Ein Jahr zum (Neu)-Verlieben. Unglaublich hohe Dichte an Qualitätsreleases und bis auf wenige Ausnahmen hat mir der DM 2021 in all seiner Pracht ein teuflisch-schelmisches Lächeln hervorzaubern lassen.
Könnte hier locker 30 und mehr releases aufzählen, aber ich beschränke mich mal auf die von meiner Seite wichtigsten Releases (nur Alben, obwohl auch endlos viel geile Demos und EP`s).
Qrixkuor - Poison Palinopsia
Ewig lange darauf gewartet und noch mehr bekommen als erwartet. 2 songs mit Überlänge (je ca. 24 Min.), die vollgepackt sind mit grandiosem songwriting, irren Riffabfahrten und stockschwarzer Atmosphäre. Im dauernden Strudel zwischen doomig-walzend, blitzschnellen Blastattacken (da kann sich Grave Miasma drummer DBH so richtig austoben) und dieser sich über quasi das ganze Album schlängelnden Solo-Gitarre, die ein wahnsinniges lick nach dem anderen in den höllischen Abgrund abfeuert. Ein Album, das entdeckt werden will. Es strotzt nur so von kleinen Details, die sich erst nach und nach offenbaren. Trotz der Songlänge sind die beiden Stücke nie verkopft und bleiben nachvollziehbar. Hervorzuheben ist auch der sound, der trotz seiner Opazität schön transparent und wuchtig daherkommt und auch wegen dem grandiosem Bass (VK von Vassafor zeichnet dafür verantwortlich), der dem Gesamtbild noch einmal eine weitere Dimension dieses eh schon mehrebenigen Werkes hinzufügt. Ein Album am Rande der Machbarkeit, am Rande des Irrsinns und manchmal auch drüber. Psychedelisch, verworren, transzendent. Ein wahrer Sinnesoverkill voller Schönheit, und Tiefe!
Malignant Altar - Realms of Exquisite Morbidity
Der wohl heavieste release des Jahres. Wohin MA auch rifftechnisch treten, hinterlassen sie nichts als verbrannte Erde. Stoisch, stringent und superkompromisslos drücken sie den Hörer erbarmungslos in den Sessel. Egal ob im Kriechgang groovend oder die derbe Keule auspackend, Malignant Altar gehen dahin, wo es weh tut. Monströse Riffs lassen dir die Gedärme zerbersten, der bis zur Unkenntlichkeit verzerrte Bass sorgt für wohltuende Schauer in der Lendengegend, die monoton heiser-kotzigen growls lassen eimerweise Eiter, Schleim und Blut über dich regnen und über allem thront das abartig geile, variable und anspruchsvolle drumming, das den songs das letztnötige Adrenalin und drive verleiht. 5 mal magistraler DM in seiner Quintessenz (plus instrumental) ohne Firlefanz, in sich geschlossen, in sich ruhend und im Wissen eine ganz spezielle Scheibe abgeliefert zu haben, manövrieren sich MA ad hoc zu einer der wichtigsten und besten der aktuellen DM Combos. Liiiieeebeee!
Mortiferum - Preserved in Torment
Die aktuellen Death-Doom Kings aus Kanada machen einfach da weiter, wo sie mit Demo und Debut aufgehört haben. Sprich sie nageln weiterhin unbarmherzige, tonnenschwere Riffkaskaden entweder im ultraslowtempo mit ein paar wirklich schönen Trauerleads um die Ohren, oder sie, und dabei zeigt sich das ganz grosse Können der Band als songwriter und das Verständnis für den DM im Allgemeinen, attackieren dich nichtsahnend mit heftigen blasts aus dem Nichts und fetzen dich damit gnadenlos gegen die Wand. Stets düster, heavy und atmosphärisch dicht, entstehen beim Hörer unweigerlich karge, lebensverneinende Landschaften vor dem inneren Auge. So geht Death/Doom im Jahre 2021! Dabei so herrlich roh und brutal agieren nur ganz wenige Bands, was auch an der hervorragenden Produktion liegt. Basisch, trocken und natürlich. Allein dieser drumsound (die toms!!!) lässt mich ganz verzückt zurück. Pervers gut!
