Robert Wyatt

kylie

Till Deaf Do Us Part
Sonntag Nachmittag, draußen alles grau und feucht, der Sommer endgültig vorbei, aus Flucht vor Schwermut stürzen wir uns in einen überambitionierten Küchenputz. Bringt aber letztlich wenig, Erlösung schafft einzig und allein die Zuflucht in das Solo-Schaffen von Robert Wyatt.

Robert Wyatt (* 1945) gelang Ende der 60er zu Berühmtheit als Schlagzeuger der britischen Prog Rocker Soft Machine. Später gründete er die Band Matching Mole in die Entwicklung hin zum instrumentalen Fusion Jazz fortsetzte.

Während der Arbeiten an seinem song-orientierten zweiten Solo-Album Rock Bottom stürzt er bei einer wilden Party 1973 aus dem Fenster des 3. Stocks und ist von da an hüftabwärts gelähmt. Das wirft ihn jedoch nicht aus der Bahn. Schon im Krankenhaus arbeitet er intensiv an seiner Musik weiter. Mit Schlagzeugspielen ist dann natürlich in dem Sinne vorbei.

Auf seinen folgenden Solo-Werken tritt er als Multi-Instrumentalist auf. Er singt, spielt Keyboards, Perkussion und (ganz wunderbar) Trompete. Ferner läd es sich jede Menge Freunde (inkl. einiger Berühmtheiten der brit. Musik-Szene) ins Heimstudio und bastelt in eher Low-fi-Manier seine Alben zusammen. Live tritt er ab der Zeit kaum noch auf.

Seine spezielle Fistel-Stimme ist dabei nicht jedermanns Sache, aber mich berührt sie ungemein. Sie verfügt über einen großen Tonumfang, hat dabei aber immer eine gewisse Brüchigkeit.

Wyatt behandelt in seinen Lieder die Liebe ebenso wie die Politik und bringt manchmal beides unnacharmlich zusammen. Er war, ist und bleibt links, ein Kommunist und hält wenig von der Auffassung, dass Musiker ihre politischen Ansichten zurückhalten sollten.

Vor ein paar Jahren hat er aufgehört Musik zu machen, wie er beiläufig in einem Interview verriet. Sein letztes Solo-Album Comicopera (2007) zeigt den damals 62-jährigen nochmal in Höchstform.

Die charmanten Cover-Illustrationen, die alle seine Alben zieren, stammen von seiner Frau Alfie.

Ich möchte drei Alben besonders empfehlen, die für mich zu den größten Schätzen meiner Plattensammlung zahlen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bin weiland mit der Comicopera auf Wyatt gestoßen, war befremdet wie angetan und hatte mir erfolglos vorgenommen, mich chronologisch durch dessen sicher lohnenswerte Diskographie zu arbeiten. Ich denke, das werde ich jetzt nachholen, ist ja nicht so umfangreich, und ein trüber Herbst steht auch vor der Tür...
 
Ich kenne eigentlich nur "Rock Bottom", hab ein paar Sachen von anderen Alben gehört aber mich nie richtig beschäftigt. Los geht´s!
 
Hab gerade die ebenfalls wunderbare Dondestan (revisited) [1991/98] gehört und wollte meinen Lieblingssong davon "Left on Man" hier reinstellen und da finde ich doch ungewohnterweise diese Live-Version:
Während er auf dem Album (mit Ausnahme von einem Stück) alles komplett allein eingespielt hat läßt er sich hier von einer Art Jazz-Band begleiten. Solbst das Trompeten-Solo überläßt er jemand anderem ... und raucht stattdessen lieber.

ROBERT WYATT
"Left On Man"


Simplify
Reduce
Over-simplify
Simplify
Reduce
Over-simplify

What we call freedom in the North
Means our freedom to use you
And if you don't co-operate
We'll cut off your supply lines.
But you'll be free to re-connect
If you beg our forgiveness.
You say I over-simplify.
Well yes, so did Albert Einstein.

Simplify
Reduce
Over-simplify
Simplify
Reduce
Over-simplify

There simply is no middle ground -
Pentagon über alles.
There never was a middle ground,
That's the point I was making.
There's no such place as middle ground
Left or Right of the equator.

Simplify
Reduce
Over-simplify
Simplify
Reduce
Over-simplify
 
Danke für die Anregung! Da werde ich demnächst nach Jahren mal wieder meine einzige Wyatt-Scheibe rauskramen (Shleep).

@kylie , hast Du vielleicht auch Tipps, mit welcher Scheibe man am besten bei Soft Machine anfangen könnte?
 
Danke für die Anregung! Da werde ich demnächst nach Jahren mal wieder meine einzige Wyatt-Scheibe rauskramen (Shleep).
Musik ist ja keine Wettkampf-Disziplin, aber da hast vielleicht das schönste Wyatt-Album in deiner Sammlung. :jubel:

Ich hab mich seit gestern in das zunächst eher unscheinbare Dondestan-Album vertieft, dass mich quasi aus dem Hinterhalt bei den Nackenhaaren gepackt hat.

@kylie , hast Du vielleicht auch Tipps, mit welcher Scheibe man am besten bei Soft Machine anfangen könnte?
Mit Soft Machine kenn ich mich überhaupt nicht aus. Instrumentaler Progrock und Fusion Jazz sind auch überhaupt nicht mein Ding (obwohl ja großer Jazz und Free Jazz-Fan). Im Zuge meines kleinen Wyatt-Revivals denke ich aber auch gerade drüber nach, da doch mal reinzuschnuppern. Die "Third" (1970) könnte vielleicht ganz interessant sein. Die Alben gibt's auch alle auf Spontifix.
Falls sich da jemand anders von den Thread-BesucherInnen auskennt, wäre ein kleiner Einblick sehr willkommen. Hier gibt's doch einige 70's Progger im Forum.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich mag die erste drei Soft Machine Alben sehr, besonders ´"Volume Two" und "III". Danach wird mir zu jazzy (ich mag Jazz aber Fusion nicht besonders, es sei denn, wir reden von "Bitches Brew").
Für eine ideale Fortsetzung der ersten Soft Machine, versuch mal mit dem ersten Matching Mole.
 
Mensch @Tobi Touch , das freut mich natürlich ausgesprochen, dass Dir unser Liedchen gefällt. Danke für warmen Worte!
Nee, als Wyatt-Worshipping war die Nummer nicht intendiert, aber in der Nachbetrachtung lassen sich gewisse Verwandtschaften finden. Außerdem ist unser Laptopper und Sänger großer Wyatt-Fan und ein Einfluss läßt sich nicht verleugnen.
Wenn Du Bock hast, das ganze Album läßt sich übrigens hier anhören:
https://play.spotify.com/album/728YWRZte8hydYBQJt6Yg4

Fun fact: Vor ein paar Jahren an Heiligabend lief mal nen Konzertmitschnitt der Band im öffentlich-rechtlichen italienischen Radio. Es hat uns sehr amüsiert, dass die ausgiebig wiederholte Zeile "there is no god" im katholischen Italien zu Weihnachten lief. ;)
 
Gerade läuft bei mir wieder mal die Shleep - was für geiles Teil! Hab gerade heute wieder ein neues Vinyl-Exemplar reinbekommen, weil ich meine eigene Platte wieder mal verschenkt habe. Wat willste machen? Gutes soll man teilen, wa.
 
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