Weil wir es gestern hier ja von GRIM REAPER und dem guten Steve Grimmett hatten, verspürte ich heute das Bedürfnis, mich den drei Klassikern der Band mal wieder ausführlich zu widmen. Daher liefen heute Nachmittag und heute Abend je zweimal die "See You In Hell" und die "Fear No Evil", und jetzt zur Nacht ist "Rock You To Hell" an der Reihe. Wollte mal wieder überprüfen, was denn nun wirklich die beste GRIM REAPER ist, da ja gemeinhin das Debüt und das Drittwerk am häufigsten genannt werden, wenn - was selten passiert - das Thema mal diskutiert wird. Wir alle sortieren ja alle lieber zum drölften Mal unsere Maiden-Liste neu und spielen dabei das gute alte Maiden-vs.-Priest-Spiel. Dabei hat GRIM REAPER den beiden Landsmännern eins definitiv voraus: Die Band hat kein Album, das nennenswert abfällt. Was natürlich - zugegeben - bei nur drei Alben in kurzer Folge und ohne große stilistische Modifikation deutlich einfacher ist als bei den Mammutdiskographien der Kollegen.
Trotzdem: Etwas mehr Fokus dürfte GRIM REAPER gerne haben, denn die drei Scheiben sind allesamt klasse und ich habe Momente, in denen mir auch die famose "Fear No Evil" am besten gefällt. An dieser Stelle darf ich den Kollegen Sargon vom "Metalcrypt" wie folgt zitieren:
"Grim Reaper had no especial style besides just kicking ass [...]" [1]
Das können wir im Prinzip genau so stehen lassen, denn manchmal schreibt ein Kritiker einfach mal so eine Phrase dahin, die einfach verfängt und die Sache perfekt auf den Punkt bringt. Die drei Scheiben sind simpel, haben mega-eingängige Refrains im Dauerfeuer, kurz vor (oder je nach Geschmack auch kurz nach) cheesy, und Meister Grimmett ist einfach eine der geilsten Classic-Metal-Sirenen, die man sich vorstellen kann. Was mir an GRIM REAPER ganz besonderes gefällt, neben dem charismatischen Sänger und der ewig im Hirn bleibenden Songs, das ist der Drive. Die Stücke sind so energisch, knackig, nach vorne preschend, dass es einfach richtig schwer fällt, dabei nicht in Bewegung zu geraten. Das betrifft gerade auch Songs, die nicht unbedingt jedem sofort als Bandklassiker einfallen, wie etwa das monströs gute 'When Heaven Comes Down' vom Drittling.
Was ob der Eingängigkeit und der vermeintlichen kompositorischen Simplizität gerne mal übersehen wird, ist, dass die Band in den Achtzigern mit Nick Bowcott einen Wahnsinnsgitarristen in ihren Reihen hatte, dessen Leads und Soli in den Songs immer wieder kleine Glanzlichter setzen, besonders wenn er sich am Jammerhaken vergreift oder sehr coole Tapping-Attacken fährt. Die Band verbindet einfach auf total geniale Weise technisches Können und kompositorische Gradlinigkeit. Steves Stimme ist natürlich ebenfalls ein Diamant, weil der Mann nicht nur die Glas schneidende Metal-Sirene wie kaum ein anderer beherrscht, sondern weil er auch die super-melodischen und die bluesigen Töne drauf hat, auch wenn er letztere selten einsetzt (dann doch, z.B. bei 'Wasted Love'). Dass er ein ganz besonderer Frontmann ist, zeigt auch seine Karriere abseits des grimmen Schnitters, namentlich bei so verschiedenen Bands wie ONSLAUGHT, LIONSHEART, GRIMMSTINE, CHATEAUX usw... also von AOR über Hard Rock und Heavy Metal bis hin zum (melodisierten) Thrash Metal das volle Programm.
Ja, so weit mal... wer die späte NWoBHM schätzt, und traditionellen, klischeebeladenen aber trotzdem total souveränen Heavy Metal zu schätzen weiß, sollte sich - so noch nicht geschehen - echt mal intensiver mit GRIM REAPER auseinandersetzen. Wer es schon getan hat, sollte es öfters tun. Geht auch an mich selbst, die Aufforderung. Macht einfach Laune. Tolle Band!
In diesem Sinne:
It’s a feeling that I have for music,
It makes me wanna listen every day,
I hope that I will never ever lose it,
That would be a heavy price to pay [2]
Anekdote am Rande:
Primär ihre sehr abfällige Einstellung zu GRIM REAPER hat dazu geführt, dass ich Beavis und Butt-Head seinerzeit gehasst habe wie die Pest.
[3] Hab ich nie verstanden, warum. Eigentlich hätten die das mögen müssen. Aber es war wohl zu der von Seiten MTVs gewünscht, allzu klassischen 80er-Style zu verlachen und statt dessen eher Thrash oder Alternative geil zu finden, und natürlich die ganz Großen wie Metallica und AC/DC. Man sollte sich ja nicht über MTV aufregen, aber damals habe ich das echt schlimm gefunden, weil es symptomatisch dafür war, wie die Metal-TV-Formate langsam aufs Abstellgleis gerieten oder eben alles spielten, was der Traditionalist gerade nicht mehr für Metal hielt. Die Band hat es übrigens mit Humor genommen, dass sie von Beavis und Butt-Head verarscht wurde und hat deren Schöpfer Mike Judge - dem Vernehmen nach - nach dem ersten verulkten Clip auch noch die anderen beiden Videoclips gezeigt, was zu zwei weiteren Verulkungen durch Arschgesicht und Volltrottel geführt hat. Mike Judge hat sich erst nicht getraut, die Band zu treffen, weil er fürchtete man wolle ihn verprügeln, doch als Steve ihm gesagt hat, dass er den ersten Clip witzig finde, hat er sich als Fan geoutet, der nur deswegen einen ironischen Clip dazu gemacht hatte. Daraufhin hat die Band ihm dann noch die anderen beiden Clips zur Verfügung gestellt.
[4]
[1] - http://www.metalcrypt.com/pages/review.php?revid=1842
[2] - erster Vers von 'Rock Me 'Til I Die'
[3] - (mit weiteren Nachweisen)
[4] - https://www.villagevoice.com/2014/0...e-grimmett-loved-the-beavis-butt-head-spoofs/