Musik und Authentizität

Interessant.. Darf ich fragen ob du das dann auch tatsächlich glaubst? Also ob die Musiker wirklich in verbindung mit Satan/dem Tod/ der Dunkelheit etc. stehen?

Es existiert auf jeden Fall eine solche Verbindung (die kenne ich auch von mir selbst), wenn Musiker in Interviews z.B. von Träumen, seltsamen Begegnungen und Inspirationen für Songtexte/Fotos usw. erzählen, erkenne ich da typische "Albtraummuster" wieder (ich träume z.B. oft von Schädeln, wenn ich Kopfschmerzen habe - das hatte ich schon als Kind). Das hat für mich nichts mit glauben zu tun. Es ist einfach die "dunkle" Seite des menschlichen Wesens (die in jedem steckt), die zum Ausdruck gebracht wird (werden muss).
Deswegen finde ich es wahrscheinlich besonders unangenehm, wenn das jemand "faked" oder nur benutzt.
 
Wenn man, wie im Black Metal üblich, über finstere Sachen singt, sollte schon auch das Optische auf der Bühne passen. Man kann ja auch keinen
Barockrahmen um ein abstraktes Bild machen. Das muss schon alles passen. Das bedeutet doch aber nicht, oder soll es auch nicht, dass eben
solche Musiker auch in ihrem privaten Umfeld das ausleben. Ich stelle mir da gerade Degial vor. Eine der radikalsten Bühnenshows, die man
sich anschauen kann, aber ob die auch in ihrem "normalen" Leben auch so leben ... ehr weniger. Was die Band aber nicht weniger authentisch
machen würde.
Was ist bei denen radikal? Keine Ahnung, ob ich die schon mal gesehen habe.
Man muss ja nicht seine Bühnenshow daheim ausleben, aber wenn es ein Teil der Persönlichkeit ist, passiert es unweigerlich, dass man z.B. auf Partys über Tod und Teufel philosophiert, egal ob es gerade zum Ambiente passt. Und zwar nicht zwingend Musiker - da "kenn" ich einige Leute, die so drauf sind.
 
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..., aber wenn es ein Teil der Persönlichkeit ist, passiert es unweigerlich, dass man z.B. auf Partys über Tod und Teufel philosophiert, egal ob es gerade zum Ambiente passt. Und zwar nicht zwingend Musiker - da "kenn" ich einige Leute, die so drauf sind.

Diesen Punkt kann ich mir recht gut vorstellen. Bei jedem.
Degial empfinde ich auf der Bühne als kompromissloser und extremer als beispielsweise Watain. Angefangen vom Bühnenoutfit
bis zum musikalischen.
 
Diesen Punkt kann ich mir recht gut vorstellen. Bei jedem.
Degial empfinde ich auf der Bühne als kompromissloser und extremer als beispielsweise Watain. Angefangen vom Bühnenoutfit
bis zum musikalischen.

War bei Watain früher auch mal anders. Die sollten wieder back to the underground...
Nachtrag: Als ich das erste Mal auf einem Watain-Konzert war (keine Ahnung, fragt mich nicht nach Jahreszahlen, hab Probleme mit meiner Timeline), dachte ich mir "Whoa, so hab ich mir das immer vorgestellt!". Vorher war ich immer nur auf "normalen" (Metal)konzerten und hab Black Metal zu Hause gehört. Plötzlich hat es nach altem Blut gerochen und dann kamen sie auf die Bühne... ich seh's grad wieder richtig vor mir. Und da gab es auch "Die Brüh". So ein Erlebnis gibt es halt auf großen Bühnen nicht.
Meinst du sowas?
 
Zuletzt bearbeitet:
War bei Watain früher auch mal anders. Die sollten wieder back to the underground...
Nachtrag: Als ich das erste Mal auf einem Watain-Konzert war (keine Ahnung, fragt mich nicht nach Jahreszahlen, hab Probleme mit meiner Timeline), dachte ich mir "Whoa, so hab ich mir das immer vorgestellt!". Vorher war ich immer nur auf "normalen" (Metal)konzerten und hab Black Metal zu Hause gehört. Plötzlich hat es nach altem Blut gerochen und dann kamen sie auf die Bühne... ich seh's grad wieder richtig vor mir. Und da gab es auch "Die Brüh". So ein Erlebnis gibt es halt auf großen Bühnen nicht.
Meinst du sowas?

Ja, genau. Das trifft es ganz gut.
 
