Trotzdem hat so ein Nachfolger bei mir nicht die Chance gegen einen alten Liebling anzustinken, da einfach die persönlich historische Bindung fehlt.
Dein ganzer Beitrag ist zitierenswert, ich suche nur rasch raus, worauf ich antworten will. Denn das ist genau der Punkt. Was bewertet man denn da, die Musik des jeweiligen Albums oder dessen Verdienste als Lebensbegleiter? Nach dieser Logik wäre auch (das Folgende ist keineswegs sexistisch gemeint, die Rollen kann man auch umkehren oder ganz durcheinanderwürfeln) diejenige Frau die Wundervollste, die man am längsten kennt und liebt. Und häufig ist das so. Ich kenne viele, die beten
heute heimlich ihre Jugendfreundin an und vernachlässigen dabei emotional ein wenig die Dame, die gerade vor ihnen steht. Das stammt noch aus einer Zeit, als Menschen keine 30 Jahre alt wurden und Bindung an Familie überlebenswichtig für die eigenen Gene war.
Und es ist gedächtnispsychologisch auch heute natürlich nur allzu verständlich. Man hat über viele Jahre Gedächniseinträge (sog. Engramme) abgerufen (die sich zudem je nach gegenwärtiger Stimmung leicht verändern) und hat den Wiedererkennungswert gefeiert und die Neuentdeckungen goutiert, die man manchmal noch durch Neuverknmüpfungen in andere Hirnareale gemacht hat. Sowas honoriert ein Gehirn, wenn es bestimmte Gedächtnisinhalte (in diesem Fall halt die Songs oder deren Teile) eng an andere assoziieren kann (besonders solche, die mit dem episodisch-autobiographischen Gedächntnis zu tun haben, also dem, das die selbsterlebte Lebensgeschichte zu notieren versucht).
Nur, als Gedankenspiel sollte man sich das an dieser Stelle auchmal gönnen, was wäre, wenn 1992 TGSV und kürzlich ITE erschienen wäre? Vermutlich dasselbe Spiel. Und genau deswegen wollte ich zunächst nichts schreiben zu TGSV, weil mir klar war, daß ich selbst genau diesen evolutionär ausgebildeten Spielregeln unterliege und diesen Kampf in mir ausfechten werde. Gestern spät hatte ich, euphorisiert vom Augenblick, gemeint, man könnte die Evolution mal kurz suspendieren und dem Gedächntnis einen Streich spielen. Heute schaut das wieder anders aus.
Und ich möchte nicht wissen, was ich meinem auditorischen Cortex (der Hörrinde) erzähle, wenn ich JETZT "Into The Everflow" einlegen sollte...
Möglicherweise positioniert sich TGSV in einem Jahr mal auf Platz Drei der Diskographie, aber früher kann ich das bei so einer Band für mich nicht fest machen. .
Das ist wirklich erzkonservativ.