progge
Till Deaf Do Us Part
29. Riverside: Out of Myself
30. Riverside: Second Life Syndrome
Eine Band, die ich auch stark mit Thomas verbinde. Als Erstsemestler in einer fremden Stadt wurde Thomas mein erster und bester Freund im Studium und der Eisbrecher war, klar, der geteilte Musikgeschmack. Als ich mit langen Loten, in Bandshirt und Kutte, mit E-Bass auf dem Rücken den Vorlesungssaal betrat, die Bankreihen auf der Suche nach einem Sitzplatz mit dem Blick durchschweifend, und so heavy strahlend wie einsam aussah, blühte Thomas empathisches Herz auf. Er kam zu mir gehuscht und begrüßte mich mit einem sachsen-anhaltinisch gebrabbelten "Hior, Blägg Mäddl is Kriech, kannste awer wissn, Meinor".
Meine Freundschaft zu Thomas war die dicke, weiße Sahnehaube meiner Studienzeit, und ich habe von ihm neben tausend anderen Dingen gelernt, im Metal weißgott nicht alles so bierernst zu nehmen. Das hielt uns aber nicht davon ab, sowohl mit Bier als auch mit Ernst viel davon gemeinsam zu konsumieren und zu durchleben. Wir fielen in die existentielle Angst von Shining, starben eisige Tode mit Comatose Vigil und schmachteten gemeinsam Verflossenen hinterher mit Riverside.
Es hat nochmal eine besondere Qualität, Musik, die einem etwas bedeutet, zusammen mit Freunden zu erleben und auch wenn Thomas mich manchmal verfluchte für das Zuschütten mit Musik, wurde das gemeinsame Hören von Neuentdeckungen doch ein wichtiges Trademark unserer Beziehung.
Wenn wir Riverside hörten, waren wir ganz empfindsam, schlossen die Augen, ahmten die in sich versunkenen Musiker nach und fühlten uns in sie bei den sanften Flageolettes "The Curtain Falls", den lange stehenbleibenden Synth-Akkorden von "The Same River" und den sich verzweifelt aufbäumenden Leads von "Dance with the Shadows". Es fielen dann lange keine Worte außer die von Mariusz Duda auf der Suche nach sich selbst.
I'm really scared of getting lost in real life
So please stop asking me for more
Let me get this straight
Let me get this right
I need a place to be alone
Es war Musik wie für die Ewigkeit gemacht und eine Freundschaft wie für die Ewigkeit. Doch beides war endlich. Beruf, Umzug, Frau, Kinder, persönliche Weiterentwicklung, you name it, der Cocktail war wichtig für jeden von uns als Soloplayer, aber schadete uns als Duett und überführte unsere einst so intime Zweisamkeit in die spießige "Wir müssten mal wieder was gemeinsam machen"-Rhetorik, über die wir uns in unserer Hochzeit noch lustig gemacht hatten. Started out my second life. Gotcha.
Kürzlich erzählte Thomas mir, dass er mit seiner Frau ein Konzert von Riverside besucht hat, aber leider zuviele von den neuen hektischen Sachen gespielt wurden, die er nicht mehr kennt. Würde mir genauso gehen. Riverside ist Musik, die mich zurückwirft in diese wichtige Zeit und Beziehung, aber die ich eben wegen dieser Verknüpfung heute nicht nochmal neu entdecken könnte. Da hängt zuviel Damals dran.
30. Riverside: Second Life Syndrome
Eine Band, die ich auch stark mit Thomas verbinde. Als Erstsemestler in einer fremden Stadt wurde Thomas mein erster und bester Freund im Studium und der Eisbrecher war, klar, der geteilte Musikgeschmack. Als ich mit langen Loten, in Bandshirt und Kutte, mit E-Bass auf dem Rücken den Vorlesungssaal betrat, die Bankreihen auf der Suche nach einem Sitzplatz mit dem Blick durchschweifend, und so heavy strahlend wie einsam aussah, blühte Thomas empathisches Herz auf. Er kam zu mir gehuscht und begrüßte mich mit einem sachsen-anhaltinisch gebrabbelten "Hior, Blägg Mäddl is Kriech, kannste awer wissn, Meinor".
Meine Freundschaft zu Thomas war die dicke, weiße Sahnehaube meiner Studienzeit, und ich habe von ihm neben tausend anderen Dingen gelernt, im Metal weißgott nicht alles so bierernst zu nehmen. Das hielt uns aber nicht davon ab, sowohl mit Bier als auch mit Ernst viel davon gemeinsam zu konsumieren und zu durchleben. Wir fielen in die existentielle Angst von Shining, starben eisige Tode mit Comatose Vigil und schmachteten gemeinsam Verflossenen hinterher mit Riverside.
Es hat nochmal eine besondere Qualität, Musik, die einem etwas bedeutet, zusammen mit Freunden zu erleben und auch wenn Thomas mich manchmal verfluchte für das Zuschütten mit Musik, wurde das gemeinsame Hören von Neuentdeckungen doch ein wichtiges Trademark unserer Beziehung.
Wenn wir Riverside hörten, waren wir ganz empfindsam, schlossen die Augen, ahmten die in sich versunkenen Musiker nach und fühlten uns in sie bei den sanften Flageolettes "The Curtain Falls", den lange stehenbleibenden Synth-Akkorden von "The Same River" und den sich verzweifelt aufbäumenden Leads von "Dance with the Shadows". Es fielen dann lange keine Worte außer die von Mariusz Duda auf der Suche nach sich selbst.
I'm really scared of getting lost in real life
So please stop asking me for more
Let me get this straight
Let me get this right
I need a place to be alone
Es war Musik wie für die Ewigkeit gemacht und eine Freundschaft wie für die Ewigkeit. Doch beides war endlich. Beruf, Umzug, Frau, Kinder, persönliche Weiterentwicklung, you name it, der Cocktail war wichtig für jeden von uns als Soloplayer, aber schadete uns als Duett und überführte unsere einst so intime Zweisamkeit in die spießige "Wir müssten mal wieder was gemeinsam machen"-Rhetorik, über die wir uns in unserer Hochzeit noch lustig gemacht hatten. Started out my second life. Gotcha.
Kürzlich erzählte Thomas mir, dass er mit seiner Frau ein Konzert von Riverside besucht hat, aber leider zuviele von den neuen hektischen Sachen gespielt wurden, die er nicht mehr kennt. Würde mir genauso gehen. Riverside ist Musik, die mich zurückwirft in diese wichtige Zeit und Beziehung, aber die ich eben wegen dieser Verknüpfung heute nicht nochmal neu entdecken könnte. Da hängt zuviel Damals dran.