Das Ende der freien Veröffentlichung von Personenbildnissen (neue Gesetzeslage ab Mai)

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Guest
Dürfte für alle Hobbyfotographen, Konzertbilderposter, (Fan-)Magazinbetreiber, etc. interessant sein. Hab den Link von einem Kollegen von einem anderen Magazin bekommen. Für mich/uns ist das jetzt im Moment nicht relevant, aber ggfls. für andere hier Mitschreibende und Postende, die auch unkommerziell Konzertfotographie betreiben. Falls es sich hierbei um Unfug handeln sollte, bitte ich um eine kurze Nachricht. Ich habe mich bisher wegen geringer Relevanz für mich (wird sich wieder ändern) null mit dem Thema befasst und wirklich keine Ahnung.

Das Ende der freien Veröffentlichung von Personenbildnissen – für die meisten von uns

Wie die Datenschutzgrundverordnung mit Billigung des Gesetzgebers die Nutzung von Fotos im Rahmen der Ausübung der freien Meinungsäußerung untersagt.

Soweit der nationale Gesetzgeber nicht von seiner Regelungsbefugnis Gebrauch macht, wird mit Geltung der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ab dem 25. Mai 2018 der generelle Vorrang des Datenschutzrechts auch gegenüber der Ausübung des Meinungsfreiheit geltendes Recht.

Dies betrifft im besonderen Maße auch die Verbreitung und Veröffentlichung von Fotoaufnahmen, die heute vom Kunsturhebergesetzes (nachfolgende KUG) geregelt wird. Das Recht Fotoaufnahmen zu machen und zu veröffentlichen stellt einen unverzichtbaren Bestandteil unserer heutigen Medienlandschaft dar und dient damit dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit im Rahmen der öffentlichen Meinungsbildung. Ein Bild sagt oftmals „mehr als tausend Worte“, denn Fotos werden oftmals als glaubwürdiger empfunden und bleiben besser in Erinnerung. Zudem machen Fotoaufnahmen textliche Berichterstattung lebendiger, indem Sie auch Emotionen der Abgebildeten wiedergeben können. Darüber hinaus können Fotoaufnahmen zum Beleg und zur Untermauerung von geäußerten Meinungen sogar zwingend erforderlich sein. Vor diesem Hintergrund gehört das Recht, Fotoaufnahmen unter Beachtung der Rechte der Abgebildeten erstellen und verbreiten zu dürfen, wie es das Kunsturhebergesetz vorsieht, zum unerlässlichen Bestandteil des verfassungsrechtlich verankerten Rechts auf freie Meinungsäußerung für Jedermann.

Das Recht auch Fotoaufnahmen im Rahmen der allgemeinen Meinungsfreiheit verbreiten und veröffentlichen zu dürfen, dient somit dabei nicht lediglich dem Informationsinteresse der Informationsgesellschaft, sondern stellt das Öl im Getriebe einer Demokratie dar. Gerade dieses Recht droht jedoch durch die drohende Untätigkeit des Gesetzgebers im Lichte der vorrangigen Geltung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ab dem 25. Mai 2018 stark eingeschränkt und für den größten Teil der Bevölkerung faktisch abgeschafft zu werden. Denn Ausnahmen von der vorrangigen Geltung der DSGVO gegenüber dem KUG sind bislang nur für die institutionalisierte Presse vorgesehen. Der Segelclub oder der Ortsverein, der mit Fotos von seiner Jahresfeier auf die Vereinstätigkeit aufmerksam machen möchte, aber auch der Landrat, der ungestellte Bilder von Spielplätzen mit Kindern auf seine Homepage stellt, um für seinen Landkreis zu werben, verhalten sich ab dem 25. Mai 2018 im Zweifel datenschutz- und damit rechtswidrig.

