Paradise Lost

Hab mich mittlerweile an den eher erzählenden Gesang von Nick gewöhnt (die Growls bleiben mies) und vom Songwriting toppt das Album die beiden Vorgänger im Vorbeigehen (dafür reicht schon der Opener). Gefällt mir ausdrücklich gut, das Teil.
 
Auch nach mehr als einem Dutzend Durchläufen bleibt die unentschlossen wirkende, sich stimmungstechnisch zu sehr im sicheren Niemandsland zwischen den Extremen bewegende ,,Obsidian" für mich eine ziemlich herbe Enttäuschung, wohl verstärkt durch den vorherigen Lauf über gleich vier Alben. Das Schönhören hat nicht funktioniert. Natürlich ist das Album immer noch besser, als ein Großteil dessen, was heutzutage so veröffentlicht wird, dennoch für Paradise Lost-Verhältnisse eher mau. Entsprechend fällt meine Einordnung in die Diskographie aus:

01.) Icon 9,5/10
02.) Gothic 9,5/10
03.) Draconian Times 9/10
04.) Shades Of God 9/10
05.) Lost Paradise 9/10
06.) One Second 8,5/10
07.) Medusa 8,5/10
08.) Tragic Idol 8,5/10
09.) The Pague Within 8/10
10.) Faith Divides Us - Death Unites Us 8/10
11.) Host 7,5/10
12.) Paradise Lost 7/10
13.) Believe In Nothing 7/10
14.) Obsidian 6,5/10
15.) In Requiem 6,5/10
16.) Symbol Of Life 6,5/10

Übrigens ist die zentrale Schwäche von ,,Obsidian" die gleiche, welche schon die direkt darunter platzierte ,,In Requiem" damals zu einer der am wenigsten begeisternden PL-Platten machte: Beides sind deutlich erkennbare Kompromissalben, die möglichst vielen gefallen sollen - nur leider gelingt der Stil-Spagat selten. Paradise Lost sind sowieso grundsätzlich immer dann besser, wenn sie sich möglichst kompromisslos auf einen ihrer drei Kernstile konzentrieren (sei es etwa, wie mit ,,Medusa" ein düsteres Doom-Death-Album aufzunehmen oder mit ,,Tragic Idol" eine moderne Variante der ,,Icon/Draconian Times"-Ära zu kreieren). ,,In Requiem" jedenfalls war der Anfang des Weges hin zu wieder härteren Klängen und wirkte dabei noch recht unsicher und zu zaghaft; die jetzt aus der anderen Richtung kommende ,,Obsidian" ist quasi die gespiegelte ,,In Requiem". Diese beiden Platten sind für mich nebenbei auch jene mit der magersten Gesangsleistung von Holmes.

Ich hoffe dann jetzt schon mal auf das 17. Paradise Lost-Album 2022, bei dem die Jungs dann hoffentlich wieder genau wissen, was sie wollen ;)
 
Jup, nach paar Mal hören, gefällt mir das Album wie beim ersten Hören immer noch sehr gut. Und gegen Nick's Krümelmonstervocals hab ich nix, finde die symphatisch. "Medusa" war ebenfalls sehr gut, aber ich will beide irgendwie nicht vergleichen. Bei der Neuen bekommen wir fast alle Phasen von PL geboten, bei "Medusa" Death-Doom ala PL. Läuft für mich beides.
Höre die Band ja leider erst seit Anfang 2020, aber bis jetzt ist mir noch kein schlechtes Album unter gekommen. Greg Mackintosh ist für mich in dieser kurzen Zeit zu einem super Songwriter und Gitarristen geworden, die Riffs, Harmonien und Melodien, teilweise erstklassig mit Gänsehautfaktor. Kann man auch an der Neuen studieren. Und Holmes ist ein super Sänger.
So, genug Fanboytum.
 
Sind es wirklich Kompromissalben, die möglichst vielen gefallen sollen, oder passt das einfach nur in das Gesamtbild, das du so unbedingt malen möchtest? Ich wüsste zumindest nicht, warum PL ausgerechnet nach dem erfolgreichen "Medusa", das ja alles andere als catchy (oder massentauglich) war, unbedingt Kompromisse hätten eingehen sollen. Oder warum sie das Gefühl gehabt haben sollen, etwas derartiges einspielen zu müssen, denn wenn ich mich richtig entsinne, ist das Album auf Platz 6 der deutschen Charts eingestiegen und wurde selbst unabhängig davon weitestgehend sehr positiv aufgenommen.
 
