Acrylator
Till Deaf Do Us Part
So, liebe Freunde des 70er Rocks, hier mal ein weiterer Bandvorstellungsthread von mir (war mir nicht ganz sicher, ob er nicht ins "Metropolis"-Unterforum reingehört, da die Musik meist sehr progressiv ist, aber hier findet er sicher auch seine Interessenten)
Gegründet wurde diese stilistisch sehr vielfältige Band 1969 von vier Briten in Hamburg: Roye Albrighton, Allan Freeman, Ron Howden und Derek Moore. Quasi fünftes Bandmitglied wurde Mick Brocket, der auf Konzerten für die psychedelischen Lichteffekte zuständig war, für die die Band auch bekannt wurde (mein Vater hat mir auch lebhaft davon erzählt).
Der Stil war vor allem anfangs eigentlich dem Psychedelic Rock der 60er näher als dem gerade aufkommenden Progressive Rock, bzw. verband er (ab dem ersten Album) Elemente von beidem miteinander - auch wenn der Prog Rock sich ja teilweise aus dem Psychedelic Rock entwickelt hat, hört man letzteren bei Nektar auf jeden Fall viel deutlicher raus, als bei anderen Vertretern des Progressive Rocks zu der Zeit.
1970 wurden Nektar erstmal von einem US-amerikanischen Produzenten in sein Studio eingeladen (er hatte zuvor einen Liveauftritt der Band besucht und muss davon sehr angetan gewesen sein), um dort ihre allerersten professionellen Aufnahmen zu machen, die erst sehr viel später der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden und noch nichts mit Progressive Rock zu tun hatten (drei Songs davon kamen als stark überarbeitete Versionen knapp 3 Jahre später auf das dritte Album: „Goodday“, „New Day Dawning“ und „Do You Believe In Magic“).
Dieses „Boston Tapes“ betitelte inoffizielle Debütalbum mit 8 Songs ist inzwischen auf folgenden Tonträgern als Bonus enthalten:
„Journey To The Centre Of The Eye“ Doppel-LP-Rerelease auf Missing Vinyl Records von 2011,
“A Tab In The Ocean” Doppel-CD-Rerelease auf It’s About Music.com, ebenfalls von 2011
Und “Remember The Future” Doppel-CD-Rerelease im Digipak auf Purple Pyramid Records von 2013.
Achtung, von “A Tab In the Ocean existiert neben der normalen Jewel-Case Variante mit gepressten CDs auch eine Version in billiger Papierklapphülle mit gebrannten CDs! (Dreisterweise ebenfalls als „Deluxe Edition“ betitelt)
Musikalisch wird hier größtenteils Classic Rock geboten, mit ein paar Psychedelic-Anklängen, technisch bereits auf sehr hohem Niveau und durch den tollen, gefühlvollen Gesang von Roye Allbrighton aufgewertet. Nicht selten erinnern einzelne Gesangsmelodien an die BEATLES, jedoch ist auch schon ein eigener Stil zu erkennen, der in den folgenden Jahren noch weiter ausgebaut wurde.
Drei der Songs kennen Fans der Band bereits - wie schon gesagt - von „Sounds Like This“, jedoch bieten sie auch für diese durchaus noch Neues. Die Stücke sind in ihren 1970er Aufnahmen nämlich etwas langsamer eingespielt und die Gitarre nicht so hart und vordergründig wie auf dem späteren Album, außerdem wurde gerade bei „A New Day Dawning“ doch einiges umarrangiert: das längere Gitarrensolo, das man auf dem 1973er Album hört, gab es in der ursprünglichen Version noch nicht – dafür gibt es hier zwei verschiedene, schöne Parts mit Gesangsmelodien, die später nicht mehr verwendet wurden. Oft pendelt die Musik zwischen ruhigeren und härteren Momenten, wie z.B. in den sonst nie offiziell veröffentlichten „Candlelight“ oder „Where Did You Go“. Auch zweistimmige Gitarrenmelodien bekommt man hier mal zu hören, obwohl Nektar früher immer nur einen Gitarristen (und gleichzeitig Sänger) hatten, nämlich Roye Allbrighton. Neben den beiden erwähnten Songs und dem „Sealed With A Kiss“ Cover gibt es noch zwei weitere Stücke, die es auf kein Studioalbum der Band geschafft haben und die allesamt lohnend für Fans sind. Man darf halt nur nicht mit der Erwartungshaltung rangehen, Prog Rock zu bekommen. Dennoch kann man hier bereits sehr gute Songwriter und Musiker bewundern.
