Der Dialektthread

Da ich beruflich oft in Hessen, aber auch in Sachsen unterwegs bin, könnte ich ROMANE erzählen zu Dialekten. Aber das lasse ich lieber, ich will keinem Hessen oder Sachsen vor den Kopp stoßen. Nüm? Nüm?[/QUOTE]

Wa wätt dü do hä? ( in grummeligem, nordhessischen Tonfall, aber allerdings freundlich gemeint)
 
Wattn Kack.
Dialekt is dat nich, dat is Ruhrdeutsch. Wird abba Zeit, dat dat ma als Dialekt anerkannt werden tut.
Hier gibbet soviel Wörters, die nich zum Hochdeutsch gehörn, dat muss dann so.

Naja, ganz so wird im Alltag hier im Pott nicht gesprochen. Aber dat und wat ist nicht wegzudenken, fällt aber nur außerhalb des Ruhrpotts auf.

Hömma. Herrlich.

"Geh davonn! Dat is dem Papa seins!" oder "Tust du nachher die Mülltonnen nach vorne bringen, ne?" statt "Bringst Du nachher die Mülltonnen nach vorne?"

Datt und watt. Oder statt "zeig mal her" einfach nur "Zamma!" oder statt "Hör mal" schön knackig "Hömma!!"

Wobei in Kirchhellen schon wieder eher der westfälische Einschlag rauskommt. Gibt sogar noch Leute, die außerhalb der Ortszentren Platt sprechen. In Bottrop-Fuhlenbrock gibbet auch einen Plattdeutschen Verein und bist weit in die 60er hinein wurde dort auch verbreitet Platt gesprochen, obwohl es noch tiefster Ruhrpott ist.
 
Ich mag Dialekte und spreche selbst breites Badisch. Geboren und aufgewachsen bin ich in Mittelbaden, in einem kleinen Dorf direkt am Rhein an der Grenze zum Elsass. Die Elsässer sind dialektmäßig aber nochmal ne ganz andere Nummer und ich glaube, wenn man nicht aus der Grenzregion kommt, ist es fast unmöglich, sie zu verstehen! Hammerhart und von ihrer Art immer gerade heraus (was ich gut finde und in Verbindung mit dem Dialekt immer ein Erlebnis :)
 
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Ich finde diese Büchlein ganz witzig.
Ein geiler Eintrag im Badischen:
"Sauwer liggd de Babbe im Sarg. Mer kennd grad maaine, er lachd."
("Sauber liegt der Vater im Sarg. Man könnte fast meinen, er lacht.")
Die Bedeutung: anerkennende Worte, wenn etwas gut geklappt hat :)
 
Ein Beispiel für den Elsässer-Dialekt. Hat schon oft die Runde gemacht und es kennen bestimmt schon viele von euch. Trotzdem könnt ich mich jedesmal wieder wegschmeißen:

 
Ausgelagert aus dem Politik-Thread zur Verschonung derjenigen, die das Thema nicht interessiert:

Nun bat ich Dich ja um eine Begründung Deines Standpunktes. Ich gehe also davon aus, dass Du mir durchaus helfen kannst - eben indem Du erklärst. Es wäre bedauerlich, wenn wir nur dann (weiter) diskutieren könnten, wenn ich Deine Begründe bereits kenne und teile.
Diskutieren können wir immer, speziell wenn du die Beweggründe nicht kennst, und die Meinung nicht teilst. Wenn du allerdings etwas, was mir sehr wichtig ist, nicht ernst nähmst, was mir die Bezeichnung als "private Schrulle" suggerierte, dann würde es schwierig, zu diskutieren. Aber das haben wir ja nun geklärt und das ist erledigt.

Das hilft mir nicht weiter. Wir können gerne - sicherlich besser an anderer Stelle - kontrovers über den ganzen Themenkomplex rund um Gendersternchen diskutieren; aber aus Deiner emphatischen Ablehnung solche Sprachregelungen lässt ja zunächst gar nichts über die Wichtigkeit von Dialekten folgern.
Das war an dieser Stelle einfach ein Beispiel für etwas, das anderen Menschen wichtig scheint, für mich aber nahezu Nullrelevanz hat, weil ich den Eindruck hatte, dass etwas, das mir wichtig ist, für dich Nullrelevanz hat. Es sollte illustrieren, dass die politische Wichtigkeit eines Themas durchaus auch sehr subjektiv sein kann. Natürlich gönne ich jedem Menschen, dass er sich ernst genommen und einbezogen fühlt. Allerdings irritiert mich, dass eine erzwungene oder plakativ inszenierte Änderung von Sprachkonventionen dies ändern soll. Klar, Sprache ist mächtig. Ich bin der Letzte, der dies leugnet. Allerdings habe ich einfach viel zu oft das Gefühl, dass dieses Thema mehr ein Thema von politischen Aktivisten als von Betroffenen ist. Leute, die sich selbst als "divers" bezeichnen, kenne ich leider nicht persönlich. Jedenfalls hätte ich es nicht mitbekommen. Ich kenne heterosexuelle wie homosexuelle Männer und Frauen. Mit einigen davon habe ich schon über das Thema des ominösen Sternchens gesprochen, und tatsächlich hat mir jede und jeder von ihnen gesagt, dass sie die ganze Debatte unsinnig finden und sie die Gendering-Sprachkonventionen eher nerven, als dass sie diese gut fänden, weil einfach keiner von ihnen sieht, warum "die Lehrer des Gymnasiums" nur Männer meinen sollte. Das hat natürlich nur anekdotische Relevanz, klar, aber das ist halt der Auszug aus der Realität, in dem ich so herum komme. Ist aber hier in der Tat völlig off topic.

