Ich nutze Spotify mittlerweile massiv als Ergänzung. Für unterwegs finde ich es absolut top, und als jemand, der bevorzugt Vinyl kauft, ensteht dadurch die Möglichkeit, die Musik völlig unkompliziert außerhalb meines Musikzimmers zu genießen - wenn auch in nicht so toller komprimierter Qualität. Ich habe nämlich weder Lust noch Zeit mehr, mir die Platten mit dem Rechner aufzunehmen, zu schneiden und nachzubearbeiten. Zumal manche Labels es leider immer noch nicht für nötig halten, CDs oder Downloads mit anzubieten, für meine Begriffe nicht mehr zeitgemäß.
Zweiter großer Vorteil ist das unkomplizierte entdecken neuer Musik. Ein Klick, und ich beschäftige mich mit Musik, die ich früher links liegen gelassen hätte. Daraus entstehen für mich ganz neue Kaufgelüste, was wiederum Künstlern und Labels hilft, physische Verkäufe zu generieren.
Genau darin liegt ja der große Vorteil von Spotify, es ist eine riesige Werbeplattform. Musik zu entdecken wird durch Streamingdienste zwar weniger romantisch, und vielleicht weiß man das entdeckte einen Hauch weniger zu schätzen als das mühsam erarbeitete früher (das ist aber eh seit mindestens zehn Jahren passé, wenn man nicht freiwillig im Mittelalter lebt), aber man kann am Ball bleiben, freut sich über neue Musik und kann den einen oder anderen (blinden) Fehlkauf vermeiden.
Aber man darf sich da auch nichts vormachen. Für den Musikerzeuger ist der zu erzielende Erlös mit Spotify ein absoluter Witz. Und wir dürfen nicht von uns auf andere schließen. Eine Sammlung physischer Tonträger hat bei der breiten Masse heutzutage nur noch wenig Stellenwert. CDs wollen längst nicht mehr so viele wie früher, Vinyl stellen sich derzeit viele nur aus Modegründen hin, oft fehlt sogar der zugehörige Plattenspieler.
Die Metalfans kaufen sicher noch CDs und LPs, meiner Erfahrung nach aber hauptsächlich die Generation 30+.
Die Hörer vieler anderer Musikrichtungen legen aber längst gar keinen Wert mehr auf so etwas. Wie groß kann schon die Sammelleidenschaft für Massenware wie Scooter-CDs sein?
Dazu kommen weitere Aspekte. Wenn ein Jugendlicher gratis Musik hören kann, hat er sein Taschengeld halt komplett für andere Dinge übrig, seien es Klamotten, Prepaid-Karten oder alkoholische Getränke. Soll sich ein Pennäler über die Wertschätzung für den Künstler Gedanken machen? Wäre schön, ist aber an der realen Gedankenwelt eines durchschnittlichen Jugendlichen meiner Einschätzung nach meilenweit vorbei.
Und was ist mit Leuten, die Musik generell nicht mit Leidenschaft hören, die keine Überzeugungstäter und Undergroundnerds sind? Außer, dass wir sie vielleicht bedauern kaufen sie auch keine Tonträger, sondern greifen auf Radio oder Streamingdienste zurück. Da existiert der Terminus "Tonträgerkauf" überhaupt nicht, diese Menschen sehen Musik als weitgehend wertlosen Konsumartikel.
Die Künstler müssen bei den Streamingdiensten präsent sein, um überhaupt stattzufinden, sie haben heutzutage praktisch keine Wahl. Weiter oben schrieb jemand, dass ihn das Gejammere der Künstler nerve und sie sich dann halt gegen Spotify entscheiden sollen, wenn es ihnen nicht passe. Im Metal mag das (noch, zumindest im Underground) möglich sein, in anderen Genres nicht. Der Künstler hat die Pistole auf der Brust, und das ist der ganz große Nachteil von Musik aus dem Internet. Dabei sein oder abgeschrieben sein, das sind die beiden Möglichkeiten.
Dass das beispielsweise Autopsy als im Death Metal-Underground geschätzter Hobbyband (wer ernsthaft glaubt, dass davon vier Musiker leben können, lebt gedanklich wohl im Disneyland) egal sein kann, steht außer Frage. Und eine Hobbyband hat den zusätzlichen Vorteil, dass sie sich nicht verbiegen muss und genau die Musik produzieren kann, die sie produzieren möchte. Aber was macht eine Katy Perry oder so jemand, wie können die ihren ganzen Luxus finanzieren, wenn nicht über Präsenz? Wenn Tonträgerverkäufe zurückgehen, müssen Werbeverträge oder sonstwas her. Spotify finanziert kein Bling-Bling.
Die ganze Sache hat eben viele Vor- und Nachteile (je nach Perspektive), und die aufgezählten Aspekte sind mit Sicherheit nur die Spitze des Eisbergs.