SAVATAGE - Listenwahn und mehr...

Ok, dann hab ich das mit Götz wohl verwechselt. Oder er hat die Schreie dann bei Zak Stevens vermisst, ich weiß er hat immer auf den Schreien rumgeritten ;) Trotzdem kann ich mich daran erinnern, dass das Album nicht überall so gut ankam, vielleicht war das auch Metal Hammer o.ä. Interessant wäre auch nochmal, wie damals die einzelnen Bewertungen in den verschiedenen Soundchecks waren.
 
"Edge Of Thorns" ist für mich ein Album ähnlich "Gutter Ballet". Weit davon entfernt einheitlich rüberzukommen, hat es innerhalb seines Stilmixes ganz wundervolle Trouvaillen.

Erstens hat es Criss´ (zusammen mit der GB) großartigstes Gitarrenspiel. Technisch anspruchsvoller, abwechslungsreicher und (noch) weniger vorhersehbar als auf den jeweiligen Vorgängeralben "Mountain King" und "Streets". Ultramelodisch und im nächsten Augenblick total abgefahren. Wer als Nachgeborener oder Spätzünder (wie ich) die Magie von Criss Olivas Gitarrenspiel verstehen will, muß sich nur mit "Edge Of Thorns" beschäftigen - und ihm werden die Ohren übergehen.

Dann gibt es auf "Edge" diesen kleinen L´art-pour-l´art-Einschlag, der sich in Musik und Texten niederschlägt und der natürl. ungewöhnlich für die bisherigen Savatage war. Allein in zwei Songs spielt ein Brief eine große Rolle. In einem anderen - und dann auch noch im Refrain - gar eine Tasse Tee! Meine Fresse, was liebe ich den Humor in "Conversation piece"! Die Gitarren braten Powerchords und Zak singt mit seiner schwersten, dunkelst timbrierten Metal-Stimme: "The pieces of myself [...] I keep them on a shelf / they´re good for conversation over a cup of tea... cup of tea."

Bei diesem zweiten "cup of tea" mußte ich beim Ersthören so lachen, daß mir beinahe das Bier aus der Hand gefallen wäre. Und es ist nicht nur die Absurdität, an so einer exponierten Stelle in einem Metalsong die Worte "Cup of tea" zu hören, das geht bis in die Metrik, wo die Präposition "over" auf der zweiten, im gewöhnlichen Sprachgebrauch ja fast verschluckten Endsilbe betont wird: "...ovér a cup of tea...".

Die völlig bedeutungslose Endsilbe wird betont und die Teetasse zum Sinnbild für die Abwertung, die das (sicherlich weibliche) Du in der Nachbetrachtung durch den erfährt, der da spricht (bzw. singt). "Coversation piece" ist ja an sich schon eine Art Abrechnung des ewigen Wir-müssen-Redens! Geiler Humor, genialer Sarkasmus.

Der Refrain von "Follow me" ist ebenfalls ungewöhnlich psychologisiert, eine schöne Bloßstellung des handelsüblichen Mediennarzissmus (paßt heute auch gut auf Internetforen oder die Kommentarspalten großer Online-Zeitungen). Kleine Geister, die medial weit über das Normalmaß aufgeplustert werden. Amplifiziert wird diese runde Kritik nur noch in meinem Albumfavoriten "Degrees of sanity", hier wieder mit jener Theatermetapher kombiniert, die für Jon Oliva eine so große Rolle spielen sollte, seit ihn O´ Neill in Broadway-Vorstellungen geschleppt hatte.

Überhaupt, Jon Oliva. Der Mann ist auf "Edge" in jeder Sekunde präsent, auch wenn er nicht mehr die Vocals übernommen hat. Ich finde, man merkt allein an den enorm verfeinerten Lyrics, wie sich Jon reingewuchtet hat in die Arbeit an dem ersten Album ohne seine gesangliche Mitwirkung. Jon ist für mich einer der ganz wenigen Menschen im Rock-Zirkus, die zum Wohl des Gesamtprojekts vollständig von ihrer Person absehen können und auch in Aufgaben im Hintergrund voll aufgehen. Hatte er der Band nicht schon Mitte der 80er angeboten, einen anderen Sänger zu suchen, weil er den reeeelativen Mißerfolg der bisherigen Scheiben auf seine Kappe nehmen wollte?

