuweichen. "Füller" ist immer so ein Wort....aber so recht passen mag es dann doch nicht, es wächst ein wenig, allerdings ist es natürlich keine Großtat geworden.

"S2N" ist das "Test for Echo" von Dream Theater. Die Parallelen zu den Kanadiern treten hier offenkundig in den Vordergrund und ja, rein musikalisch hätte das Ding tatsächlich von Rush stammen können, ohne Wenn und Aber. Das Gute daran: die Verbeugung gelingt! Anfangs ging das Ding ein wenig unter, nach mehrmaligem Hören ist es wirklich ein kleiner "Hit", ein wenig geradliniger als "Untethered Angel" und dennoch nicht cheesy - bleibt hängen, eine weitere positive Überraschung.

Mit "At Wit's End" hat man ein gutes, wenn auch natürlich kein überirdisches (die Zeiten sind wohl tatsächlich vorbei....) Epos am Start. Auffällig: auch hier verzettelt man sich nicht! Der Song ist der Star, die Frickeleien sind an der richtigen Stelle gesetzt und verkommen nicht zum Selbstzweck, etwas, das mich bei vielen, vielen "späteren" DT-Werken stets ein wenig gestört hat. Kurzum: solide, schön hörbar - das neuerliche Einfaden zum Schluss hätte man sich stecken können allerdings, ansonsten keinerlei negative Kritik.

Wer Balladen mag, der dürfte mit "Out of Reach" gut klarkommen. Und sind wir ehrlich: LaBries Stimme ist GEMACHT für Balladen, trotz aller auch von mir oft geäußerten Kritik. Ja, man kratzt an der Kitschgrenze und JA es ist ein wenig käsig - und doch spiegelt es eben eine weitere Facette dessen wider, was Dream Theater ausmacht. Auch hier gilt wieder: schön in den Flow des Albums gesetzt und NEIN, nur hargesottene DT- oder Balladenhasser werden stets die Skip-Taste bestätigen.

"Pale Blue Dot" ist erstaunlich hochklassig ausgefallen. Ja, da sind sie denn doch, die Spuren, die moderne Acts wie HAKEN oder TOOL hinterlassen haben. Spannend: man bindet diese Elemente wohldosiert in einen "klassischen" Dream-Theater-Song ein und das gelingt auch noch gut. Anfangs wirkt es ein wenig sperrig, mittlerweile ein weiteres Highlight für mich auf "Distance...".

Der Bonustrack.....wäre mir an 2. Stelle des Albums um LÄNGEN lieber gewesen als das eher farblose "Paralyzed". Ich kann an dem Teil absolut nichts Negatives finden, der "Viper King" macht gute Laune und was ist schon gegen eine sehr gut gemachte und ein wenig verfrickeltere Version von Van Halen einzuwenden? Der Chorus passt, das Stück gleitet sauber durch ohne zu nerven und man denkt auch nicht "Was soll das jetzt?" - wie an so vielen Stellen des kompletten Vorgängerwerks....

Also: "Distance over Time" ist ein starkes Album! Wer eine Weiterntwicklung erwartete (was die wenigsten getan haben dürften....), der wird "enttäuscht", wer eine Rückbesinnung auf den guten, "alten" Dream-Theater-Sound gewünscht hatte, der bekommt sogar mehr als erwartet. "Distance..." macht SPASS! Ja! Man muss sich das Album nicht in Gänze "erarbeiten", es ist einfach da, manch einer mag "käsig" schreien an einigen Stellen (kam selbst mir ab und an in den Sinn....), aber auch diese Momente gab es schon IMMER! Mit dem Opener, "Fall into the Light", "S2N", "Barstool Warrior" und "Pale Blue Dot" sind megastarke Songs am Start, die ich persönlich so kaum noch auf der Rechnung hatte im Zusammenhang mit dem Traumtheater - well done!
 
Wer eine Weiterntwicklung erwartete, der wird "enttäuscht"
Ja!

wer eine Rückbesinnung auf den guten, "alten" Dream-Theater-Sound gewünscht hatte, der bekommt sogar mehr als erwartet
Nein! Eben gerade ganz und gar nicht! Also nicht für mich.

PS: Ich hab ja trotzdem mittlerweile meinen Frieden mit dem Album gemacht und es bekommt von mir, beide Augen zugedrückt und mit ganz viel Gutem Willen, knappe 8 Punkte;)
 
Und denn dann mal:

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Conception sind zurück. Eine der für mich schönsten Nachrichten überhaupt. Die Norweger erkennt man anhand der Samtstimme von Khan, sowie der überirdischen und nach wie vor ebenso innovativen wie emotionalen Spielweise von Tore Ostby unter tausenden von ähnlichen Bands - und das ist auch Gott sei Dank bei der Comebacksingle "re:conception" und der parallel erschienen EP "My dark Symphony" so geblieben.

