Tom Pariah
Till Deaf Do Us Part
Wenn man so will und die von dir bemühte Logik weitertreibt, ist Distinktion nicht nur ein subkulturell spezifisches Phänomen, sondern überhaupt ein strukturell-grundlegender Mechanismus aller sozialer Identitätsbildung, so gewendet erklärt sie alles und doch nichts. Im Black Metal ist dieses Distinktionsbedürfnis aber nun besonders aristokratisch ausgebildet, hüllt sich besonders in den Pathos der Distanz, gibt sich besonders exklusiv und elitär - du schreibst es ja unterschwellig selbst: Wer Black Metal hören und sein will, wer Zugang zur Szene finden will, wer die Musik in ihrem Wesen erfassen will, von ihrem angeblich numinosen Charakter ergreifen sich lassen will, der muss erst in einer ARt Inititiationsritus die Fähigkeit der Ambiguitätstoleranz entwickeln und sich der Gefahr aussetzen, verletzt zu werden, durch was genau, das bleibst du uns zwar schuldig, aber ich vermute mal: Menschenfeindlichkeit, Schwarze Sonnen und okkult-elitären Bombast. Ein solches Verständnis von Szene und Musik, das sich vor allem durch Elitarismus und Wesensschau definiert, bemüht nun aber genau jenen Essentialismus in seiner exkludierenden Prägung, der auch den identitätspolitischen Diskursen zugrunde liegt.
Was Thränenkind anbelangt, so vermute ich mal, dass sie unter anderem auch durch jenen Sound beeinflusst sind, der wiederum zumindest partiell durch Burzum beeinflusst ist - solche Genealogien lassen sich halt ad infinitum fortschreiben und führen doch nirgendwo hin, jedenfalls nicht zur Notwendigkeit, irgendwem Reverenz zu erweisen, der zufällig auch teilweise jenen Sound fährt, den man selbst praktiziert, schon recht nicht, wenn dieser ein Nazi ist.
Übrigens, dein Versuch, meinen Stil hier zu parodieren und damit einhergehend mein Argument der Lächerlichkeit preiszugeben, finde ich eigentlich ziemlich unwürdig und beleidigend; dass dieser Versuch dann auch noch Forumsbetreibern und Redakteuren augenscheinlich gefällt, zeigt nur einmal mehr, in welchem klagenswerten Zustand das Forum hier eigentlich teilweise noch immer ist. Schade.
Ich wollte Dich nicht beleidigen, sondern fand es schlicht witzig (und meta), bei einer Diskussion über Epigonentum Deinen Stil zu imitieren. Und ja: Den elitären Duktus bringst Du selbst ein. Als sprachverliebter Mensch liebe ich das Spiel mit Sprache und mich reizte, seit vielen Jahren dem akademischen Diskurs entronnen, schlicht die Herausforderung.
Gleichzeitig, das gebe ich zu, finde ich, dass Deine Postings oft (nicht immer) semantischer Budenzauber sind. Es war also eine Mischung aus Tribut und Parodie. Das ist nichts Persönliches gegen Dich: Ich nehme nichts ernst, am wenigsten mich selbst. Auch wenn es mir leidtut, wenn Du beleidigt bist, werde ich, da Du mich in Deinem Posting in ein rechtes Licht gerückt hast, ganz alttestamentarisch aber auf eine Entschuldigung verzichten.
Zu Deinen Ausführungen zu Distinktion und Transgression: Dem kann ich nur widersprechen, das muss nicht elitär oder rechtsextrem sein (das widerspricht auch Deiner Aussage, wonach Distinktion ein alltägliches Phänomen ist) und lässt auch etwa humanistische und (im guten Wortsinn) liberale Positionen (wie etwa beim Satanic Temple oder dem Dragon Rouge) zu. Dass diese linkshändigen Traditionslinien im aktuellen BM unterrepräsentiert sind, sehe ich auch. Dem kommt man aber nicht mit identitätspolitischen Dogmen, Gesichtskontrollen an Konzerthalleneingängen oder einer eingeforderten Erklärhaltung und Gesinnungsprüfungen von Musikern bei.
Wenn Du da anderen Maßstäben folgst oder Dir diese legst, ist das ebenso OK wie das Goutieren von Thränenkind-Scheiben: Ich höre dann halt lieber Gráb.
Zum vom @Trollthor angesprochenen Angepisstsein: In meinem Alter läuft es halt nicht mehr so gut und viel landet nach dem Harngang in der Hose. Da kann man schon Mal verbittert sein.
Edit: Ich habe den Sprachduktus durchaus auch in der Hoffnung gewählt, Dir, @subcomandante, sprachlich entgegenzukommen und so verständlicher zu werden.
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