Bisherige Rechtslage

Dem Spannungsverhältnis zwischen dem Datenschutz und der freien Ausübung der Meinungsfreiheit wurde im bisherigen Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), sowie weiteren Spezialgesetzen wie dem KUG, hinreichend Rechnung getragen. Bei dem 1907 eingeführten KUG handelt es sich um ein nach jahrzehntelanger Rechtsprechung ausgestaltetes und gut austariertes System, das einen Ausgleich zwischen dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten des Abgebildeten und dem Recht der Informations-, Presse- und Meinungsfreiheit gewährleistet. Aus diesem Grund hatte der Gesetzgeber in § 1 Abs. 3 S. 1 BDSG die Subsidiarität des BDSG gegenüber spezielleren Gesetzen bestimmt und sich damit für den generellen Vorrang des KUG gegenüber den Datenschutzgesetzen für Jedermann entschieden. Die Nutzung von rechtmäßig und öffentlich verbreiteten Abbildungen wurde durch die §§ 14 und 28 BDSG gestattet. Schließlich wurde mit §41 BDSG ein „Medienprivileg“ gesetzlich normiert und damit die Geltung des Datenschutzes für die Presse und ihre Hilfspersonen eingeschränkt.

Diese Regelungen waren auch interessengerecht, da schon das KUG einen angemessenen Ausgleich und eine Interessenabwägung zwischen dem Recht des Betroffenen am eigenen Bild sowie der Informations- und Meinungsfreiheit des Äußernden schaffen soll: § 22 KUG stellt das Verbreiten oder öffentlich Zurschaustellung unter den Einwilligungsvorbehalt des Betroffenen und schütz damit dessen Recht am eigenen Bild als Ausfluss des Rechts der informationellen Selbstbestimmung. Bei der Einwilligung nach dem KUG handelt es sich um eine rechtsgeschäftliche Handlung, die nach dem KUG nur ausnahmsweise und aus wichtigem Grund vom Betroffenen widerrufen werden kann. Somit schafft die Einholung einer rechtswirksamen Einwilligung, ob schriftlich oder konkludent, für alle Beteiligten Rechtssicherheit. Im Beschäftigungsverhältnis sogar besonders, da dort nach Maßgabe des Bundesarbeitsgerichts die Schriftform einer freiwilligen Erklärung vorgeschrieben ist.

Gleichzeitig hat der Gesetzgeber des KUG jedoch mit Weitsicht erkannt, dass es auch ein Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung von Fotoaufnahmen geben kann, bei dem eine ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen nicht zu erwarten ist oder aus praktischen Gründen nicht eingeholt werden kann. In den §§ 23 und 24 wurde dazu wichtige Fallgruppen mit Ausnahmen vom Einwilligungszwang geschaffen. Danach bedarf es für die Verbreitungen von Abbildungen etwa keiner Einwilligung bei Ereignissen des Zeitgeschehens. Auch der Reisefotograf, der eine Aufnahme vom Kölner Dom macht und dabei Personen im Bild hat, benötigt im Rahmen der Beiwerksausnahme des § 23 Nr. 2 keiner Einwilligung. Ebenso muss ein Politiker, der zuvor als Teilnehmer einer Demonstration abgelichtet wurde, vor einer Veröffentlichung des Fotos nicht um Zustimmung gebeten werden (§ 23 Nr.3).Besonders wichtig sind diese Ausnahmen für Berufsfotografen und Pressesprecher, die nicht unter den engen Begriff der Presse und des Rundfunks fallen. Auch Privatpersonen, die im Internet oder auf Facebook aktiv an der öffentlichen Meinungsbildung teilnehmen, profitieren von den Regelungen des KUG
 
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Neue Rechtslage durch DSGVO

Die Nutzung von Bildaufnahmen ohne Einwilligung im Rahmen des KUG dürfte nach dem 25. Mai 2018 jedoch nur noch für die „institutionalisierte“ Presse und den Rundfunk und die für sie arbeitenden Journalisten und Unternehmen gelten. Denn gemäß Art. 2 Abs. 1 DSGVO gilt die Verordnung uneingeschränkt „für ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen“. Somit wird jede „automatisierte Verarbeitung“ unter ein generelles Verbot gestellt, das nur bei Einschlägigkeit eines Erlaubnistatbestands innerhalb der DSGVO ausnahmsweise erlaubt sein soll. Aus diesem Grund wird bereits jede Speicherung von Personenbildern in digitaler Form unter Verbot gestellt.