Sowohl EP als auch Single eröffnen nach dem kurzen Intro "re:conpetion" mit "Grand Again" - und sofort stellt sich der Wohlfühlfaktor ein! Der Opener orientiert sich stark an der "Flow"-Phase, packt aber eine Schippe Härte mit dazu, ohne gar zu metallisch zu wirken. Der Chorus ist nicht von dieser Welt, MEIN Progsong des Jahres! Wer das gänsehautfrei übersteht, der ist schon tot ;-). OK: wer mag, der darf sich an den zwischenzeitlich leicht verzerrten Vocals von Khan stoßen.

Die EP wird mit "Into the Wild" fortgeführt. Auch hier erinnert die Stilistik ein wenig an "Flow"-Zeiten, allerdings erreicht man nicht mehr das absolute Überniveau des Openers. Trotzdem: erneut bockstark, ruhig mit einem kleinen, metallischen Zwischenspiel. Liebevoll in den Details, ein schöner Chorus, die "Backings", wenn man sie so nennen möchte, wirken ein wenig "preiswert", aber ich denke, mit den entsprechenden Mitteln war es eben aktuell nur so umsetzbar. Dennoch: starkes Stück, ein Beweis dafür, dass man Songs nicht aufblasen muss, um sie abwechslungsreich UND eingängig zu gestalten.

"Quite alright" entführt eher in die "Prallel Minds"-Phase. Diese Gitarre von Ostby....einfach göttlich! Durchaus balladesk, textlich bittersüß (stehe ich ja extrem drauf) und ja, in einer besseren Welt wäre das ein Song für's RADIO! Kein Scherz! Niveauvoll, "unkäsig", einfach ein paar Schritte vor der "Konkurrenz" - dazu diese leicht orchestralen Elemente - FEIN!

"The Moment" beginnt mit einem Piano und greift erneut ein wenig in die "Parallel Minds"-Phase ein. Der Gesang von Khan ist emotional und sanft, einfach wie GEMACHT für diese Art von Musik - und dann explodiert ein regelrecht hymnischer Chorus! Kann man kaum anders sagen! Ich denke, das Ding live und "mitgesungen" - kaum zu toppen. Eine "übliche", platte und kalkulierte Livenummer? Keine Spur! Dafür sind die instrumentalen Spielereien viel zu vertrackt, teils ein wenig jazzig. Groß, um nicht zu sagen, GANZ groß!

Den Abschluss bildet "My dark Symphony", eine tatsächlich "symphonische" Ballade, erneut mit einigen orchestralen Einsprengseln. Mich persönlich haut es nicht so vom Hocker, natürlich, da ist er wieder, dieser große Chorus, auf den es sich zuarbeitet - und in diesem Fall ein wenig "zuschleppt". Noch kein Avantasia-Niveau, aber irgendwie fällt es ein wenig ab. Enttäuscht? Auch wieder nicht - aber da wäre vielleicht mehr drin gewesen.

Bliebe noch "Feather Moves", der 2. Song auf der Single. Das rund 6 Minuten lange Stück "entführt" in die "The last Sunset"-Phase, denn genau an die gleichnamige, namensgebende Ballade eben jenes Albums erinnert "Feather Moves". Erneut getragen, ruhig, Spannungsaufbau vom Feinsten....wunderschön!

Fazit: Kein "Soliloquy" und auch keine Songs vom Kaliber "Building a Force", eher die ruhige Seite Concpetions kommt hier zum Tragen, also schon eher "Flow"-orientiert. Dennoch erinnern allein diese paar ruhigen Vertreter des Conception-Sounds daran, welche Lücke die Norweger hinterlassen hatten. Ein komplettes Album macht a) den Mund natürlich wässrig und weckt b) überdies die Hoffnung, auf das ein- oder andere Prog-Epos aus den Zeiten der ersten 3 Alben.
 
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Dream Theater sind maßgeblich für meine Liebe zu progressiven Klängen, fing doch seinerzeit mal alles für mich mit "Images & Words" an. Nun ist über das aktuelle Werk viel geschrieben und diskutiert worden, hier nun einfach meine Sicht der Dinge.

Vorab: wäre "Distance...." der Nachfolger von "Images..." oder "Awake" gewesen, die Fachpresse hätte sich seinerzeit überschlagen, da bin ich sicher. Warum? Weil alle Tradmarks der Band an Bord sind und in überwiegend starken Songs gebündelt wurden. Das mag man aus heutiger Sicht sicher anders sehen, für mich ist "Distance..." das stärkste DT-Album mit Mangini und demzufolge auch das beste Album seit "Black Clouds....". Der bei eben benannten Album noch vorhandene Ansatz, DT zumindest marginal in eine andere Richtung zu verändern - zumeist auch einhergehend mit einem höheren Härtegrad - ist bei "Distance..." natürlich nicht mehr vorhanden (ja, schon schade....), demzufolge möge allen Kritikern Recht gegeben werden, die sich darauf berufen, dass die mangelnde Weiterentwicklung dafür gesorgt hat, dass man eine richtungsweisende Stellung in der Szene nun nicht mehr innehat - aber: ist das nach über 30 Jahren noch notwendig? Haben wir uns in den 90ern, als alle möglichen Bands mit neuen Sounds experimentiert haben, nicht just den Signature-Sound "unserer" Lieblinge (gleich wer es denn nun war....Motörhead und AC/DC zählen natürlich nicht :)) zurück gewünscht? Eben! Und aus diesem Blickwinkel heraus betrachtet ist "Distance over Time" vor allem eines: ein bockstarkes Album!

