Es gibt kein wirklich schlechtes Savatage-Album - nur ist "Fight for the Rock" einfach nicht wirklich gelungen, das "Rock the Nations" oder "Destiny" von Savatage halt. Hörbar ist es, aber eben keine Großtat - doch weit davon entfernt, "schlecht" zu sein. Gleiches gilt für "Poets and Madmen", sicher im Sava-Kontext eine schwache, ja, gar unversöhnliche Scheibe und doch: andere Bands bekommen sowas nicht mal im Ansatz auf die Kette.
Kennengelernt habe ich die Band erst 1993 mit "Edge of Thorns". Das hatte in gewisser Weise den Vorteil, dass ich einen Vergleich zwischen den Sängern eingangs gar nicht ziehen konnte. Auffällig war aber sofort, dass hier eine gänzlich andere Form an Metal zelebriert wurde, irgendwie intelligenter und doch in einer eher klassischen Metal-Richtung. Ich liebte "Edge of Thorns", bereits nach einem halben Jahr musste ich mir die CD noch mal kaufen, weil meine so oft gelaufen war, dass sie schlicht den Geist aufgab. Allein der Titeltrack....ein Hammer vor dem Herren.
In unserer Dorfdisco (wer sich in Remscheid und Umgebung auskennt, der könnte erahnen, dass es eine Rockdisco an der Müngstener Brücke zu Solingen hätte sein können) wurde allsamstaglich "Gutter Ballet" gespielt - ohne, dass ich auf die Idee gekommen wäre, dass auch das Savatage sind. "Gutter...." klang roh, wie Queen auf Metal, ok, die Gitarre hätte Rückschlüsse zugelassen - aber der Gesang...
Am Ende fand ich es natürlich heraus und "Gutter Ballet" wurde mein Sava-Album Nr. 2. Ich liebe es bis heute, Schwächen, die Manche an dem Album erkennen können, sehe ich für mich nicht. Allein diese eher unaufgeregte Eröffnung mit "Of Rage and War", "When the Crowds are gone" (der Beginn der großen Tränentreiberballaden, die nur Savatage schreiben können), besagtes "Gutter Ballet" und "Menatlly yours" (ich liebe diese Schreie!), das Ganze ist aus einem Guss.
Es folgte "Streets". Manch einer bemängelt hier den "Musical-Touch" (der ja dann auch DWD und WoM veredelte), allerdings: das Ding packt Dich an den Eiern. Schwülstige Story hin, teils eher "dudelnde" Keyboards her: besser kann man das nicht machen, Jon Oliva ist genau derjenige, der so ein Story in all seinen Facetten schildern kann. Und ehrlich: in jedem anderen Stück würden mich die Keys in "Jesus saves" aufregen (weil: halt billig irgendwie), hier können sie den auf den ersten Hör simplen Song nicht im Mindesten zerstören. Dazu Criss' Gitarre....
"Handful of Rain" finde ich überaus gelungen, "Watching you fall" fällt neben dem so oft und zu Recht zitierten Masterpiece "Chance" zu oft unter den Tisch, außerdem finde ich den Opener jetzt gar nicht misslungen - nur ein wenig anders. Hier würde mich mal interessieren, ob es dazu ein Demo mit Jons Vocals gibt.
"DWD" ist bis heute nicht so wirklich angekommen bei mir, teils tolle Songs, eine schöne Story - und doch ist "Wake..." um Längen runder ausgefallen, auch, wenn ich da mit meiner Meinung allein da stehen könnte. Die Story ist vielschichtiger, die Songs irgendwie "runder", wirken ausgearbeiteter. Reicht an "Streets..." nicht heran und ist doch auf einem mehr als guten Weg.
Den "Mountain King" liebe ich abgöttisch, eines dieser Alben, die für mich ein Inbegriff des Metal sind. Praktischerweise gilt das auch für "Sirens" und "Dungeons", "Power of the Night" war irgendwie schon wieder anders, nicht mehr so ungezügelt wie seine Vorgänger, aber das ist vielen Nachfolgern von Alben ähnlicher Bauart gemein - oder auch anderen Bands, die einen ganz ähnlichen Weg genommen haben: die Plattenfirma beginnt meist, sich einzumischen, oder das Management oder einer innerhalb der Band oder was auch immer. Oder ich spekuliere mir da gerade einen Wolf.
Bis heute ist es traurig, dass "Ghost in the Ruins" das einzige Live-Dokument mit Criss an der Gitarre geblieben ist. Allerdings repräsentiert auch das spätere Live-Werk "Japan 94" nur begrenzt das, was Savatage auch ohne Criss auf die Bühnenbretter gezaubert haben - zu schade, dass es am Ende nicht mehr hat sollen sein.
Was soll ich sagen? Das Earmageddon im aktuellen DF ist im weitesten Sinne deckungsgleich mit meinem Hörempfinden. Well done.