Jon Oliva ist ein Riese unter den ganzen kleingeistigen Selbstdarstellern, die sonst häufig am Mikro einer exravertrierten Metalband stehen. So viele Hüte habe ich nicht, wie ich sie vor dem Mann ziehen müßte.

Zwei Songs fallen auf "Edge" aber auch für mich ein wenig ab. "Damien" (für Sava-Verhältnisse zu simpel gestrickt) und der Rausschmeisser "Sleep", vielleicht der ungewöhnlichste Song, den die Band je aufgenommen hat. Klingt ziemlich grunge-ig, kein übles Lied, paßt aber weniger zum Album, wie ich finde. Auch das Cover ist grenzwertig, von der jenseitigen Seite aus betrachtet. Nein nein, die Olle ist okay, aber viel zu wenige Alligatoren...
 
Hab gerade wegen dem Seziertisch mal wieder FFTR gehört und gehe da absolut nicht mit dem Autor konform.

Zumindest den Titelsong, Crying for Love, Edge of Midnight und Red Light Paradise finde ich stark und die könnten stilistisch auch auf dem Vorgänger stehen, zwar nicht unter den absoluten Highlights aber auch ohne negativ aufzufallen. Den Rest finde ich nett aber relativ belanglos. Und die Kritik am Gesang kann ich am wenigsten nachvollziehen, den finde ich so geil wie sonst auch.

Für mich eindeutig eher "zwiespältig" als "Finger weg", das trifft für mich eher auf Poets & Madmen zu.
 
Hab gerade wegen dem Seziertisch mal wieder FFTR gehört und gehe da absolut nicht mit dem Autor konform.

Zumindest den Titelsong, Crying for Love, Edge of Midnight und Red Light Paradise finde ich stark und die könnten stilistisch auch auf dem Vorgänger stehen, zwar nicht unter den absoluten Highlights aber auch ohne negativ aufzufallen. Den Rest finde ich nett aber relativ belanglos. Und die Kritik am Gesang kann ich am wenigsten nachvollziehen, den finde ich so geil wie sonst auch.

Für mich eindeutig eher "zwiespältig" als "Finger weg", das trifft für mich eher auf Poets & Madmen zu.

Red Light Paradise wurd ja vom Autor auch hervorgehoben, und natürilch das überragende "Hyde" das auch auf der Gutter Ballet super gepasst hätte!
Crying for Love und Edge of Midnight sind aber echt magere Ware.
 
Hmmm..wenn ich jetzt ganz spontan ein Ranking machen müsste, würde es aktuell wohl so aussehen (die, die ich gut genug kenne):

1.Hall Of The Mountain King
2.Edge Of Thorns
3.Gutter Ballet
4.Power Of The Night
5.Streets
6.Sirens
(7.The Dungeons Are Calling)
8.Handfull Of Rain
 
Wäre schön, wenn der Backkatalog einen Re-Release auf Vinyl erfahren würde.

Die Preise für die Originale sind z.T. sehr heavy.

Top 5:

Hall of...
Gutter...
Streets
Edge....
Power...
 
Zuletzt bearbeitet:
Sirens 9,5
The Dungeons Are Calling 9,5
Power Of The Night 9,5
Fight For The Rock 7,5
Hall Of The Mountain King 10
Gutter Ballet 9,5
Streets 9,5
Edge of Thorns 9,5
Handful Of Rain 9,5
Dead Winter Dead 7,5
The Wake Of Magellan 10
Poets And Madmen 7,5


Kennt eigentlich jemand die Heavy-Band-Parodie Bad News? Die haben schon ein Jahr vor Spinal Tap die typische Metal-Szene verarscht (vieles zielt besonders auf Maiden), und ihre Version von "Bohemian Rhapsody" (mit Gruselsolo von Brian May) war sogar in den UK-Charts. 1988 haben sie Donington gespielt (am Ende des unten verlinkten Videos). Und sie haben in ihrer zweiten Mocumentary aus dem Jahr 1988 eine Parodie des fürchterlichen "Fight For The Rocks"-Albumcovers abgeliefert, in ihrem Videoclipdreh zu "Warriors of Genghis Khan" (!). O ja.