Darüber hinaus verbleibt für das KUG neben der DSGVO lediglich noch ein marginaler Anwendungsbereich. Darunter fallen rein analoge Bildaufnahmen und gemäß Art. 2 II Lit. c DSGVO die sogenannte Haushaltsausnahme für Fotos im persönlichen und familiären Bereich vor. Dieser Erlaubnistatbestand ist jedoch schon überschritten, wenn Fotos im Internet veröffentlicht würden. Darüber hinaus werden etwa Fotos von Verstorbenen nicht von der DSGVO erfasst und dürfen weiterhin im Rahmen des KUG verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden.

Zwar hat der Gesetzgeber auch in § 1 II BDSG-neu die Subsidiarität dieses Gesetzes gegenüber spezielleren Gesetzen vorgesehen. Dies mag auf den ersten Blick eine Fortgeltung der jetzigen Rechtslage zu suggerieren. Bei der DSGVO handelt es sich jedoch um eine europäische Verordnung, die aufgrund der Normenhierarchie Vorrang gegenüber nationalen Gesetzen genießt. Die Regelung in § 1 II BDSG-neu vermag somit keinen Vorrang des KUG gegenüber der DSGVO zu bestimmen, da die DSGVO selbst gerade keine dem BDSG vergleichbare Subsidiaritätsregelung vorsieht, sondern im Gegenteil gerade den generellen Vorrang gegenüber allen nationalen Gesetzen bezweckt.

Zwar sieht die DSGVO in Art. 6 Abs. 1 zahlreiche Erlaubnistatbestände für die ausnahmsweise Zulässigkeit einer Datenverarbeitung vor. Diese sind jedoch auf die Erstellung, Verbreitung und Veröffentlichung von Personenbildern zum Zwecke der Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung nicht anwendbar. So kann sich beispielsweise der Unternehmenssprecher, der über einen Firmenevent berichten will oder der Reiseblogger, der Momentaufnahmen der Straßen einer Stadt erstellt, weder auf die Erfüllung eines Vertragszwecks (Art 6 Abs. 1 Lit b DSGVO), die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung (Art. 6 Abs. 1 Lit c DSGVO) oder rechtssicher auf ein „berechtigtes Interesse“ (Art. 6 Abs. 1 Lit f DSGVO) berufen – denn anders als Journalismus oder Kunst ist etwa PR im Zweifel als Werbung einzuordnen und überwiegen in einer Einzelfallabwägung die Rechte des Verbreiters nicht das generelle Verbot einer Verarbeitung. Zudem dürfte schon fraglich sein, ob diese stets „erforderlich“ im Sinne dieser Norm wäre.

Auch die Einholung von Einwilligungen, wie sie Art 6 Abs. 1 Lit a DSGVO vorsieht, dürfte in vielen Situationen faktisch nicht möglich sein und kann zudem auch keine Rechtssicherheit für den Hersteller einer Abbildung bieten. Denn gemäß Art. 7 Abs. 3 DSGVO ist eine Einwilligung des Betroffenen (für dessen Vorliegen der Verbreiter die Beweislast trägt) jederzeit und ohne Begründung widerruflich, mit der Konsequenz, dass auch ein zuvor rechtmäßig hergestelltes Personenbild für die Zukunft nicht mehr rechtmäßig verbreitet werden kann – selbst wenn der Betroffene darauf etwa nur als „Beiwerk“ erkennbar ist.
Somit werden Privatpersonen, Unternehmenssprecher, Behördenmitarbeiter, Honorarfotografen, PR- und Werbeagenturen, sowie alle anderen, die nicht Angehörige der institutionalisierten Presse sind, vor der Erstellung, Verbreitung oder Veröffentlichung von digitalen Personenbildern künftig höchste Vorsicht walten lassen – denn bei Verstößen gegen die DSGVO drohen nicht nur Bußgelder in Millionenhöhe, sondern selbst bei sozialadäquaten Verhalten Abmahnungen, Untersagungen oder Schadensersatzforderungen.