Was sollen sie denn machen? Sie haben die Extreme ausgereizt.

Wie ich schon schrieb: Sie hätten nicht relativ kantenlose Versatzstücke von zweien ihrer drei Kernstile verwursten sollen, sondern wirklich mal eine kompromisslose Mischung aus ,,Gothic", ,,Icon" und ,,One Second"/,,Host" anpeilen sollen: Zwei, drei vollends ruhige Nummern wie aus Endneunziger-Zeiten und als Kontrast zwei wirklich knackige Doom-Death-Brecher MIT ENTSPRECHENDEM FEUER BEIM GESANG, dazwischen viel ,,Icon"-Epik. Stattdessen gibt es Pseudo-epische Kompositionen und Altherrengehuste. Gregs gewohnt starke Gitarrenarbeit rettet das Album immerhin davor, ein echter Ausfall zu sein.

Hab mich mittlerweile an den eher erzählenden Gesang von Nick gewöhnt (die Growls bleiben mies) und vom Songwriting toppt das Album die beiden Vorgänger im Vorbeigehen (dafür reicht schon der Opener). Gefällt mir ausdrücklich gut, das Teil.

Erlaube mir bitte die Frage, wie man ein Album ,,ausdrücklich gut" finden kann, wenn man etwa 50 Prozent des Gesangs darauf als ,,mies" bezeichnet? Da passt aber irgendetwas nicht. Es sei denn, einem ist der Gesang völlig schnuppe. Bei mir jedenfalls macht er gefühlt 80 Prozent des Musikerlebnisses aus, weshalb ich mit ,,Obsidian" auch so arge Probleme habe.
 
Bin da leider meinungstechnisch nach wie vor bei @Thergothon . Aber das ist letztlich auch gar nicht so schlimm. Eine Band, die 11 Alben aufgenommen hat, die ich mindestens gut finde, die meisten eher sehr gut bis meisterlich oder gar einzigartig... der verzeihe ich, wenn sie Alben raushaut, die ich schlicht nicht abfeiere. Die mich nicht berühren, gar kalt lassen. War ja dieses Jahr bei Katatonia kein Zentimeter anders. Beim nächsten Album haben sie mich vielleicht wieder am Haken. Aus den Augen verlieren werde ich Nick, Greg und seine Jungens definitiv deswegen nicht.
 
Erlaube mir bitte die Frage, wie man ein Album ,,ausdrücklich gut" finden kann, wenn man etwa 50 Prozent des Gesangs darauf als ,,mies" bezeichnet? Da passt aber irgendetwas nicht. Es sei denn, einem ist der Gesang völlig schnuppe. Bei mir jedenfalls macht er gefühlt 80 Prozent des Musikerlebnisses aus, weshalb ich mit ,,Obsidian" auch so arge Probleme habe.

Die Frage sei dir erlaubt. Für mich sind die Songs einfach stark genug geschrieben (für mich halt anders als bei Medusa oder TPW als mir sowohl das Songwriting als auch die Performances nur zum Teil bis nicht zusagten), als dass mich sein Grabgeflüster derart arg stört. Tatsächlich sind für mich deshalb auch die "härteren" Nummern auch eher die Schwachpunkte und die Kompromissnummern (die mich wohlig an FDUDUU erinnern) meine Favoriten.
 
Sind es wirklich Kompromissalben, die möglichst vielen gefallen sollen, oder passt das einfach nur in das Gesamtbild, das du so unbedingt malen möchtest? Ich wüsste zumindest nicht, warum PL ausgerechnet nach dem erfolgreichen "Medusa", das ja alles andere als catchy (oder massentauglich) war, unbedingt Kompromisse hätten eingehen sollen. Oder warum sie das Gefühl gehabt haben sollen, etwas derartiges einspielen zu müssen, denn wenn ich mich richtig entsinne, ist das Album auf Platz 6 der deutschen Charts eingestiegen und wurde selbst unabhängig davon weitestgehend sehr positiv aufgenommen.

