Das Lulu-Album ist in der Tat nich schlecht, auch wenn das vermutlich viele hier anders sehen werden.
Das "Problem", das die meisten Metaller mit "Lulu" haben, ist wohl, dass sie es als Metallica Album mit Lou Reed betrachten, und bei einer solchen Erwartung kann das Album eigentlich nur verlieren.
Sowohl die Texte als auch die Musik auf "Lulu" stammen von Lou Reed und wurden ursprünglich von ihm für ein Theaterstück geschrieben... Metallica haben lediglich eigene Improvisationen und Ideen bezüglich der Arrangements der Songs eingebracht und werden deshalb auch in den Credits als Songwriter genannt.
Eigentlich ist "Lulu" aber ein Lou Reed Album mit Metallica als Band, und wer mit dem Gesangs- bzw. Sprachstil von Lou Reed nichts anzufangen weiß, der wird das Album wohl zwangsläufig nicht mögen.
Lou Reed wollte nie bequem sein, war für Ausraster bei Konzerten bekannt, wenn mal etwas nicht so lief, wie er es wollte, und bei Interviews hatten nicht wenige Gesprächspartner sogar Angst vor ihm.
Da war es doch nur konsequent von ihm, mit Metallica eine der größten Metal Bands für sich zu gewinnen und dann all denen, die ein neues Metallica Album erwarteten, ordentlich in die Fresse zu treten.
Wenn man sich die ganzen Reviews zu "Lulu" so durchliest, dann könnte man glatt glauben, dass der Mann mit der Scheibe mal eben fast eine komplette Szene ganz ordentlich gefickt hat.
Lou Reed ist leider 2013 verstorben, und somit bleibt dieser kontroverse Brocken sein Abschiedswerk, aber irgendwie passt das sogar ganz gut zu ihm.
Ich mag sowohl Lou Reed als auch Metallica, aber für "Lulu" muss sogar ich in der richtigen Stimmung sein, doch wenn die Umstände passen, dann packt mich das Teil meist ziemlich heftig.
Was Empfehlungen von Lou Reed angeht, so kann ich mich hier nur anschließen, was das "Berlin" Album angeht, welches allerdings ganz besonders textlich sicherlich nicht gerade einfacher Stoff ist.
Ich habe Reed 2007 live gesehen, als er das Album komplett aufgeführt hat, und das war von der Atmosphäre her wirklich verdammt intensiv... Da konnte man schon regelrecht aufatmen, als er nach einer kurzen Pause als erste Zugabe "Sweet Jane" von The Velvet Underground spielte.
Ansonsten höre ich auch sehr gerne das ebenfalls bereits genannte "Songs For Drella" Album, welches Lou Reed und John Cale als Hommage an ihren Entdecker und Förderer Andy Warhol erdacht haben, bei dessen Beerdigung sie nach einer sehr langen Funkstille erstmals wieder miteinander sprachen.
Die Musik auf diesem Album ist zwar sehr reduziert, aber besonders die Texte, die allesamt biografische Bezüge auf das Leben von Andy Warhol nehmen, sollte man wirklich einmal gelesen haben.
Bei meiner Erstausgabe der CD des Albums ist sogar noch ein Faltblatt mit deutschen Übersetzungen der Texte enthalten.
Bisher hier noch nicht genannte aber für mich ebenfalls sehr wichtige Alben von Lou Reed sind "Magic And Loss", bei dessen Aufnahmen er den Tod zweier enger Freunde verarbeiten musste, und ganz besonders das weitestgehend akustisch gehaltene Live Album "Perfect Night Live In London", dessen Intensität stellenweise schon regelrecht beängstigend ist und das von allen Aufnahmen von Reed wohl auch am ehesten den Begriff "Schönklang" verdient.
Nicht unbedingt empfehlen, besonders Einsteigern, würde ich "Metal Machine Music" (das ist selbst für hartgesottene Ohren eigentlich unhörbar), "The Raven" (ein Konzeptalbum mit größtenteils sehr düsteren und fragmentarischen Stücken, die auf Texten von Edgar Allen Poe basieren) sowie sein letztes echtes Solo Album "Hudson River Wind Meditations" (ziemlich eintönige New Age lastige Instrumentalmusik).
Eines hat der Mann in seiner jahrzehntelangen Karriere auf jeden Fall geschafft... Er hat nicht ein einziges Album veröffentlicht, auf das ich in jeder Stimmung und zu jeder Zeit so richtig Bock habe.