Frank Zappa - "Guitar" (1988)
Die 1988 veröffentlichte Doppel-CD enthält diverse Soli Zappas. Er selbst erklärt im inneren Booklet dazu folgendes:
Aha!
Dem Gitarrenspiel Zappas wohnt trotz aller Eigenwilligkeit ein sehr intimer Moment inne. Es wirkt auf mich als Hörer eher nach Innen gerichtet, als nach Außen. Introvertierte, eigenwillige Soli, die einem zuweilen auf die Nerven fallen, zuweilen sich wunderbar ins Ohr legen. Entsprechend wird man beim Hören trotz aller Improvisation nie in die große Freiheit hinaus geschleudert, in der der Geist fliegen geht. Eher hat die Musik etwas bindendes.
In „Sexual Harassment In The Workplace“etwa mutet die Gitarre fast wie ein Saxophon an und versetzt mich in eine kleine, rauchige Bar. Eine intime, leicht gefährliche Atmosphäre in den frühen Morgenstunden, man taxiert sich gegenseitig beiläufig und verbleibt dabei wohlig in seiner Blase des Fremdseins. Geschäfte werden gemacht oder man wartet auf … nichts. Alles kann passieren oder man überdenkt nur gewisse Dinge seines Lebens, da man dazu manchmal an einen fremden Ort gehen muss, und der Rest der Welt schläft derweil.
Die Soli scheinen mir oft ohne vorhersehbare Richtung in alle vier Dimensionen zu laufen und jede Menge Stile zu berühren. Auch werden spacige Sounds eingeflochten. Es gibt in der Musik wenig, an dem man sich festhalten kann. Es bleibt also sehr offen und irgendwie lässt es trotzdem nicht frei. Vereinzelte Momente von Freiheit gibt es schon. Als Resultat höre ich das Album insgesamt dennoch mit einer Art permanenten, ruhigen Aufmerksamkeit an, nie wissend, was in der nächsten Minute passiert. Unvorhersehbarkeit und Unberechenbarkeit ziehen sich wie ein roter Faden durch die zwei CDs.
Der Rhythmusabteilung wird viel Gewicht zugestanden. Sie ist teils repetitiv unterwegs (aber ganz anders, als zB. bei SWANS, bei denen ich dieses Stilmittel oft vorzufinden meine und bei denen mir ansonsten oft lang ausgedehnte Crescendo und Decrescendo-Passagen mit wuchtigen Entladungen auf dem Zenit auffallen), verkompliziert einige Stücke allerdings zusätzlich, in dem sie vertrackte, von ständigen Rhythmus- und Tempiwechseln bestimmte Elemente in das Klangbild einfügt. Nie brachial, eher zart, subtil und dennoch hartnäckig. In Kombination mit den sich in sich selbst hineindrehenden Gitarrensoli wie das Innere eines Schneckenhauses, gehe ich haltlos in diesen Songs verloren und bin heilfroh, dass es in diesen Soli-Ansammlungen logischerweise nicht auch noch Gesang gibt, der eine weitere Schicht hinzufügt. Überhaupt ist alles sehr dicht gefüllt. Immerzu passiert etwas, ein überbordendes Füllhorn an Ideen und unzähligen Details in der Musik, die ich kaum erfassen kann und mich daher wohl fühle, wenn ich beim Hören etwas herauszoome. Vieles bleibt mir rätselhaft. Es ist, als ob ich etwas ahne und doch nicht greifen kann.
Ich habe zuvor nie bewusst Zappa gehört, diese Ansammlung an Soli war mein Erstkontakt. Ich würde das Album gerne einmal an einem ganz anderen Ort als zuhause hören, so für mich über Kopfhörer.