Authentisch im Zusammenhang mit Metal ist für mich ein schwierig zu fassender Begriff, da er meiner Meinung nach auf verschiedenen Ebenen stattfindet. Am ehesten verbinde ich damit, wenn die Musiker zu 100% hinter dem stehen was sie tun, sich aber gleichzeitig die nötige Distanz zu ihrem eigenen Schaffen gewahrt haben um Missstände und Fehlentwicklungen zu erkennen. Ist nicht so ganz einfach das immer richtig einzuordnen. Allerdings hat es für mich aber auch nicht unbedingt mit guter Musik zu tun. Auch wenn eine Band diese Kriterien nicht erfüllt, also sozusagen nicht authentisch ist, kann sie gute Platten heraus bringen. Andererseits haben Musiker mit einer gewissen Authentizität bei mir in der Regel deutlich mehr Sympthiepunkte. Allerdings, und da liegt meiner Meinung nach der Hase im Pfeffer, kann dies auf verschiedenen Komerziellen Ebenen Stattfinden. D.h. der Megaseller ist nicht unbedingt immer ein Sell out und die Undergroundband nicht unvedingt immer 'echt'....
Abendfüllendes Thema also: Schwierig, schwierig.. :D
 
Diesem Kult um Authentizität, der vor allem in subkulturellen Jugendszenen um sich greift, den man zuvor aber schon in romantischen Strömungen, in Eigentlichkeitsphilosophien oder eben auch in Sartres Existenzialismus antrifft, mag ich nicht viel abgewinnen, was vor allem daran liegt, dass Authentizität in einer dialektischen Volte gerade vorgibt, nicht das zu sein, was sie ist: Schein. Diese eigentümliche Dialektik der Authentizität in spätmodernen ästhetischen Ausdrucksformen verleiht gerade der Diskurs um die Inszenierung oder Aufführung von Authentizität beredten Ausdruck.

Authentizität in der Kunst (und damit natürlich auch im Metal) ist vor allem auch eine eindeutige Korrespondenz des Ausdrucks mit dem Ich; sie ist damit wohl auch eine Reaktion auf spätmoderne Anforderungen an das soziale Selbst, das mit Phänomenen der Vagheit, der Ambiguität, der undifferenzierten Künstlichkeit (im Sinne von undendlichen Signifikanten-Ketten ohne Referent, im Sinne von einer unfauflösbaren Hybridisierung von Natur und Kultur) konfrontiert ist, das in unterschiedlichen sozialen Situationen unterschiedliche soziale Rollen spielen soll (und damit überhaupt erst die Frage einer authentischen Ich-Identität generiert, die historisch gesehen - wie gesagt - eher ein neueres Produkt ist, weil gerade zu Zeiten des Ständesystems, in dem jedem auf Lebenszeit das zukam, was ihm qua sozialer Ordnung (und nicht aufgrund seiner Individualität, seiner Meriten etc.) zustand, sie sich noch gar nicht stellen konnte). Wir haben es hier also mit einer Gegenreaktion auf gesellschaftliche Phänomene zu tun, die aber die Totalität und Unhintergehbarkeit dieser Phänomene verkennt; sie ist also in ihrer NIcht-Scheinhaftigkeit vor allem falscher Schein; echte Kunst allerdings ist sich ihrer Scheinhaftigkeit bewust, ja es ist überhaupt ein Wesenskern der Kunst, sich mit ihrer Scheinhaftigkeit auseinanderzusetzen, sie zu reflektieren, mit ihr zu spielen. Das bekommt der Pop besser hin als der Metal.

Wenn Authentizität eine Korrespondenz von Ausdruck und Ich ist, wenn Authentizität mithin für Echtheit, Unverfälschtheit, Treue mit sich selbst steht, dann ist sie weiters auch immer mit der Notwendigkeit verbunden, festzustellen, was dieses Ich eigentlich ist. Sie ist Selbstforschung, Selbstbefragung, sie ist die vergebliche Suche nach einem Wesenskern der Identität, den es so nicht gibt. Wenn das Ich ein sich in steter Entwicklung befindliches Artefakt sozialer und kultureller Einflussgrößen ist (die wiederum soziale Prozesse und eben nicht petrifizierte Hypostasierungen darstellen), dann ist diese Suche um die wahre Natur des Ichs eine vergebliche; sie ist wieder ein undurchschauter, falscher Schein, der auch deshalb und vor allem deshalb ein falscher ist, weil er die gesellschaftlichen Zusammenhänge nicht durchschaut, weil er etwas will, was es nicht geben kann, weil er Natur will und Kultur meint.

