Der Geschichtsthread

Wenn man den deutschen Bauernkrieg als Revolution gelten lässt, was ich durchaus befürworte, dann könnte man diesen als eine Revolution von unten bezeichnen. Es waren zwar auch bekannte Kleriker auf Seite der Bauern, aber doch nicht, so zumindest meine Wahrnehmung, als Anführer.

Die Frage die sich mir bei dem ganzen stellt, ist ob so eine "Revolution von unten" nie ohne den ideengeschichtlichen Kontext auskommt. In dem Sinne, dass immer irgendwelche intellektuelle Denker hinter einer solchen Bewegung stehen so wie der von @Teutonic Witcher Thomas Münzer. Das sich das Ganze dann als Selbstläufer fortentwickelt und eine Eigendynamik annehmen kann glaube ich auch.

Man könnte auch weiterfragen und behaupten, dass durch den technischen Fortschritt und der Industrialisierung es gerade notwendig wird, dass dort noch bürgerliche Personen im Hintergrund agieren und mit ihren Gedanken und Vorstellungen eine Revolution herbei sehen (warum ist das eigentlich so? Alturismus?)

Den Begriff Anführer würde ich sogar fallen lassen und stattdessen so was wie Ideengeber oder geistiger Katalysator nehmen (wie hochtrabend :D)
 
Ich würde in Frage stellen in wie fern es man einer Revolution absprechen kann "von unten" zu kommen, nur weil auch Personen aus bürgerlichen Kreisen beteiligt sind. Es liegt mMn in der Natur der Sache, dass Intellektuelle die sich einer Bewegung anschließen als ihr Sprachrohr fungieren. Und auch, dass sie beim konkreten bilden/ausformen eines neuen Systems eine tragende Rolle spielen. Sofern sie aber nicht bei der Urbewegung beteiligt, oder gar deren Initiator waren, würde ich einer Revolution gar nicht unbedingt aberkennen "von unten" zu kommen.
 
Ich würde in Frage stellen in wie fern es man einer Revolution absprechen kann "von unten" zu kommen, nur weil auch Personen aus bürgerlichen Kreisen beteiligt sind. Es liegt mMn in der Natur der Sache, dass Intellektuelle die sich einer Bewegung anschließen als ihr Sprachrohr fungieren. Und auch, dass sie beim konkreten bilden/ausformen eines neuen Systems eine tragende Rolle spielen. Sofern sie aber nicht bei der Urbewegung beteiligt, oder gar deren Initiator waren, würde ich einer Revolution gar nicht unbedingt aberkennen "von unten" zu kommen.

Ich verstehe was du meinst und
Die Frage die sich mir bei dem ganzen stellt, ist ob so eine "Revolution von unten" nie ohne den ideengeschichtlichen Kontext auskommt. In dem Sinne, dass immer irgendwelche intellektuelle Denker hinter einer solchen Bewegung stehen so wie der von @Teutonic Witcher Thomas Münzer. Das sich das Ganze dann als Selbstläufer fortentwickelt und eine Eigendynamik annehmen kann glaube ich auch.

Man könnte auch weiterfragen und behaupten, dass durch den technischen Fortschritt und der Industrialisierung es gerade notwendig wird, dass dort noch bürgerliche Personen im Hintergrund agieren und mit ihren Gedanken und Vorstellungen eine Revolution herbei sehen (warum ist das eigentlich so? Alturismus?)

Den Begriff Anführer würde ich sogar fallen lassen und stattdessen so was wie Ideengeber oder geistiger Katalysator nehmen (wie hochtrabend :D)

Wenn man es so fasst, dann passt der deutsche Bauernkrieg nicht.
 
Die Frage die sich mir bei dem ganzen stellt, ist ob so eine "Revolution von unten" nie ohne den ideengeschichtlichen Kontext auskommt.

Ist glaube ich auch eine Frage der Terminologie. Da eine Revolution ohne ideologische Basis zwangsläufig auch kaum etwas bleibendes manifestieren würde, spricht man bei sowas im Nachhinein wohl eher von einem Aufstand oder ähnlichem. Auch wenn davon langfristig doch gewaltige Umwältzungen innerhalb eines Systems entstehen können....
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist eine spannende Frage, eventuell ist es hilfreich, wenn man über einen gewissen Bildungsstand verfügt und sich nicht so viele Gedanken um das tägliche Überleben im Sinne von Verpflegung und Unterbringung machen muss.
 