Sooo positiv waren die Reaktionen auf ,,Medusa" jetzt nicht - siehe dazu oben auf S. 98 die erwähnten Aussagen der Band im aktuellen RH, die das bestätigen. Und ich könnte mir schon vorstellen, dass Nuclear Blast zumindest den Wunsch geäußert hat, dass man wieder zugänglicher agiert. ;)

Abgesehen davon sage ich aber nicht, dass PL ein Album wie ,,Obsidian" aus purer kommerzieller Berechnung aufgenommen haben. Es ist durchaus nachvollziehbar, dass sie nach dem eindimensionalen Vorgänger wieder etwas mehr Abwechslung reinbringen wollten, und ich habe das im Vorfeld ja selbst ausdrücklich begrüßt. Nur hätten sie dann eben zumindest für die Doom-Death-Versatzstücke nicht anderthalb Gänge zurückschalten sollen, sondern diese genauso beseelt wie auf dem Vorgänger präsentieren sollen. Und wie gesagt mache ich das fast ausschließlich am Gesang fest: Nicks erschreckend leblose Darbietung verleidet mir als jemandem, für den der Gesang der Hauptbezugspunkt beim Musikgenuss ist, das Album leider doch sehr.
 
Fazit: Gitarren stark, "Gesang" schwach. Spiegelt realistisch gesehen weite Strecken der Liveperformance wieder.

Lösung: PL nehmen als nächstes ein Instrumentalbum auf, Nick darf "Perkussion" machen.
 
Ich habe zu "Obsidian" offensichtlich eine ganz andere "Beziehung" aufgebaut und Nicks Darbietung gefällt mir extrem gut. Aber das ist ein Streitthema, das seit seinem Einstieg bei Bloodbath und "Grand Morbid Funeral" besteht. Bzw. seitdem er sich entschieden hat, wieder harsche Tonlagen einzubauen. Verständlich, aber ich mag seinen Stil einfach. Und für mich ist der Gesang logischerweise auch ein Hauptbezugspunkt. Worauf ich eigentlich hinaus wollte: Ich erkenne darauf keinen Kompromiss, weil "Obsidian" für mich sehr schlüssig klingt und genau das erreicht, was dir fehlt, nämlich die Vereinigung einiger PL-Phasen. So können sich Geschmäcker nunmal unterscheiden, da aber direkt gewisse Hintergedanken oder - überspitzt formuliert - Order vom Label hineinzudeuten, erscheint mir nicht besonders zielführend. Die Kritikpunkte zum Gesang, der Stilmischung kann ich allerdings nachvollziehen. Gerade beim letzten Punkt ging es mir nach 2-3 Durchgängen übrigens ähnlich, aber dann hat es irgendwann eben doch geklickt. Manchmal soll es wiederum halt einfach nicht sein und in 32 Jahren Bandbestehen nur Banger einzuspielen, ist halt auch eine Mammutaufgabe.

Mich "stört" bei Paradise Lost viel eher, dass man sie live oftmals nicht gebrauchen kann und sehr viel Glück haben muss :D
 
Ich habe zu "Obsidian" offensichtlich eine ganz andere "Beziehung" aufgebaut und Nicks Darbietung gefällt mir extrem gut. Aber das ist ein Streitthema, das seit seinem Einstieg bei Bloodbath und "Grand Morbid Funeral" besteht.

Ich habe generell kein Problem mit Nicks harschem Gesang der Neuzeit - auf ,,The Plague Within" und inbesondere auf ,,Medusa" gefiel er mir recht gut (und auch auf der letzten Bloodbath war er nicht übel, wenngleich das Teil musikalisch leider wenig spannend war). Aber auf ,,Obsidian" finde ich ihn einfach merklich weniger beherzt und eindringlich als auf den beiden Vorgängern. Vergleicht doch bitte nur mal den Gesang bei einer Nummer wie ,,Ravenghast" mit ,,Beneath Broken Earth" oder ,,Gods Of Ancient" - habt ihr da nicht das Empfinden, dass Nick einen Gang zurückgeschaltet hat?
 