Da wäre der Opener "Untethered Angel": meinetwegen im Gesamtkosmos des Traumtheaters eher irrelevant, aber kann man sich selbst schöner zitieren? Nicht übermäßig überfrachtet mit Instrumentaleinlagen (sonst ja schon mal gern genommen bei Petrucci & Co.), ein toller Chorus, das Ding geht schön ab und hat für DT-Verhältnisse - wie übrigens die meisten Songs auf "Distance..." einen tatsächlich aussagekräftigen Text - auch, wenn natürlich kein Neal Peart an Bord ist, der das Ganze auch lyrisch verpacken könnte. Sei's drum: das Ding rockt, das Ding macht Spaß - gut ist.

"Paralyzed" ist von ähnlichem Kaliber, m.E. nach aber schwächer: zwar geht auch der Zweitling auf "Distance..." gut ins Ohr, allerdings ist der Chorus - nun ja - platt. Dennoch: von "schlecht" zu reden wäre ein Fehler, "uninspiriert" trifft es vielleicht eher. Dennoch ist das Gespür für Melodien in den Verses sehr gut spürbar und erneut verzichtet man darauf, den Song übermäßig mit instrumentalen Spielereien zu verzieren. Kurz und knackig, im schlimmsten Fall verzichtbar, aber auch kein Totalausfall - und je öfter man das Ding im Albumkontext hört fühlt man sich irgendwie DOCH bemüßigt, den Chorus einfach mal mitzusummen - keine Ahnung, wie es da anderen Hörern geht, bei mir ist es eben so.

"Fall into the Light" ist Dream Theater pur! Ein ganz starker Song, natürlich lauert hier und da ein wenig Metallica (auch nichts Neues/Ungewöhnliches), aber es bleibt einfach unverkennbar Dream-Theater-Melodic-Prog-Metal - Punkt! Die Dramaturgie ist schön in Szene gesetzt, das Ding ist keinen Deut zu lang oder zu kurz, gerne hätte man das Riffing noch ein wenig mehr am harten Eingangsriff weiterentwickeln dürfen, ist aber Jammern auf hohem Niveau. Das Ding hat mich gepackt und wird und wird nicht langweilig.

Mit "Barstool Warrior" packen die Jungs sogar noch einen drauf! Hier tauchen Sounds auf, die an "Scenes..." erinnern, musikalisch ist die Verquickung zwischen 70er Prog-Sounds und metallischen Einschüben gut geglückt, das Stück bleibt spannend. In Sachen Lyrics erneut gut angedacht - ok, eben kein Neal Peart ;-). Dennoch transportiert "Barstool Warrior" durchaus Emotionen und ist einfach nur geglückt, das Stück macht Spaß.

Der Raum 137 erinnert mich zu Beginn des Songs IMMER noch irgendwie an Marilyn Manson. Ist neben "Paralyzed" nun das 2. Stück, was nicht vollends überzeugen kann und doch im Rahmen des Albums selbst irgendwie passt, zumal es ein wenig "anders" ist, ohne in Gänze vom gängigen Traumtheaterpfad abzuweichen. "Füller" ist immer so ein Wort....aber so recht passen mag es dann doch nicht, es wächst ein wenig, allerdings ist es natürlich keine Großtat geworden.

"S2N" ist das "Test for Echo" von Dream Theater. Die Parallelen zu den Kanadiern treten hier offenkundig in den Vordergrund und ja, rein musikalisch hätte das Ding tatsächlich von Rush stammen können, ohne Wenn und Aber. Das Gute daran: die Verbeugung gelingt! Anfangs ging das Ding ein wenig unter, nach mehrmaligem Hören ist es wirklich ein kleiner "Hit", ein wenig geradliniger als "Untethered Angel" und dennoch nicht cheesy - bleibt hängen, eine weitere positive Überraschung.

Mit "At Wit's End" hat man ein gutes, wenn auch natürlich kein überirdisches (die Zeiten sind wohl tatsächlich vorbei....) Epos am Start. Auffällig: auch hier verzettelt man sich nicht! Der Song ist der Star, die Frickeleien sind an der richtigen Stelle gesetzt und verkommen nicht zum Selbstzweck, etwas, das mich bei vielen, vielen "späteren" DT-Werken stets ein wenig gestört hat. Kurzum: solide, schön hörbar - das neuerliche Einfaden zum Schluss hätte man sich stecken können allerdings, ansonsten keinerlei negative Kritik.

Wer Balladen mag, der dürfte mit "Out of Reach" gut klarkommen. Und sind wir ehrlich: LaBries Stimme ist GEMACHT für Balladen, trotz aller auch von mir oft geäußerten Kritik. Ja, man kratzt an der Kitschgrenze und JA es ist ein wenig käsig - und doch spiegelt es eben eine weitere Facette dessen wider, was Dream Theater ausmacht. Auch hier gilt wieder: schön in den Flow des Albums gesetzt und NEIN, nur hargesottene DT- oder Balladenhasser werden stets die Skip-Taste bestätigen.

