Wobbler - und wir sind am Haken

Eiswalzer

Till Deaf Do Us Part
So, ich finde, dass diese Band auch einen Thread verdient hat. Was bietet sich da als Anlass besser als die in gut zwei Wochen (23.10.) anstehende Veröffentlichung des neuen Albums "Dwellers Of The Deep"? Vorweg als Anstoß dann erst mal ein kleiner Abriss der Geschichte der Norweger - zumindest aus Sicht ihrer Alben und Aufnahmen geschildert.

Zur Herkunft des Bandnamens ist mir nichts bekannt. Eine interessante Theorie besagt aber, der Name sei dem Angelsport entlehnt - dort ist ein "Wobbler" eine Art Gummiköder in Fischform, der Raubfischen ein ebensolches Opfer vorgaukeln soll. Demnach sind Wobbler sowas wie das Imitat klassischer Progbands... was angesichts des Stils natürlich naheliegend wäre. Ansonsten gibt's natürlich noch eine Menge anderer möglicher Wortbedeutungen (bis hin zu einem Charakter aus Terry Pratchetts "Johnny Maxwell"-Trilogie...).

Aufsehen erregte die Band erstmals 2003 mit zwei als Download veröffentlichten Demotracks - namentlich "Imperial Winter White Dwarf" und "Leprechaun Behind The Door" (letzteres dürfte wohl eine eher schlüpfrige Anspielung auf Frank Zappas "Father O'Blivion" sein). "Aufsehen" galt wohl vor allem deshalb, weil diesen beiden Dreizehn- bis Fünfzehnminüter eine stilistische Nähe zu den einige Jahre zuvor sehr beliebten, zu jenem Zeitpunkt aber von der Bildfläche verschwundenen Schweden Änglagård nachgesagt wurde - mithin also jene Mischung aus klassischen Genesis-Stilmitteln, aber gemischt mit ein bisschen skandinavischem Folk, viel Düsternis, aber auch einem gewissen Maß an Expressivität. Wer diese Aufnahmen nachhören will, sollte sich mal die Archiv-Version der mittlerweile nicht mehr existenten Bandwebseite ansehen. ;)

Natürlich hatte dieses Aufsehen auch Folgen: Wobbler wurden vom einschlägigen US-Label Laser's Edge unter Vertrag genommen, und 2005 erschien ein entsprechend viel erwartetes (und beachtetes) Debütalbum namens "Hinterland". Die Demo-Stücke tauchten darauf nicht auf, dafür aber - kaum weniger ambitioniert - der fast 28 Minuten lange Titeltrack und mit "Rubato Industry" und "Clair Obscur" noch zwei nur unwesentlich kürzere Stücke. Den Glanz ihrer Demos konnten Wobbler auf diesem Album aber nicht ganz wahren - vor allem dem Titelsong ging an einigen Stellen doch etwas an Spannung ab, ganz abgesehen davon, dass das Stück ohnehin ein eher harter, vom Hörer Arbeit verlangender Brocken war. Ein bisschen war der Hype also verpufft, und die Situation um Wobbler kühlte sich ab...

...bis 2009 - mittlerweile beim Landes-Label Termo Records - eine neue Platte mit Namen "Afterglow" erschien. Aber was heißt hier "neu"? Tatsächlich haben Wobbler hier endlich ihre beiden Demotracks neu eingespielt, wenn auch umbenannt (in "Imperial Winter White" und "In Taberna") und mit Mittelalter-/Renaissance-Instrumentals ("The Haywain", "Interlude", "Armoury") umrahmt. Immerhin: Die Qualität der Neuaufnahmen lässt die Originale doch eher blass aussehen, trotzdem umgekehrt nun natürlich gewisse Klon-Vorwürfe im Raum standen. Trotzdem schafften es Wobbler hiermit natürlich, sich wieder in Erinnerung zu rufen. Und wahrscheinlich waren diese Aufnahmen für die Band sowieso eher bloße Fingerübungen, denn...

...knappe zwei Jahre später gab es mit "Rites At Dawn" nicht nur ein "richtiges" Zweitalbum, sondern auch noch ein umso gelungeneres. Auch stilistisch überraschte die Platte etwas: Das Zusammenspiel des Neu-Sängers mit dem Bandwurmnamen Andreas Wettergreen Strømman Prestmo und der Ausrichtung mit Schwerpunkt auf Grooves mit Bass, Schlagzeug und Keyboards brachte der Band neuerdings zahlreiche Vergleiche mit Yes ein. Auf jeden Fall überascht "Rites At Dawn" durch eine sommerlich-optimistische, ziemlich verspielte und frische Atmosphäre, was Schwelgereien wie "In Orbit" oder "The River" ebenso abdeckt wie knackigere Nummern ("Lá Bealtaine", "A Faerie's Play").