Zahlreichen anderen Formulierungen entnehme ich die hohe Intensität, mit der Du Deinen Standpunkt vertritts. Aber wenn es um für das Gemeinwesen verbindliche politische Forderungen geht, scheinen mir Gründe weitaus interessanter.
Der Grund ist immer nur der eine: Jedes endemische oder regionale Kulturmerkmal bereichert die Vielfalt menschlicher Kultur- und Zivilisationsformen, und nichts ist spannender als die Ergründung der Vielfalt kulturhistorischer Diversität. Das Stellen von für das Gemeinswesen verbindlichen Forderungen ist auch so gar nicht meine Art. Ich wünsche mir von der Politik, für all jene Dinge zu werben, welche den Regionalismus und die Pflege regionaler Eigenheiten fördern.

Ich nehme an, das bezieht sich auf Äußerungen außerhalb dieses Threads, da mir nicht aufgefallen wäre, dass hier jemand ernsthaft Dialektsprecher in der Form beleidigt hätte. Du unterstellst hier Deinen Gegnern mangelnde moralische Qualitäten (Arroganz und Faulheit). Das mag zutreffen oder auch nicht, ist auf jeden Fall ordentlich polemisch - liefert aber erneut keine Argumente für Deinen Standpunkt.
Es bezieht sich auf weit verbreitete und bekannte Phänomene betreffend Klischees und auch Diskriminierungen, die Arbeitgeber, Vorgesetzte, Lehrkräfte und oft auch Mitschüler gegenüber Dialektsprechern ausleben. Ich bringe nachher ein paar Beispiele.

Grundsätzlich: Wenn ich einen Standpunkt nicht nachvollziehen kann (ein Unterschied übrigens zu "nicht teilen") dann frage ich nach, sofern mich das Thema irgendwie interessiert. In dem genannten Beispiel wäre das nicht der Fall, aber dort liegt ja - wie Du selber sagst - eine ganz andere Qualität vor als beim Schwäbsichen.
Schwäbisch ist nur ein Beispiel, weil ich eben Schwabe bin, aber das ist natürlich keine chauvinistisch schwäbische Perspektive, sondern ich wünsche ausnahmslos jeder Sprache, auch wenn sie nur 15 Leute auf den Andamanen und Nikobaren sprechen, dass sie weiter existieren und sich weiter entwickeln kann. Ethnozid ist im Gegensatz zum Genozid ja so definiert, dass das Ziel der Politik ist, ohne die Mitglieder einer Ethnie zu töten, derartig Einfluss auf deren kulturelle Merkmale zu nehmen, dass diese verschwinden und im Staatsvolk unterschiedslos aufgehen mögen. Eines von mehreren verschiedenen Mitteln zur Erreichung des Ziels des völligen Aufgehens einer nationalen Minderheit in der nationalen Mehrheit, ist es, die Sprache zu verbieten oder die Verwendung der Sprache durch schulische, berufliche und sonstige Maßnahmen zurückzudrängen. Natürlich unterscheiden sich die Mittel und die Intensität. In Kurdistan findet teilweise ein Ethnozid statt, mit bisweilen sogar genozidalen Elementen. Hiervon sind wir bei den deutschen Stämmen natürlich weit entfernt. Allerdings nimmt der deutsche Nationalstaat durch seine Kultuspolitik sehr wohl billigend in Kauf, dass die Sprachen der Stämme mehr oder weniger stark verschwinden. Es wird somit eine weitgehend unbeabsichtigte ethnozidale Nebenfolge einer zentralstaatlichen, also nationalistischen Sprach- und Kulturpolitik bedingt vorsätzlich akzeptiert. Und es ist eine ethnozidale Folge, da am Ende dieser Politik ein Verschwinden der Stämme als individualisierbare Untergliederung des Staatsvolkes stehen wird. Dann ist eine nationale Minderheit in der sprachlich homogenen Majorität aufgegangen. Dass dieses Erlöschen der Stämme und ihrer Sprachen die Absicht der Politik sei, möchte ich (heute) nicht (mehr) unterstellen, zu Zeiten des Kaiserreichs und vor allem des Dritten Reiches war es indes sicherlich so, was ich ja im anderen Thread schon näher ausgeführt habe. Man wollte einen zentralen Nationalstaat und eine Identität als "Deutscher" schaffen und den Partikularismus ausrotten. Durchaus ethnozidal, nicht genozidal. Die heutige Politik verfolgt hier weder eine Absicht noch einen direkten Vorsatz, aber sie nimmt diese Entwicklung aus Praktikabilitätsgründen hin. Dies finde ich anstößig, da ich eine nationale Regierung stets in der Pflicht sehe, die eigenen regionalen Minderheiten nicht nur zu dulden, sondern aktiv zu schützen und den Erhalt ihrer kulturellen Identität aktiv zu fördern.
 
Nicht mehr als 15.000 Zeichen.... pfff..... langweilig.... ;)

Auf die heute im Gegenteil praktizierten Förderungen von Dialekten und Regionalsprachen habe ich beiläufig hingewiesen. Keine Ahnung, ob das viel ist oder wenig ist, was da z.B. im Sinne der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen getan wird. Dafür fehlt mir die Kompetenz.
Dialektförderung findet statt und ist natürlich begrüßenswert. Um ein sanftes Aussterben zu verhindern, sollte die Minderheitensprache jedoch regional nicht die "gnädig geförderte Schrulle" sein, sondern der Normalzustand. Ein Dialektsprecher sollte zur Meidung einer Diskriminierung einen Anspruch darauf haben, dass die Behörden mit ihm im Dialekt kommunizieren und es akzeptieren, dass er im Dialekt mit ihnen kommuniziert.

