Der Sludge-Thread

Ok, danke. Was wäre reinrassiger Sludge? Crowbar auch nicht unbedingt, oder, Kommerzsludge, haha? EyeHateGod? Ich tu mich da sehr schwer, weil es mittlerweile so viele Schattierungen und Bedeutungen gibt. Surfe oft bei Sven Mihlan und seiner DMF vorbei. Der Thread wird mir hoffentlich Aufschluss geben.

Sludge ist tatsächlich als Begriff noch beliebiger geworden. Grundsätzlich kann man den Begriff von Anbeginn nicht wirklich festpinnen. Ich würde salopp sagen, alles begann mit einer Hardcore-Variation von Saint Vitus, die ja zumindest musikalisch schon den Blueprint (Hardcore/Punk + Black Sabbath) lieferten (aber da gab es noch andere, die nachhaltigen Einfluss hatten: Swans, Flipper, Black Flag, natürlich Sabbath, Amebix, The Big Black, Melvins, auch Unsane, etc.). Aber Sludge hört eben nicht bei bluesigen Riffs, punkigem Uptempo, derbem Wetzen und fiesem Gesang auf (das würde auch auf Autopsy zutreffen) - und lange Songs sind gar kein Argument. Es war von Anfang an ein Crossover-Genre, und natürlich fanden auch Progressionen in verschiedene Richtungen statt, eben mit allerlei Einflüssen (Noise, Industrial, Crossover, Grindcore, Power Violence, wieder Hardcore-Spielarten einer anderen Ära, Death Metal, Black Metal, Post Rock/Metal, Progressive, Noise Rock, Heavy Metal-Spielarten, etc.). Um es mal etwas lokaler und ursprünglich aufzuzeigen: NOLA. Man vergleiche Eyehategod (auch als Drip - die Besetzung war ein Who-Is-Who der NOLA-Szene! - noch deutlicher vom Hardcore der 80er beeinflusst), Crowbar, Soilent Green und Graveyard Rodeo, die alle irgendwie ins Genre fallen, aber die Einflüsse aus anderen Ecken beziehen. Dann schaut man mal anderswo (auch noch so um den Dreh Anfang/Mitte 90er): Godflesh (Industrial hin oder her, es passt was "Streetcleaner" angeht definitiv), Toadliquor, Grief, Neurosis, Christdriver, Counterblast, Kiss It Goodbye (klar ne Hardcore-Band der 90er, auch ne Sludge-Perspektive; und eine göttliche Band dazu), 16, Rorschach, Grinch, eben Iron Monkey, etc. Alle irgendwie Sludge mit anderen Einflüssen, alle auch mal anders begrenret. Trotzdem passt es. Problem erkannt? Ich hab in Crackwhore jetzt nicht reingehört. Könnte sicher in den Kontainer passer. Den Begriff kann man halt kaum so eng auslegen. Allerdings muss man auch sagen, dass vielerlei Post Metal heuer dort hinein gepackt wird (woran Isis wohl mit schuld sind, denn ihre Entwicklung war ja massgebend), was dann auch wieder nicht wirklich falsch ist. Hach...
 
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Danke Lobi, scheint ein fieser Schmelztiegel zu sein, ich halte Augen und Ohren offen.

Meine Defintion war bisher schleppender zäher Doom, oft ziehende Saiten, etwas noisig mit weinerlich bis abgrundtief fiesen Vokills, kaum Gitarrensoli, dafür fetteste repitive Riffwände, die sich bedrohlich auftürmen wie der Beton am Fuße einer unüberwindbaren Staumauer. Eine Art böse zähe Variante des Doom, wobei das Tempo auch mal zackiger sein darf.
 
mMn ziemlich treffende Analyse von @Lobi wiedermal

das

Meine Defintion war bisher schleppender zäher Doom, oft ziehende Saiten, etwas noisig mit weinerlich bis abgrundtief fiesen Vokills, kaum Gitarrensoli, dafür fetteste repitive Riffwände, die sich bedrohlich auftürmen wie der Beton am Fuße einer unüberwindbaren Staumauer. Eine Art böse zähe Variante des Doom, wobei das Tempo auch mal zackiger sein darf.

ist aber auch gut auf den Punkt gebracht.
Ich tu mir mit einer Definition immer schwer, auch wenn ich "gefühlt" weiß, was es ist oder nicht ist
 