Abhilfe wäre möglich

Im Ergebnis dürfte das in der Praxis vor allem aber nur eines Bewirken: Ein Verzicht auf die Fertigung und Verbreitung von Abbildungen mit Personen. Dieses Ergebnis ist jedoch nicht in Folge „höhere Gewalt“, quasi als Diktat des Europäischen Gesetzgebers über uns hereingebrochen, sondern vielmehr hausgemacht:

Der Gesetzgeber der DSGVO hat das Spannungsverhältnis zwischen dem Schutz personenbezogener Daten und der Ausübung der Meinungsfreiheit erkannt und den nationalen Gesetzgebern daher einen Regelungs- und Anpassungsauftrag in Form von Öffnungsklauseln gegeben. Denn gemäß Art 85 DSGVO haben die Mitgliedstaaten „durch Rechtsvorschriften das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken und zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken, in Einklang zu bringen.“ Unstreitig gibt Art. 85 II dem Gesetzgeber dabei sogar die Pflicht auf, Abweichungen und Ausnahmen zur DSGVO zur Gewährleistung der Freiheit der Meinungsäußerung zu journalistischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken zu schaffen. Art 85 I DSGVO stellt aber auch selbst eine eigenständige, weitergehende Öffnungsklausel dar. Sie eröffnet den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit, auch bezüglich der übrigen Ausprägungen der Meinungsfreiheit, für die sich bereits über Jahrzehnte der Rechtsprechung eine, den Bedürfnissen einer funktionierenden Demokratie anpassende, Regeln herausgebildet haben, beizubehalten.

Bezogen auf Abbildungen ist dafür jedoch die Schaffung einer gesetzlichen Regelung erforderlich, die die Fortgeltung der §§ 22 – 24 KUG für Jedermann in rechtssicherer Weise sicherstellt. Dies hat der Gesetzgeber bislang jedoch unterlassen. Lediglich auf Länderebene, wo die Gesetzgebungskompetenzen für Presse und Rundfunk liegen, soll die uneingeschränkte Geltung der DSGVO beispielsweise durch den 21. Rundfunkstaatsvertrag ausgeschlossen werden und würde damit auch die Fortgeltung auch des KUG für Abbildungen in den Medien gesichert.

Hier hat der Gesetzgeber zumindest erkannt, dass „die in der Datenschutz-Grundverordnung enthaltenen, umfangreichen Auskunftsrechte […] die demokratiesichernde Funktion journalistischer Arbeit, insbesondere in der investigativen Recherche“ gefährden (Quelle: Entwurf zum Einundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag). Zugleich wird auf S. 8 der Begründung jedoch der sachliche Anwendungsbereich eingeschränkt, denn „bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zu anderen, als zu journalistischen Zwecken findet die Datenschutz-Grundverordnung grundsätzlich uneingeschränkt Anwendung“. Zugleich wird ausdrücklich geregelt, dass an dem engen Pressebegriffs des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 29. 10.2015 AZ.: 1 B 32/15) festgehalten werden und gerade nicht für einen weiteren Kreis geltend soll.

Gesetzentwurf des BMJV untauglich

Wer bezüglich des KUG für Abbildungen außerhalb von Presse- und Rundfunk und ihnen ähnliche Angebote Abhilfe durch den Bundesgesetzgeber erhofft, könnte dagegen enttäuscht werden:

Denn in dem Entwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz zum KUG, wie er im Moment innerhalb der Bundesregierung diskutiert wird, heißt es in § 1 zur „Änderung des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie“:
„Die § 22 bis 24, 37, 39, 42 bis 44 und 50 gelten, soweit sich die Verbreitung oder Schaustellung von Bildnissen nicht nach der Verordnung (EU) Nr. 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutznatürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten […..] richtet“.
Da aufgrund etwa des kommenden Rundfunkstaatsvertrages lediglich für die institutionalisierten Medien und Verbreiter, die dem engen Begriffe von „Presse“ unterfallen, die Geltung des DSGVO ausgeschlossen werden soll, würde eine solche Änderung lediglich die Fortgeltung des KUG im Rahmen des Medienprivilegs bestätigen. Für alle anderen wäre stattdessen gesetzlich festgestellt, dass die DSGVO die Regelungen des KUG verdrängt und der Gesetzgeber ausdrücklich von der Regelungskompetenz gemäß Art. 85 DSGVO für sie keinen Gebrauch machen will.

