Ulver

Schon wer mal live gesehen?

Weiß noch wie heiß ich drauf war sie zur "Wars of the Roses" Tour das erste mal live zu sehen. Und was machen die? Improvisieren fast durchweg nur... Gott, da war ich schon ziemlich enttäuscht.
 
DAS ist eine Setlist, hätte ich mir damals auch gewünscht. :( Bei dem "DJ-Set" 2014 war ich auch... haben damals aber schön Merch mit den uralten Black Metal Motiven verkauft.
Oja, das war wirklich ein grandioses Erlebnis. Dumm nur, dass ich kein Geld dabei hatte, sonst hätt ich mich mit Vinyl eingedeckt. Hatten sie in München auch Platten dabei?
 
Ich hab da die tour edition der shadows gekauft und ein shirt.
Dann hab ich nur die und die blood inside box von garm signieren lassen und von attila die de mysteriis.
 

Ich auch, war ein tolles Set. Besonders ist mir der Lichtmischer in Erinnerung geblieben, neben dem ich ein Plätzchen fand (es war ziemlich voll). Der hat sich gut die Finger wundgeklopft am Lichtmischpult.
Hat mir deutlich besser gefallen als auf der Wars of the Roses Tour das Jahr darauf in der Szene Wien.
Ich dachte sie hätten auch Doom Sticks gespielt, was in der verlinkten Setlist nicht aufscheint, wahrscheinlich täuscht da meine Erinnnerung.
 
Auch bei der gleichen Tour in Berlin gesehen... ich habe komischerweise nicht so viele Erinnerungen an den Abend, obwohl ich sicher bin, dass ich es gut fand. Hm. Muss wohl etwas bedeuten.
 
Mal meine Meinung zum neuen Album in etwas ausführlicherer Form dargelegt:

Auf die eventuelle Frage, welche Band meinen Musikgeschmack am ehesten repräsentiert, würde die Frage wohl ohne zu zögern Ulver lauten. Dass dies nicht von ungefährt kommt, ist nachzuvollziehen, denn wenige Bands haben in ihrer Karriere ein solches Spektrum an Genres abgedeckt wie das norwegische Kollektiv, wie es sich ja mittlerweile nennt. Und kann ich kein Album benennen – mit Ausnahme des leicht hüftsteifen „Themes From William Blake's The Marriage of Heaven and Hell“ – das ich mit weniger als einem „sehr gut“ betiteln würde. Von den Genre-Meilensteinen wie „Bergtatt“, „Nattens Madrigal“ „Blood Inside“ oder dem Opus Magnus „Perdition City“ ganz zu schweigen.

So ist es auch wenig verwunderlich, dass ich dem ersten richtigen Studioalbum seit fast sieben Jahren ungeduldig und mit grossen Erwartungen entgegenfieberte. Natürlich gab es in der Zwischenzeit viel Grosses zu vernehmen, wie die fantastische Kollaboration mit dem Tromso Kammerorchester oder das monumentale „ATGCLVLSSCAP“, welche das Spektrum und die Genialität der Wölfe weiter expandierten. Und doch ist ein richtiges Studioalbum, zumindest für mich, noch etwas Bedeutenderes. Insbesondere, da es sich endlich um das ominöse „The Assassination of Julius Caesar“ handelt, dessen Titel schon seit mehreren Jahren im Netz herumgeisterte. Und mit der Zeit waren auch meine Erwartungen und Vorstellungen bezüglich dieses Albums gestiegen, die sich schlussendlich irgendwo in einem karrierekumulativen, expansiven und herausragenden Doppelalbum verliefen.

Nun würde es also erscheinen, auch wenn der Weg dahin für mich eher ein Balanceakt zwischen Euphorie, grossen Erwartungen (bei der Ankündigung) und vorsichtigem Dämpfen ebendieser, als angekündigt wurde, dass es sich um ein „Pop“ Album handeln sollte.
Da den Norwegern aber sowieso alles zuzutrauen ist, übersprang ich den vorab veröffentlichten Opener „Nemoralia“ dann trotzdem und wartete sehnlichst, mir das Album in kompletter Länge anhören zu können und bin schlussendlich doch vollends zufrieden und froh, dass eventuelle Befürchtungen ins Nichts verliefen.

Das angesprochene „Nemoralia“ macht den Anfang des Albums und weist schonmal sehr deutlich in die Richtung, welche die folgenden vierzig Minuten einschlagen werden. Depeche Mode sind hier sicher eine grosse Inspiration gewesen, vorallem bei den treibenden Beats. Gleichzeitig kreiert Garms Gesang von Beginn weg eine völlig einzigartige Atmosphäre, die es eben schafft, das Ganze aus dem Kopistentum herauszuheben und zu etwas Besonderem zu machen. Insbesondere der grossartige Gegensatz von düsterem, melancholisch-schwelgendem Gesang in den Strophen und dem erhabenen des äusserst einprägsamen Refrains macht „Nemoralia“ zu einem perfekten Opener. Zugleich scheinen bereits hier leicht Einflüsse von „Blood Inside“ durch, vor allem was den Raum und die tragende Rolle angeht, welcher dem Gesang eingeräumt wird.