Jetzt wird es interessant. Das klingt tatsächlich nach Gewalt und vorauseilendem Gehorsam. Mir sind von meinem westfälischen Dorf solche Fälle vollständig unbekannt. Ich wüsste durchaus gerne mehr darüber, wie häufig und wie schwerwiegend so etwas ist und vor allem wer so etwas tut.
Aus solchen Übegriffen die Forderung abzuleiten, dass darum (!) z.B. Matheunterricht in Dialekt zu unterrichten sei, hätte durchaus etwas Identitätspolitisches - mit dem ganzen Rattenschwanz Chancen und Problemen dran.
Nur ein paar Beispiele:

- Die Stieftochter eines Verwandten wurde in der Schule mehrfach von Lehrern auch auf dem Pausenhof angehalten, Schriftsprache zu sprechen. Der Stiefvater wollte sich deswegen bei der Schulleitung beschweren. Die Mutter, die sich an dem Vorgang ebenfalls störte, hat ihn indes gebeten, es zu unterlassen, weil sie dann Nachteile für die Tochter befürchtete.
- Mehrere befreundete Paare sprechen mit mir und allen Leuten im Freundeskreis Dialekt, mit den eigenen Kindern jedoch Schriftdeutsch, aus denselben Gründen wie unter Spiegelstrich 1.
- Bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen einer Ringvorlesung zum Jubiläum der juristischen Fakultät Augsburg nahm ein Student mit deutlicher dialektaler Färbung seiner Sprache teil, was der direkt vor mir in Reihe 1 sitzende Rechtsgeschichteprofessor mir dem seinem Kollegen zugeflüsterten "Was ist denn das für ein Bauer." quittierte.
- Unsere Musiklehrerin vergab "Dummheitspunkt" (wörtlich!), die sie in ihr Notenheft eintrug, wenn jemand beim Vergleichen von Musikstücken sagte: "das ist lauter wie" (im Schwäbischen und Alemannischen ist dies korrekt, da "als" in dieser Form nicht existiert). Die Eltern eines betroffenen Schülers beschwerten sich seinerzeit, woraufhin die Musiklehrerin (Ehre sei ihr!) tatsächlich entschuldigte, weil sie dies nicht gewusst hätte (sie war aus dem Norden). Diese Entschuldigung hab ich ihr in der Tat hoch angerechnet.
- Von Hänseleien der Stadt- und Vorstadtkinder zu Lasten der "Bauern" vom Land müssen wir nicht anfangen, oder? Die sind natürlich da, weil Kinder und Jugendliche immer gerne mal Gründe suchen, die anderen zu mobben.

Derartige Probleme hätten wir in deutlich geringerem Umfang, wenn die Lehrer selbst (auch) Dialekt sprächen oder zumindest der Verwendung des Dialekts durch Schüler positiv oder neutral gegenüber stünden.

Wir hatten natürlich auch Lehrer, die Schwäbisch sprachen. Am Gymnasium war das Problem erstaunlicherweise weniger präsent als an der Hauptschule. Hängt wohl damit zusammen, dass die Lehrer am Gymnasium tendenziell ihren Schülern zutrauten, auch als Dialektsprecher dennoch vernünftig "Hochdeutsch" lernen und sprechen zu können, während die Lehrer an der Hauptschule in vielen Fällen primär darum bemüht waren, zumindest einigen Schülern überhaupt erst mal richtig Deutsch beizubringen.

Dennoch, die "Forderung" nach einem rein dialektsprachlichen Unterricht ist natürlich eine schöne kleine Utopie meinerseits, die wir dann in Angriff nehmen, wenn das Wachstum endet und wir wieder bei autarken, schollentreuen Agrargesellschaften sind. Eine ernsthafte politische Forderung, die sich bereits aus dem Grundgesetz zwingend ergibt, indes ist, dass kein Schüler benachteiligt werden darf, wenn er sich in schulischen Zusammenhängen im Dialekt äußert, soweit es sich nicht explizit um die Bewertung seiner Leistungen im Fach "Deutsch" oder einer Fremdsprache handelt.

die Sprache der Ahnen ist für mich allerdings ein Großteil dessen, was den Menschen ausmacht.
Sorry, den Satz verstehe ich nicht. Ich habe den Eindruck, dass er sehr wichtig ist.
Das mag dir für realpolitische "Forderungen" vielleicht zu metaphysisch oder quasireligiös klingen, aber ich empfinde es so, dass die Sprache der Kanal ist, auf welchem die Seele funkt. Damit will ich sagen, dass durch die Art wie wir sprechen, der Gedanke, den wir haben, den Weg zum Gegenüber findet. Und nur über seinen Ausdruck macht der Mensch sich dem Mitmenschen verständlich. Nun kann natürlich jeder von uns, so mit einer gewissen Begabung gesegnet, neue Sprachen lernen und versuchen, sich in allerlei fremden Sprachen zu artikulieren. Gleichwohl empfinde ich es persönlich so, und ich gehe davon aus, dass es für viele so ist, dass sie ihre Gefühle, ihr Sosein, ihre Wünsche, ihre Ziele am besten in der Sprache artikulieren und transportieren können, die ihre Mutter- und/oder Vatersprache ist, mit der sie seit dem ersten Tage ihres Lebens aufgewachsen sind, in der sie denken, träumen, fühlen. Wie man aus meinen Beiträgen vielleicht erahnen kann, beherrsche ich das Schriftdeutsche ein kleines bisschen. Wenn ich mich krampfhaft dazu zwinge, kann ich es auch sprechen. Aber ich fühle mich nicht, als wäre es ich, der spricht, wenn ich Schriftdeutsch spreche. Es klingt für mich selbst, als spräche ich durch eine Maske. Ich bin mir selbst fremd, wenn ich Schriftdeutsch spreche. Dies haben viele Menschen mit mir gemein. Andere nicht. Das sieht man ja auch bei Musikern. Manche können sich in ihrer Muttersprache besser ausdrücken und texten Deutsch oder Dialekt, andere zieren sich in ihrer Muttersprache und wählen Englisch. Vielleicht zieren sie sich auch, weil die Muttersprache zu persönlich ist, für einen Song, den sie der Öffentlichkeit präsentieren. Wir werden nicht darüber diskutieren müssen, dass die Sprache des Individuums ein wichtiger Teil seiner Persönlichkeit ist oder zumindest einen wichtigen Teil dieser Persönlichkeit für sein Gegenüber dechiffriert. Spricht er Dialekt - oder auch Schriftsprache, wenn dies denn wirklich seine Muttersprache ist - dann sagt dies aber eben noch mehr über ihn aus, über seine Eltern, über seine Herkunft, über den Ort, an dem er aufwuchs usw... Die Sprache des Menschen ist sein soziokultureller Fingerabdruck, und ich finde es wünschenswert, dass dieser so individuell, vielseitig und divers sein soll wie irgendwie möglich, da das für mich ein wesentlicher Teil der kulturellen Vielfalt dieser Welt ist, der diese Welt so spannend und begeisternd macht. Sterbende Sprachen machen mich traurig, da sie die menschliche Zivilisation grauer, einförmiger, monotoner machen. Natürlich wären die Menschen an sich als Individuen auch wertvoll, wenn sie alle nur noch Esperanto sprächen. Aber die Welt wäre doch so viel ärmer. Die Fähigkeit, das anders sehen zu können, geht mir ab.

