Du hast mich falsch verstanden. Auch die formale juristische Festschreibung funktioniert nur auf Basis einer gesellschaftlichen Haltung. In einer Gesellschaft, die Vergebung ausschließt, gibt es keine Resozialisierung. Auch dann nicht, wenn sie formal existieren mag. Diese Haltung, dass es grundsätzlich möglich sein muss, bei jedem Vergehen zurück in die Gesellschaft zu kommen, halte ich für einen zentralen Bestandteil einer liberalen Gesellschaft.
Das bedeutet nicht, dass du das persönlich in jedem Fall so handhabst. Natürlich bedeutet es das nicht. Es bedeutet aber, dass du es nicht für bestimmte Vergehen kategorisch ausschließt.
Das scheint aber gerade in einigen Bereichen zu passieren, gerade ausgehend aus dem linken/progressiven Lager gegenüber Verstößen gegen die liberalen Errungenschaften der letzten 100 Jahre. Dieselben Menschen, die die Wiedereingliederung von Straftätern fordern, fordern gleichzeitig die unwiederbringliche Verstoßung von Menschen, die sich rassistisch oder sexistisch äußern. Ich halte das für ziemlich problematisch. Um es gleich vorweg zu nehmen: ich bin absolut dafür, dass Sexismus und Rassismus Konsequenzen nach sich ziehen. Sowohl juristische wie auch gesellschaftliche (also eine Ächtung). Ich bin aber auch sehr dafür, dass es einen Weg zurück geben können muss. Diese Tür muss immer offen sein können. Auch wenn ich sie vielleicht einer konkreten Person in einem konkreten Fall nicht aufsperren mag.