Der Zerquetscher
Till Deaf Do Us Part
Bitte tötet mich jetzt nicht:
Black Panther
Die Filme der Marvel Studios, gemeinhin als "Marvel Cinematic Universe" bekannt, haben seit jeher das Problem der Konformität. Die meisten der Filme fühlen sich sehr ähnlich an, sehen ähnlich aus und man merkt nicht wirklich, dass für die Werke verschiedene Regisseure verantwortlich waren.
"Black Panther" von Rian Coogler (Creed, Fruitvale Station) bricht hier ein wenig aus der Reihe. Zwar haben wir es in der ersten Hälfte des Filmes hin und wieder mit recht aufgesetzt wirkendem Humor zu tun und auch die Computereffekte sind 100% Marvel, doch punktet dieser Film allein schon durch sein unverbrauchtes Setting. Wakanda ist eine utopische Vorstellung davon wie Teile Afrikas eventuell aussehen könnten, wenn die Kolonialzeit nie stattgefunden hätte. Zwar lässt man sich beim Design der Hauptstadt zum Kitsch hinreißen, alles ist bunt und an den Fassaden der Hochhäuser kleben baumhausartige Gebilde, doch ist dieses Design herrlich anzusehen und bewirkt durchaus ein anderes Feeling als wir von Marvel gewohnt sind. Ja, es macht Spaß sich auf diese Welt einzulassen und man möchte gern mehr darüber erfahren. Ähnliches gilt auch für die Geschichte selbst. Wird hier der Machtkampf T'challas (Black Panther) um die königliche Nachfolge seines Vaters mit James Bond artigen Geheimagentenflair vermixt. Nun, gibt es bei der Erzählung hier und da einige Längen und am Ende steht natürlich wieder ein obligatorischer Kampf vom Guten gegen den Bösen vorm Greenscreen. Bis dahin allerdings haben wir ein nettes filmisches Erlebnis getragen von starken Cast.
Doch wo liegen jetzt eigentlich die Probleme "Black Panther"s? Diese sind weniger filmischer Natur als viel mehr ideologischer. Denn das ist leider die massive Krux dieses Werkes. "Black Panther" ist zutiefst anti-demokratisch, nationalistisch und rassistisch.
Ähnlich wie die meisten Marvel Filme spielt hier das Volk, welches sich der "Held" zu verteidigen schwört, überhaupt keine Rolle. Es gibt keine Szene in der wir etwas darüber erfahren wie eigentlich die Bürger Wakandas über die Taten ihres selbsternannten Helden denken. Wie in anderen Superhelden Filmen wird hier einfach suggeriert, dass alles was getan wird, zum Wohle der jeweiligen Menschengruppe stattfindet. Sei es jetzt die gesamte Weltbevölkerung oder nur die Einwohner einer Stadt. Das ist insofern bei diesem Film tragisch da der Black Panther, immer auch der König des Landes Wakanda ist und dieser wird natürlich nicht demokratisch gewählt. Häufig hört man etwas vom Erbrecht und so ist es auch nur den Oberhäuptern der fünf verschiedenen Stämme, die in Wakanda ansässig sind, gestattet bei der Krönungszeremonie Einspruch einzulegen und einen eigenen Kandidaten aufzustellen. Dann wird aber wiederum nicht demokratisch abgestimmt wer denn nun der bessere Herrscher sei, sondern es findet ein martialischer Kampf auf Leben und Tod statt. Der Sieger ist dann halt König. Dieses System wird an keiner einzigen Stelle im Film hinterfragt. Selbst dann nicht als später der Bösewicht die Macht an sich reißt. Ein extremistischer Mörder der die ganze Welt in einen Bürgerkrieg stürzen will. Hier zeigt sich auch, dass der Monarch der absolute Herrscher ist, denn es gibt kein Parlament der seinen Machenschaften Einhalt gebieten könnte.
