Der Geschichtsthread

Das kommt ja noch dazu, das MA nicht gleich MA ist. Es passiert mir auch selber immer wieder das ich die Sachen aus der Neuzeit immer mal wieder geistig ins MA packe.

Mal ganz davon abgesehen finde ich den Begriff Mittelalter ziemlich ärgerlich, als ob wir wüßten wann alles vorbei ist und wo die Mitte davon liegt.
 
Das kommt ja noch dazu, das MA nicht gleich MA ist. Es passiert mir auch selber immer wieder das ich die Sachen aus der Neuzeit immer mal wieder geistig ins MA packe.

Mal ganz davon abgesehen finde ich den Begriff Mittelalter ziemlich ärgerlich, als ob wir wüßten wann alles vorbei ist und wo die Mitte davon liegt.

Der Bergriff macht für mich aus unserer Perspektive durchaus sind. Auch aus Ermangelung eines besseren Begriffs. Die Menschen der Zukunft werden die Epoche aber vermutlich anders bezeichnen.
Ist ja aber auch nur ein grober Oberbegriff der sich genau wie die Antike oder Moderne in viele sperate zeitliche und regionale Felder aufteilen lässt.
 
Die Hexenverfolgungen gingen bis in das späte 18. Jahrhundert. Da war das Mittelalter schon lange vorbei.
Ich denke, dass das MA auch dunkel genannt wird, weil vieles v.a. im frühen MA (500-800) im "Dunkeln" liegt und es nur wenige schriftlichen Quellen gibt.

Das Problem des Mittelalters ist nicht nur, dass es vor allem im Frühmittelalter fast keine schriftlichen Quellen gibt, sondern dass die einzigen schriftl. Quellen lateinisch sind.
Das heißt, dass wir nur das Weltbild der Römer haben. Folglich kommen ihre Feinde grundsätzlich schlecht weg und hatten nichtmal die Möglichkeit, dies mit ihrer eigenen Schriftlichkeit und Geschichtsschreibung auszugleichen.

Und es wurde ja schon gesagt: Hexenverbrennungen sind hauptsächlich eine "Errungenschaft" der Frühen Neuzeit. Nicht des Mittelalters.
 
Die Frage nach der zeitlichen Einteilung finde ich aber gerade schön.
Mal ein paar gängige Vorschläge aufgelistet:

Der Anfang des Mittelalters:
476 - Das Ende des Weströmischen Reiches
565 - Tod von Justinian, der eine Wiedereroberung des Weströmischen Reiches anstrebte
586 - Einfall der Langobarden in Italien und Ende der "Völkerwanderungszeit" (Der Begriff "Völkerwanderungszeit" ist in der Forschung mittlerweile auch recht umstritten)
632 - Die Ausbreitung des Islams beginnt
800 - Karl der Große wird erster deutscher Kaiser

Ende des Mittelalters:
1389 - bis 1453 Beginn der Osmanenkriege
1453 Fall von Byzanz
1492 "Entdeckung" Amerikas
1508 Maximilian I wird deutscher Kaiser --> Niedergang des Rittertums in Deutschland
1517 Beginn der Reformation
Ab dem 14. Jh. Das Aufkommen von neuen Waffen und Kampftechniken (Schwarzpulver, moderne Infanterieorganisation) die Burgen und das Rittertum militärisch überflüssig machen
Ab dem 15 Jh. Das Aufkommen des Buchdrucks

Alles natürlich höchst diskutabel!
Ergänzungen erwünscht. :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Problem des Mittelalters ist nicht nur, dass es vor allem im Frühmittelalter fast keine schriftlichen Quellen gibt, sondern dass die einzigen schriftl. Quellen lateinisch sind.
Das heißt, dass wir nur das Weltbild der Römer haben.

So etwas sollte man generell bei jedem historischen Thema im Hinterkopf haben. Welche Quellen haben wir und woher stammen sie?
Ein anderes schönes Beispiel sind die Spartaner, bei denen die schriftlichen Quellen in erster Linie von den Athenern stammen. Den Erzfeinden der Spartaner!
 