"Pale Blue Dot" ist erstaunlich hochklassig ausgefallen. Ja, da sind sie denn doch, die Spuren, die moderne Acts wie HAKEN oder TOOL hinterlassen haben. Spannend: man bindet diese Elemente wohldosiert in einen "klassischen" Dream-Theater-Song ein und das gelingt auch noch gut. Anfangs wirkt es ein wenig sperrig, mittlerweile ein weiteres Highlight für mich auf "Distance...".

Der Bonustrack.....wäre mir an 2. Stelle des Albums um LÄNGEN lieber gewesen als das eher farblose "Paralyzed". Ich kann an dem Teil absolut nichts Negatives finden, der "Viper King" macht gute Laune und was ist schon gegen eine sehr gut gemachte und ein wenig verfrickeltere Version von Van Halen einzuwenden? Der Chorus passt, das Stück gleitet sauber durch ohne zu nerven und man denkt auch nicht "Was soll das jetzt?" - wie an so vielen Stellen des kompletten Vorgängerwerks....

Also: "Distance over Time" ist ein starkes Album! Wer eine Weiterntwicklung erwartete (was die wenigsten getan haben dürften....), der wird "enttäuscht", wer eine Rückbesinnung auf den guten, "alten" Dream-Theater-Sound gewünscht hatte, der bekommt sogar mehr als erwartet. "Distance..." macht SPASS! Ja! Man muss sich das Album nicht in Gänze "erarbeiten", es ist einfach da, manch einer mag "käsig" schreien an einigen Stellen (kam selbst mir ab und an in den Sinn....), aber auch diese Momente gab es schon IMMER! Mit dem Opener, "Fall into the Light", "S2N", "Barstool Warrior" und "Pale Blue Dot" sind megastarke Songs am Start, die ich persönlich so kaum noch auf der Rechnung hatte im Zusammenhang mit dem Traumtheater - well done!


Mit Deinem Review gehe ich zum größten Teil absolut konform.
Nur der "Viper König" hört sich für mich wie ein Abklatsch der Söhne des Apollo an.
Die sind übrigens auch wieder im Studio. Ein neues Album kommt spätestens Anfang 2020 :jubel:
 
Mit Deinem Review gehe ich zum größten Teil absolut konform.
Nur der "Viper König" hört sich für mich wie ein Abklatsch der Söhne des Apollo an.
Die sind übrigens auch wieder im Studio. Ein neues Album kommt spätestens Anfang 2020 :jubel:

Ja, ich hörte da sowas läuten. Auch mit den Flying Colors will Portnoy wohl in Kürze den Drittling in Angriff nehmen. Es bleibt also spannend :-).

Du hast tatsächlich Recht: der "Viper König" erinnert auch mich ein klein wenig an die Söhne, keine Frage. Finde ich trotzdem nicht schlimm :-).
 
PS: Ich hab ja trotzdem mittlerweile meinen Frieden mit dem Album gemacht und es bekommt von mir, beide Augen zugedrückt und mit ganz viel Gutem Willen, knappe 8 Punkte;)

Ich würde wenigstens um 0,5 Punkte erweitern - ggf. sogar auf 9, je nach Tagesform. Für mich ist "DoT" tatsächlich eine runde Sache geworden, mit der ich so nicht gerechnet hätte, anders als die aktuelle Queensryche, die zwar allenthalben Lob erhält, mich aber irgendwie (noch) nicht erwischt.

"DoT" funktioniert einfach gut, die Platte hat Flow. Selbstverständlich sollte man das losgelöst von früheren Großtaten betrachten, was aber bleibt ist ein solides Album, das ins Ohr geht und "meiner" aktuellen Idealvorstellung von DT recht nah kommt, speziell die von mir zitierten Titel. Überdies ist die Produktion sehr gelungen, auch wenn der Gesang extrem nachpoliert wurde - ich denke, das geht auch einfach gar nicht mehr anders.

Es ist auffällig, dass die Vielseitigkeit, die ein Mike Portnoy seinerzeit eingebracht hat, sich nun auf dessen Projekte verteilt, so klingen die "Sons...." durchaus wie eine modernere Variante des Traumtheaters, die Flying Colors wie eine Mischung aus den Beatles, 70er Prog und AOR - eine Menge Zutaten, die bei den aktuellen DT schlicht auf der Strecke bleiben.

DT haben - ähnlich wie auch schon auf "A dramatic Turn of Events" - "ihren" (Erfolgs-)Sound gesucht und wohl auch (wieder) gefunden und für "DoT" auch noch in eine kompakte und sehr songdienliche Form gegossen. In der Vergangenheit nervte mich oftmals allein schon das Rudess-Gedudel im Keyboardbereich, das ist auf "DoT" fast komplett verschwunden. Petruccis Gitarre hingegen "schneidet" jetzt endlich mal wieder, die Soli sind nicht überzogen, sondern knackig und fein in die Songs eingebunden.