Ich habe Deinen Beitrag mehrfach ausgiebig gelesen, aber an Begründungen für Deine Thesen finde ich lediglich zwei (die letzten beiden Zitate). Der eine gibt m.E. durchaus Diskussionsgrundlage her. Den zweiten verstehe ich nicht.
.
Ich weiß gar nicht, ob ich Thesen habe. Es gibt ja keine Wahrheit, ob eine globale Sprache besser ist als 6500 oder umgekehrt. Daher habe ich primär Wünsche und keine Thesen.

Ob die Welt eine bessere ist, wenn es auch in 100 Jahren noch die 6500 Sprachen gibt, die es heute gibt, das weiß ich nicht. Für mich wäre es eine schönere, interessantere, spannendere, lebens- und liebenswertere. Andere sagen vielleicht, dass es toll wäre, wenn es nur noch eine Sprache gäbe, da viel praktischer. Die alte Glaubensfrage der Vereinheitlichung vs. Diversität. Beides hat vor und Nachteile. Ich wünsche mir von Herzen dass die Politik, soweit es irgendwie möglich ist, den Erhalt sprachlicher (und sonstiger kultureller) Vielfalt fördert, da diese das Leben zwar nicht immer einfacher macht, aber doch kulturell ungemein bereichert.

Ich hoffe ich habe mich nun begreifbar gemacht.
 
Ich bin ja nun mit einem Odenwälder zusammen und bin ganz entzückt vom Badischen Dialekt (oder wie er sagen würde, vom Odenwälder Bauerndialekt). Das ist für mich in Rheinhessen Aufgewachsene und jetzt im Taunus Lebende und Hochdeutsch Sprechende eine ganz neue sprachliche Welt :D. Da ist ein kleiner Kanister ein "Kanischderle", oder der Schluckauf der "Gluggser"
 
Hugin, ich gebe dir grundsätzlich absolut Recht.
Ausnahme, die Sache mit der Schriftsprache. Ich nehme an, dass das schon ein "schwerwiegender Fall" ist/war und gerade im Schwäbischen, können sie ja alles - außer hochdeutsch...


Und das kann auch seine negativen Folgen haben - für diese Person und Andere (Dank Oettinger...)

So wichtig es ist, regionale Sprachen und Dialekte zu erhalten, so wichtig ist es meiner Meinung nach auch, dass alle Anwender auch in der Lage sind, sich wenigstens auch in der Schrift- bzw. Landessprache verständlich ausdrücken zu können.

Bei manchen, völlig unverständlichen, Interviews, vornehmlich von süd- oder ostdeutschen Sportlern muss ich immer mal den Kopf schütteln, dass das nicht anders geht...

Als ich (leider) 1984/85 beim Bund war, hatten wir so einige Kandidaten, die wirklich technisch nicht in der Lage waren, z.B. eine "verständliche Meldung", zu machen. Der Spieß wurde so sauer, dass nicht nur wir länger im Regen auf dem Hof stehen durften, sondern solche Stuben und Soldaten spezielle Aktionen erlebten. Bis zum Schluss.

Ich habe manchmal Kunden am Telefon, die ich dann ausdrücklich auffordere, mit mir verständlich zu sprechen oder, wie sowieso bevorzugt, eine EMail zu senden. Ich habe auch schon Gespräche abgebrochen. Nicht nötig war dies einmal bei einer Münchnerin, die technische Probleme hatte und es immer um "Mai Mo" ging. Es war nicht zu erkennen, was das sein sollte. Da es aber wichtig wurde, fragte ich dann danach. Du wirst die Antwort kennen...




Wie schon mal erwähnt, haben die Bewohner "meiner Insel", ja nicht nur einen Dialekt, sondern eine eigene Sprache, die mit dem Italienischen kaum etwas zu tun hat. Und innerhalb des Sardischen, gibt es dann die stark abweichenden Dialekte, die schon zwischen 2 Orten, im Abstand von 500 m, gravierend sein können. Diese Leute unterhalten sich dann auf italienisch, weil es sonst nicht klappt..
Das Sardische drohte auszusterben, da es ab dem 18. Jahrhundert von den Regierenden auf dem Festland unterdrückt wurde. Heute sprechen nur noch ca. 80% der Bewohner sardisch. Doch seit einigen Jahren gibt es wieder in der Schule Unterrricht in sardisch, Ortsnamen und Geschäfte habe mehrsprachige Schilder und Vereine kümmern sich um die Erhaltung. Das ist wichtig.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde mit der weiteren Antwort auf deine Fragen dann in den Dialekt-Thread umziehen, bevor sich wieder jemand drüber mockiert, dass wir in Anbetracht des Zustands dieser Welt für diesen Thread falsche Prioritäten setzen.