Vielleicht die Landvolkbewegung, die sich ja auf den Bauernkrieg beruft? https://de.wikipedia.org/wiki/Landvolkbewegung_(Schleswig-Holstein)

Zu definieren wäre natürlich der Begriff "bourgeoise Personen". Münzer war ja Kleriker, nach dem sich im späten Mittelalter im Umbruch befindenden Ständemodell also zumindest kein klassischer Bürgerlicher (das mag ein klassischer Marxist anders sehen). Und ob Vereine bürgerlich sind, ist wohl auch eher eine moderne Wahrnehmung: Es war in der Neuzeit mitunter die einzige Möglichkeit, sich politisch artikulieren und sich sammeln zu können. Dazu kommt noch die Rolle von Sportvereinen etc. zum Zeitpunkt diverser Parteiverbote.

Editiert.
 
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Vielleicht die Landvolkbewegung, die sich ja auf den Bauernkrieg beruft? https://de.wikipedia.org/wiki/Landvolkbewegung_(Schleswig-Holstein)

Zu definieren wäre natürlich der Begriff "bourgeoise Personen". Münzer war ja Kleriker, nach dem sich im späten Mittelalter im Umbruch befindenden Ständemodell also zumindest kein klassischer Bürgerlicher (das mag ein reinklassischer Marxist anders sehen). Und ob Vereine bürgerlich sind, ist wohl auch eher eine moderne Wahrnehmung: Es war in der frühen Neuzeit mitunter die einzige Möglichkeit, sich politisch artikulieren und sich sammeln zu können. Dazu kommt noch die Rolle von Sportvereinen etc. zum Zeitpunkt diverser Parteiverbote.

In meinem Ausgangspost meinte ich damit auch die Vereine der frühen Arbeiterbewegung. Da kann man wirklich fast eins zu eins die bürgerlichen Muster übertragen sehen. Dabei die Bergarbeiter sogar noch außen vorgelassen, da diese sich ja selbst nicht als Arbeiter sehen und den Begriff meiden bishin sogar verabscheuen. Da dann im nächsten Satz der Begriff frühe Neuzeit fällt macht es das für das angesprochene "von unten" sowieso schwierg, da auf Seiten der Landarbeiter, Gesinde etc. keine Vereine erlaubt waren und somit eine rein bürgerliche Vereinslandschaft gab (wenn man überhaupt von Vereinen in der frühen Neuzeit sprechen kann, im Sinne des 19. Jahrhunderts)

Ist glaube ich auch eine Frage de Terminologie. Da eine Revolution ohne Ideologische Basis zwangsläufig auch kaum etwas bleibendes manifestieren würde, spricht man bei sowas im Nachhinein wohl eher von einem Aufstand oder ähnlichem. Auch wenn davon langfristig doch gewaltige Umwältzungen innerhalb eines Systems entstehen können....

Spannend fände ich, ob bekannt ist, dass es von Arbeitern etc. eigens initierte Aufstände etc. gibt. Weil meist, so zumindest mein Eindruck, ist es so, dasss salopp gesagt einer der "Oberschicht" kommt: "Hey Arbeiter, deine Situation ist Mist. Mach mal was gegen."
 
In meinem Ausgangspost meinte ich damit auch die Vereine der frühen Arbeiterbewegung. Da kann man wirklich fast eins zu eins die bürgerlichen Muster übertragen sehen. Dabei die Bergarbeiter sogar noch außen vorgelassen, da diese sich ja selbst nicht als Arbeiter sehen und den Begriff meiden bishin sogar verabscheuen. Da dann im nächsten Satz der Begriff frühe Neuzeit fällt macht es das für das angesprochene "von unten" sowieso schwierg, da auf Seiten der Landarbeiter, Gesinde etc. keine Vereine erlaubt waren und somit eine rein bürgerliche Vereinslandschaft gab (wenn man überhaupt von Vereinen in der frühen Neuzeit sprechen kann, im Sinne des 19. Jahrhunderts)

Sorry: In der zitierten Passage wollte ich nur "Neuzeit", nicht "frühe Neuzeit" schreiben. Ich hatte eher Bismarcks Sozialistengesetz und seine Folgen im Kopf. Beim Verfassen des Posts war ich anscheinend noch mental bei Müntzer.
 
Während meines Geschichts-Studiums (Nebenfach) hatte ich einen unfreiwilligen Schwerpunkt auf Osteuropa (nur da waren oftmals Kurse frei), was sich als echter Gewinn herausstellte, weil mir viele Fakten aus diesem Kulturkreis noch neu waren.