Ich kann an "DoT" nichts Schlechtes erkennen, was man hätte besser machen können wenn denn dann und überhaupt, das bleibt spekulativ. Ich denke, mehr wird auch künftig nicht zu erwarten sein. Meiner Meinung nach sind beide Visionäre längst aus dieser Band ausgeschieden, so dass man einfach macht was man kann - und das auf "Distance..." eben nach meinem Dafürhalten sehr gut.
 
Sonntagmorgen,kurz nach 7....mal was zum warm und wach werden:

DeepPurpleTheBattle.jpg


Tja, das vielfach gescholtene, "zweite" Reunionsalbum im Mark II - Line-Up. Kann mich gut erinnern, wie ich seinerzeit mit einigen anderen Purple-Fans aus meiner Heimatstadt vor unserem damals noch existenten Plattenladen stand, noch lange, bevor selbiger seine Pforten öffnete. Natürlich war unser verschworenes Grüppchen längst im Besitz der "Anya"-Maxi-CD, es entbrannten also heiße Debatten, ob man auf diesem Niveau bleiben würde oder am Ende einen Rohrkrepierer geschaffen hätte - selbst, wenn man "Anya" natürlich attestieren musste/muss, dass Mr. Blackmore hier einfach ein olles Rainbow-Riff ("Stranded") schlicht recycelt hatte - mit dennoch überaus hörbarem Ergebnis, wenn sich auch ein Vergleich mit dem "ersten" Reuinions-Hit "Perfect Strangers" indes nicht ziehen ließ: zwischen beiden Songs lagen/liegen dann doch Welten, worüber damals wie heute wohl Einigkeit bestand/besteht.

Vor dem Hintergrund, dass hier seitens der Plattenfirma sehr viel Geld geflossen war um "The Battle...." überhaupt im "klassischen" Line-Up zu realisieren musste man also eher von einem "zweckmäßigen" Werk ausgehen - worauf auch das bereits angesprochene, bereits verwendete "Anya"-Riff schließen ließ. Ein hungriges und kreatives Werk wie "Perfect Strangers"? Eher unwahrscheinlich.

Und somit ist "The Battle rages on" (bis heute gibt es Stimmen, die behaupten, der Titel greife den Kampf Blackmore/Gillan auf - andere beziehen es auf die Keyboard/Gitarrenduelle von Blackmore und Lord) im Wesentlichen ein "auf Nummer Sicher"-Album aus Sicht der Band: eine Blöße wollte man sich nicht geben, aber die hohen Ansprüche, die man gemeinhin an ein "Mark II" Album vom DP hatte wurden natürlich auch nicht erfüllt.

Dabei beginnt es mit dem Titeltrack nicht einmal schlecht: "The Battle rages on" glänzt mit einem schönen Einstieg und einem Chorus, der gleichermaßen im Ohr bleibt und auch ein wenig überrascht. Ein guter Start, vielleicht sogar besser als erwartet. Bis heute finde ich den Song mehr als gelungen und er landet "gern" auf gelegentlich selbst erstellten "Purple-Best-ofs".

Die Ernüchterung folgt mit "Lick it up": vielleicht liegt es einfach schon allein am Titel, dass man mit Songs dieses Namens keinen Blumentopf gewinnen kann. Das Ding "öde" zu nennen wäre noch eine nette Umschreibung, am Ende ist es eigentlich schon eine Frechheit. Lege ich die CD heute noch ab und an auf (so wie heute eben), dann neige ich dazu, das Teil einfach weiter zu skippen - nur die Tatsache, dass es am Ende irgendwie auch nicht weh tut und nach knapp 4 Minuten vorbei ist hindert mich daran ;-).

Das bereits erwähnte und vorab ausgekoppelte "Anya" ist schlicht und ergreifend ein schönes Stück Musik und eine Wohltat nach 4 Minuten "Standardstampf". OK, das Ding klingt eher nach Rainbows Joey-Lynn-Turner-Phase, aber das macht es einfach auch nicht schlechter. Gut vorstellbar, dass der Track noch zu JLT-Zeiten bei Purple entstanden sein könnte, denn es wirkt, als sei es auf eben jenen auch zugeschnitten. Sollte es so gewesen sein: ich bin froh, es mit Gillans Gesang genießen zu können.

An "Talk about Love" kann man weder etwas Positives, noch etwas wirklich Negatives finden: es läuft "halt so durch". Klingt ein wenig nach der typischen Purple-Rezeptur angemischt und man erkennt es eben genau daran. Hängen bleibt es dennoch nicht.

Mit "Time to kill" kommt man dann schon wieder eher auf eine fast schon kreative Höhe: der Chorus sitzt, das Gitarrenspiel von Blackmore (über weite Strecken auf dem kompletten Album "leider" weit unter seinen Möglichkeiten) wirkt inspiriert und leidenschaftlich und auch das so wohlige Zusammenspiel des Herrn Lord mit dem Meister passt in bewährter Form. Schön anzuhören und hätte auch in die seligen 70er gepasst.