Ich sehe die Notwendigkeit des Umugs nicht, da es in unserer Auseinandersetzung durchaus um eine politische Dimension des Themas geht (zumindest mich interessiert tatsächlich allein dieser Aspekt). Da muss dieses Thema anderen in einem Politikthread zumutbar sein. Aber nun sind wir halt hier – auch gut.


dass ein User, der augenscheinlich persönlich Wert auf Gendering legt, ebenso augenscheinlich mein erhebliches Wertlegen auf Dialekte als private Schrulligkeit abtat.
ein Beispiel für etwas, das anderen Menschen wichtig scheint, für mich aber nahezu Nullrelevanz hat, weil ich den Eindruck hatte, dass etwas, das mir wichtig ist, für dich Nullrelevanz hat. Es sollte illustrieren, dass die politische Wichtigkeit eines Themas durchaus auch sehr subjektiv sein kann.

Zur Klarstellung: Ich interessiere mich lediglich für die Schaltstelle, an der Du von einer „persönlichen Vorliebe“ (Hoffe, Du findest Dich in dieser Formulierung besser wieder) zu politischen, also das Gemeinwesen bindenden Forderungen gelangst. Solche formulierst Du ja durchaus (zweisprachige Beschilderung, Schulunterricht in Mundart, Verfassungsänderung); auch wenn ich natürlich sehe, dass Du einladende, ermutigende und fördernde Maßnahmen bevorzugst.
Nun lege ich in der Tat ein etwas unausgegorenes Bemühen um gendergerechte Sprache an den Tag. Doch habe ich m.W. nirgends beklagt, dass jemand anderes dies nicht getan hätte; auch habe ich niemanden dazu eingeladen, meinem halbgaren Beispiel zu folgen oder gar entsprechende allgemeinverbindliche Ansprüche erhoben. Die mich bei Deinem Standpunkt interessierende Schaltstelle liegt hier also m.E. gar nicht vor.


Der Grund ist immer nur der eine: Jedes endemische oder regionale Kulturmerkmal bereichert die Vielfalt menschlicher Kultur- und Zivilisationsformen, und nichts ist spannender als die Ergründung der Vielfalt kulturhistorischer Diversität.

Kulturelle Vielfalt ist sicherlich ein Wert, den viele Leute teilen und der allgemein gut zu vermitteln ist. Ginge es nur darum, würden wir wahrscheinlich gar nicht diskutieren. Würde z.B. jemand anregen (Achtung: nur zur Veranschaulichung improvisiert und ohne jegliche Rücksicht auf Logistik), anstelle eines Schulfachs „Wirtschaft“ ein Fach eines Inhalt wie „marginalisierte Sprachen und Kulturen“ o.ä. einzuführen, in dem der eine Jahrgang z.B. drei Jahre aragonesische und der nächste samische Sprache und Küche kennenlernt, könnten wir wunderbar zusammen ein paar Luftschlösser entwerfen. Aber mir scheint es, dass Dein Interesse darüber hinausgeht.

Denn Du betonst ja an mehreren Stellen den Wert des Endemischen, den Raum und die Ahnen (genealogisch gemeint?). Und sosehr wir beide zusammen mit vielen anderen Menschen eine Vielfalt an Sprachen und Kulturtechniken für begrüßenswert halten, so wenig verstehe ich, inwiefern (nur mal exemplarisch) ich ausgerechnet dem Plattdeutsch der einen Vorfahren oder dem Malayalam der anderen verpflichtet sein soll, wo mich doch anderes so viel mehr interessiert; Gleiches gilt für die Küchen der enstprechenden Regionen, um mal ein anderes Kulturem zu bemühen.


zu metaphysisch oder quasireligiös klingen, aber ich empfinde es so, dass die Sprache der Kanal ist, auf welchem die Seele funkt.

In der Tat, das ist mir zu metaphysisch und ich habe den Eindruck, dass hier des Pudels Kern liegt. Ein Problem bei metaphysischen Annahmen ist nunmal, wie schlecht sie anderen vermittelbar sind. Es ist daher wohl kein Zufall, dass Du auf Deine Empfindungen als Zugang zu diesen Einsichten verweist. Diese Empfindungen kann ich respektieren (tue ich), mich bemühen sie zu verstehen (bislang erfolglos) und mit mehr oder weniger Glück teilen wir sie sogar zufällig (tun wir wahrscheinlich nicht).
Solange wir uns aber nicht auf jedermann vermittelbare (und mitunter bindende) Argumente berufen können, sehe ich nicht wie man sich im Rahmen einer politischen Auseinandersetzung außerhalb des Kreises der zufällig Gleichgesinnten auf solche Annahmen berufen kann.


da ich eine nationale Regierung stets in der Pflicht sehe, die eigenen regionalen Minderheiten nicht nur zu dulden, sondern aktiv zu schützen und den Erhalt ihrer kulturellen Identität aktiv zu fördern.

Da haben wir die bereits angesprochene Identitätspolitik – ein großer Themenkomplex, der von mir aus gerne eigenständig diskutiert werden kann. Ob ich mich dann darauf einlassen würde, weiss ich noch nicht. Da hängt so viel dran und der Tag hat nur 24 Stunden.


Gleichwohl empfinde ich es persönlich so, und ich gehe davon aus, dass es für viele so ist, dass sie ihre Gefühle, ihr Sosein, ihre Wünsche, ihre Ziele am besten in der Sprache artikulieren und transportieren können, die ihre Mutter- und/oder Vatersprache ist, mit der sie seit dem ersten Tage ihres Lebens aufgewachsen sind, in der sie denken, träumen, fühlen.