Oh, ich lese hier "Nicks Stimme". Da klink ich mich mal ein. Vorab: PL waren und sind eine meiner Lieblingsbands, aber ich kann mich nicht an die Nick'schen Neuzeit-Growls gewöhnen. Seit einigen Alben (wahrscheinlich seit Bloodbath) klingen die Growls eher, als ob es ihm echt schwerfällt, diese einigermaßen unbeschadet rauszupressen. Das kann man auch als "einen Gang zurückschalten" sehen/hören, wie oben erwähnt, aber den Eindruck habe ich eben nicht erst seit Obsidian.

Ich hoffe, es strengt ihn nicht zu sehr an, ist ja nicht mehr der Jüngste. ;-) Live hab ich PL schon ewig nimmer gesehen, weiß also nicht, ob er mittlerweile nach jedem Growlsong einen Zug aus der Sauerstoffmaske braucht.
 
Ich fand ja die TPW ziemlich gut, war eigentlich sogar die erste seit der Icon mit der ich mich richtig beschäftigt habe.
Allein der Opener rechtfertigte für mich den Kauf des Albums direkt.
Die Medusa war dann wieder ne ziemliche Enttäuschung für mich, was mich eigentlich gerade ziemlich verwundert, weil einige hier die als so "megadeathdoomig" beschreiben o_O.
Vor der Neuen hab ich etwas Angst, müsst ich mir ev. tatsächlich ausnahmsweise mal vorab anhören.
 
Ich mag seine Growls eigentlich ganz gerne. Mein Lieblingssong auf der TPW war Sacrifice the Flame. Medusa fand ich nicht mehr ganz so spannend und die Neue habe ich noch gar nicht gehört (einen Vorab Song, meine ich).
 
Also ich bin mit obsidian rundum zufrieden, für mich eine klare Steigerung zur schon guten Medusa! Hat vom ersten Moment Klick gemacht, stören tut mir da mal gar nix, alles topp so wie es ist! Warte sehnsüchtig auf Die Zeit, wenn man sich das wieder live geben kann!
 
Lieber mit Kompromissen, dafür mit guten Songs, als kompromisslos beliebig.
 
Ich halte übrigens eher TPW und vor allem Medusa für Kompromisalben, da man sich schon dort einer gewissen Erwartungshaltung wegen stilistisch eingepfärcht hat. Das zur Ergänzung zu meiner Anmerkung einige Seiten zuvor zu beiden Alben als unausgegoren und mit einer klaren Zielvorgabe konstruiert. Die neue dagegen wirkt wesentlich flüssiger und das Songwritig durchdacht und ausgereift. Dafür hat sie mit Holmesens harschen Vokals auch eine gemeinsame Schwachstelle mit den beiden Vorgängern; wenigstens will man sich nicht wie bei Bloodbath abwenden, wo er verschäft nach Verstopfung klingt. Meinetwegen braucht er gar nimmer zu growlen, Vocals wie auf SoG/Icon/DT wären aber nach wie vor toll. Lustigerweise finde ich aber, dass Defiler der beste Song des Albums ist. Ein ziemlich untypischer dazu. Dachte erstmal, es wäre ein Cover und vom Aufbau erinnert er mich an Pagan Altar, warum auch immer... so sehr Doom Metal waren sie jedenfalls seit Shades Of God nimmer.
 
Erinnert sich übrigens noch jemand an Paradise Lost bei Giga? Glaube es war, um SOL zu promoten, bin mir aber nicht mehr ganz sicher. Der Clip war mal auf Youtube, finde den aber nicht mehr. Das waren noch Zeiten...
 
Schon faszinierend, welche unterschiedliche Reaktion PL auch heute noch hervorrufen...Ich geb zu, ich reihe mich in den Reigen derer ein, denen Nick hier einfach ein wenig zu gelangweilt klingt. Mir fehlt da auch die Dynamik. Aber ich bin auch ein klassisches Icon-und DT-Kind (finde aber auch Host grandios.) Gregs Gitarrenarbeit ist natürlich immer noch ein Genuss. Unabhängig davon bin ich der Meinung, dass PL ihre Alben grundsätzlich und ausnahmslos im Zeitraum Oktober bis Dezember veröffentlichen sollten. Das passt einfach nicht in diese Jahreszeit. Kann mich noch gut erinnern, wie ich 2007 die In Requiem erstand und beim Ersthören gedacht habe "Echt gut, aber eigentlich will ich jetzt nur zur Eisdiele."
 
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