Der "Ramshackle Man" groovt bluesig um die Ecke. Einen entspannten Bluesrocker dieser Art konnte dieses Kollektiv einfach nicht versemmeln, dazu ist die Qualität aller beteiligten Musiker schlicht und ergreifend zu groß. Macht Laune und versprüht ein wenig Improvisationsfeeling, so, wie man es sich eigentlich immer gewünscht hat von den großen, seinerzeit schon nicht mehr so jungen Herren.

Das nachfolgende "A Twist in the Tale" erinnert an einen Mix aus JLT-Rainbow und Purple-Uptempo: irgendwo lugt hier der "Death-Alley-Driver" um die Ecke, allerdings retten Lords Hammonds und auch das fundierte Drumming eine Ian Paice das Stücke locker über die Zeit. Gelungen, ein amtlicher Rocker.

Mit "Nasty Peace of Work" vergräbt man sich dann tatsächlich in den 70ern: ein wenig psychedelischer Hardrock - und ein kleines, übersehenes Kleinod im Kontext der Band. Generell passt diese Facette des Purple-Soundkosmos auch am Besten zu den Vocals eines Ian Gillan, der sich hier bestens entfalten kann, ohne gesangliche Kopfstände machen zu müssen. Und ein nettes, kleines Gitarren/Keyboardbattle der Herren Lord und Blackmore - in den 70ern hätte man daraus vor allem Live ein Improvisationsmonster gebastelt.

"Solitaire" nimmt ein wenig vorweg, was Purple dann später mit Steve Morse auf "Purpendicular" weiterführten: einen fast schon poppigen Song - mit einem wunderschönen Chorus. War lange Zeit ein echter Favorit für mich auf der Platte und bis heute finde ich das Ding schlicht gelungen. Im Wesentlichen könnte man es als einzige Ballade auf "The Battle...." bezeichnen und es fällt für die damalige Zeit einfach positiv aus dem bandtypischen Kontext. Wenn ich spekulieren dürfte: ein Zugeständnis an Herrn Gillan, der auf seinen späteren Solowerken teils eine ähnliche Richtung beschritten hatte.

Der Rausschmeißer "One Man's Meat" war bereits von der "Anya"-Single her bekannt - und schon dort für absolut unspektakulär befunden worden. Kurz: wäre "The Battle rages on" mit "Solitaire" ins Finale gegangen, man hätte nichts vermisst. Ähnlich wie schon "Lick it up" erweckt das Stück den Eindruck, dass man die Platte einfach irgendwie füllen musste.

Aus heutiger Sicht bietet "The Battle rages on" durchaus starkes Songmaterial und fällt erstaunlich vielseitig aus. Ein übermächtiges Meisterwerk mögen manche seinerzeit naiverweise erwartet haben (ja, ich nehme mich da nicht aus ;-)), ein solides Rockalbum ist es geworden - und das ist es heute noch. Lässt man die "Filler" ("Lick it up", "One Man's Meat") außen vor, dann ist "The Battle rages on" eine kleine Werkschau des Purple-Sounds mit kurzen Rainbow-Sprenklern ("leider" nur aus der JLT-Phase) - und damit im Wesentlichen nichts Anderes als das, was sich unter den seinerzeit wohl vorherrschenden Gegebenheiten (Blackmore-Gillan-Zwist, der die gesamte Bandarbeit beeinträchtigte, Blackmore nur noch wegen hoher Geldzahlungen Purple-Mitglied) erwarten konnte.

Schaut man sich heute den Hype um die letzten beiden Purple-Werke an, so bleibt die Frage offen, warum "The Battle...." nicht auch heutzutage noch mehr Beachtung findet - mir kommt es fast ein wenig vor, als hätte man sich eben mit "Infinite" und "Now What" eher wieder ein wenig diesen Zeiten angenähert. Und speziell unter diesem Aspekt betrachtet ist "The Battle rages on" in weiten Teilen in Würde gealtert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich mag die total gerne. "Anya" ist eines meiner Lieblingslieder und Namenspate für mein Online-Gaming.
Das Titelmotiv habe ich sogar mal als Deckblatt für meine Kunstmappe in der Schule gezeichnet.

Ja doch, mir ist "The Battle Rages on" sehr wichtig :)
 
Gutes Review,einmal mehr.
DEEP PURPLE mag ich ja seit 1968 und die meisten Scheiben haben eine gute Qualität (Für mich ist tatsächlich die JOE LYNN TURNER Scheibe "Slaves and Masters" der schlechteste Output von DP.Die mag ich überhaupt nicht.)."TBRO" finde ich wirklich gut (8,5/10).
 
Gutes Review,einmal mehr.
DEEP PURPLE mag ich ja seit 1968 und die meisten Scheiben haben eine gute Qualität (Für mich ist tatsächlich die JOE LYNN TURNER Scheibe "Slaves and Masters" der schlechteste Output von DP.Die mag ich überhaupt nicht.)."TBRO" finde ich wirklich gut (8,5/10).

Einen halben Punkt würde ich abziehen und auf eine solide "8" gehen. "Slaves and Masters" hat trotz Turner gute Momente, speziell den Opener und auch "The Cut runs deep", so richtig schlecht finde ich das Werk nicht - auch wenn es mehr nach "Spätrainbow" tönt, was nicht ausschließlich am eher farblosen Gesang liegt.
 