Die Frage nach der zeitlichen Einteilung finde ich aber gerade schön.
Mal ein paar gängige Vorschläge aufgelistet:

Der Anfang des Mittelalters:
476 - Das Ende des Weströmischen Reiches
565 - Tod von Justitian, der eine Wiedereroberung des Weströmischen Reiches anstrebte
586 - Einfall der Langobarden in Italien und Ende der "Völkerwanderungszeit" (Der Begriff "Völkerwanderungszeit" ist in der Forschung mittlerweile auch recht umstritten)
632 - Die Ausbreitung des Islams beginnt
800 - Karl der Große wird erster deutscher Kaiser

Ende des Mittelalters:
1389 - bis 1453 Beginn der Osmanenkriege
1453 Fall von Byzanz
1492 "Entdeckung" Amerikas
1508 Maximilian I wird deutscher Kaiser --> Niedergang des Rittertums in Deutschland
1517 Beginn der Reformation
Ab dem 14. Jh. Das Aufkommen von neuen Waffen und Kampftechnicken (Schwarzpulver, modernen Infanterieorganisation) die Burgen und das Rittertum militärisch überflüssig machen
Ab dem 15 Jh. Das Aufkommen des Buchdrucks

Alles natürlich höchst diskutabel!
Ergänzungen erwünscht. :)


Ich ergänze noch ca. 500 Chlodwig konventiert zum Christentum -> Ausbreitung des Christentums in "Germanien"

Völkerwanderung ist auch ein sehr spannendes Thema (und auch irgendwie aktuell, wo es ja momentan heißt eine neue Völkerwanderung). Aber das würd jetzt noch ein weiteres Fass aufmachen.

Einzig der Startpunkt 800 lässt mich doch ein wenig schmunzeln:D
 
Einzig der Startpunkt 800 lässt mich doch ein wenig schmunzeln:D

Das ist wohl auch eher der Startpunkt für das Hochmittelalter, wobei er mir dafür schon wieder etwas zu früh ist... *seuftz*
Es gibt ja aber auch durchaus Historiker die das Ende der Antike mit dem Fall von Byzanz datieren, was ich in Anbetracht der byzantinischen Kultur auch gar nicht sooo abwägig finde... :)
Irgend ein Historiker hatte das Ende des Mittelalters mal im 18 Jh. verortet. Weiß aber leider nicht mehr Wer das war und wie die Begründung lautete. :D
 
Die Frage nach der zeitlichen Einteilung finde ich aber gerade schön.
Mal ein paar gängige Vorschläge aufgelistet:

Der Anfang des Mittelalters:
476 - Das Ende des Weströmischen Reiches
565 - Tod von Justitian, der eine Wiedereroberung des Weströmischen Reiches anstrebte
586 - Einfall der Langobarden in Italien und Ende der "Völkerwanderungszeit" (Der Begriff "Völkerwanderungszeit" ist in der Forschung mittlerweile auch recht umstritten)
632 - Die Ausbreitung des Islams beginnt
800 - Karl der Große wird erster deutscher Kaiser

Ende des Mittelalters:
1389 - bis 1453 Beginn der Osmanenkriege
1453 Fall von Byzanz
1492 "Entdeckung" Amerikas
1508 Maximilian I wird deutscher Kaiser --> Niedergang des Rittertums in Deutschland
1517 Beginn der Reformation
Ab dem 14. Jh. Das Aufkommen von neuen Waffen und Kampftechniken (Schwarzpulver, modernen Infanterieorganisation) die Burgen und das Rittertum militärisch überflüssig machen
Ab dem 15 Jh. Das Aufkommen des Buchdrucks

Alles natürlich höchst diskutabel!
Ergänzungen erwünscht. :)

Ich glaub damit könnten wir den ganzen Thread füllen :D

So etwas sollte man generell bei jedem historischen Thema im Hinterkopf haben. Welche Quellen haben wir und woher stammen sie?
Ein anderes schönes Beispiel sind die Spartaner, bei denen die schriftlichen Quellen in erster Linie von den Athenern stammen. Den Erzfeinden der Spartaner!

Das ist noch ein perfektes Beispiel.

Vor allem muss man auch bedenken, in welchen Gesellschaftsschichten wurde geschrieben?
Und worüber? Uns fehlt die komplette Sicht der "normalen" Bevölkerung. Wenn wir Glück haben, dann haben wir Graffiti oder Einkaufszettel.
Beschreibmaterialen? Man hat halt auf alles gekritzelt was da war und viel hat da oft nicht draufgepasst.

