2. Brian DePalma - Carrie (1976)
Einer der frühesten Werke Stephen Kings, in der Interpretation vom aufstrebenden DePalma. Das war damals ein “Match Made In Heaven” und als 39jähriger funktioniert der Film bei mir noch heute. Die kräftigen Farben des Films, das fast schon comic artig überzeichnete Schauspiel der Charaktere, das alles lässt den Film wirklich wie einen amerikanischen Albtraum der 70er Jahre wirken und erklärt, warum der Film bis heute im Horrorfilm Bestenlisten auftaucht.
Das schafft er bei mir nicht ganz. Als riesiger King Verehrer und Multi Leser all seiner Bücher, habe ich mit seinem Frühwerk oft das Problem, dass ich erkenne wohin das alles führen wird, aber grade Carrie ist, auch auf Grund seiner Erzählform über Berichte und Zeitungsartikel, ein merkwürdiger King. Er fühlt sich für mich immer an wie eine aufgeblasene Kurzgeschichte, aber das ist sicherlich Meckern auf hohem Niveau, wenn man bedenkt, dass es quasi sein Erstling war.
Der Film löst diese Erzählform klugerweise auf und gibt dem Zuschauer einen normalen Handlungsverlauf: Anfang, Mittelteil, Finale. Das ist sehr gut gelöst und der Film hat keinerlei Längen, guckt sich auch heute noch flott und man spürt förmlich die Aufladung der Spannung, die metaphorisch auch die telekinetische Aufladung Carrie symbolisiert, die sich später in einem Blutorgasmus entladen wird. Die sexuellen Anspielungen des Buches werden teilweise übernommen, auch wenn ich glaube das King das Blut anders interpretiert als DePalma. Auch verliert er einige Aspekte aus den Augen und interpretiert sie sogar um. Carrie selbst ist zwar stets sonderbar, aber hässlich, pickelig und übergewichtig wird sie nicht dargestellt. Das was dem Leser als leicht abstoßend dargestellt wird, ihre mangelnde Hygiene und das Reizthema der Veränderung des jugendlichen Körpers, kommt hier fast nicht vor. Carries Mutter ist gut gespielt, aber bleibt blass und ohne viel Hintergrund. Auch Carries Angst vor ihr wird wenig unterfüttert.
Das Buch gefällt mir um Längen besser, aber der Film schafft es trotzdem, eine eigenständige Interpretation zu bieten, die sich abhebt vom 70er Jahre Mainstream Horror. Im Gegensatz zu Shining bleibt aber das große Finale der einzige Schocker. Der ist zwar grandios inszeniert, aber das ist mir heutzutage doch etwas wenig um ihn in Betracht zu ziehen, ihn als einen der Top Horrorfilme aller Zeiten anzusehen. Ein guter Halloween Film ist es trotzdem und alle paar Jahre schaue ich ihn auch gerne. Ich frage mich aber wie ihn die jüngere Generation aufnimmt. Ist alles surreal verfremdet genug, um dadurch eine gewisse unbehagliche Spannung zu erzeugen, oder wirkt er auf die Jahrgänge ab 2000 doch ehr wie cringe? Die Neuverfilmung empfinde ich jedenfalls als totalen Schrott und denke, DePalmas Film hat dies auch nicht nötig.
Lohnt sich auch für nen Rewatch und wer ihn nie gesehen hat, unbedingt nachholen. Zurecht ein Klassiker.