Da ich reine Wertungslisten ohne Begründung nicht so sehr hilfreich finde, hier mein Votum als Review-Marathon.
Wer mag ließt es sich durch, wer nicht bitte einfach überblättern.
Ich bin kein Die Hard Fan. Bei Erscheinen des ersten Albums 1990 war ich 9 Jahre alt. Habe also bei weitem niemals die „Magie“ der ersten Stunden miterlebt und man vergebe mir dabei vielleicht die nicht vorhandene rosa Brille.
Iced Earth sind dennoch ein wichtiger Teil meines Metaluniversums. Außerdem hat Jon Schaffer bei mir schon immer einen gewissen Pluspunkt … er erinnert mich optisch an meinen Paps.
Also IE Einstieg mit Horrorshow und der Melancholy EP. Mein erster Sängereindruck war demnach Matt Barlow. Paps schenkte mir dann die Dark Genesis Box, die ich jedoch erst viele Jahre später wirklich hörte, da ich zu dem Zeitpunkt knallhart im TechDeath versunken war. Wahrscheinlich lag es daran das ich mir die Iced Earth-Scheibe zuerst angehört habe und das hübsche Box-Set dann nur noch dekorativ im Schrank stehen hatte.
Los geht’s (nur Studioalben):
ICED EARTH --- 1990
Aus heutiger Sicht ist das Riffing, die Melodieführung, der prägnante Sound beeindruckend für einen damals 22-jährigen Lümmel.
An der Musik hatte ich mit Erhalt des Box-Sets auch Freude. Aber ich kam und komme nicht auf den Gesang klar. Das nölige auf die Töne Geziehe stellt mir nach wie vor negativ die Nackenhaare hoch.
Aber, einen Großteil der Songs gibt es ja mittlerweile in anderen Versionen, mit anderen Sängern. Und da offenbart sich dann, welch kleine Perlen die Songs zum Teil eigentlich sind. Besonders die mit Shawver-Beteiligung warten mit feinen Gitarrenspielereien auf. Jugendliche Wut im Bauch gepaart mit Tautropfen im Spinnennetz an einem Frühlingsmorgen („The Funeral“). An manchen Stellen vielleicht noch zu wenig im Sinne des Songs. Aber mit einem Klang, den man auch Jahrzehnte später immer wieder und überall als Jon Schaffer erkennt. Das muss man erst mal bringen.
Die Platte enthält mit „When the Night Falls“ sicher nicht nur einen meiner Lieblingsklassiker. Ein Song der alles enthält was IE ausmacht. Ein griffiges Riff, dieses astral präzise Downpicking, eine ordentliche Portion Pathos, einen Refrain für einen Stadionchor und trotz über 8 Minuten Spielzeit keine Sekunde Langeweile.
Trotzdem in der Urform nur 7/10.
NIGHT OF THE STORMRIDER --- 1991
Konzeptalbum Nr.1 in der Geschichte von IE. Ich mag ja Konzepte sehr gern. Von daher ist diese Reise voller Verrat, Wut, Hass, Zerstörung, Erkenntnis und Verlust durchaus genau nach meinem Geschmack.
In der Songstruktur und den Arrangements doch schon deutlich gereift, lebt diese Platte aber vor allem durch ihre raue Wildheit, die jedoch immer wieder den kleinen Ausfallschritt hin zur Theatralik wagt.
John Greely ist ein besserer Sänger als Gene Adams, keine Frage. Nervt mich nicht, aber berührt mich auch nicht. Das fehlt mir im Original gegenüber den vielen Live-Versionen mit anderen Sängern sehr.
Ich trau es mich fast kaum zu sagen (obwohl ich es schon mal gesagt habe), vor allem diese Platte hätte ich sehr gern neu aufgenommen. Mit Stu Block. Musikalisch und thematisch ist sie völlig rund.
Lieblingssong ist mal wieder der epische Rausschmeisser „Travel in Stygian“. Übrigens konnte ich bis Januar 2018 quasi kein Wort davon mitsingen. Nachdem ich ihn live gehört hatte war er festgesetzt. Was für eine schöne, düstere Hymne.