1971 erschien die erste LP “Journey To The Centre Of The Eye” und ist wohl knapp mein Lieblingsalbum der Band (hängt aber sehr von meiner aktuellen Stimmung ab). Es enthält nur scheinbar überwiegend kurze Stücke, im Grunde fügen die sich aber alle zu einer Art 43-minütiger Suite zusammen und gehen teilweise nahtlos ineinander über (es handelt sich auch textlich um ein Konzeptalbum). Es gibt außerdem viele psychedelische Soundeffekte, die damals vor allem auch im Krautrock typisch waren (zu dem die Band ja wegen ihrer Gründungsstadt oft gezählt wird). Die Stimmungen sind sehr unterschiedlich, jedoch dominieren dramatische, manchmal melancholische Momente, die die Scheibe sehr ergreifend/mitreißend machen. Harte Riffs gibt es übrigens teilweise auch, so dass auch aufgeschlossene Hardrock-Fans ihren gefallen daran finden könnten. Das unnachahmliche, psychedelische Spät-60er Flair (inklusive Beatles-Anleihen, wenn auch etwas weniger als auf den „Boston Tapes“) macht außerdem noch einen Teil des Reizes dieser Scheibe aus und sorgt für weltentrücktes Träumen.
Im Folgejahr wurde “A Tab In The Ocean” veröffentlicht, das etwas kompakter und rockiger, bzw. noch hardrocklastiger wirkt (weniger Effektspielereien als auf dem Debüt), auch wenn es gleich mit dem 17-minütigen Titelsong beginnt (das geile Orgelintro lässt Großartiges erwarten, was die Band auch voll und ganz einlöst! Überhaupt ist es eines der besten und spannendsten Stücke der ohnehin hervorragenden 70er Alben der Band). Hier durchlebt man eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle und es wird zu keiner Sekunde langweilig! Aber auch die etwas kürzeren Stücke können voll und ganz überzeugen. Das treibende “Crying In The Dark/King Of Twilight” könnte einigen hier als Cover-Version von IRON MAIDEN (auf der “Aces High” Single als B-Seite) bekannt sein (das war somit der erste Nektar-Song den ich jemals gehört habe, auch wenn Maiden ihn umarrangiert haben).
Die Scheibe sollte man auf jeden Fall kennen, denn hier zeigt die Band wirklich hervorragend, wie man tolle Spannungsbögen aufbaut und gleichermaßen komplexe wie auch groovende Songs schreibt.
Die Produktion ist zudem auch wirklich großartig, transparent und wuchtig zugleich!
1973 erblickte das Doppel-Album “...Sounds Like This” das Licht der Welt und führt einerseits den Stil des Vorgängers fort, klingt aber irgendwie auch ganz anders (wie überhaupt alle Alben der Band bis zur ersten Auflösung stilistisch ein wenig unterschiedlich klingen, auch wenn der Sprung von einem Album zum nächsten meist nicht allzu groß war).
Der Progressive Rock ist hier im Grunde ganz verschwunden, dafür bekommt man einen oft improvisiert wirkenden Mix aus Psychedelic und Blues Rock mit sehr ausgedehnten Solopassagen, was die Songlängen trotz nicht allzu komplexen Aufbaus meist über die 6-, öfter auch mal über die 10-Minuten-Marke ausdehnt. Jedoch ist es hier zum ersten Mal so, dass die beiden längsten Stücke für mich klar die schwächsten auf dem Album darstellen.
Bevor ich die „Boston Tapes“ kannte, habe ich mich immer gewundert, dass "...Sounds Like This" eigentlich „altmodischer“ als seine Vorgänger klingt, was aber angesichts des teilweise Jahre alten Songmaterials (wie ich nun weiß) nicht mehr verwundert.
Es wurde außerdem live eingespielt und ist leider mit einem nicht ganz so starken Sound wie der Vorgänger versehen, auch das Debüt klang eigentlich schon etwas besser (obwohl das wiederum schon einen etwas schwächeren Sound als die "Boston Tapes" hatte). Die Songs selbst würde ich auch nicht zu Nektars Glanzlichtern zählen, auch wenn es schon ein paar tolle Stücke gibt, die meisten auch einen coolen Groove haben und durchaus gut unterhalten, aber die Musik leidet meiner Meinung nach etwas unter der übertriebenen Albumlänge (immerhin 75 Minuten). Hier wäre eine Konzentration auf das Wesentliche, bzw. auf die besten Stücke und/oder Straffungen evtl. sinnvoller gewesen.