@RageXX :Wieder mal ein sehr schönes Review.

Keine Ahnung, was immer alle gegen Turner haben,
aber für mich stellen "Bent out of Shape" und "Slaves
and Masters" gar mit die besten Outputs der jeweiligen
Bands dar;)

Zu "The Battle...":
Sicher nichts die stärkste Scheibe in der Discographie,
höre ich dennoch immer wieder gerne.
 
@RageXX :Wieder mal ein sehr schönes Review.

Keine Ahnung, was immer alle gegen Turner haben,
aber für mich stellen "Bent out of Shape" und "Slaves
and Masters" gar mit die besten Outputs der jeweiligen
Bands dar;)

Zu "The Battle...":
Sicher nichts die stärkste Scheibe in der Discographie,
höre ich dennoch immer wieder gerne.


Tja Frank,immer Geschmacksache...mir gefällt JLT bei Rainbow besser,als bei DP.:feierei:
 
Keine Ahnung, was immer alle gegen Turner haben,
aber für mich stellen "Bent out of Shape" und "Slaves
and Masters" gar mit die besten Outputs der jeweiligen
Bands dar;)

Ups! "Bent out of Shape" ist für mich ein reiner Schwanengesang, gleichermaßen der letzte, verzweifelte Versuch Blackmores, auf dem US-Markt Fuß zu fassen. Laufen die Vorgänger mit Turner meiner Meinung nach als "ok" durchs Ziel, so lag der einstige Gigant, der das alles überstrahlende Meisterwerk "Rising" geschaffen hatte nunmehr endgültig am Boden der Belanglosigkeit. Mit Turner hatte man ja schon frühzeitig für eine austauschbare, für den AOR-Bereich aber absolut kompatible, Stimme gesorgt - die aber leider absolut nicht in der Lage war (und ist) Emotionen zu transportieren.

Nein, ich mag zumeist den Gesang und die polierte Klangfarbe von Turners Stimme nicht. Sein affektiertes Gehabe auf der Bühne tat sein Übriges - und so wurde aus der einstmaligen Improvisationsmaschine Rainbow auch live ein wenig authentisches Abziehbild von Acts wie Boston oder Journey - es passte einfach nicht.

Verglichen mit Gillan, Hughes, Coverdale oder Dio ist Turner schlicht austauschbar und farblos - weshalb ich nicht verstehen kann, dass ihn Manche zur Riege der Großen zählen.
 
Ups! "Bent out of Shape" ist für mich ein reiner Schwanengesang, gleichermaßen der letzte, verzweifelte Versuch Blackmores, auf dem US-Markt Fuß zu fassen. Laufen die Vorgänger mit Turner meiner Meinung nach als "ok" durchs Ziel, so lag der einstige Gigant, der das alles überstrahlende Meisterwerk "Rising" geschaffen hatte nunmehr endgültig am Boden der Belanglosigkeit. Mit Turner hatte man ja schon frühzeitig für eine austauschbare, für den AOR-Bereich aber absolut kompatible, Stimme gesorgt - die aber leider absolut nicht in der Lage war (und ist) Emotionen zu transportieren.

Nein, ich mag zumeist den Gesang und die polierte Klangfarbe von Turners Stimme nicht. Sein affektiertes Gehabe auf der Bühne tat sein Übriges - und so wurde aus der einstmaligen Improvisationsmaschine Rainbow auch live ein wenig authentisches Abziehbild von Acts wie Boston oder Journey - es passte einfach nicht.

Verglichen mit Gillan, Hughes, Coverdale oder Dio ist Turner schlicht austauschbar und farblos - weshalb ich nicht verstehen kann, dass ihn Manche zur Riege der Großen zählen.

Wow, dass nenne ich mal eine fundierte Kritik;)

Um eines vorwegzuschicken:
Ich bin seit jeher ein großer Freund von Journey und Co. sowie des
AOR Genres überhaupt,weshalb mir die Herangehensweise von Turner
/Blackmore auf "Bent out of Shape" grundsätzlich schon mal sehr gut
gefällt.

Unabhängig von den zweifellos unantastbaren Klassikern der Dio
Phase, war seinerzeit für mich "Bent..." das perfekte Bindeglied
der alten Rainbow ( "Fire Dance", die geniale Interpretation von
"Snowman") zu den damalig angesagten Klängen der AOR Hoch-
phase ( " Can`t let you go", "Desperate Heart", "Street of Dreams"
etc. ).
Von daher war die Entwicklung von "Difficult..." bis hin zu "Bent..."
( um mal bei der Turner Phase zu bleiben ) absolut logisch und nach-
vollziehbar.
Das JLT live ein etwas unkonventionelles, um nicht zu sagen teilweise
extrem arrogantes Gebaren, an den Tag zu legen pflegte, darüber dürfte
es keine zwei Meinungen geben.

