Sentinel
Till Deaf Do Us Part
Borknagar – Borknagar
VÖ: 03.08.1996
1. Vintervredets sjelesagn 06:44
2. Tanker mot tind (Kvelding) 03:29
3. Svartskogs gilde 05:52
4. Ved steingard 02:14
5. Krigsstev 02:03
6. Dauden 05:49
7. Grimskalle trell 05:38
8. Nord naagauk 03:07
9. Fandens allheim 06:19
10. Tanker mot tind (Gryning) 02:57
Borknagar sind heute noch immer eine gute Band – jedoch ist die Diskrepanz zu den frühen Jahren offensichtlich. Das Debüt aus dem Jahr 1996 ist ein wildes, rohes, rasendes und raues Werk, dem die Naturverbundenheit, das Archaische, meinetwegen auch Atavistische, förmlich aus jeder Note quillt.
Ich war 1996 aufgrund des Covers geradeheraus schockverliebt. Mein Heimatort, ein knapp-über-1000-Seelen-Dorf, besteht aus vier Ortsteilen. Einer davon liegt höher als die drei anderen, und am Waldrand, wo sich einer meiner heiligsten Lieblingsorte befindet, steht eine Holzhütte, welche ich immer mit der hier dargestellten assoziiere. „Borknagar“ ist mithin ein, nun ja, „Heimspiel“ für mich. Auch ich bin von klein auf am Rande bzw. umgeben von Wäldern aufgewachsen, welche jenen im Booklet ähneln. Weiterhin erinnern mich eben jene Bilder auch an die märchenhaften Waldbilder in Neil Jordans „Zeit der Wölfe“. Dann noch diese Drudenklänge (im wundervollen Instrumental „Nord Naagauk“), welche mich in einen der prägendsten Fantasieorte meines Lebens, Lindgrens Mathis- bzw. Borkawald mit all seiner Schön- und gleichzeitig gefährlichen Wildheit, katapultieren. Doch, ich muss sagen: dieses Album hier, das war von Beginn an wie für mich gemacht.
Leicht in sein üppig wucherndes Dornengestrüpp bin ich seinerzeit jedoch nicht eingedrungen. Noch heute spüre ich hier ein Chaos am Werk, einen unberechenbaren, heimsuchenden Geist, voller Unruhe und Zorn in einem gleichermaßen für alle Schönheiten prinzipiell einmal empfänglich gewesenen, mit den Äonen jedoch böse gewordenen Herz, welches sich dem Hörer verschließt. Wie so viele Klassiker des Second Wave-Black Metal weißt es Ungereimtheiten und tiefe Mulden, in denen man halsbrecherisch darnieder stürzen mag, auf. Und wie so oft gehen manche Details der extrem komplexen Lieder in der Produktion von Pytten etwas unter, wenngleich gerade auch jene – so war das halt damals – ihren nicht unwesentlichen Teil zum Mysterium dieser Darbietung beiträgt und zudem natürlich kaum anders denkbar erscheint.
Fünf „echte“ Songs befinden sich hier zwischen fünf keineswegs „unechten“ Instrumentals – überragend unter den Letztgenannten insbesondere die direkt aufeinander folgenden „Ved Steingard“ und „Krigsstev“, vor allem aber auch das bereits erwähnte „Nord Naagauk“.
Mein Türöffner in diese Welt war das überwältigende, mit zeitweilig betörend-außerweltlich-klagendem Gesang versehene „Dauden“. Ich hatte mir damals ein Mixtape erstellt, auf das ich je einen zufällig gewählten Song von Death- und Black Metal-Alben, zu welchen ich seinerzeit keinen rechten Zugang fand, gepackt habe. Darunter befand sich auch „Dauden“, und er wurde sowohl mein Liebling auf ebenjenem Mixtape als auch auf Borknagars Debütalbum insgesamt. Tatsächlich finde ich ihn bis heute am leichtesten zugänglich sowie am klarsten strukturiert, was die anderen Lieder jedoch keinesfalls schmäht, da diese auch fünfundzwanzig Jahre später noch eine wilde, wirbelnde und inhärent geheimnisvoll gebliebene Urkraft transportieren. In ihrer üppigen, rohen Dramatik erfahre ich noch immer zu jeder Sekunde die wilde Urgewalt der nordischen Natur, durchbrochen von atemberaubender Schönheit und menschlicher Kontemplation.
Gesondert bemerkenswert - auch für die damalige Zeit - ist die virtuose Gitarrenarbeit, welche sich direkt im ersten Lied „Vintervredets Sjelesagn“ ihre Bahn bricht sowie allerspätestens bei dessen wundervollem Solo nicht mehr überhörbar ist.
Im Booklet schreibt Oystein G. Brun: „Borknagar is a band inspired by the yearning moods that entertains fantasy, and calls revelations in our minds concerning the ancient past. (…) A past in which myths and primeval kept generations searching for the true basis and essence of life. This album contains musical manifestations of our feelings towards those glorious days.“ Wenn auch leicht geschwollen klingend, kann man das für dieses Album, für jene Zeit sicherlich ganz und gar so stehen lassen. Einfach großartig – und im Reigen der prinzipiell geistesverwandten Erstwerke von In The Woods..., Ulver, Solefald, Helheim, aber auch Platten wie „Frost“ von Enslaved oder „Aspera Hiems Symfonia“ von Arcturus, ein nicht wegzudenkendes Monument der damaligen, sagenhaften Black-Metal-Jahre. Bereits der Nachfolger „The Olden Domain“ zeigte das göttliche Chaos und die sagenhafte Hysterie des Debüts nicht mehr auf; leider ist es das einzige Borknagar-Werk dieser Richtung geblieben. Gerne hätte ich noch viel, viel mehr davon gehört.