Wenn man Metal einen Moment als Kunst begreifen will, dann sollte man mit ihm hart ins Gericht gehen, wenn er Authentizität zu einem obersten künsterlisch-normativen Imperativ erhebt: Will er Kunst sein, sollte er sich weniger um Fragen der exponierten Echtheift als um Fragen der Wahrheit (im Gegensatz zur Wahrhaftigkeit, die wiederum mit Echtheit, Authentizität assoziiert ist) kümmern. Und Wahrheit ist heutzutage vor allem ein Simulakrum, ein non-hierarchisches Rhizom, eine non-symmetrische Pluralität, ein ewiges Spiel der Widersprüche, ein gesellschaftlicher Antagonismus; Kunst muss daher schillern, tentativ und probierend und ambivalent sein, sie muss sich aber auch mehr den Fragen der Form (Gewalt) als des Inhalts stellen, sie darf - und das ist meine Conclusio - schlicht nicht dem Schein des Unwahren zuspielen. Denn dann würde Kunst das verraten, was sie für mich auch immer ist: Kritik am Bestehenden.
 
Diesem Kult um Authentizität, der vor allem in subkulturellen Jugendszenen um sich greift, den man zuvor aber schon in romantischen Strömungen, in Eigentlichkeitsphilosophien oder eben auch in Sartres Existenzialismus antrifft, mag ich nicht viel abgewinnen, was vor allem daran liegt, dass Authentizität in einer dialektischen Volte gerade vorgibt, nicht das zu sein, was sie ist: Schein. Diese eigentümliche Dialektik der Authentizität in spätmodernen ästhetischen Ausdrucksformen verleiht gerade der Diskurs um die Inszenierung oder Aufführung von Authentizität beredten Ausdruck.

Authentizität in der Kunst (und damit natürlich auch im Metal) ist vor allem auch eine eindeutige Korrespondenz des Ausdrucks mit dem Ich; sie ist damit wohl auch eine Reaktion auf spätmoderne Anforderungen an das soziale Selbst, das mit Phänomenen der Vagheit, der Ambiguität, der undifferenzierten Künstlichkeit (im Sinne von undendlichen Signifikanten-Ketten ohne Referent, im Sinne von einer unfauflösbaren Hybridisierung von Natur und Kultur) konfrontiert ist, das in unterschiedlichen sozialen Situationen unterschiedliche soziale Rollen spielen soll (und damit überhaupt erst die Frage einer authentischen Ich-Identität generiert, die historisch gesehen - wie gesagt - eher ein neueres Produkt ist, weil gerade zu Zeiten des Ständesystems, in dem jedem auf Lebenszeit das zukam, was ihm qua sozialer Ordnung (und nicht aufgrund seiner Individualität, seiner Meriten etc.) zustand, sie sich noch gar nicht stellen konnte). Wir haben es hier also mit einer Gegenreaktion auf gesellschaftliche Phänomene zu tun, die aber die Totalität und Unhintergehbarkeit dieser Phänomene verkennt; sie ist also in ihrer NIcht-Scheinhaftigkeit vor allem falscher Schein; echte Kunst allerdings ist sich ihrer Scheinhaftigkeit bewust, ja es ist überhaupt ein Wesenskern der Kunst, sich mit ihrer Scheinhaftigkeit auseinanderzusetzen, sie zu reflektieren, mit ihr zu spielen. Das bekommt der Pop besser hin als der Metal.

Wenn Authentizität eine Korrespondenz von Ausdruck und Ich ist, wenn Authentizität mithin für Echtheit, Unverfälschtheit, Treue mit sich selbst steht, dann ist sie weiters auch immer mit der Notwendigkeit verbunden, festzustellen, was dieses Ich eigentlich ist. Sie ist Selbstforschung, Selbstbefragung, sie ist die vergebliche Suche nach einem Wesenskern der Identität, den es so nicht gibt. Wenn das Ich ein sich in steter Entwicklung befindliches Artefakt sozialer und kultureller Einflussgrößen ist (die wiederum soziale Prozesse und eben nicht petrifizierte Hypostasierungen darstellen), dann ist diese Suche um die wahre Natur des Ichs eine vergebliche; sie ist wieder ein undurchschauter, falscher Schein, der auch deshalb und vor allem deshalb ein falscher ist, weil er die gesellschaftlichen Zusammenhänge nicht durchschaut, weil er etwas will, was es nicht geben kann, weil er Natur will und Kultur meint.