Cerebral Rot - Excretion of Mortality
Hat mich der Vorgänger noch nicht 100%ig abholen können, so zeigen CR spätestens hier, was Sache ist und wofür sie stehen! Jeder Horror/Gore Fan kommt hier bestens auf seine Kosten. Natürlich bilden immer noch maximal verzerrte und heruntergestimmten Gitarren und die ultratiefen growls die Basis, erlauben aber im Vergleich zum Vorgänger eine neue diversifizierte Herangehensweise in puncto speed und leads. Zeigte der Vorgänger noch meist ein mit den typischen chugga-chugga beats versetztes Bild einer talentierten, sich aber noch im Unklaren darüber, wohin sie wirklich will, befindlichen Band, so wirken hier die Zutaten aus Doom/Death und auch Grindeinflüssen schlüssiger und homogener vermengt. Zusammen mit dem mindestens immer noch gleichbleibend hohen Ekel- und Sicknessfaktor im sound und artwork der Scheibe hievt das die Jungs auf ein neues level und macht sie zu einem der heissesten Vertreter der neuen DM-Welle!
Grave Miasma - Abyss of Wrathful Deities
Zugegeben, meine Erwartungen an die neue GM waren hoch, extrem hoch. Zählte und zählt Odori Sepulcrorum für mich doch zu den 5 besten DM-Alben der letzten 20 Jahre. Und so war ich nach den ersten Durchläufen doch etwas ernüchtert. Anfangs wirkte es mir einfach zu luftig, fast schon zu adoleszent. Ich vermisste leise vor mich hingrummelnd ein wenig diese ganz spezielle sakral-meditative Grabesstimmung des Vorgängers. Doch nach und nach kam ich dem Album doch näher und es entwickelte sich, wie bei allen GM outputs früher oder später, ein doch stark vertrautes Gefühl hier eine Band zu hören, die immer noch allerfeinsten DM, mit Betonung auf Death, spielt. Oldschoollastiger sind sie im riffing geworden, mehr alte Death oder Morbid Angel als früher. Kompakter und direkter servieren GM dennoch eine weitere herausragende Ode an Gevatter Tod! Die modrigen Tropfsteinhöhlen sind weiterhin in Betrieb, nicht mehr ganz so verschnörkelt und trostlos. Man hat ihnen nur dieses Mal ein paar dezente Farbtupfer hinzugefügt. So untermauern GM einmal mehr, dass sie nicht nur zur Speerspitze der Szene gehören sondern sich vor allem als eine stets in Entwicklung befindliche Entität präsentieren., die immer noch scheinbar spielend einfach die Tore zur Hölle aufzustossen vermag!
Cadaveric Fumes - Echoing Chambers of Soul
Fast schon tragisch und leider wahr. Da bringen CF nach Jahren des Wartens ihr Debut auf den Markt, nur um kurz darauf schon den einhergehenden split mitzuteilen. Aber immerhin haben sie uns noch diese Juwel hinterlassen. Echoing... kann stante pede auf ganzer Linie mit unbändiger Spielfreude und auf den Punkt komponierten Stücken vollauf überzeugen. Eingebettet in einen gut ausbalancierten sound zwischen heaviness und Transparenz vermengen sie neue und alte Schule zu einer eigenständigen Melange aus Raserei und sphärischen leads und Klangwelten. Mein buddy
@DreamingInRed hat sie schon immer als die europäischen Blood Incantation bezeichnet, womit er wohl ganz gut trifft, was die Jungs ausmacht. Spielerische Klasse, keine Scheu vor dem Integrieren genrefremder Zutaten, aber ganz klar im DM verwurzelt, ohne Trittbrettfahrer-oder copy/paste-Attitüde. Ein song wie "In Cold Astral Sleep" zeigt beeindruckend ihre Qualität, wie man Stampf-Riffs, Surf-Gitarren und BM-Geblaste wunderbar miteinander verheiratet. Saugut!