Dann soll jeder Mensch das gerne tun (Ich lasse mal die praktische Umsetzung beiseite) und die Gesellschaft damit bereichern. Aber ich stelle fest, dass Du nun – m.E. zu Recht – auf die indivduellen (Lern-)Erfahrungen verweist; dagegen erwähnst Du das Endemische, den Boden, die Ahnen hier nicht mehr.
Und wenn sehr, sehr viele Menschen nunmal mit einer lediglich leicht regional eingefärbten Version des Hochdeutschen aufgewachsen sind, dann drücken sie sich folgerichtig nunmal darin aus. Zweisprachige Verkehrsschilder stünden dem tatsächlich nicht im Wege; mundartlicher Matheunterricht dagegen schon.
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Ich habe auch ein schönes Erlebnis:

Vor 5 Jahren meldete sich bei mir der erste "Schnappfinger"!
Irgendwann war klar, dass das Ding operiert werde musste. Ich tanzte zur Vorstellung beim nächst gelegenen Hand-Chirurgen an. Ein kräftiger, hochdeutsch sprechender Herr, vielleicht 65, drückte an meiner Hand herum, erklärte kurz das grundsätzliche Prozedere und ich fragte dann, "was passiert eigentlich, wenn Sie sich dabei "verschnibbeln?"

Totenstille. Ein Blick über die Brille. Die Sprechstundenhilfe (= Ehefrau) blickte wie Frau Rottenmeier.
Dann sagte er irgendwann: " dann können Sie den Finger nicht mehr bewegen. Das ist mir aber noch nicht passiert".... Termin beendet.

Draußen sagte "sie" dann zu mir: "damit sie es gleich wissen. Mein Mann ist Chirurg und Akademiker. Der schnibbelt nicht herum".
Ich entgegnete, dass ich das nicht abwertend gemeint hatte und dass das frankfurterisch für Schneiden wäre und ich echter Frankfurter bin.
"Das ist egal. Mit ihrer Ausdrucksweise "Schnibbeln" sind sie bei meinem Mann nun jedenfalls unten durch".

Das war diese Praxis dann bei mir auch und ich ging woanders hin - was sich aber auch als Fehler herausstellte........................................
 
Zuletzt bearbeitet:
@Hugin

Ich muss sagen ich find deine fast schon sakrale Einstellung zu Sprachen ja faszinierend...finde aber, wohlwissend dass du hier nur ein paar Gedanken ausstreust, ein paar Forderungen echt überzogen. Insbesondere der "anspruch" darauf Dialekt bei örtlichen Stellen reden zu dürfen bzw. vom Beamten zu verlangen..wie ernst ist es dir damit? Reine Theorie oder doch ernsthafte Forderung? Das find ich nämlich leicht ...daneben? Ich weiß nicht. Aber man kann doch von niemandem verlangen jeden lokalen Dialekt zu verstehen. Insbesondere bei Ur-Badisch, Platt oder Bayrisch hätte ich ernsthafte Probleme das zu verstehen...und das kanns halt nicht sein. Hochdeutsch als Beamtensprache hat ja vor allem den Sinn einer allgemeinen Verständlichkeit... gleiches gilt für mich für Lehrer. Der überwiegende Teil der Schüler wächst halt nun einmal nicht mit starker dialektischer Färbung auf und eine wild dialektelnde Lehrkraft halte ich da doch für fehl am Platze.

Da spielt aber natürlich auch meine persönliche Ansicht mit rein. Ich finde Dialekte per se eher nicht so toll. Ich wohne in einer badischen Kleinstadt, spreche aber selbst bis auf ein paar Fetzen kein badisch und will das auch gar nicht. Das heißt ja nicht dass man Hochdeutsch sprechen muss, ich hab trotzdem meine regionale bzw. persönliche Einfärbung in der Sprache. Es ist aber nicht so, dass ich nie Menschen um mich herum gehabt hätte, die Dialekt sprechen. Ich fand das nur nie, auch als Kind nicht, erstrebenswert. Und ich muss sagen, auch wenn das wohl nicht in Ordnung ist, wenn jemand in wirklich schwerem badischen Dialekt mit mir redet, muss ich mich schon fokussieren.

Davon abgesehen hat eine Kultur für mich mehr zu bieten als nur die Abwandlung der Sprache.

Soweit mein Wort zum Mittwoch.
 
@MoonMarauder

Es ist immer zu unterscheiden, zwischen dem, was ich mir für mein persönliches Utopia wünschen würde, und was ich als Mindeststandard in Sachen Schutz regionaler Sprachphänomene fordere.

Wünschen würde ich mir tatsächlich eine kodifizierte endemische Sprache für jedes Dorf. Aber das kann man natürlich als Teil meiner Jungsteinzeitutopien von einer tribal von unten strukturierten Gesellschaftsordnung abtun, und damit als Phantasterei. Ist mir klar. Wenn der Weg ein Lichtjahr weit sein sollte, würde ich mich indes über jeden Zentimeter freuen, den man auf diesem Weg gehen würde.