Musikalisch glatte 10/10, im Gesamtpaket 8,5/10.
BURNT OFFERINGS --- 1995
Vier Jahre später, neuer Sänger und eine Menge Grollen im Bauch.
Burnt Offerings ist eine schwere Heavy Metal Platte. Schon fast thrashig. Sie rumpelt und rollt, galoppiert, hält nachdenklich inne.
Mir fehlt hier ein bisschen der luftige Moment. Selbst wenn es mal ruhiger daher geht, mit Chymbalbimmeln und gezupfter Gitarre (Mitte „Burning Oasis“) zieht Matts Bariton tonnenschwer an der Seele. Um sie dir im nächsten Moment mit sägendem Geschrei zu entreißen.
Puh, Burnt Offerings ist von allen IE Platten wohl nicht die, die ich zum Mitsingen im Auto an mache. Aber eine, die man sich raus sucht um mal so richtig die Welt anzuschreien. Oder ihr den Weg zur Hölle zu beschreiben.
Denn ohne Frage, „Dante's Inferno“ ist ein musikalisches Meisterwerk. Immer!
Wieder ist der Letzte mein Favorit. Was bei diesem Stück Musik aber auch wirklich nicht schwer ist. Dieses Lied ist für mich ein 100%er … naja, 99% in der Originalversion.
Wie bewerte ich diese Platte nun. Fällt mir schwer. Objektiv ist sie sehr stimmig mit ihrer brodelnden Heaviness. Also eigentlich 10/10. Aber sie nimmt mich nicht vollends mit. Subjektiv für mich 8,5/10.
THE DARK SAGA --- 1996
Kaum ein Jahr später steht mit The Dark Saga wieder eine Art Konzeptalbum in den Startlöchern.
Jon und Matt scheinen sich hier gefunden zu haben. Die Songs funktionieren mit Matts Stimme (Paradebeispiel „The Hunter“ natürlich), wo sie auf der Burnt Offerings noch teils gepresst wirkten.
In Summe ist diese Platte deutlich leichter als der Vorgänger. Mit den hübschen Fingerschnipprhythmen, trotz dunkler Lyrik. Aber auch mit ein paar erschreckend durchschnittlichen Skipmomenten. Das kommt in der IE Historie aber irgendwie noch öfter vor werde ich merken.
Also, The Dark Saga hat wahnsinnig lichte Momente („I Died For You“, „The Hunter“, Slave To The Dark“, „A Question Of Heaven“), aber auch den Rest dazwischen.
Das Konzept ist umgesetzt, allerdings nicht in der Stringenz der Geschichte wie auf Night Of The Stormrider oder in der musikalischen Einheit wie auf Burnt Offerings.
Ein gutes Album mit oben genannten Höhepunkten (für mich). Die remasterte Produktion gefällt mir sehr gut.
Lieblingssong ist „Slave To The Dark“ und Punkte gebe ich 8/10.
SOMETHING WICKED THIS WAY COMES --- 1998
Dieses 1/4 Konzeptalbum mit dem Beginn der Something Wicked Saga enthält mit „Melancholy“ und „Watching Over Me“ die wohl am häufigsten Live gespielten Songs der IE Geschichte. Ob nun totgedudelt oder nach wie vor endgeil muss jeder für sich entscheiden.
Der erste Teil der Platte ist sehr stringent flott gefolgt von balladesk gefolgt von flott gefolgt von balladesk usw.
Der Gesamtsound ist dicht und modern. Mir ist der Mittelteil irgendwie zu konstruiert. Kann es gar nicht so genau beschreiben, aber von „Stand Alone“ bis „Reaping Stone“ schwimmt mir das zu sehr daher. Ab dem Instrumental („1776“ gefällt mir sehr, hatte ich gar nicht so auf dem Schirm) bis zum Schluss funktioniert das für mich wieder super. Gerade die „Something Wicked Trilogy“ ist ganz klassisch Iced Earth. Die könnte man auch zu einem epischen 20-Minüter zusammen zimmern. Erreicht aber nicht ganz die Größe von „Dante's Inferno“.
