Dunkles Futteral
Till Deaf Do Us Part
Ich bin ja immernoch tief versunken im Bebop der späten 50er/frühen 60er. Zuletzt war ich bei Lee Morgan angekommen, von dem ich eh seit Ewigkeiten ein paar Alben habe, aber der mich zumindest als Bandleader immer etwas abschreckte wegen seines Hit-Album The Sidewinder (1963), weil mir diese Groove/Acid Jazz-Ausrichtung gar nicht taugt (mit Hancock's Cantaloupe Island kann man mich in die Flucht jagen). Dennoch bietet die morgan'sche Diskographie einige, oder vielleicht überwiegend, Perlen, auch für Hörer mit meinem "Handicap".
Besonders herausheben, weil besonders erhebend, möchte ich das Album Search for the New Land, aufgenommen 1964 mit u.a. Wayne Shorter, Grant Green und Herbie Hancock. Das album-eröffnende, 15-minütige Titelstück arbeitet mit einem sehr ungewöhnlichen klangmalerischen Ansatz. Großartig.
Irgendwie ist mir dann zu Ohren gekommen, dass es über Lee Morgan einen akutellen Dokumentarfilm gibt. Zu meiner freudigen Überraschung fand ich ihn dann auch gleich auf Netflix. Der Film beleuchtet das Leben von Lee und seiner Frau Helen, die ihn 1972 (Lee war gerade mal 33 Jahre alt) in einem Jazz-Club als er gerade die Bühne zum zweiten getrete wollte, erschoss.
Der Film ist spannend erzählt ohne dabei billig-reißerisch zu agieren. Es gibt guten Footage-Material zu den Morgans und Zeit-Zeugen die tatsächlich den beiden nahe standen. I Called Him Morgan - unbedingte Empfehlung!
https://www.youtube.com/watch?v=yxLByThNvWU
P.S.: Im Gegensatz dazu ist die Coltrane-Doku "Chasing Trane" (auch auf Netflix) ein frecher Witz. Klar, Coltrane gibt sicher einen tollen Stoff her, aber der Mangel an Original-Material und Interviews mit überwiegend Figuren aus der 3. Reihe, machen diese Doku leider sehr überflüssig bis ärgerlich. Sorry, aber die Expertise eines Bill Clinton interessiert mich einen Scheißdreck in Bezug auf John Coltrane.
P.P.S.: Der Regisseur von 'I called him Morgan', Kasper Collin, hat ein paar Jahre vorher auch eine Duko über Albert Ayler gemacht ("My Name is Albert Ayler"). Leider hab ich diese noch nirgends gefunden.
Das ist ja witzig, da haben wir uns in etwa zur selben Zeit mit Lee Morgan beschäftigt, letzte Woche habe ich mir eine 2011 erschienene Compilation mit dem Titel "The Legendary Quartet Sessions" (CD) gekauft, die zum ersten Mal alle Aufnahmen des Quartetts vereint. Da das zu meiner Schande meine Erstberührung mit dem Schaffen von Morgan war (sein Name war mir nur als Sideman auf der von mir sehr geschätzten Blue Train von John Coltrane geläufig), kann ich nur die Stücke auf meiner Compilation beurteilen, einige davon stammen von Morgans Album Candy und was ich da gehört habe, gefällt mir gut und ich werde dies sowie Deine Ausführungen hier nun zum Anlass nehmen, mich ausführlicher mit der Diskographie von Hank Morgan zu beschäftigen, die The Sidewinder lass ich einstweilen mal vorsichtshalber außen vor, danke jedenfalls für die Warnung, @kylie!
Und letzte Woche bin ich dann auch im Zuge meiner Recherchen auf den schwedischen Regisseur Kasper Collin und seine zwei Dokumentarfilme zu Ayler und Morgan gestoßen, Netflix habe ich leider nicht, aber beide Filme interessieren mich und ich werde gleichfalls danach Ausschau halten!
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