Das Frühmittelalter war eine Zeit der Agrarwirtschaft. Es wurde den ganzen Tag gearbeitet und Nachts war es zu dunkel zum schreiben.
Klingt simpel, ist aber ein großer Faktor.
 
Der Bergriff macht für mich aus unserer Perspektive durchaus sind. Auch aus Ermangelung eines besseren Begriffs. Die Menschen der Zukunft werden die Epoche aber vermutlich anders bezeichnen.
Ist ja aber auch nur ein grober Oberbegriff der sich genau wie die Antike oder Moderne in viele sperate zeitliche und regionale Felder aufteilen lässt.

Nachtrag: Die Menschen des Mittelalters bezeichneten ihre Epoche selbst als aetas christiana (Christliches Zeitalter) gemäß der Lehre der aetates mundi (Weltenalter) oder auch als civitas dei (Gottesreich) gemäß der Vier-Reiche-Lehre.
https://de.wikipedia.org/wiki/Vier-Reiche-Lehre
 
Und worüber? Uns fehlt die komplette Sicht der "normalen" Bevölkerung. Wenn wir Glück haben, dann haben wir Graffiti oder Einkaufszettel.

Absolut. Meist ist uns nur das Leben der sozialen Eliten überliefert. Was auch ganz simpel darin begründet ist, dass nur die im Stande waren etwas schrifliches aufzuzeichnen, bzw. generell etwas bleibendes der Nachwelt zu hinterlassen.
Nicht jeder Wikinger wurde in einem Schiffsgrab bestattet, nicht jeder Keltenfürst in einem Hügelgrab und nicht jeder Ägypter in einer Pyramide. Sowas war schon aus wirtschaftlichen Gründen der Oberschicht vorbehalten.
 
Nachtrag: Die Menschen des Mittelalters bezeichneten ihre Epoche selbst als aetas christiana (Christliches Zeitalter) gemäß der Lehre der aetates mundi (Weltenalter) oder auch als civitas dei (Gottesreich) gemäß der Vier-Reiche-Lehre.
https://de.wikipedia.org/wiki/Vier-Reiche-Lehre

Das ist Teil eins meiner Lieblingsbereiche. Hab mich intensiv mit Karten und Chroniken beschäfigt, da findet sich ja sowas ständig wieder. Für die Zeitgenossen war es das Zeitaltler in dem alles zu Ende gehen wird, immer mit der drohenden Apokalypse vor Augen. Gerade sowas findet sich in den Karten und Chroniken dann auch wieder. Furchtbar wie man in Geschwafel verfällt. Typische Historiker Krankheit:D
 
Ich habe mal einen Artikel gelesen, da ging es um die These, dass das MA "finsteres Mittelalter" heißt, weil der Himmel über Jahrzehnte aufgrund einer Aschewolke abgedunkelt gewesen sein soll. Das ließe sich anhand von weltweiter Bodenuntersuchungen bestätigen. Der Grund soll, soweit ich mich erinnern kann, ein Supervulkan gewesen sein. Das soll auch der Grund für die düsteren/dunklen Gemälde aus dieser Zeit sein (sind die das alle?).
Fand den Artikel ganz interessant. Ob da was dran ist, kann ich nicht sagen. Habe mich nie weiter damit beschäftigt. Was meinen die Profis dazu?
 
Ich habe mal einen Artikel gelesen, da ging es um die These, dass das MA "finsteres Mittelalter" heißt, weil der Himmel über Jahrzehnte aufgrund einer Aschewolke abgedunkelt gewesen sein soll. Das ließe sich anhand von weltweiter Bodenuntersuchungen bestätigen. Der Grund soll, soweit ich mich erinnern kann, ein Supervulkan gewesen sein. Das soll auch der Grund für die düsteren/dunklen Gemälde aus dieser Zeit sein (sind die das alle?).
Fand den Artikel ganz interessant. Ob da was dran ist, kann ich nicht sagen. Habe mich nie weiter damit beschäftigt. Was meinen die Profis dazu?

Ich bin zwar kein Profi, aber davon hab ich noch nie was gehört.
 