Wenn man Metal einen Moment als Kunst begreifen will, dann sollte man mit ihm hart ins Gericht gehen, wenn er Authentizität zu einem obersten künsterlisch-normativen Imperativ erhebt: Will er Kunst sein, sollte er sich weniger um Fragen der exponierten Echtheift als um Fragen der Wahrheit (im Gegensatz zur Wahrhaftigkeit, die wiederum mit Echtheit, Authentizität assoziiert ist) kümmern. Und Wahrheit ist heutzutage vor allem ein Simulakrum, ein non-hierarchisches Rhizom, eine non-symmetrische Pluralität, ein ewiges Spiel der Widersprüche, ein gesellschaftlicher Antagonismus; Kunst muss daher schillern, tentativ und probierend und ambivalent sein, sie muss sich aber auch mehr den Fragen der Form (Gewalt) als des Inhalts stellen, sie darf - und das ist meine Conclusio - schlicht nicht dem Schein des Unwahren zuspielen. Denn dann würde Kunst das verraten, was sie für mich auch immer ist: Kritik am Bestehenden.

echt jetzt?
 
Authentisch ist wenn sich niklas Kvarforth auf der Bühne Ritzt und sich Colin H.van Eckhout sich Fleischerhaken an denen Steine befestigt sind auf der Bühne implantieren lässt und damit 2 Songs performt.

Alles andere ist ausgewhimpter Posershit.:feierei:
 
Kopfnüsse am morgen...
Ob ich das jetzt als authentisch betrachten muss, wenn sich vor Komplexen und Selbsthass gepeinigte Kreaturen im Keller verschanzen und versuchen, so schrottig wie mögliche Aufnahmen zu machen und das dann halt im Namen des trve Black Metals auf Tape bannen? Nö, lass mal. Aber wenn das Tape gut reinläuft, will ich es trotzdem:D.
Ist es authentisch von schwertbewehrten Muskelprotzen zu singen, die von einer Schlacht in die nächste ziehen, nebenbei alles flach legen und mit den Göttern Met saufen? Bzw. soll ich jetzt glauben, das musizierende Gegenüber, welches das leidenschaftlich rüber bringt, glaubt an solchen Shit? Nö. Aber ich liebe Epic Metal trotzdem;).




(was ich jetzt damit sagen wollte, weiß ich auch nicht mehr so genau, aber ihr wisst was ich meine)
 
Als Attribut für Musik finde ich übrigens "pur" viel schöner (und aussagekräftiger) als "authentisch".
profile:mag-996x562
 
Ist nicht unbedingt eine Frage, die ich mir oft stelle, aber ich schätze mal Metalbands, die sich genau jene Fragen

Wenn Authentizität eine Korrespondenz von Ausdruck und Ich ist, wenn Authentizität mithin für Echtheit, Unverfälschtheit, Treue mit sich selbst steht, dann ist sie weiters auch immer mit der Notwendigkeit verbunden, festzustellen, was dieses Ich eigentlich ist.

nicht
stellen, sondern wissen, was sie wollen und einfach machen, sind die, die ich dann unaufgesetzt und "authentisch" finde.

Ist Metal Kunst? Meistens nicht, ich befürchte noch öfter versehentlich als absichtlich, macht aber gar nix.

Stellst du dir manchmal Fragen der Form, @subcomandante , wenn du so einen Post schreibst? :) Sprache ist jedenfalls kein non-hierarchisches Rhizom ..
 
Zuletzt bearbeitet:
Ist Metal Kunst? Meistens nicht, ich befürchte noch öfter versehentlich als absichtlich, macht aber gar nix.

Dass Metal oftmals mehr Entertainment (mir fällt kein besseres Wort ein, um den Gegensatz zur Kunst aufzumachen) denn Kunst ist, ist ja auch nicht weiter schlimm; was mich nervt, ist ein nichteingelöster Kunstanspruch (der ja auch oft in der Rede von Authentizität mitschwingt, aber auch dann, wenn man die eigene Musik im Gegensatz zu anderen musikalischen Produkten als wahrhaftig bereift), das kommt oder kam im Black Metal und seinem selbstreferentiellen Elitarismus ja nicht selten vor.

Stellst du dir manchmal Fragen der Form, @subcomandante , wenn du so einen Post schreibst? :) Sprache ist jedenfalls kein non-hierarchisches Rhizom ..

Da sagst du was Wahres. Aber sollte nicht auch die Form des Geschriebenen in gewisser Weise das widerspiegeln, was man im Text verhandelt; gerade wenn es um Fragen der Kunst und allgemein der Ästhetik geht? Oder ist das für eine einfache Forumskommunikation zuviel der Zumutung und zu anstrengt/anstrengend?
 
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