Phrenelith - Chimaera
Was für eine Entwicklung, die die Jungs auf Chimaera hinlegen! War der Vorgänger schon ein durchaus gutes, aber trotzdem eher gleichförmiges Album, wählen Phrenelith hier einen etwas differenzierteren Weg, weg vom eher (zu) klassisch amerikanisch geprägtem DM hin zu mehr Dynamik und Atmosphäre in den songs. Die immer noch reichlich vorhandenen shred- und Getrümmerparts bilden zwar immer noch die Basis, dennoch ist ihre Wirkung und ihr punch auf Chimaera hier um ein vielfaches höher als auf dem Vorgänger. Das Album wirkt viel finsterer und düsterer und dennoch kein Stück seichter. Auch dank des unermüdlich nach vorne treibenden Tuna (drummer). Ein Jammer, dass er leider bereits seinen Ausstieg bekannt gegeben hat.
Funeral Chant - Dawn of Annihilation
Was wäre, wenn DM im Jahre 1989 stehengeblieben wäre? Dann hätte es wahrscheinlich mehr Alben in der Machart diese Albums gegeben. Barbarische Riffschleudereien und thrashige Riffexplosionen vermengt mit Hysterie und Chaos waren damals ja noch an der Tagesordnung und dennoch klingt das Album durchaus zeitgemäss und es wird auch mal kurz vom Gas gegangen und sogar kurze fast melodische parts mit integriert, aber vor allem ist die schier überbordende Energie dieser Platte atemberaubend. Diese wilde Entschlossenheit, wie sich die Band wie ein tollwütiger Bastard aus Necrovore, alte Morbid Angel oder Slayer durchberserkert, spürt man sofort und man erwischt sich dabei sich in Gedanken mit schwarzbemalten Augenrändern mit Blut zu besudeln! Heftigst derber Arschtritt!
Horns of Domination - Where Voices Leave No Echo
Sie haben es tatsächlich geschafft das Album aufzunehmen und auch zu veröffentlichen. Das nahm ja fast schon Sadistic Intent`sche Verhältnisse an, so lange liess man sich nach dem Demo Zeit für das Album. Aber alles Schall und Rauch, es war es wert auf das Album zu warten. Auch etwas geordneter im Vergleich zum Demo inszenieren HoD ihre Version von DM mit deutlichem Blackeinschlag auf sehr angenehme Art und Weise. Die Songs sind ausgeklügelt und halten sich gut die Waage zwischen ranzigem Uralt-DM und etwas modernerem BM-riffing mit Dissoversatzstücken. Man merkt den songs an, dass sie sich auf sehr natürliche Art entwickelt haben müssen, das Album wirkt wie aus einem Guss. Jedes break ist bedacht gesetzt, jede Tempovariation sinnvoll eingesetzt. Grosses Songwritingverständnis gepaart mit dennoch spontanen Attacken, die das DM-Herz aufgehen lassen. Hirn und Herz auf tolle Art verbunden.
Venefixion - A Sigh From Below
In eine ähnliche Kerbe wie Funeral Chant schlagen Venefixion mit ihrem ersten full length. Viel Altars .. und ähnlich fiebriges Riffgewetze im Dutzend. Etwas weniger highspeed, dafür übernehmen auch mal gut walzende midtempoparts oder wie im Abschlusssong eine cleane Stimme die sonst meist angepisst-muffige Grundstimmung. Ein flammendes Inferno aus stinkig-morbider Atmosphäre und wohltuend unprätentiösen Songs. Hier wird nichts künstlich aufgeblasen oder unnötig verlängert. Einfache, aber effiziente Riffsalven dominieren und dennoch lässt man auch genügend Platz für ein paar musikalisch anspruchsvollere Ideen, die dadurch einen ziemlichen Reiz auf mich ausüben!
Wie gesagt, eigentlich fehlen hier noch mindestens 10 weitere Alben, so stark war dieses Jahr, aber irgendwo muss man ja mal den cut machen. Stay death!