(02.07.2021)
VÖ: 03.08.1996
1. Vintervredets sjelesagn 06:44
2. Tanker mot tind (Kvelding) 03:29
3. Svartskogs gilde 05:52
4. Ved steingard 02:14
5. Krigsstev 02:03
6. Dauden 05:49
7. Grimskalle trell 05:38
8. Nord naagauk 03:07
9. Fandens allheim 06:19
10. Tanker mot tind (Gryning) 02:57
Borknagar sind heute noch immer eine gute Band – jedoch ist die Diskrepanz zu den frühen Jahren offensichtlich. Das Debüt aus dem Jahr 1996 ist ein wildes, rohes, rasendes und raues Werk, dem die Naturverbundenheit, das Archaische, meinetwegen auch Atavistische, förmlich aus jeder Note quillt.
Ich war 1996 aufgrund des Covers geradeheraus schockverliebt. Mein Heimatort, ein knapp-über-1000-Seelen-Dorf, besteht aus vier Ortsteilen. Einer davon liegt höher als die drei anderen, und am Waldrand, wo sich einer meiner heiligsten Lieblingsorte befindet, steht eine Holzhütte, welche ich immer mit der hier dargestellten assoziiere. „Borknagar“ ist mithin ein, nun ja, „Heimspiel“ für mich. Auch ich bin von klein auf am Rande bzw. umgeben von Wäldern aufgewachsen, welche jenen im Booklet ähneln. Weiterhin erinnern mich eben jene Bilder auch an die märchenhaften Waldbilder in Neil Jordans „Zeit der Wölfe“. Dann noch diese Drudenklänge (im wundervollen Instrumental „Nord Naagauk“), welche mich in einen der prägendsten Fantasieorte meines Lebens, Lindgrens Mathis- bzw. Borkawald mit all seiner Schön- und gleichzeitig gefährlichen Wildheit, katapultieren. Doch, ich muss sagen: dieses Album hier, das war von Beginn an wie für mich gemacht.
Leicht in sein üppig wucherndes Dornengestrüpp bin ich seinerzeit jedoch nicht eingedrungen. Noch heute spüre ich hier ein Chaos am Werk, einen unberechenbaren, heimsuchenden Geist, voller Unruhe und Zorn in einem gleichermaßen für alle Schönheiten prinzipiell einmal empfänglich gewesenen, mit den Äonen jedoch böse gewordenen Herz, welches sich dem Hörer verschließt. Wie so viele Klassiker des Second Wave-Black Metal weißt es Ungereimtheiten und tiefe Mulden, in denen man halsbrecherisch darnieder stürzen mag, auf. Und wie so oft gehen manche Details der extrem komplexen Lieder in der Produktion von Pytten etwas unter, wenngleich gerade auch jene – so war das halt damals – ihren nicht unwesentlichen Teil zum Mysterium dieser Darbietung beiträgt und zudem natürlich kaum anders denkbar erscheint.
Fünf „echte“ Songs befinden sich hier zwischen fünf keineswegs „unechten“ Instrumentals – überragend unter den Letztgenannten insbesondere die direkt aufeinander folgenden „Ved Steingard“ und „Krigsstev“, vor allem aber auch das bereits erwähnte „Nord Naagauk“.
Mein Türöffner in diese Welt war das überwältigende, mit zeitweilig betörend-außerweltlich-klagendem Gesang versehene „Dauden“. Ich hatte mir damals ein Mixtape erstellt, auf das ich je einen zufällig gewählten Song von Death- und Black Metal-Alben, zu welchen ich seinerzeit keinen rechten Zugang fand, gepackt habe. Darunter befand sich auch „Dauden“, und er wurde sowohl mein Liebling auf ebenjenem Mixtape als auch auf Borknagars Debütalbum insgesamt. Tatsächlich finde ich ihn bis heute am leichtesten zugänglich sowie am klarsten strukturiert, was die anderen Lieder jedoch keinesfalls schmäht, da diese auch fünfundzwanzig Jahre später noch eine wilde, wirbelnde und inhärent geheimnisvoll gebliebene Urkraft transportieren. In ihrer üppigen, rohen Dramatik erfahre ich noch immer zu jeder Sekunde die wilde Urgewalt der nordischen Natur, durchbrochen von atemberaubender Schönheit und menschlicher Kontemplation.
Gesondert bemerkenswert - auch für die damalige Zeit - ist die virtuose Gitarrenarbeit, welche sich direkt im ersten Lied „Vintervredets Sjelesagn“ ihre Bahn bricht sowie allerspätestens bei dessen wundervollem Solo nicht mehr überhörbar ist.
Im Booklet schreibt Oystein G. Brun: „Borknagar is a band inspired by the yearning moods that entertains fantasy, and calls revelations in our minds concerning the ancient past. (…) A past in which myths and primeval kept generations searching for the true basis and essence of life. This album contains musical manifestations of our feelings towards those glorious days.“ Wenn auch leicht geschwollen klingend, kann man das für dieses Album, für jene Zeit sicherlich ganz und gar so stehen lassen. Einfach großartig – und im Reigen der prinzipiell geistesverwandten Erstwerke von In The Woods..., Ulver, Solefald, Helheim, aber auch Platten wie „Frost“ von Enslaved oder „Aspera Hiems Symfonia“ von Arcturus, ein nicht wegzudenkendes Monument der damaligen, sagenhaften Black-Metal-Jahre. Bereits der Nachfolger „The Olden Domain“ zeigte das göttliche Chaos und die sagenhafte Hysterie des Debüts nicht mehr auf; leider ist es das einzige Borknagar-Werk dieser Richtung geblieben. Gerne hätte ich noch viel, viel mehr davon gehört.
(02.07.2021)
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