Meine Defintion war bisher schleppender zäher Doom, oft ziehende Saiten, etwas noisig mit weinerlich bis abgrundtief fiesen Vokills
Entstanden ist der Begriff ja anno dazumal um Take As Needed For Pain zu beschreiben. Als sich der Begriff dann im Verlauf der 1990er als Stilbezeichnung verselbstständigte war es auch irgendwo eine Abgrenzung zu den ganzen explodierenden Stilbezeichnungen dieser Zeit in der moderne Metal- und Hardcore-Derivate in die Charts drangen. Irgendwie war das was EHG und Co. machten da auch oft als die fiese kleine Schwester des Stoners angesehen, mit Krach und Hass, mit Dreck und Hepatitis. Da passen Crowbar dann z.B. wieder gut hinein, wenn sie auch nie die fette Noisekeule auspackten. Richtig verengen ließ sich der Begriff also nie, insbesondere weil ja schnell alles mögliche, dass deutlich weniger ätzend klang als Iron Monkey, Buzzov*en, EHG damit etikettiert wurde: Crowbar, Acid Bath, Down... Da war Anfangs auch der regionale Aspekt ausschlaggebend. In diesem Dualismus aus Region und einigen eher vage und gefühlt bestimmten musikalischen Merkmalen dümpelte der Stil Jahre und kaum groß beachtet vor sich hin bis dann Mastodon, Baroness und Kylesa kamen und die Bezeichnung durch die Decke ging und damit völlig undifferenziert zu einem Container für jede irgendwie schmutzig-doomig wabernde Gitarrenmusik wurde. Was da im Ansatz irgendwie wie die großen NOLA-Namen klingt oder klang wurde und wird mit dem Label versehen.
Auf das wesentliche reduziert: Sabbath-Gitarren, späte Black-Flag-Attitüde, Doomtempo mit Hardcoreausbrüchen, gutturaler Gesang (Keifen, Brüllen, Schreien). Dazu kommt x und x kann wie Lobi schrieb irre viel sein: Industrial, Noise, Grind, Death, Black, Curst etc.
 
So,
ich habe dann jetzt auch die Primitive Man und lausche gerade. was soll ich sagen? Genau das Richtige für die Vorweihnachtszeit :)
Unglaublich gute Dynamik auch drin und nicht nur Hass und Finsternis, ein paar schöne Hardcore-Breaks, fertig ist die Suppe.
Danke für die Empfehlung, wer auch immer das hier zuerst gepostet hat. Vielleicht hole ich mir auch ein Shirt, nur mit dem Bandnamen. Das ist dass Fan-Merch und Zustandsbeschreibung des Trägers ;)
 
Vielleicht mal ein kleiner Nachschlag von mir, verbunden mit einer Frage: Ich war vor ein paar Wochen ohne "Vorkenntnisse" bei einem Jucifer-Konzert und war total begeistert. So wirklich Sludge ist das ja eigentlich nicht, aber ich wusste auch nicht so recht, wo ich es sonst reinpacken soll.
Ich habe es als "Karma To Burn auf Crack" bezeichnet und finde es auch nach dem Hören der Alben immer noch passend.
Der Laden war allerdings echt klein (Sonic Ballroom in Köln). Daher die Frage: gibt es hier Jucifer-Fans?
 
Vielleicht mal ein kleiner Nachschlag von mir, verbunden mit einer Frage: Ich war vor ein paar Wochen ohne "Vorkenntnisse" bei einem Jucifer-Konzert und war total begeistert. So wirklich Sludge ist das ja eigentlich nicht, aber ich wusste auch nicht so recht, wo ich es sonst reinpacken soll.
Ich habe es als "Karma To Burn auf Crack" bezeichnet und finde es auch nach dem Hören der Alben immer noch passend.
Der Laden war allerdings echt klein (Sonic Ballroom in Köln). Daher die Frage: gibt es hier Jucifer-Fans?
ich hab die beim Doom Over Leipzig 2016 live gesehen, haben tierichst Bock gemacht:) Als Sludge würde ich das aber auch nicht bezeichnen, hatte schon direkt was Grindiges so wie das geballert hato_O war ziemliche schnelle Musiko_O
Und ich weiß auch noch, dass immer mal ein Cymbal vom Schlagzeug abgefallen ist so wie der Drummer draufeingeprügelt hat:D
 
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ich hab die beim Doom Over Leipzig 2016 live gesehen, haben tierichst Bock gemacht:) Als Sludge würde ich da aber auch nicht bezeichnen, hatte schon direkt was Grindiges so wie das geballert hato_O war ziemliche schnelle Musiko_O
Und ich weiß auch noch, dass immer mal ein Cymbal vom Schlagzeug abgefallen ist so wie der Drummer draufeingeprügelt hat:D
Auf Platte klingt das schon teilweise sehr anders als live. Grindig würde ich es eher nicht bezeichnen, eher so Stoner-mäßg. War mir ja auch nicht sicher, ob es hier richtig aufgehoben ist :)
 
Ja, habe Jucifer neulich auch live gesehen (zum zweiten Mal). Die sind vor allem live wirklich beeindruckend. Der Drummer ist ein Tier!
Da ich faul bin, verlinke ich einfach meine bisherigen Kommentare.
Ich hatte hier im Thread kurz was dazu geschrieben (im weiteren Verlauf geht es auch noch um Jucifer): https://forum.deaf-forever.de/index...st-nyos-bellrope-etc.8756/page-4#post-1206380

Beim Doom Over Leipzig 2016 habe ich sie zum ersten Mal gesehen und hier was dazu geschrieben (ist ein kompletter Konzertbericht vom DOL): https://www.musik-sammler.de/forum/viewtopic.php?pid=1190304#p1190304

Nachtrag: Was den Stil anbelangt - vom Gitarrensound her würde ich noch Drone ins Spiel bringen. Nur halt schneller gespielt als üblich... Genau festnageln lassen sie sich aber nicht.
 
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