Zudem gesellt sich der ständige Nationalismus. Dauernd fallen Sätze wie "Wakanda über Alles!" oder "Ja die gehören nicht zu uns, denen können wir ja nicht helfen" "Ich liebe mein Land über Alles!". Man möchte meinen, dass dies von den Bösewichten des Filmes gesagt wird aber nein. Diese Sätze werden ausschließlich von den Helden der Geschichte abgesondert. Selbst T'challa entgegnet dem nichts und erst ganz am Ende wird zumindest mit dem Protektionismus des Landes gebrochen, um Verantwortung für die Welt zu übernehmen. Quasi das, was der Bösewicht "Killmonger" vorher schon im extremistischen Sinne durchsetzen wollte. Unweigerlich stellt man sich die Frage welche Botschaft der Film hier eigentlich vermitteln will. Ist die Antwort auf Trumps weißen Nationalismus jetzt der schwarze Nationalismus? Das ist höchst bedenklich.
Man muss Black Panther zugute halten, dass er der erste Blockbuster ist der fast ausschließlich von Afro-amerikanischen Darstellern getragen wird. Oberflächlich betrachtet handelt sich also wirklich um eine Art Zäsur in der Filmlandschaft, doch schaut man genauer hin, trieft dieser Streifen nur so vor rassistischen Klischees.
Wakanda ist das fortschrittlichste Land der Welt, doch suggeriert uns dieser Film, dass es die Afrikaner nicht aus eigener Kraft, sondern nur mit der Hilfe eines Zaubermetalls aus dem Weltall so weit bringen konnten. Auch der Umstand des Kampfes auf Leben und Tod um die Herrschaft des Landes wird hier als Tradition verklärt, doch zeigt es uns ein Bild der afrikanischen Gesellschaft, das vorrangig von Rassisten gezeichnet wird. Trotz allem technischen Fortschritts scheint "Der Schwarze" doch ein primitives Subjekt zu bleiben, das sich auf die Macht des Stärkeren beruft. Man möchte kotzen. Diese Auswüchse kulminieren dann, wenn der Anführer des Bergstammes und sein Gefolge regelmäßig anfangen irgendwelche Affenlaute von sich zu geben.
Es ist ein Trauerspiel. Mit seinen Begebenheiten hätte Black Panther ein emanzipatorischer Befreiungsschlag für die schwarze Community in der Filmwelt sein können, leider hat man nicht nur nichts daraus gemacht, nein, man hat sogar aktiv dem entgegengearbeitet.
fragwürdig/10
Aus solchen hehren Anliegen macht man doch eigentlich, was das reine Kommerzkino angeht, nie was draus, oder irre ich mich da? Und ich denke mir, wie sollte das auch anders sein? Die breite Masse des Zielpublikums solcher Filme (No offence! [Ich selbst sehe gern Chuck Norris!]) würde weder Namibia noch Marokko und erst recht nicht Kamerun auf einer unbeschrifteten Karte Afrikas finden. Und beim Thema "Kolonialismus" denkt sie an "Star Trek" oder die "Siedler". Hier differenziert und schattiert Geschichte(n) zu erzählen, hieße erstens, Teile des Publikums intellektuell zu überfordern und zweitens, den Geist der Comic-Vorlage zu verändern, was oft sehr kritisch gesehen und schnell empfindlich aufgenommen wird. Man sieht ja zum Beispiel an den "Watchmen", einer der meines Erachtens besten Comicverfilmungen überhaupt, dass der große Erfolg schnell ausbleiben kann, wenn kunterbunte Geschichten mit Substanz angereichert werden (Nicht falsch verstehen, bei nicht-kunterbunten Geschichten geht das, meine ich, viel eher [Siehe "The Dark Knight" oder "Joker"]). Ich glaube also, dass ein intelligent angelegter Film solcher Größenordnung und solchen Hintergrunds, schnell Gefahr laufen würde, am Publikum zu scheitern. Denn das breite Publikum will immer noch Winnetou. Da sind die Bösen, hier die Guten. Da sind die kapitalistischen Bodenspekulanten, hier die von moderner Zivilisation noch nicht korrumpierten Naturburschen, usw. Ein der Realität näheres, differenzierteres Bild würde womöglich als anstrengend und damit cineastisch unbefriedigend wahrgenommen werden.