Dies hätte zur Folge, dass beispielsweise Vereine, Unternehmen, Behörden oder auch Privatpersonen in Ihrer öffentlichen Kommunikation stets auf die Einholung rechtswirksamer „informierter“ Einwilligungen angewiesen wären. Sie müssten darauf vertrauen, dass die Betroffenen diese nicht später wieder widerrufen. Oder sie vereinbaren mit Hilfe von Verträgen, dass die Abgebildeten nicht nur möglichst „ungezwungen“ in die Kamera lächeln müssen, sondern auch die weitere Verbreitung vergütet bekommen. Oder sie müssten in jedem Einzelfall schon vor der Fertigung einer Abbildung eine überzeugende Abwägungsentscheidung nachweisen können, die auch die Verbreitung einer Abbildung gegen den Willen des Betroffenen als „erforderlich“ rechtfertigt. Selbst wenn das gelingt, müssen die Verantwortlichen umfangreiche Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO bereits bei der Erhebung erfüllen und sehen sich anschließend einem umfangreichen Katalog an Betroffenenrechten nach Art. 12 ff. DSGVO ausgesetzt. Ein freundliches Nicken bei der Frage, ob man mit einer Aufnahme einverstanden ist, wird künftig nicht mehr reichen.

Selbst Behörden werden in ihrer Öffentlichkeitsarbeit behindert werden: Zwar erlaubt Art. 6 Abs. 2 lit e DSGVO die Verarbeitung von Daten durch Behörden zur Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt. Ob dieses jedoch auch auf die heute übliche audio-visuelle und multimediale Öffentlichkeitsarbeit zutrifft, darf bezweifelt werden. Denn als Aufgabe i.S.d. Art. 6 Abs. 2 DSGVO müsste der Behörde die „Öffentlichkeitsarbeit“ eigentlich durch förmlichen Rechtsakt als Aufgabe mit dementsprechenden Befugnissen übertragen worden sein, greift sie zukünftig doch in das „Datenschutzrecht“ des Bürgers ein.

Vorbild Schweden

Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Schweden: Im Gesetzesentwurf der schwedischen Regierung vom 15.02.2018, das bereits dem schwedischen Reichstag vorgelegt wurde, heißt es unter 7. „Die EU-Datenschutz-Grundverordnung sowie weitere Datenschutzgesetze finden in dem Umfang, wie sie gegen Presse- oder Meinungsfreiheit streiten, keine Anwendung“. Die schwedische Regierung verweist in ihrer Begründung dabei ausdrücklich auf die Unsicherheiten für die Ausübung der Meinungsfreiheit in Folge der unmittelbaren Geltung des DSGVO, sowie der Androhung empfindlicher Sanktionszahlungen bei Zuwiderhandlungen hin. Diese Unsicherheiten würden die für eine Demokratie erforderliche öffentliche Meinungsbildung negativ beeinflussen, die jedoch auch in Schweden durch die Meinungsfreiheit gewährleistet und durch ein Zensurverbot geschützt wird. Aus diesem Grund sei es erforderlich, von der Regelungsbefugnis des Art. 85 Abs. 1 DSGO in dieser Weise Gebrauch zu machen.

Ein ähnlich klares gesetzgeberisches Signal ist auch vom deutschen Gesetzgeber zu fordern, denn nicht nur in Schweden genießt die Meinungsfreiheit besondere Bedeutung: Für das Bundesverfassungsgericht ist das Grundrecht auf Meinungsfreiheit sogar „unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft, eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt“ und für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung daher „schlechthin konstituierend“ (BVerfGE 7,198 ff.).

http://www.cr-online.de/blog/2018/0...-personenbildnissen-fuer-die-meisten-von-uns/
 
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Ich frag die Tage mal einen Bekannten dazu, der Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Medien/Internet ist. Eventuell kann der dazu mehr sagen.
 
Ich frag die Tage mal einen Bekannten dazu, der Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Medien/Internet ist. Eventuell kann der dazu mehr sagen.

Ein andere Magazinmacher hat mir das eben auch als akut bestätigt; scheint also was dran zu sein.
 
Leider kann momentan auch die Zunft der schwarzen Roben nur mit ihren eigenen Auslegungen der neuen Rechtslage dienen, deren Richtigkeit sich über die kommenden Jahre in Form von Urteilen der vielen Instanzen erweisen wird, da es naturgemäß noch keine Rechtsprechung, keine allgemein verbindliche Auslegung und auch nur rudimentäre Umsetzungen der Richtlinie in nationales Recht gibt.