Ich habe mich damals viel mit den russischen Narodniki (https://de.wikipedia.org/wiki/Narodniki) beschäftigt, Intellektuelle, die dem Volk das Zarentum ausreden und Partizipationsmöglichkeiten, Mitspracherechte und Demokratie predigen wollten. Diese zumeist jungen Adeligen wurden scharenweise von den Bauern an Bäume geknüpft, weil die diese Botschaft gar nicht hören wollten. Ich fand das auf einer morbiden Ebene sowohl belustigend, als auch sehr tragisch.
 
Spannend fände ich, ob bekannt ist, dass es von Arbeitern etc. eigens initierte Aufstände etc. gibt. Weil meist, so zumindest mein Eindruck, ist es so, dasss salopp gesagt einer der "Oberschicht" kommt: "Hey Arbeiter, deine Situation ist Mist. Mach mal was gegen."

Ich denke das gab es öfters. Man braucht ja keinen Oberschichtler um zu merken dass einem bescheiden geht. Spontan fällt mir da der schlesische Weberaufstand von 1844 ein.
https://de.wikipedia.org/wiki/Weberaufstand#Schlesischer_Weberaufstand_1844
 
Kann eine Revolution "von unten" funktionieren?

Ich bin kein Historiker, aber ich meine, dass das, was man gemeinhin unter Revolution versteht, also die grundlegende Umwälzung von gesellschaftlichen, ökonomischen und politischen Ordnungsbeständen qua selbstätiger Befreiung/Emanzipation der Massen, ein zutiefst burgeoises Wunschkonstrukt ist, welches gleichermaßen mit der ideellen Entdeckung des Begriffs der Masse wie des Subjekts (im Kant'schen Sinne) korrespondiert, aber gerade in einem geschichtsteleologischen Vulgärmarxismus der Orthodoxie zu einem materialistisch-notwendigen, unhintergehbaren Phänomen der Genese der Produktionsverhältnisse bzw. deren Überwindung umgedeutet wird.
Es ist dieser blinde Glaube in die unzweifelhafte wissenschaftliche Einsicht in historisch-ökonomischen Zusammenhänge, diese Subjektivierung der Masse zum Protagonisten wie Movens der Historie, der die Idee der Revolution zu einem bürgerlichen Phänomen macht. Diesem Anschein der Wissenschaftlichkeit, der dem materialistisch-kommunistischen Revolutionsgedanken immanent ist, ist zudem noch der messiahnische Gedanke der Errettung beigefügt, wobei hier gleichsam das metaphysische Konstrukt einer rettenden höheren Instanz durch das ebenso metaphysische Konstrukt eines geschichtlichen Subjekts substituiert wird. Das Denken, das Revolution will, ist also ein bürgerlich-wissenschaftlich-religiöses, es ist das einer Elite, die immer die Masse im Sinne hat, das der Geschichte und mithin dem Menschen aufoktroyiert werden soll.
Vielleicht ist das die bittere Pointe einer Aufklärung, die sich selbst herbeizwingen wollte. Noch bürgerlicher und prekärer ist meines Dafürhaltens alles Gerede von innerer Revolte, die entweder Apotheose eines monadischen Individuums, Psychologismus und Selbstzurichtung einer Generation Coaching oder gar neurechtes Agitieren gegen Herdenmoral ist.

Funktionieren kann Revolte als Instrument der Subalternen meines Dafürhaltens alleine deshalb schon nicht, weil diese weniger mit Befreiung als mit Unterdrückung assoziiert ist. Was das "Proletariat" braucht, ist selbstorganisierter, partikularer Widerstand, dieser ist zwar auch antagonistisch, dabei aber kleinteilig und plural. Und den gab es in der Geschichte - und den wird es hoffentlich auch weiter geben.
 
Schatz des Dänenkönigs Blauzahn entdeckt
Auf einem Acker auf Rügen sind Archäologen auf einen spektakulären Silberschatz mit Münzen des einstigen Dänenkönigs Harald Blauzahn (um 910 - 987 n. Chr.) gestoßen. Die Bodendenkmalpfleger gruben am Wochenende in der Nähe von Schaprode zahlreiche Hals- und Armreife, Perlen, Fibeln, einen Thorshammer sowie Ringe aus.

https://www.ndr.de/nachrichten/meck...nenkoenigs-Blauzahn-entdeckt,blauzahn100.html

Silberfund von Rügen Mehr als nur Schatzsuche
Auf Rügen haben ein Schüler und ein Dachdecker einen großen Silberschatz entdeckt. Dass der Fund der Hobbyarchäologen der Wissenschaft nicht verloren ging, ist die Folge einer schlauen Maßnahme.
http://www.spiegel.de/wissenschaft/...uegen-mehr-als-nur-schatzsuche-a-1203203.html
 
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