Ich verlink´ mal die komplette Fake-Doku:

(ab 23:52 kommt die "Fight For The Rock"-Verarsche)
 
"Edge Of Thorns" war das letzte wirklich große Savatage Album, allein der Titelsong gehört schon zum besten was die Band je abgeliefert hat.
"Dead Winter Dead" und "The Wake Of Magellan" haben auch große Momente, sind aber wie die zerrissene "Handful Of Rain" und die letztendlich eher egale "Poets And Madmen" schlicht nicht mehr auf gleicher Ebene mit den Vorgängeralben (abgesehen von der gräusligen Fight For The Rock).

Und ja, Live war das auch zu "The Wake Of Magellan" Zeiten alles noch sehr sehr gut.
 
Bin ich eigentlich der einzige der der Poets and Madmen locker ne 8,5 geben würde? Finde die ziemlich stark. Allein schon "Surrender", "Commisar" und das ohnehin beliebte "Morphine Child" sind doch schon alle top notch :/

edit: und allgemein auch das treibende Riffing! Toppt für mich zumindest locker alles was die Jungs danach iwie solo rausgebracht haben, und dabei fand ich die ersten beiden JOPs und alles vom Caffery eig auch immer brauchbar.
 
Wäre schön, wenn der Backkatalog einen Re-Release auf Vinyl erfahren würde.

Die Preise für die Originale sind z.T. sehr heavy.
Das ist nur allzu wahr, und ich wundere mich immer wieder, bei welchen Jahrhundertbands/-musikern mit teils weltweit sehr großer Fanbase bislang keine Wiederveröffentlichungen gemacht werden. Stattdessen gibt es jedes Jahr eine neue "Sticky Fingers", mit Reißverschluß oder ohne...

Gut, bei Sava muß man wahrscheinlich davon ausgehen, daß Atlantic keinen Bock auf Reissues hat. Warner hat auch lange gezögert, bis sie bei Reissues eingestiegen sind. "Streets", "Edge" und Wake" wurden ja vor einigen Jahren von Edel/Ear Music wiederveröffentlicht. Mit durchwachsenem Erfolg.

Die Kids regeln den vordergründigen Streaming-Markt, die Blues-Opas bestimmen mehr oder weniger das Angebot an Tonträgern. Zumindest bei Reissues. Ich meine, es gab sogar eine Wieder-VÖ von "Philosophy Of The World"! o_O

Wenn das jemand anders sehen sollte und mir gute Gründe für seine Meinung sagen kann, würde mich das sehr freuen.

Was ich immer mehr feststelle ist auch, daß das Angebot an Second Hand Metal in vielen Plattenläden kleiner wird. Ich frage dann oft und höre immer dieselbe Begründung: Gute Metalplatten werden den Händlern nicht mehr angeboten, sondern entweder vom Besitzer behalten oder in Eigenregie privat verkauft.

Ich habe immerhin die heilige Trias in den Originalpressungen, "Hall", Gutter Ballet" und "Streets". Sie klingen alle drei vorzüglich, wenn man sie mit anderen Scheiben derselben Jahre vergleicht, GB am besten.
 
Das ist nur allzu wahr, und ich wundere mich immer wieder, bei welchen Jahrhundertbands/-musikern mit teils weltweit sehr großer Fanbase bislang keine Wiederveröffentlichungen gemacht werden. Stattdessen gibt es jedes Jahr eine neue "Sticky Fingers", mit Reißverschluß oder ohne...