Der Kollege Seiler hat sich sehr ausführlich damit befasst, was das alles wohl für Folgen haben könnte, dürfte, sollte...

https://www.fotorecht-seiler.eu/dsgvo-fotobusiness/

... doch er konkludiert wie wir alle:

Es bleibt also einerseits abzuwarten, wie die endgültige Rechtslage im Landesrecht der 16 Bundesländer aussieht, ob nach Zustandekommen einer neuen Koalition/ Regierung der Bundesgesetzgeber Anpassung im KUG vornimmt (laut Aussagen der zuständigen Vertreter des BMJ und BMI bei einer DSGVO-Fachtagung am 22.03.2018: nein – das lässt sich alles über Auslegung und Grundrechtsabwägung lösen) und wie die Aufsichtsbehörden und Gerichte das neue Recht auslegen. Von einer mit der DSGVO angestrebten EU-weiten Harmonisierung des Datenschutzrechts sind wir jedoch im Bereich der Meinungs- und Informationsfreiheit noch meilenweit oder – anders ausgedrückt – jahrelang entfernt. Diese Rechtsunsicherheit ist wirtschaftsschädlich und sollte dringend Anlass für den Gesetzgebers sein, hier zu handeln. Denn die Rechtsunsicherheit biete nur ein Betätigungsfeld für Abmahnungen und wird gerade bei finanzschwachen Fotografen einige wirtschaftliche Opfer fordern bis wieder Rechtssicherheit herrscht.



Persönliche Anmerkung:

Ich finde es mal wieder ziemlich tragisch, dass der unsägliche Wahn, "den Bürger" vor allem und jedem beschützen zu wollen, wieder Blüten treibt, die eben nicht nur Datensammelgiganten wie Facebook & Co. trifft, die sich alle Anwälte der Welt leisten können, sondern einmal mehr vor allem den kleinen Blogger, den Hobbyschreiber, den kleinen Selbständigen etc..., also im Endeffekt auch einfach "den Bürger", der entweder Abmahnungen oder horrende Bußgelder fürchten muss, oder dichtmachen, oder einen wahnwitzigen Zusatzaufwand betreiben muss, um den kläglichen Versuch zu unternehmen, sich der Rechtslage gerecht zu verhalten. Selbst Anwaltskanzleien und Arztpraxen rotieren: Wir sollen plötzlich Dinge tun, die wir nie getan haben und die auch nie notwendig waren, denn wir haben eine gottverdammte Schweigepflicht. Der Bürger gibt uns die Daten, die wir brauchen, und die verwenden wir zweckentsprechend. Geben wir sie an unbefugte Dritte heraus, haben wir ein standesrechtliches und strafrechtliches Problem.

Werde nächste Woche auch ein Seminar besuchen dürfen, um die ersten Erklärungsversuche der Kollegen zum künftigen Umgang mit der Materie über mich ergehen zu lassen und dann verzweifelt konstatieren, dass wir alle miteinander nichts wissen, ob wir vorne stehen oder hinten sitzen.

Es bleibt abzuwarten, wie viele Kulturschaffende, Medienformate, Kleingewerbetreibende und Freiberufler dieses Mal die Flügel strecken und auf der Strecke bleiben, weil ihnen die Risiken zu groß und die aufgebürsteten Aufgaben zu schwer werden. Es werden wiederum viele sein.

Heil dem Verbraucherschutz, der den mündigen Bürger abgeschafft und den grenzdebilen Verbraucher etabliert hat, und all jenen, die sich jetzt auf die Schulter klopfen, dass sie einen Meilenstein in der Verwirklichung des "Datenschutzgrundrechts" gesetzt haben. Be gone!
 
Ein bisschen zur Rechtfertigung muss man allerdings auch sagen, dass es insgesamt immer schwieriger wird, das so zu regeln, dass man alle Varianten berücksichtigt. Die technischen Möglichkeiten wachsen und verämdern sich rasant, mit allen Vor- und Nachteilen, die das mit sich bringt. Eine "generische" Regelung ist extrem schwierig, wenn nicht unmöglich. Eine komplexe, die alle Sonderfälle berücksichtigt und sauber abgrenzt, nicht einfacher. Dazu kommt, dass die juristische und die technische Seite zwei Fachgebiete sind, die kaum Überschneidungen haben und beide wiederum mit der Praxis nur wenig zu tun haben. Man muss da viele Menschen mit ganz unterschiedlichem Wissen zusammenbringen, um überhaupt ein gemeinsames Verständnis zu ermöglichen.
 