„Rolling Stone“ markiert dann zugleich das längste Stück und wirft einen zu Beginn zuerst mal direkt in die psychedelischen 60er. Trippige, melancholische Gitarren treffen auf New Wave der Marke Tears For Fears (allgemein eine der grössten Referenzen des Albums, wenn mach mich fragt). Einerseits besticht der Song über die Hälfte der Zeit mit seiner äusserst einprägsamen Art und den gospelartige Frauenstimmen im Refrain, während im Hintergrund ein wahres Synthie-Gewitter tobt, bevor dann fast unmerklich ein kleiner Bruch während eines solchen Refrains geschieht. Plötzlich artet der Song in einem spiralartigen, infernalischen Abstieg aus und zieht dem Hörer den Boden unter Füssen weg. Genau für solche Details und Raffinessen liebe ich Ulver so sehr und in „Rolling Stone“ zeigen sie ihr ganzes Können auf.

Ulver machen glücklicherweise zu keine Sekunde den Fehler, sich zu wiederholen. „So Falls the World“ ist eine Art Semi-Ballade, getragen von Garms emotionalem Gesang. Unter dieser Regie und perfekter Dramaturgie vollführt der Song den Spagat zwischen Weltuntergangs-Refrain (inklusive toller Streicherarrangements) und raumfüllender Klavierballade, bevor dann der Bruch zu dystopischem, soundtrackartigem Synthwave geschieht. „Southern Gothic“ ist eine apokalyptisch anmutende, ekstatische Hommage an Tears for Fears mit erhebenden Streichern, während „Angelus Novus“ ein Monument an Trauer ist und musikalisch mal so im Vorbeigehen die frühen Portishead und Massive Attack streift. „Transverberation“ erinnert stark an Yes zu „90125“ Zeiten, einfach mit dem grossartigen, eindringlichen Gesang Garms veredelt, der mit seiner sonoren Schwere einen Gegenpol zum beschwingt-treibenden Grundton des Songs bildet.
„1969“ bildet mit seiner enorm poppigen und eingängigen Grundausrichtung, inklusive Sisters of Mercy-artigen Strings und opulent-düsterem Refrain, den perfekten Übergang zum ganz grossen Finale. Dieses bildet „Coming Home“ dessen Titel schon fast als eindeutiger Hinweis verstanden werden muss, denn atmosphärisch und musikalisch ist das fast schon eine Art „Perdition City“ 2.0. Der Song zaubert dieselbe düstere, verlassene Grossstadtatmosphäre herauf – nur weniger futuristisch, dafür mit dem erwähnten Tears For Fears Einschlag,. So wirkt „Coming Home“ auch keineswegs als Fremdkörper auf dem Album, sondern als konsequenter, ergreifender Schlussakt einer grossartigen musikalischen Reise, ein letzter Stich ins Herz, welcher hier auch (wie oft auf dem Album) lyrisch perfekt abgerundet wird. Im abschliessenden Strudel aus Beats und Synthies drückt dann sogar noch ein klagendes, einsames Saxophon durch, welches diesen grossartigen Abschluss perfekt abrundet und den vielleicht besten Ulver-Song seit über 10 Jahren prägt.

„The Assassination of Julius Caesar“ ist nicht das erhoffte Monumentalwerk geworden, aber ein durchwegs fantastisches Album. Ulver präsentieren hier ihre Vision dessen, was allgemein unter Pop verordnet werden kann, und kreieren dabei eines der spannendsten Alben des Jahres, weil sie den schmalen Grat zwischen Eingängigkeit, Anspruch und Atmosphäre jederzeit finden. Die angedeuten, manchmal sogar expliziten, Rückgriffe auf das eigene Schaffen sowie die grosser Insipration vieler Synth- und New Wave Bands wird hier nicht als leidgliche Kopie eingeflochten, sondern aufgenommen, verarbeitet und in eigenständiger, mitreissender Form wiedergegeben. Ein weiteres einzigartiges Album, das sich vor dem Rest der unglaublichen Diskographie der Norweger keineswegs zu verstecken braucht.
 
Ulver spielen wieder live, anscheinend aber nur in Berlin, am 25.11. Ich finde, Ulver ist immer eine spannende Sache, vielleicht spielen sie diesmal die Caesar-Platte, vielleicht auch etwas ganz anderes?
 
„The Assassination of Julius Caesar“ ist nicht das erhoffte Monumentalwerkgeworden,


....ääähm, doch. Vor allem jetzt in Hinsicht der Langzeitwirkung.
 
Das ist natürlich immer sehr subjektiv, aber ich finde die Platte sehr gelungen, sie ist halt sehr eingängig, besitzt aber trotzdem Tiefe. Ich freue mich tierisch auf das Berlin-Konzert.
 
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