Ram & Portrait 2018

RAM / PORTRAIT / TRIAL, 15.02.2018, Alte Hackerei, Karlsruhe

Karlsruhe ist auch nicht mehr das, was es mal war. Da steht man zum ersten Mal überhaupt am Tresen der Alten Hackerei, bestellt ein Bier und guckt rechts rüber, zu einer jungen Dame, erblickt ihre Geldbörse und was prangt auf dieser? Das Vereinsemblem des VfB Stuttgart. Das Erste, was einem entgegen schlägt, wenn einem dies in Hamburg widerfährt, ist ein gehässiger Chor. ''Keine Stimmung, keine Tore, VfB.''

Und in Karlsruhe?

Nichts.

Ich fürchte, diese Stadt hat sich aufgegeben.

Schade, denn schön ist sie, die Alte Hackerei. Eine knuddelige, kleine Location, in der einstmals Punkkonzerte stattfanden (thx für die Geschichtsstunde @pirate) und die nun dann und wann für Metalkonzerte missbraucht wird. Eigentlich besteht die Location zur Hälfte aus der Bar. Die andere Hälfte ist die Bühne und etwas Platz davor.

TRIAL, die erste Band des Schwedenbundles, geht gleich in die Vollen und spielt eine gesunde Mixtur ihrer drei Longplayer. Und zwar so gut, dass ich mir die fehlende ''Motherless''-CD gleich im Anschluss des Konzerts kaufe. Gesanglich kommt mir Sänger Linus etwas angeschlagen vor. Es fehlt ihm etwas die Power, aber zum Ende des knapp vierzigminütigen Gigs fängt er sich ebbes und es wird zur runden Angelegenheit. Zum Sound: man kann wunderbar jedes Instrument heraushören, der Mix ist gelungen, aber es geht viel, viel zu leise vonstatten. Man könnte wohl problemlos die Eichhörnchen draußen auf den Bäumen pupsen hören. Anyway: Daumen nach oben für die vielleicht filigranste und musikalisch anspruchvollste Band des Abends.

Versuchen magische Zeichen zu setzen: TRIAL
901f6190ee.jpg


PORTRAIT, besser bekannt unter ihrem Realnamen PORNTROUT, machten das, wofür ich sie so mag: einfach voller Rotz losspeeden. Im Zweikampf mit ATTIC, um die Krone der Kingverehrung, sind sie dank des unverschämt guten, neuen ATTIC-Werkes vielleicht etwas ins Hintertreffen geraten, live sieht die Sache aber ganz anders aus. Sympathisch geht so. Und dass das Hauptaugenmerk auf das neueste Brandeisen ''Burn the World'' gelegt wird, freut zumindest mich, da es das meiner Meinung nach stärkste Werk der Schweden ist. Auch hier bin ich dann und wann so leicht am zucken mit den Augenlidern, da Fronter Per beileibe nicht jeden Ton trifft. Was nichts daran ändert, dass PORTRAIT in den stärksten Momenten schlicht und ergreifend begeisternd agieren. Highlight: die abartig gut dargebotene Nummer ''Beast of Fire''.

Spielen ihre Balladen mit dem Rücken zum Publikum: PORNTROUT
62e7934eee.jpg
 
RAM sind dann der erwartet würdige Headliner. Der Sound wird fetter, aber es bleibt weiterhin leise. Schade, denn die Wucht der fünf Schweden darf m.E. durchaus auch Ausdruck in der Lautstärke finden.

Ich konnte leider nicht den ganzen Gig sehen und musste um 22:45 Uhr den Weg zum Karlsruher Hauptbahnhof einschlagen, um die letzte Regionalbahn nach Stuttgart zu erwischen, aber in diesen 35 Minuten habe ich eine richtig geile Liveband gesehen. Die ENDLICH beste Gesangsleitung des Abends untermauerte die wohl nicht verwegene Aussage, dass RAM von diesen drei Bands derzeit die wohl beste Liveband ist. Das war tight, voller Energie und knackig dargeboten, dass dies in meinen Augen der bislang beste Liveauftritt einer Band in 2018 war. (Von den Bands, die ich gesehen habe.)

Nein, zum growlen reicht's net: RAM
73436abb56.jpg


Als ''Declaration of Independence'' ertönte, musste ich an meinen armen Spezi @Seppel denken, der diese Band zurecht so abgöttisch liebt und nicht dabei sein konnte. Nimm es nicht so schwer. Die kommen wieder. Und ich sackte mir dann endlich auch mal die ''Lightbringer'' ein, die ich aus Gründen, die eh niemand versteht, nichtmal ich, noch nicht im Rack stehen hatte.

Impression von der Alten Hackerei:
89b7c9d591.jpg


Fazit: drei geniale schwedische Bands, alle auf dem Höhepunkt ihres Schaffens, in einem Package, das im traditionellen Heavy/Power Metal seinesgleichen sucht. Zu schön, um wahr zu sein und es tat gut, dabei gewesen zu sein. Dankeschön, Alte Hackerei und Karlsruhe. Es war eine lohnenswerte Reise ins ''Feindesland''. Man sieht sich wieder. Shirts wie anderswo 15 Euro, CDs 13 Euro, Patches 5 Euro, Tapes 5 Euro, Bier 3 Euro, saubere Toiletten, gepflegtes Non-Assi-Publikum, alles im grünen Bereich. Zahlende Gäste: 130.

v.l.n.r.: @Rozzy, Schwabe, @pirate
1a73905f71.jpg
 
@pirate macht der Plüschi nicht mehr die Hackerei?
Doch.
Ist aber m.E. ein ziemlicher Mainstream Schuppen geworden.
Im Gegensatz zu "früher" alles recht teuer und einfach nicht mehr so schön punkig. Publikum und Attitüde haben sich dort geändert.
Ich war immer sehr häufig da, mittlerweile gehe ich nur noch zu Konzerten hin. Als eines von vielen Beispielen: Das Bier, welches 3 Tacken kostet, ist 0,33l.
Das war mal anders.
Mag aber auch sein, dass ich das zu kritisch sehe. Gestern war's auf jeden Fall grandios und für kleine Konzerte ist der Laden ziemlich optimal.
 
Ok, tausend Dank, jo scheint sich in der Tat auch einiges geändert zu haben, aber wenns wenigstens bei den Konzis noch Spaß macht.

Bis zum FMO (?) bzw. Hammaburg. :jubel:
 
Zurück
Oben Unten