Gehört habe ich von sowas schon mal, halte es aber für genauso einen Humbug wie die Story über die "1.000 erfundenen Jahre". Wenn ich da falsch liege, klärt mich bitte auf.
 
Gemälde aus dem frühem MA sind nahezu nicht vorhanden. Dass es eine Klimaveränderung am Ende des römischen Reichs gab ist mittlerweile eine gängige These.

Zum dunklen MIttelalter, ich unterrichte das Mittelalter ungerne, weil man den Kindern nur schlaglichter einer sehr fernen Epoche aufzeigen kann. D.h. es ist schwer historisch genau zu lehren (bei 13jährigen), da muss vieles bildhaft geschehen und viel noch erzählt werden. Meint das echte MIttelalter ist nur in Ansätzen zu vermitteln, es bleibt ein Konstrukt. Mir ist es dabei immer wichtig einerseits die enge Ordnung in der Gesellschaft, die Bedrohlichkeiten durch die Natur (hier ist das Dunkle/angstbesetzte vllt zu vermuten) und die tiefe Religiosität zu sehen. Dann aber die städtische Dynamik und Wissenbildung und die Klöster, die Datenbanken des Mittelalters als Orte die gleichzeitig existieren.
Die volle Tiefe kann man sich aber nur als Erwachsener Interessierter erschließen
 
Ich habe mal einen Artikel gelesen, da ging es um die These, dass das MA "finsteres Mittelalter" heißt, weil der Himmel über Jahrzehnte aufgrund einer Aschewolke abgedunkelt gewesen sein soll. Das ließe sich anhand von weltweiter Bodenuntersuchungen bestätigen. Der Grund soll, soweit ich mich erinnern kann, ein Supervulkan gewesen sein. Das soll auch der Grund für die düsteren/dunklen Gemälde aus dieser Zeit sein (sind die das alle?).
Fand den Artikel ganz interessant. Ob da was dran ist, kann ich nicht sagen. Habe mich nie weiter damit beschäftigt. Was meinen die Profis dazu?

Gemälde gab es im Mittelalter in der Form die man heute darunter versteht eigentlich noch nicht. Der Begriff "finsteres Mittelalter" wird/wurde aber explizit häufig wertend auf die Kultur, Gesellschaftsform, Wertevorstellungen der Epoche bezogen bzw. so verstanden. Wobei er durchaus auch im Sinne der teils dürftigen Quellenlage benutzt wurde, wie @Captain Beyond Zen hier richtig angemerkt hat, ähnlich wie beispielsweise bei den "dunklen Jahrhunderten" der griechischen Antike.
Aber wollen wir uns an dem Begriff nicht aufhängen. Fakt ist ja leider, dass das Mitelalter zu unrecht einen Ruf als rückständige (moralisch, kulturell,technisch) Zeit innerhalb der europäischen Geschichte hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gehört habe ich von sowas schon mal, halte es aber für genauso einen Humbug wie die Story über die "1.000 erfundenen Jahre". Wenn ich da falsch liege, klärt mich bitte auf.

die 1000 Jahre sind Käse, dazu gibt es dann doch zu viele datierbare Überreste (auch aus Byzanz oder Arabien). Ein paar Jahre können aber schon sein, das ist zu schwierig
 
Der Begriff "finsteres Mittelalter" wird/wurde aber explizit häufig wertend auf die Kultur, Gesellschaftsform, Wertevorstellungen der Epoche bezogen bzw. so verstanden.

Ich bin immer noch der festen Überzeugung, dass wir das "finstere Mittelalter" den Humanisten zu verdanken haben und sich rein auf die Sprache bezog.
Sie hingen zu sehr an der Antike und sahen einen Verfall der lateinischen Sprache. Was natürlich reiner Humbug ist. Es gibt auch im Mittelalter lateinische Texte und Gedichte, die mit unglaublicher Kunstfertigkeit geschrieben wurden.

Dennoch hast du insoweit recht, dass sich der Begriff nachträglich auch auf die von dir angesprochenen Bereiche ausgedehnt hat.

@Mondkerz was meinst du mit den 1000 erfundenen Jahren? In der Antike gab es so ein ähnliches Loch und im Frühmittelalter würde mir hier bloß die "arthurian gap" einfallen. Aber das dauerte keine 1000 Jahre.
 
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