Gut, bei Sava muß man wahrscheinlich davon ausgehen, daß Atlantic keinen Bock auf Reissues hat. Warner hat auch lange gezögert, bis sie bei Reissues eingestiegen sind. "Streets", "Edge" und Wake" wurden ja vor einigen Jahren von Edel/Ear Music wiederveröffentlicht. Mit durchwachsenem Erfolg.

Die Kids regeln den vordergründigen Streaming-Markt, die Blues-Opas bestimmen mehr oder weniger das Angebot an Tonträgern. Zumindest bei Reissues. Ich meine, es gab sogar eine Wieder-VÖ von "Philosophy Of The World"! o_O

Wenn das jemand anders sehen sollte und mir gute Gründe für seine Meinung sagen kann, würde mich das sehr freuen.

Was ich immer mehr feststelle ist auch, daß das Angebot an Second Hand Metal in vielen Plattenläden kleiner wird. Ich frage dann oft und höre immer dieselbe Begründung: Gute Metalplatten werden den Händlern nicht mehr angeboten, sondern entweder vom Besitzer behalten oder in Eigenregie privat verkauft.

Ich habe immerhin die heilige Trias in den Originalpressungen, "Hall", Gutter Ballet" und "Streets". Sie klingen alle drei vorzüglich, wenn man sie mit anderen Scheiben derselben Jahre vergleicht, GB am besten.

Der Vinylmarkt ist aktuell eine eigene Geschichte... Und keine positive.

Ich finde aber schon ab und an gebrauchte Original Savatage Platten im guten Zustand und zu fairen Preisen.

In Frankreich hab ich die Sirens und Power of the Night für 20 Euro auf Vinyl bekommen (Top Zustand)

Die Hall of the Mountain King fiel mir irgendwann sogar in einem Münchner Plattenladen für 25 Euro in die Hände.

Klar man muss suchen, aber sie sind noch da :D

Mir fehlt aber vor allem noch die Gutter Ballet. Hab sie mal für 6 Euro jemanden abgekauft.

Der Preis war aber nur so niedrig, weil das Vinyl aufgrund massiver Kratzer nicht mehr abspielbar ist. Naja, zumindest das Sleeve hab ich jetzt in gutem Zustand o_O
 
Sind bei Deiner "Streets"-Version alle Songs drauf?

Auf eine Wiederveröffentlichung der Alben warte ich auch schon lange...


Auf der Original LP 1991 fehlen "St. Patrick's" und "If I go away" wenn man die CD bzw. MC Version vergleicht. Btw. die Narrated Version, welche ja ursprünglich als Veröffentlichung als DoCD geplant war und erst nach Auffindung der verschollen geglaubten Masterbänder 2013 erstmals erschien, hat zudem noch den Track "Larry Elbows" + DVD Video-Collection und die ursprünglichen gesprochenen Texte als jeweilige Einleitungen zu den Songs... Sehr zu empfehlen und (noch) günstig zu bekommen!
 
In Frankreich hab ich die Sirens und Power of the Night für 20 Euro auf Vinyl bekommen (Top Zustand)
Mensch, die hätte ich auch gern!

Mir fehlt aber vor allem noch die Gutter Ballet. Hab sie mal für 6 Euro jemanden abgekauft.

Der Preis war aber nur so niedrig, weil das Vinyl aufgrund massiver Kratzer nicht mehr abspielbar ist. Naja, zumindest das Sleeve hab ich jetzt in gutem Zustand o_O
Bei mir ist es umgekehrt. Mußte am Sleeve kräftig nachmalen... nur krieg mal diesen dekadenten Bordeauxton hin. o_O

@Spatenpauli: @Street Child hat´s schon gesagt. Gab es denn ´91 unterschiedliche LP-VÖen? Ich glaube, nicht, oder? "If I go away" vermisse ich ein bißchen, ansonsten läuft die Scheibe nicht sehr häufig, viell. sollte man das auchmal ändern...
 
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