Leider - hmm eigentlich nicht so ganz richtig, denn zu Beginn meiner IE Hörerschaft habe ich es geliebt – nutzt Matt ab dieser Platte ausführlichst seinen „weinerlichen“ Stimmpart. Entweder hab ich mich daran überhört oder meine Vorliebe für warme, bauchige Stimmfarben ist größer geworden. Mir tut es irgendwie Leid, aber die Barlow Platten höre ich wirklich selten in den letzten Jahren.
Lieblingssong, hmmm „Watching Over Me“. Ich mag die direkte, geschichtenerzählerische Art mit der Jon das Thema Verlust behandelt (ebenso „End of Innocence“ und „If I Could See You “). Sie mögen einfach und wenig metaphorisch sein, aber sie treffen mich sehr direkt im Herzen. Vielleicht bin ich auch nur zu empathisch und das Wissen um den Hintergrund berührt mich. Egal, ich steh da zu meinem wunden Punkt.
Die Trilogie ist aber auch nicht zu verachten. Punkte 8,5/10.
HORRORSHOW --- 2001
Die erste IE Platte, die ich mir mit Erscheinen zugelegt habe. Und sie hat nach wie vor einen hohen Stellenwert. Das Konzept ist vielleicht plakativ, aber durchaus gut umgesetzt. Eigentlich eine viel zu unterbewertete Platte. Sie wartet mit tollen Rhythmen auf („Wolf“, „The Phantom Opera Ghost“) und erklärt einem in 4 bis 9 Minuten wie die Gruselklassiker so funktionieren.
Ich weiß noch wie beeindruckt ich meiner Mutter erzählte, nachdem wir im Kino „From Hell“ gesehen hatten, dass es IE in eben 4 Minuten geschafft haben mir diese Geschichte klar zu machen.
Ich mag die breit eingesetzte Mehrstimmigkeit. Klar ist das viel Studiotechnik. Aber mit ein paar übereinander gelegten Gesangsspuren in verschiedenen Tonlagen kann ich sehr gut leben. Ein Studioalbum ist ja nun auch ein künstlerisches Produkt, warum also nicht die Technik für Klangbilder nutzen.
Einzig als etwas störend empfinde ich den Snaresound, nicht das Drumming nur den Sound. Dafür der Bass - Steve DiGiogio - ohne Worte. Habe eh ein Faible für Bassspiel ohne Plektrum.
So, Lieblingssongs sind „Damien“ und „The Phantom Opera Ghost“ (meine armen Nachbarn damals). Gesanglich am schwierigsten finde ich „Dracula“ - den Stu live übrigens allein in einer Art Mehrstimmigkeit singt („I avenge with darkness - the blood is the life - The Order of the Dragon - I feed on human life „). Punkte vergebe ich 8,5/10.
THE GLORIOUS BURDEN --- 2004
Und nun hinein in die Owens-Ära. Ich habe es hier schon mal gesagt, Tim Owens ist nicht mein Sänger. Er ist ein tadellos guter Sänger. Vor allem in den Höhen wirklich herausragend. Technisch ohne Mangel und wohl in diesem Bereich der bisher (chronologisch) Beste in der IE-Historie. Aber halt auch ohne jegliche Emotion. Und ohne Mut zum Experiment.
Nun aber zur Musik. The Glorious Burden ist wieder ein thematisches Konzeptalbum. Diesmal Militärhistorisches. Wir alle wissen, das ist per se schon mal ein heißes Pflaster. Nicht jeder bekommt es hin, so was mal eben mit der Bolt Thrower'isches Macht niederzuwalzen. Genügend stolpern über ihren eigenen Patriotismus und ihre Verklärtheit (grandios bewiesen von Testament mit „The Evil Has Landed“ --- gleiche Kerbe wie „When The Eagle Cries“). Ich will mich hier auch gar nicht all zu sehr drüber echauffieren. Ich kann mit Jon's kleiner „Redneckigkeit“ leben.
Aber um nochmal auf „When The Eagle Cries“ zurückzukommen. Das ist quasi das „I'd Die For You/ Watching Over Me“ dieser Platte – und völlig herzlos. Eine ausfadende Reißbrettballade.