Was ich in der Tat für notwendig halte, ist, dass jede Diskriminierung von Dialektsprechern endet, wozu sicherlich gehört, dass man einem Dialektsprecher zumindest in der regionalen Heimat seines Dialekts in gleichem Maße muttersprachlichen Zugang zu Dokumenten und Amtshandlungen gewährt, wie man dies für einen Ausländer tut, für einen Gehörlosen, für einen Blinden usw... sprich, ihm Formulare oder Dollmetscher zur Verfügung stellt etc... Vor allem darf ein dialektsprachiges Kind in der jeweiligen Heimat dieses Dialekts niemals in der Schule dazu angehalten werden, nicht im Dialekt zu sprechen, es sei denn im sonstigen Sprachunterricht. Das ist für mich in der Tat auch nicht verhandelbar und kurz vor verbrecherisch (ethnozidal), das zu tun, denn wenn ein Kind in seiner eigenen Heimatgemeinde nicht mehr die Möglichkeit hat, sich in seiner Schule in der Sprache dieser Region zu verständigen, dann ist das ein derart gewaltiger Einschnitt in dessen sprachliche Entwicklung und kulturelle Prägung, dass ich das nicht hinnehmbar finde. Ein Lehrer kann natürlich verlangen, im Deutschunterricht "Deutsch" zu sprechen, oder im Englischunterricht "Englisch", aber im sonstigen Unterricht, muss ein Kind die Möglichkeit haben, sich in der Sprache der Region zu artikulieren. Daher halte ich es auch tatsächlich für in erheblichen Maße problematisch, dass jemand Amtsträger in einer Region sein kann, der das sprachliche Idiom der Region nicht zumindest passiv beherrscht. Das ist für mich ein Relikt von Imperialismus, Nationalismus und Zentralismus zu Lasten der Stämme und regionaler Kultur, und ich erwarte von einem Staatsdiener, dass er das einheimische Volk am Ort seines Einsatzes zu verstehen versucht. Wer das nicht tut, hat in dieser Position aus meiner Sicht nichts verloren.

Die Konsequenz hieraus stellt natürlich die Sinnhaftigkeit innerdeutscher Migration in erheblichem Maße in Frage. Wie man diesen gordischen Knoten durchschlägt, weiß ich auch nicht. Im Prinzip bin ich kein Freund innerdeutscher Migration, oder überhaupt von Wechseln des Wohnorts, da ich es für relativ selbstverständlich und gesellschafts- und kulturpolitisch erstrebenswert halte, am selben Ort geboren zu werden, zu leben und begraben zu werden, wenn man nicht durch Krieg, Elend, Not oder Vertreibung zur Aufgabe der Heimat gezwungen wird.

Auf der anderen Seite bin ich - wie oft betont - wirklich der allerletzte Mensch, der das Recht anderer zur Selbstentfaltung beschränken möchte; und ich schätze von Herzen auch jeden Bayern, Braunschweiger oder Thüringer, - oder gerne auch Araber oder Chinesen - den es hier zu uns nach Schwaben verschlagen hat, um hier mit uns zu leben. Unter diesen habe ich auch zahlreiche Freunde, Kollegen, Geschäftspartner und Bekannte, die ich nicht missen möchte und über deren Weggehen ich traurig wäre. Verbote und Gebote kommen daher nicht in Betracht, Eingriffe in die europaweiten Freizügigkeitsrechte auch nicht. Wobei ich indes von innerdeutschen Immigranten schon erwarte, sich zu bemühen, Schwäbisch zumindest zu verstehen und nicht als Kulturimperialisten einzumarschieren, was nicht heißt, dass ich mit ihm nicht Schriftdeutsch oder Englisch oder Französisch sprechen würde, wenn er mich nicht sonst nicht versteht. Höflichkeit und Hilfsbereitschaft ist immer zu wahren, die Höflichkeit gebietet aber m.E. stets auch, die Sprache der neuen Heimat zu lernen.

Mir schweben eher Modelle vor, die den freiwilligen Entschluss fördern, der Mobilität zu entsagen, wie beispielsweise die Einführung einer Art Odalsrecht. So nach dem Prinzip, dass jemand, der sich der Scholle seiner Eltern verpflichtet, ganz erhebliche finanzielle Förderungen erhält, und das entsprechende Land als unantastbares, ewiges Erbrecht erhält, das niemand pfänden, versteigern, enteignen kann, und für dessen Unterhalt er erhebliche Zuschüsse bekommt, für das keine Grundsteuern und Erbschaftssteuern anfallen etc... so lange er diese Immobilie selbst bewohnt und im Familienbesitz erhält.

Das Ziel wäre eine zunehmend demobilisierte Gesellschaft, ein Weniger an Mobilität, ein Mehr an Planungssicherheit, ein Mehr an Geborgenheit, und - wie schon im Politik-Thread angedeutet - ein Mehr an Autarkie und Selbstversorgungswirtschaft und damit an nachhaltiger, erhaltender Ökologie. Ziel wäre hiermit auch, dass langfristig niemand mehr in Miete leben soll, der das nicht ausdrücklich wünscht, sondern jeder auch als Alleinverdienerhaushalt die Möglichkeit hat, finanzierbares Wohneigentum für sich und seine Nachfahren zu begründen, das dauerhaft gegen jedermann sicher ist (Staat und Gläubiger eingeschlossen). Also die Schaffung eines neuen Odalsrechts für Familien die bisher solchen Erbbesitz nicht haben, wäre ausdrücklich vorgesehen und erwünscht.

Haupttriebfeder sind für mich hierbei neben der Pflege kultureller Eigenarten (natürlich nicht nur, aber auch und vor allem Sprache) auch ein Ausbremsen von Wachstum und eine Reduzierung des Ressourcenverbrauchs. Das ist im Prinzip ein recht ganzheitlicher Ansatz, der eben im Endeffekt doch ein Weg "hennádäbberlesweis" (mit Hühnerschritten) zurück in eine vergangene Welt ist. Dass wir die nimmer rekonstruieren können, ist mir klar, aber wie gesagt, die kleinen Schritte in diese Richtung, könnten für mein Empfinden vieles besser, lebens- und liebenswerter machen.

Erste Schritte könnten etwa kultuspolitisch sein, in Schulen Dialektunterricht einzuführen; meinetwegen als Einzelfach, oder im Rahmen des Heimatkundeunterrichts; sowie die Einführung zweisprachiger Ortsschilder. Allein der Megaaufwand, die jeweiligen Sprachen linguistisch zu fassen und phonemisch zu kodifizieren, wäre für mich eine der spannendsten Aufgaben, die ich mir vorstellen kann. Würde mich hierfür sofort als Freiwilliger melden (siehe meine Signatur). Ein Traum...