Gegründet wurde diese stilistisch sehr vielfältige Band 1969 von vier Briten in Hamburg: Roye Albrighton, Allan Freeman, Ron Howden und Derek Moore. Quasi fünftes Bandmitglied wurde Mick Brocket, der auf Konzerten für die psychedelischen Lichteffekte zuständig war, für die die Band auch bekannt wurde (mein Vater hat mir auch lebhaft davon erzählt).
Der Stil war vor allem anfangs eigentlich dem Psychedelic Rock der 60er näher als dem gerade aufkommenden Progressive Rock, bzw. verband er (ab dem ersten Album) Elemente von beidem miteinander - auch wenn der Prog Rock sich ja teilweise aus dem Psychedelic Rock entwickelt hat, hört man letzteren bei Nektar auf jeden Fall viel deutlicher raus, als bei anderen Vertretern des Progressive Rocks zu der Zeit.
1970 wurden Nektar erstmal von einem US-amerikanischen Produzenten in sein Studio eingeladen (er hatte zuvor einen Liveauftritt der Band besucht und muss davon sehr angetan gewesen sein), um dort ihre allerersten professionellen Aufnahmen zu machen, die erst sehr viel später der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden und noch nichts mit Progressive Rock zu tun hatten (drei Songs davon kamen als stark überarbeitete Versionen knapp 3 Jahre später auf das dritte Album: „Goodday“, „New Day Dawning“ und „Do You Believe In Magic“).
Dieses „Boston Tapes“ betitelte inoffizielle Debütalbum mit 8 Songs ist inzwischen auf folgenden Tonträgern als Bonus enthalten:
„Journey To The Centre Of The Eye“ Doppel-LP-Rerelease auf Missing Vinyl Records von 2011,
“A Tab In The Ocean” Doppel-CD-Rerelease auf It’s About Music.com, ebenfalls von 2011
Und “Remember The Future” Doppel-CD-Rerelease im Digipak auf Purple Pyramid Records von 2013.
Achtung, von “A Tab In the Ocean existiert neben der normalen Jewel-Case Variante mit gepressten CDs auch eine Version in billiger Papierklapphülle mit gebrannten CDs! (Dreisterweise ebenfalls als „Deluxe Edition“ betitelt)
Musikalisch wird hier größtenteils Classic Rock geboten, mit ein paar Psychedelic-Anklängen, technisch bereits auf sehr hohem Niveau und durch den tollen, gefühlvollen Gesang von Roye Allbrighton aufgewertet. Nicht selten erinnern einzelne Gesangsmelodien an die BEATLES, jedoch ist auch schon ein eigener Stil zu erkennen, der in den folgenden Jahren noch weiter ausgebaut wurde.
Drei der Songs kennen Fans der Band bereits - wie schon gesagt - von „Sounds Like This“, jedoch bieten sie auch für diese durchaus noch Neues. Die Stücke sind in ihren 1970er Aufnahmen nämlich etwas langsamer eingespielt und die Gitarre nicht so hart und vordergründig wie auf dem späteren Album, außerdem wurde gerade bei „A New Day Dawning“ doch einiges umarrangiert: das längere Gitarrensolo, das man auf dem 1973er Album hört, gab es in der ursprünglichen Version noch nicht – dafür gibt es hier zwei verschiedene, schöne Parts mit Gesangsmelodien, die später nicht mehr verwendet wurden. Oft pendelt die Musik zwischen ruhigeren und härteren Momenten, wie z.B. in den sonst nie offiziell veröffentlichten „Candlelight“ oder „Where Did You Go“. Auch zweistimmige Gitarrenmelodien bekommt man hier mal zu hören, obwohl Nektar früher immer nur einen Gitarristen (und gleichzeitig Sänger) hatten, nämlich Roye Allbrighton. Neben den beiden erwähnten Songs und dem „Sealed With A Kiss“ Cover gibt es noch zwei weitere Stücke, die es auf kein Studioalbum der Band geschafft haben und die allesamt lohnend für Fans sind. Man darf halt nur nicht mit der Erwartungshaltung rangehen, Prog Rock zu bekommen. Dennoch kann man hier bereits sehr gute Songwriter und Musiker bewundern.