Doch diese Platte hat durchaus ihre Momente. „The Reckoning“ ist ein solcher. Diese Gitarre will ich hören. Die Chöre sind mir zwar zu fluffig. Und das liegt dann doch an Owens. Er kann vor allem hoch höher am höchsten, ohne warm raunenden Bauch. Das nimmt mir die Heaviness, welche für mich IE ausmacht.
„Gettysburg“ darf natürlich nicht verschwiegen werden. Das bürgerkriegshistorische „Dante's Inferno“. Zumindest der Versuch. Ein sehr guter Versuch. Kann man so stehen lassen. Hat aber absolut Luft nach oben.
Das hat die ganze Platte. Im Grunde total solide mit wenig totalen Ausfällen („Hollow Man“ fällt mir da zu erst ein und die unplugged Version von „When The Eagle Cries“)), aber so richtig mitnehmen tut sie mich nicht.
Lieblingslied: „The Reckoning“ und eigentlich auch „Valley Forge“ (mit gesanglichen Abstrichen). Punkte: 7,5/10. „Gettysburg“ bekommt 8,5/10 und könnte mit einem emotionsreicheren Sänger auch 9/10 haben.
FRAMING ARMAGEDDON: SOMETHING WICKED PART 1 --- 2007
Diese Platte (und den Nachfolger dann auch) höre ich im Zuge dieses Reviewmarathons gerade das erste Mal so richtig intensiv (Kopfhörer). Und was soll ich sagen, die ist irgendwie gar nicht so schlecht, wie ich sie erwartet habe.
Das Konzept der Something Wicked Saga wird hier von vorn bis hinten und chronologisch als erzählte Geschichte fortgeführt. Das Grundkonstrukt ist mir also schon mal sympathisch. Musikalisch ist diese Platte aber anders, als IE Platten sonst sind. Sie versucht sich progressiv, episch, erhaben. Spielt mit Intros und verstärktem Einsatz Metal Band untypischer Instrumente.
Spannend – zunächst ja. Aber ich bin unschlüssig ob ich das von IE wirklich will ? Und – ist es wirklich das was Jon Schaffer mit IE will und mit vollem Können und Engagement umsetzt ?
An vielen Stellen wirkt mir das Ganze zu aufgesetzt, zu nicht fertig gedacht, zu schnell mit zu viel oder zu wenig zu Ende gebracht. Ein Opus magnum, der mit viel Schall und Rauch aufwartet um sich als aufgeplusterter Gockel zu mausern.
Ja, diese Platte ist in gewisser Weise ein Blender. Ein Wegfindungsprozeß vielleicht. Das vermag auch Herr Owens nicht zu überspielen, der mir hier wirklich gut gefällt. Nicht das er mich stärker berühren würde als sonst, aber ich höre ihn hier und da mal abseits seiner gewohnten Pfade stöbern.
Macht das Ganze aber auch nicht viel besser.
Lieblingssongs sind das Paket „Invasion“, „Motivation Of Man“ und „Setian Massacre“, die ich eher als einen Song sehen, denn als drei und eigentlich auch „The Domino Decree“ bei dem ich jedoch andauernd Hansi Kürsch im Ohr habe. Punkte 7/10.
THE CRUCIBLE OF MAN: SOMETHING WICKED PART 2 --- 2008
Okay, diese Platte macht genau da weiter, wo der Vorgänger aufgehört hat. Nur singt Matt wieder.
Viel mehr gibt es dazu auch nicht zu sagen. Sie plätschert ganz unaufgeregt und wenig ambitioniert daher.
Eigentlich auch nicht verwunderlich, da sie ja bereits geschrieben und zu Großteilen aufgenommen war, als der Vorgänger erschien. Sie macht dabei nichts besser. Langweilt sich im getragenem Midtempo eher noch schlimmer daher, ist aber aufgeräumter. Daran ändert auch Matt nichts, der mit Ausnahmen lustlos und teilweise sogar nölig klingt.
Kein Lieblingssong. Punkte 4/10.