All das täuscht aber für mich nicht über die Tatsache hinweg, dass "Bent...",
unabhängig vom Bandkontext gesehen, eines der besten und interessantesten
( und hier GERADE im Bandkontext gesehen ) AOR Alben der 80er sein dürfte ;)
 
Um eines vorwegzuschicken:
Ich bin seit jeher ein großer Freund von Journey und Co. sowie des
AOR Genres überhaupt,weshalb mir die Herangehensweise von Turner
/Blackmore auf "Bent out of Shape" grundsätzlich schon mal sehr gut
gefällt.

Unabhängig von den zweifellos unantastbaren Klassikern der Dio
Phase, war seinerzeit für mich "Bent..." das perfekte Bindeglied
der alten Rainbow ( "Fire Dance", die geniale Interpretation von
"Snowman") zu den damalig angesagten Klängen der AOR Hoch-
phase ( " Can`t let you go", "Desperate Heart", "Street of Dreams"
etc. ).
Von daher war die Entwicklung von "Difficult..." bis hin zu "Bent..."
( um mal bei der Turner Phase zu bleiben ) absolut logisch und nach-
vollziehbar.
Das JLT live ein etwas unkonventionelles, um nicht zu sagen teilweise
extrem arrogantes Gebaren, an den Tag zu legen pflegte, darüber dürfte
es keine zwei Meinungen geben.

All das täuscht aber für mich nicht über die Tatsache hinweg, dass "Bent...",
unabhängig vom Bandkontext gesehen, eines der besten und interessantesten
( und hier GERADE im Bandkontext gesehen ) AOR Alben der 80er sein dürfte ;)

Unter dieser Prämisse erschließt sich mir natürlich Deine Freude an "Bent out of Shape". Für mich passen einfach Ritchie Blackmore und AOR nicht zusammen, obwohl auch ich dieser Musiksparte nicht generell ablehnend gegnüber stehe.

Der Versuch, so klingen zu wollen wie eben jene Bands, die in den frühen 80ern in den USA mit dieser Muskrichtung Erfolg hatten, das geht bei mir mit Blackmore einfach nicht übereinander. Liest man seine (infoffizielle) Biografie, so war aber genau das seine Intention: möglichst einen Haufen Geld mit angesagten Sounds zu verdienen. Allerdings passte dies nicht wirklich zu seiner inneren Überzeugung von Musik, die hier eher im Widerspruch zum kommerziellen Gedanken stand.

Die Qualität, die beispielsweise Journey seinerzeit ablieferten konnten Rainbow einfach nicht erreichen, die Band hat sich verbogen. Zu Ritchie passt einfach dieser typisch britische Ansatz, wenn ich ihn mal so nennen will.
 
Die Qualität, die beispielsweise Journey seinerzeit ablieferten konnten Rainbow einfach nicht erreichen, die Band hat sich verbogen. Zu Ritchie passt einfach dieser typisch britische Ansatz, wenn ich ihn mal so nennen will.

Die Qualität von Journey, Foreigner und Konsorten erreichten die
späten Rainbow sicherlich nicht, da gebe ich Dir vollkommen recht.
Dennoch sind auf eben jenen Scheiben einige wirklich erstklassige
Genresongs vertreten, welche auch heute noch zur obersten Kategorie
der Sparte gezählt werden können.
Für jemanden der Rainbow mit dem Debüt kernnengelernt hat, wofür
ich leider zu jung war, kann ich die "leichte" Irritation ab "Difficult..."
aber durchaus nachvollziehen ;)
Und obwohl ich die DIO Phase abgöttisch verehre, kann ich eben
auch mit Turner einiges anfangen.

Das Blackmores "britischer Ansatz" sehr wohl auch mit AOR
Ansätzen bestens funktionieren kann, hat später ja auch
auch die, leider ebenfalls sehr umstrittene, Purple Scheibe
"Slaves and Masters" bewiesen.
Eibn Song wie "King of Dreams" schreibt auch eine Band wie
Foreigner oder Survivor nicht mal eben im Vorbeigehen;)
 
Die Qualität von Journey, Foreigner und Konsorten erreichten die
späten Rainbow sicherlich nicht, da gebe ich Dir vollkommen recht.
Dennoch sind auf eben jenen Scheiben einige wirklich erstklassige
Genresongs vertreten, welche auch heute noch zur obersten Kategorie
der Sparte gezählt werden können.
Für jemanden der Rainbow mit dem Debüt kernnengelernt hat, wofür
ich leider zu jung war, kann ich die "leichte" Irritation ab "Difficult..."
aber durchaus nachvollziehen ;)
Und obwohl ich die DIO Phase abgöttisch verehre, kann ich eben
auch mit Turner einiges anfangen.

Das Blackmores "britischer Ansatz" sehr wohl auch mit AOR
Ansätzen bestens funktionieren kann, hat später ja auch
auch die, leider ebenfalls sehr umstrittene, Purple Scheibe
"Slaves and Masters" bewiesen.
Eibn Song wie "King of Dreams" schreibt auch eine Band wie
Foreigner oder Survivor nicht mal eben im Vorbeigehen;)

Mein lieber Frank,du hast bei vielem recht.Ich zum Bleistift finde die "Difficult To Cure" eine Sahnescheibe,aaaaber die "Slaves and Masters" ist die "Hot Space" von DEEP PURPLE!!!!:D
 
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