Ein mir befreundeter Autor hat seinen Blog schon angepasst.

Vorher gab es für jeden seiner Einträge eine Kommentarfunktion - die auch reichlich genutzt wurde und stets lustig war - seit dem 01.05.2018 verzichtet er darauf, weil die Kommentare mit Avataren versehen werden konnten bzw. ein Standardavatar von der Blogsoftware zugeordnet wurde.

Auch ohne Avatar kann man seine Meinung einfach nicht mehr schreiben (wer weiß, wie lange noch).
 
Die Erklärung eines Mods aus einem anderen Forum:

Es geht bei der DSGVO nicht um Privat oder Gewerblich (d.h., bis zu einem gewissen Punkt schon), sondern um personenbezogene Daten.

Das betrifft hier im Groben die Speicherung der IP und Mail-Adresse bei uns, die Speicherung der IP bei unserem Hoster, die Weitergabe der IP z.B. beim Aufruf einer Seite, in der ein Youtube Video (oder Vimeo, oder andere) verlinkt ist, oder ein Bild z.b. bei Insta, Pinterest oder Bilderhostern.

Für all diese Dinge müssen wir ´ne Datenschutzerklärung aufsetzen.

Was gespeichert wird, warum, bei wem, wie lange, was weitergegeben wird, warum, wieso, usw.

Darüber hinaus muss z.B. die Möglichkeit gegeben sein dass ein Nutzer die über ihn gespeicherten Daten einsehen kann und noch ein paar andere Dinge.


Und bei der oben erwähnten Weitergabe bei bloßem Aufruf einer Seite an Youtube und Konsorten wird es halt tricky, weil das der "Datensparsamkeit" widerspricht und in der Theorie abmahnfähig sein könnte. Ob dem so ist, kann bisher niemand rechtssicher beantworten.

Das wird sich dann ab dem 26.5. zeigen...

Also doch etwas mehr und komplexer als nur Konzertfotos.
 
Da ich selbst im weitesten Sinne im Onlinehandel tätig bin, habe ich mich bisher sehr intensiv mit der DSGVO beschäftigt. Generell wird da der Umgang mit personenbezogenen Daten behandelt und auf den Prüfstand gestellt. Das sind natürlich Bilder, aber auch so Dinge wie IPs, Adressen, Namen, Mailadressen und vieles mehr. Das ganze läuft deutlich restriktiver ab als noch zuvor. Als Webseitenbetreiber sollte man an allen Stellen die personenbezogene Daten entgegennehmen auf die Datenschutzerklärung hinweisen. Die Datenschutzerklärung sollte genaustens aufschlüsseln, welche Inhalte die Webseite sammelt, aber auch wie diese ggf. vearbeitet werden. Recht komplexes Thema.
Selbst habe ich mich nur mit der technischen Umsetzung/Anforderung an die Software eines Onlineshops (ich arbeite bei einem Softwarehersteller für Onlineshops) beschäftigt und weniger mit der Kundenseite. Kann also maximal sagen, was eine Software an Komfortfunktionen für den Betreiber bereitstellen sollte, damit dieser optimal für die DSGVO aufgestellt ist. Dazu gehört bspw. das Recht auf Auskunft - ich darf also das Deaf-Forever-Team anschreiben und darum bitten alle Daten die über mich gesammelt werden in einer maschinen-lesbaren Form bereitzustellen. Die Seite der Betreiber ist da deutlich komplexer, dass fängt bei einer Datenschutzerklärung an und geht über ein Verfahrensverzeichnis noch deutlich tiefer in die Materie. Gerade die interne Dokumentation der Verarbeitung dieser Daten ist der größe Brocken, vor allem da auch erklärt werden muss, wie sichergestellt wird, dass diese Daten geschützt werden.

Die DSGVO ist ein Fass ohne Boden, die vor allem dann schwammig und schwierig wird, wo personenbezogene Daten an dritte (Facebook, Google Analytics, ...) weitergegeben werden. Spannendes Thema :D
Meine Empfehlung: Kirche im Dorf lassen. Die Präzedenzfälle werden erst zeigen, wie das Gesetz nacher von den Gerichten interpretiert wird. Solange verdienen sich alle mit Empfehlungen eine goldene Nase.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das wird m.E. nicht so einfach. Meinetwegen gäbe es die Erklärung. Was soll diese Erklärung beinhalten? Dass professionelle Fotografen und Besucher die Band ablichten dürfen? Das wird nicht ausreichend sein.