Leider machten sich Wobbler danach etwas rar (kurioserweise wurde allerdings "Rites At Dawn" 2013 nochmals in neuer Abmischung veröffentlicht), aber 2017 war die Band eher plötzlich doch wieder da: "From Silence To Somewhere" hieß das Kind - und der Anspruch war ein ganz anderer. Der Titelsong dauert wieder 20+ Minuten und erzählt ebenso fantasievoll wie dramatisch eine Geschichte von Leben, Tod und Wiedergeburt. Die "kürzeren" Stücke "Fermented Hours" und "Foxlight" spinnen dagegen die schräg-überdrehte Seite der Band weiter, die gerade eben die beiden Demostücke ausgezeichnet hatte und die auf "Rites At Dawn" bei aller Klasse etwas zu kurz kam. Und diese Mischung ist definitiv Spitzenklasse - für die Band ebenso wie für das Genre.

So, und nun steht also "Dwellers Of The Deep" vor der Tür - aber mehr dazu zu gegebener Zeit. ;) Was gibt's sonst noch zu sagen? Nun, vielleicht noch die personellen Querbeziehungen, denn die sind wirklich vielfältig. Gerade Keyboarder Lars Fredrik Frøislie scheint in Norwegen gut vernetzt zu sein und war bereits u.a. auf Platten von Àsmegin, Urgehal, Tusmørke, Koldbrann und Shining (ja, die Typen um Kvarforth, nicht die norwegischen Jazzer) zu hören. Gut die Hälfte der "Hinterland"-Besetzung war zu jener Zeit außerdem noch in einer Heavy-Band namens Thunderbolt (dem Vernehmen nach eine reine Maiden-Kopie) tätig. Daneben gehören wiederum einschlägige Genrebands wie White Willow und Jordsjø zur näheren Bekanntschaft.

Ansonsten: Wer nun Interesse bekommen hat, kann ja mal auf Bandcamp bei der Band vorbeischauen. :)
 
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Ganz tolle Band und "From Silence To Somewhere" ist ne glatte 10/10 für mich. Das neue Album ist natürlich auch wieder wunderbar geworden, kommt für mich aber nicht ganz an den Vorgänger ran, der an ein paar Stellen etwas eingängiger war, bzw. im Titelsong und grade 'Foxlights' so ein paar absolute Übermomente hat, die ich auf "Dwellers Of The Deep" bisher nicht entdeckt habe.

Leider fehlen mir die älteren Alben noch in Tonträgerform, was grade bei dieser Art Musik echt schade ist und was ich bei Gelegenheit nachholen muss.
 
Ich kenne bisher nur den Vorabtrack zum kommenden Album. Der ist absolut Großartig und ich bin gespannt was mich noch so erwartet!
Dich erwartet noch mehr tolle Musik. Wenn "From Silence..." ne 10 für mich ist, ist "Dwellers..." immer noch mindestens ne 9, mit Luft nach oben, weil ich sie bisher auch nur ein paar Mal hören konnte.
 
SENSATIONELLE BAND!!!!

Neben Tusmorke für mich eigentlich die spannendste Band der letzten Jahre. Meine Faves sind das Debüt und die From Silence.

Freue mich schon auf die Neue wie ein kleines Kind. Wobbler zählen (genreübegreifend) zu den wenigen Bands, bei denen das bei mir noch so ist.....

(Skogsprog!!!! Skandinavischer Wald und Wiesen Prog der Neuzeit ist übrigens ein richtig geiles Genre, if you ask me...da gab es in den letzten Jahren ein paar wirklich feine Scheiben)
 
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Dann ist das ja schön, dass du das hier gepostet hast.

Finde die Band auch super. Die ersten Alben hätte ich doch gerne auf Vinyl. Aber auf die neue freue ich mich.

Um die Wartezeit zu verkürzen empfehle ich noch schnell das neue Album von Kings of the Valley. Gute Sache.
 