1971 erschien die erste LP “Journey To The Centre Of The Eye” und ist wohl knapp mein Lieblingsalbum der Band (hängt aber sehr von meiner aktuellen Stimmung ab). Es enthält nur scheinbar überwiegend kurze Stücke, im Grunde fügen die sich aber alle zu einer Art 43-minütiger Suite zusammen und gehen teilweise nahtlos ineinander über (es handelt sich auch textlich um ein Konzeptalbum). Es gibt außerdem viele psychedelische Soundeffekte, die damals vor allem auch im Krautrock typisch waren (zu dem die Band ja wegen ihrer Gründungsstadt oft gezählt wird). Die Stimmungen sind sehr unterschiedlich, jedoch dominieren dramatische, manchmal melancholische Momente, die die Scheibe sehr ergreifend/mitreißend machen. Harte Riffs gibt es übrigens teilweise auch, so dass auch aufgeschlossene Hardrock-Fans ihren gefallen daran finden könnten. Das unnachahmliche, psychedelische Spät-60er Flair (inklusive Beatles-Anleihen, wenn auch etwas weniger als auf den „Boston Tapes“) macht außerdem noch einen Teil des Reizes dieser Scheibe aus und sorgt für weltentrücktes Träumen.
Im Folgejahr wurde “A Tab In The Ocean” veröffentlicht, das etwas kompakter und rockiger, bzw. noch hardrocklastiger wirkt (weniger Effektspielereien als auf dem Debüt), auch wenn es gleich mit dem 17-minütigen Titelsong beginnt (das geile Orgelintro lässt Großartiges erwarten, was die Band auch voll und ganz einlöst! Überhaupt ist es eines der besten und spannendsten Stücke der ohnehin hervorragenden 70er Alben der Band). Hier durchlebt man eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle und es wird zu keiner Sekunde langweilig! Aber auch die etwas kürzeren Stücke können voll und ganz überzeugen. Das treibende “Crying In The Dark/King Of Twilight” könnte einigen hier als Cover-Version von IRON MAIDEN (auf der “Aces High” Single als B-Seite) bekannt sein (das war somit der erste Nektar-Song den ich jemals gehört habe, auch wenn Maiden ihn umarrangiert haben).
Die Scheibe sollte man auf jeden Fall kennen, denn hier zeigt die Band wirklich hervorragend, wie man tolle Spannungsbögen aufbaut und gleichermaßen komplexe wie auch groovende Songs schreibt.
Die Produktion ist zudem auch wirklich großartig, transparent und wuchtig zugleich!
1973 erblickte das Doppel-Album “...Sounds Like This” das Licht der Welt und führt einerseits den Stil des Vorgängers fort, klingt aber irgendwie auch ganz anders (wie überhaupt alle Alben der Band bis zur ersten Auflösung stilistisch ein wenig unterschiedlich klingen, auch wenn der Sprung von einem Album zum nächsten meist nicht allzu groß war).
Der Progressive Rock ist hier im Grunde ganz verschwunden, dafür bekommt man einen oft improvisiert wirkenden Mix aus Psychedelic und Blues Rock mit sehr ausgedehnten Solopassagen, was die Songlängen trotz nicht allzu komplexen Aufbaus meist über die 6-, öfter auch mal über die 10-Minuten-Marke ausdehnt. Jedoch ist es hier zum ersten Mal so, dass die beiden längsten Stücke für mich klar die schwächsten auf dem Album darstellen.
Bevor ich die „Boston Tapes“ kannte, habe ich mich immer gewundert, dass "...Sounds Like This" eigentlich „altmodischer“ als seine Vorgänger klingt, was aber angesichts des teilweise Jahre alten Songmaterials (wie ich nun weiß) nicht mehr verwundert.
Es wurde außerdem live eingespielt und ist leider mit einem nicht ganz so starken Sound wie der Vorgänger versehen, auch das Debüt klang eigentlich schon etwas besser (obwohl das wiederum schon einen etwas schwächeren Sound als die "Boston Tapes" hatte). Die Songs selbst würde ich auch nicht zu Nektars Glanzlichtern zählen, auch wenn es schon ein paar tolle Stücke gibt, die meisten auch einen coolen Groove haben und durchaus gut unterhalten, aber die Musik leidet meiner Meinung nach etwas unter der übertriebenen Albumlänge (immerhin 75 Minuten). Hier wäre eine Konzentration auf das Wesentliche, bzw. auf die besten Stücke und/oder Straffungen evtl. sinnvoller gewesen.
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