Der Spaß beginnt erst danach. Wo landen die Fotos? Auf einer (zwei, drei, tausend) Webseite? Werden sie automatisch zu einem Cloudanbieter (Dropbox, Google, die eigene Cloud,...) hochgeladen? Theoretisch müsstest Du als Fotograf jedes Mal explizit erklären, wie und wo Du Deine Fotos weiter verarbeitest (und natürlich nicht zwei Jahre später den Cloudanbieter wechselst).

Gerichte werden das wohl wieder mal alles regeln müssen wie @Hugin bereits erwähnte.
 
Das wird m.E. nicht so einfach. Meinetwegen gäbe es die Erklärung. Was soll diese Erklärung beinhalten? Dass professionelle Fotografen und Besucher die Band ablichten dürfen? Das wird nicht ausreichend sein.

Der Spaß beginnt erst danach. Wo landen die Fotos? Auf einer (zwei, drei, tausend) Webseite? Werden sie automatisch zu einem Cloudanbieter (Dropbox, Google, die eigene Cloud,...) hochgeladen? Theoretisch müsstest Du als Fotograf jedes Mal explizit erklären, wie und wo Du Deine Fotos weiter verarbeitest (und natürlich nicht zwei Jahre später den Cloudanbieter wechselst).

Gerichte werden das wohl wieder mal alles regeln müssen wie @Hugin bereits erwähnte.
Du meinst also, die bundesrepublikanische Umsetzung dieses Gesetzes wäre eine Art Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Gerichtsbarkeit? Als müssten sich unsere Gerichte nicht mit anderen· wichtigeren Sachen beschäftigen ... ts ts ts.

Und es ist doch das Freiheitsrecht eines jeden Fotografen ...Cloud ... nee, ich weigere mich, diesen Gedanken weiter zu spinnen. Es schnürt mir den Hals zu.

Bleibt nur eine Hoffnung: dass diese Verordnung nicht allzu alt wird.
 
Ich passe auch grad unseren Shop an und bin aber kein bisschen hysterisch.

SSL-Sicherung ist eh gesetzt, die Datenschutzerklärung längst angepasst und das zu führende Datenverarbeitungsverzeichnis ist für so kleine Popel wie mich auch nicht so stressig.

Wesentlich dicker sind da schon die Verträge mit den Dienstleistern wie Buchhaltung, Hoster oder IT.
Da schwitze ich grad drüber.

Nichts wird so heiss gegessen.... bla

http://www.tagesschau.de/inland/datenschutz-dsgvo-101.html
 
Was ich immer noch nicht ganz verstanden habe:
Gilt DSGVO auch für rein private Seiten? Wenn ich z.B. ein Forum habe, dessen Inhalt nur für registrierte Mitglieder sichtbar ist und diese sich auch nur per persönlicher Einladung dort registrieren können? Sprich, alle Nutzer des Forums (inkl. Admin) kennen sich persönlich.
 
Ich hab keine Ahnung, ich bin kein Jurist. Aus dem Bauch heraus würde ich sagen, dass das in dem Fall unter privat fällt. Aber das ist eine Laienmeinung.
 
Was ich immer noch nicht ganz verstanden habe:
Gilt DSGVO auch für rein private Seiten? Wenn ich z.B. ein Forum habe, dessen Inhalt nur für registrierte Mitglieder sichtbar ist und diese sich auch nur per persönlicher Einladung dort registrieren können? Sprich, alle Nutzer des Forums (inkl. Admin) kennen sich persönlich.

Wenn ich mich recht an meinen Urheberrechtsunterricht erinnere, dann ist eine Gruppe von Personen in einem geschlossenen Rahmen, die sich alle persönlich kennen (also z.B. eine Klasse) keine Öffentlichkeit. Würde so ja auch für dein Beispiel stimmen, wenn du den Rahmen und das gegenseitige Kennen sicherstellen kannst. Ist aber erinnertes Halbwissen, also wär @Lobi sicher sachkundiger.
 
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