Was mir bei meinen neuerdingen Hördurchgängen von "From Silence To Somewhere" auffiel ist, dass der Gesang in "Fermented Hours" - insbesondere zu Beginn des Songs - in punkto Stimmlage und Phrasierung total nach ICS Vortex auf den letzten beiden Arcturus-Scheiben klingt. So sehr, dass ich sogar im Booklet nachschauen musste, ob der gute Simen da nicht gar einen Gastauftritt hat. Verblüffend, diese Ähnlichkeit!
Überhaupt wirkt der gesamte Song auf mich wie eine down-to-earth-Version mittlerer Arcturus - nur eben ohne diesen monumental-muskelstrotzenden Space-Überbau, dafür riecht hier alles nach Holz, Moos und Farn, und eben hat mich sogar, als ich mich den Boxen näherte, eine Mücke gestochen...!
 
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Was mir bei meinen neuerdingen Hördurchgängen von "From Silence To Somewhere" auffiel ist, dass der Gesang in "Foxlight" - insbesondere zu Beginn des Songs - in punkto Stimmlage und Phrasierung total nach ICS Vortex auf den letzten beiden Arcturus-Scheiben klingt. So sehr, dass ich sogar im Booklet nachschauen musste, ob der gute Simen da nicht gar einen Gastauftritt hat. Verblüffend, diese Ähnlichkeit!
Überhaupt wirkt der gesamte Song auf mich wie eine down-to-earth-Version mittlerer Arcturus - nur eben ohne diesen monumental-muskelstrotzenden Space-Überbau, dafür riecht hier alles nach Holz, Moos und Farn, und eben hat mich sogar, als ich mich den Boxen näherte, eine Mücke gestochen...!
Interessante Ausführungen - so habe ich das tatsächlich noch nie gesehen bzw. gehört, obwohl ich die Arcturus-Alben (okay, meine Lieblingsplatten sind ja "Aspera Hiems Symfonia" und "The Sham Mirrors", aber trotzdem...) rauf und runter gehört habe. Und jetzt werde ich vermutlich jedes Mal daran denken, wenn ich diese Platte höre (auf "Rites At Dawn" war Herr Strømman Prestmo wahrscheinlich noch etwas zahmer zu Gange).
 
Interessante Ausführungen - so habe ich das tatsächlich noch nie gesehen bzw. gehört, obwohl ich die Arcturus-Alben (okay, meine Lieblingsplatten sind ja "Aspera Hiems Symfonia" und "The Sham Mirrors", aber trotzdem...) rauf und runter gehört habe. Und jetzt werde ich vermutlich jedes Mal daran denken, wenn ich diese Platte höre (auf "Rites At Dawn" war Herr Strømman Prestmo wahrscheinlich noch etwas zahmer zu Gange).
Sorry, ich meinte "Fermented Hours", habe es oben editiert.
 
Angeregt durch diesen Thread hier, lief hier die letzten Tage verdammt viel skandinavischer Wald und Wiesen Prog der letzten Jahre. Neben den "Großen" (Anglagard, Wobbler, Beardfish, Anekdoten) z.B. Agusa, Jordsjo, Sinkadus, Ritual , White Willow, Gargamel, Tusmorke, Grovjobb, Simon Says, Agusa, All Traps On Earth (sensationell!!), Nordagust, Tirill, Arabs In Aspic und ganz frisch Elds Mark (Camel meets Norway), und und und....es gibt so fucking much!!!! Für mich eines der ergiebigsten und spannendsten Genres der letzten Jahre. I LOVE IT!!!
 
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Sorry, ich meinte "Fermented Hours", habe es oben editiert.
Macht nichts, auf "Foxlight" passen deine Beobachtungen ebenso. ;) Davon abgesehen ist "Fermented Hours" aber vielleicht auch schon das schrägste Stück der Band, musikalisch wie textlich. Als ich das das erste Mal gehört hatte, dachte ich angesichts des Titels und der Refrain-Zeile "Oh barley, the food of gods and men alike, beyond compare", es ginge darin um Bier. o_O
 
Hatte gerade die neue per Post bekommen. Musikalisch richtig gut. Leider war die Pressung vollkommen fürn Arsch. Zerkratzt ohne Ende. Warum macht man immer noch dicke Papp Innersleeves? Geht auf jeden Fall postwendend zurück an JPC. Ein Versuch noch und sonst eben nicht. Für knapp 30 Euronen muss da qualitativ etwas mehr kommen.
 
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