Es mag etwas verspätet kommen, aber manchmal, mein Guter, solltest du dich auch mal selbst hinterfragen. Du hast mich übrigens in den Tagen nach deinem Beitrag um den Solingen-Anschlag durchaus privat beschäftigt, weil ich verstehen wollte, wie du nur allen Ernstes diese krude Brücke errichten konntest. Ich glaube, dass wir beide uns, wenn wir eines Abends für ein süffiges Kellerbierchen in einem urigen Gewölbe aufeinanderträfen, bestens verstehen würden - vor allem musikalisch. Der Unterschied zwischen uns, der mir zuvor gar nicht bekannt war, liegt allerdings in der Grundhaltung ggü. musikalischer Inhalte umstrittener Künstler. Dementsprechend war ich zum einen überrascht, dass Musikreviews.de überhaupt Besprechungen von DTB-Veröffentlichungen bewirbt, und zum anderen davon, dass du der Urheber ebendieser Besprechungen bist. Ich werde gewiss nicht den moralischen Zeigefinger auf dich richten und deinen Geschmack anprangern, denn ich kenne es von mir selbst bzw. meiner eigenen Sammlung und meinen Hörgewohnheiten, dass insbesondere im Black-Metal-, aber auch im erweiterten Folk-Bereich mindestens streitbare Künstler darin vorkommen und teilweise auch sehr häufig gespielt werden. Das wiederum ist die eine Seite, ich kann das für mich selbst einordnen und in heimischen Gemäuern auch verantworten, vor mir selbst rechtfertigen. Eine andere Seite ist es, all das dann öffentlich zu bewerben oder, wie im gelöschten Thread zum Prophecy Fest 2024 geschehen, zu relativieren. Kein Mensch ist zu 100% logisch in seinen Worten und Taten, seinem Verhalten, aber du beteuerst einerseits, dass du nicht für rechtes, antisemitisches Gedankengut empfänglich bist, ergreifst dann aber, für viele andere und auch für mich persönlich offensichtlich, unreflektiert Partei für Künstler, die insbesondere seit der Pandemie durch z.T. unfassbar krude, z.T. schlicht menschenverachtende Inhalte auffallen.
Wie bereits in besagtem Thread geschrieben, schätze ich Dan Capp als Künstler sehr, zumal ich ihn und sein Schaffen noch in einer Zeit kennengelernt habe, als er die Kunst noch für sich sprechen liess. Ich mag auch Solstice sehr gerne, was vielen anderen hier wahrscheinlich auch nicht anders geht, auch wenn bei einigen - berechtigterweise! - nun endgültig die Grenze des Ertragbaren überschritten scheint. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass man sich nicht gegen diese Künstler richten kann, wenn einem etwas sauer aufstößt. Übrigens: Sowohl der ach so freiheitsliebende Dan Capp als auch die unglaublich liberal eingestellten Solstice haben reihenweise sachlich-kritische Beiträge (z.B. auf Facebook), darunter auch meine eigenen, gelöscht. Bis heute ist mir schleierhaft, wieso du all das damit, dass das Festival ja so friedlich sei, unter den Teppich zu kehren versuchtest. Wie du einen Künstler unterstützt, wie ich einen Künstler unterstütze, ist dabei zunächst völlig wurst. Du kannst daheim in deinen trauten vier Wänden hören, wonach auch immer es dir gelüstet. Mache ich übrigens auch, daher auch der Verweis darauf, dass wir uns auf musikalischer Ebene sicher prächtig verstehen würden. Es gibt aber Labels und Kunstschaffende, die ich nicht erwähnen und die ich auch nicht verteidigen werde. Das sollen sie schön selbst machen, wenn sie schon die absolute Wahrheit für sich beanspruchen und in dieser Arroganz ihren Mund aufmachen. Das, mein Lieber, solltest du dir auch mal überlegen. Du bist keinem Künstler etwas schuldig, zumindest nicht dergestalt, dass du dich für sie auf besonders dünnes Eis begibst, obschon deine Intention vielleicht eine ganz andere ist. Dieser Solingen-Vergleich war allerdings kein dünnes, sondern längst eingebrochenes Eis mit anschließendem Bad im kühlen Nass. Das kann man auch mal einsehen, anstatt allen und jedem in diesem Forum Hass und Verachtung vorzuwerfen, weil sie legitime Kritik an dir und deinen geliebten Künstlern äußern. Das kann man auch einfach mal aushalten, jedoch sind sich da einige Musiker und deren Gefolgschaft, präferiert im erweiterten Kreis des Black Metal, weitestgehend einig: Immer fleißig rumbellen und von Freiheit schwafeln, aber beim leisesten Hauch von Gegenwind umkippen oder in die Opferrolle flüchten.
Der Vergleich war nicht dumm, weil du fälschlicherweise etwas mehr Freundlichkeit und Gelassenheit erwartet hast und deine Gegenredner dich diesbezüglich enttäuscht haben, sondern weil der Vergleich schlicht und ergreifend dumm war. Stichhaltige Argumente dafür wurden zahlreich geliefert. Punkt. Hier den Vorwurf zu erheben, man wäre dir mit Hass und Verachtung begegnet, erweckt im Zusammenhang mit deinen vielen anderen Ausrutschern allmählich auch bei mir den Eindruck, dass es mit deiner Abgrenzung von bedenklichem Gedankengut nicht so weit her sein kann, wie du gerne vorgibst - und selbst wenn diese Abgrenzung doch standhalten sollte, dann hast du zumindest ein erhebliches Problem damit, dich selbst angemessen zu reflektieren. Genau dafür verrichtet ein Forum wie dieses aber eigentlich seinen zuverlässigen Dienst, weil du hier zunächst eben nicht, wie beispielsweise auf Social Media üblich, vernichtet wurdest, sondern man dir genügend Denkanstöße mit auf den Weg gegeben hat, die du auch mal hättest annehmen können. Stattdessen wandelst du weiter auf dem wohlfeilen Pfad, auf dem du dir deine eigene Schuld und Verantwortung eingestehst, wenn es dabei um deine Einschätzung anderer Diskutanten, aber eben nie um dich selbst geht.
Es ist auch scheißegal, ob sich die Aufregung lohnt, denn es geht nicht um Zugriffszahlen, sondern darum, dass ein Label, welches sich selbst noch vor wenigen Jahren quasi als letzte Zuflucht einer politikfreien Kunstzone gerierte, Schwachmaten wie Richard M. Walker oder dem AfD-Dulli von Orplid eine Plattform für Veröffentlichungen und Live-Auftritte anbietet. Die Normalisierung rechtsextremer Positionen (auch) auf anderen Ebenen vollzieht, mag sein, aber das ist natürlich auch ein reichlich geistloses Argument, weil man auf diese Weise immer die Verantwortung auf andere übertragen kann. Dass erinnert mich an diesen stinkreichen Sylt-Vollidioten, der für eine NDR-Reportage befragt wurde, warum er solche kurzen Strecken dorthin denn fliegen müsse, und daraufhin dummdreist entgegnete, dass seine Kurzflüge schon keinen negativen Umwelteinfluss hätten und man lieber woanders schauen soll, was man ändern kann. Sorry, aber das sind argumentative Strohmänner und sonst nix.
Edit: Ich sehe gerade, das Forum hat sich bei mir irgendwie komisch aktualisiert. Eigentlich wurde diese Diskussion ja schon für beendet erklärt. Ein paar Takte wollte ich dazu zwar verlieren, sollte dieser Beitrag allerdings zu spät erscheinen, dann darf er gerne entfernt werden.