Was das Fokussieren und die Schwierigkeiten im Verständnis angeht: Für mich ist das kein Problem, sondern ein Reiz an Kommunikation. Ich mag es, wenn man sich anstrengen und fokussieren muss, um sein Gegenüber zu verstehen. Kommunikation darf für mich auch gerne Herausforderung sein. Alles auf dem Silbertablett zu haben, ist doch öde.

Der Rest wäre dann wieder mehr Politik-Thread, daher mach ich jetzt einen Punkt.

Ist viel Romantik dabei, keine Frage. Aber eben auch große Sorge um den unwiederbringlichen Verlust regionaler Eigentümlichkeiten und Preziosen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Jetzt hast Du aber aber ein paar Hämmer gebracht... ;):D

Gut, dass nicht jedes Dorf seine endemische Sprache hat.
Sonst würden Die sich heute noch gegenseitig bekriegen. Gleiche Sprache hat zwar auch schon Kriege verursacht, sorgt aber eher für Verständigung = mindestens Waffenstillstand.

Klar, kann man sein Leben lang an einem Ort bleiben.
Die Realität sieht aber, gerade hierzulande doch völlig anders aus. Ob der Mobilitäts-Wahn (jeden Tag woanders oder mal schnell 200 km zum Arbeitsplatz pendeln) sein muss, ist eine Sache. Aber grundsätzlich will vor allem die Jugend "raus und weg" und das ist doch auch gut so. Aus meiner Schulklasse, im nicht schlimmsten Frankfurter Schulort, sind von über 30 Leuten, heute keine 10 mehr in der Nähe. Die Hälfte ist in Deutschland oder gar die ganze Welt verteilt. Soweit habe ich es (mit meinen geringen Sprachkenntnissen) nicht geschafft. 30 km Luftlinie.... Das (träumerische) Auswandern auf die Malediven fiel genauso flach, wie der lange Jahre sehr ernst genommene Versuch, nach Hellas zu gehen (zum Glück). Heute pendle ich nur nach Sardinien...

Das "Odalsrecht" klingt gut, für den der es Nutzen darf.
Die Anderen hätten wohl das Nachsehen und dann wären wir wahrscheinlich eher wieder beim Feudalrecht, mit all seinen negativen Folgen für die Schwächeren, bzw. bei Geburt benachteiligten. Sardinien litt lange Zeit darunter. Abgelöst wurde es vor genau 200 Jahren dann vom "Zaunrecht". Das macht(e) die Sache bis heute nicht einfacher. Der Wanderer bemerkts, wenn er davor steht...

Dort und in meiner anderen, früheren Heimat, gibt´s tatsächlich noch viele alte Leute (manchmal im krassen Gegensatz zu den Nachbarn, die zum Arbeiten nach Deutschland oder gar in die USA gegangen sind), die wirklich nicht über die Gemarkungsgrenze ihres Ortes hinaus gekommen sind. Höchstens mal für einen Krankenhaus-Aufenthalt. Meist im Inselinnern sitzen Menschen, die noch nie das Meer gesehen haben, geschweige denn, darin waren - obwohl evtl. nur 50 km davon entfernt. Da ihnen offensichtlich nichts fehlt, wirken sie vielleicht "glücklich". Sie wissen aber auch nicht wirklich, was es da draußen gibt. Vielleicht auch, weil die Sprache fehlt...
 
Heimatverbundenheit und Weltoffenheit schließen sich nicht gegenseitig aus. Ich selbst bin auch sehr heimatverbunden und kann mir nicht vorstellen, langfristig an einem anderen als meinem Heimatort meinen Lebensmittelpunkt zu haben (@Hugin: übrigens ebenfalls Schwabe ;)) Dennoch erachte ich es als wichtig, seinen Horizont stetig zu erweitern. Das beinhaltet für mich, auch einmal eine längere Zeit weg von der Heimat gelebt zu haben (Urlaub reicht nicht). Dies war für mich auch ein wichtiger Schritt in meiner persönlichen (insbesondere intellektuellen) Entwicklung. Ich habe gelernt, was der Begriff „Freiheit“ bedeutet — die geilen Seiten, aber auch die damit verbundene Verantwortung (Letztere lernt niemand kennen, der sein Leben „hinterm heimischen Ofen“ verbringt). Ich habe gelernt, dass weder ich noch meine Heimatstadt der Mittelpunkt der Welt sind, für die ich mich/sie in meinen Jugendjahren gehalten habe. Und man verpasst unglaublich viel, wenn man die Welt nicht kennenlernt.

Zwischen Schwarz und Weiß (lange vergangenen Epochen zugehöriges Leben in Stammesverbänden und eine „Welt ohne Grenzen“) gibt es sehr viel Grau. Jedoch betrachte ich die von rein wirtschaftlichen Interessen getriebene Globalisierung, die für den Einzelnen häufig mit Entwurzelung, Unsicherheit und Identitätsverlust einhergeht, äußerst kritisch und begrüße/unterstütze Bestrebungen, dem entgegenzuwirken (aber bitte mit Hirn, nicht mit brauner Scheiße im Kopf!)

Zum Thema Toleranz: Hier mal die dümmsten Sprüche, die ich mir als Schwabe im „aufgeschlossenen, toleranten“ Köln schon anhören durfte...

„Bisher hab ich Schwaben alle für verkappte Nazis gehalten!“ (bisher mein Favorit!)
„Schwaben sind hier nicht besonders beliebt! Die sind halt unfreundlich und geizig!“ (bis zu dem Punkt verlief der Abend eigentlich in entspannter Atmosphäre...btw: Köln hat Schulden in dreistelliger Millionenhöhe. Das ist natürlich ungleich cooler als „Geiz“...)
„Schwabe bist du? Protestant! Kein Wunder!“ (wenngleich ich mit der Kirche gar nix am Hut habe...)

Um beim Thread-Thema zu bleiben: Breschtlingsgsälzhäfele. ;)
 
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